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Gesund Essen für den Darm: Worauf ihr achten solltet

Darmbakterien sind wichtig für unsere Gesundheit. Wie Freundschaften muss man die Bakterien pflegen, etwa mit gesundem Essen.

Vor 350 Jahren in Holland: Der Naturforscher Antoni Leeuwenhoek blickt durch sein selbst gebasteltes Mikroskop auf eine menschliche Stuhlprobe und beobachtet winzige Wesen, die er „Animaculi“ nennt. Heute wissen wir: Diese Wesen sind Mikroorganismen, die unseren Darm besiedeln – das „Darmmikrobiom“. Dazu zählen vor allem Bakterien aber auch Viren und Pilze.

Was ist schlecht für den Darm und was sind die Folgen?

Gurkenförmig, kettenförmig, länglich, oval oder spiralenförmig tummeln sie sich in verschiedenen Nischen des Verdauungstraktes. Und es sind viele: Jeder Mensch besitzt allein rund 40 Billionen Bakterien im Darm, haben Forscher errechnet. Rund ein Kilogramm bringt das Mikrobenpaket auf die Waage.

Auch wenn noch viele Fragen offen sind, ist sich die Wissenschaft einig: Diese mikrobielle Wohngemeinschaft ist für unsere Gesundheit wichtiger als lange vermutet. Viele Krankheiten werden heute mit einem instabilen Darmgefüge in Verbindung gebracht, zum Beispiel Reizdarm, Übergewicht, Diabetes, Allergien, Demenz, Autismus, Leberzirrhose, chronisch-entzündliche Darmerkrankungen oder Darmkrebs.

Welches Essen ist schlecht für den Darm?

  • Eine Ernährung mit viel Salz, Fleisch und Wurst, Zucker und Produkten aus Weißmehl geht mit einem Artensterben im Darm einher.
  • Auch Zusatzstoffe wie Süßstoffe und Emulgatoren stehen im Verdacht, den nützlichen Bakterien zu schaden.
  • Unregelmäßige Mahlzeiten und hastiges Essen.
  • Strikte Ernährungsregimes wie eine Keto- oder gluten-freie Diät. Diese wirken sich negativ auf die Bakterienvielfalt aus.
  • Weitere Stressfaktoren: Antibiotika, Rauchen, zu viel Alkohol, Umweltgifte, Bewegungs- und Schlafmangel.
  • Bei Babys: Geburt per Kaiserschnitt oder auch frühkindlicher Stress.

So wirken gute Bakterien im Darm

Doch was genau wissen wir eigentlich über die Darmbakterien? Und wie können wir sie und damit unsere Gesundheit beeinflussen? Bislang sind rund 1500 verschiedene an das Darmmilieu angepasste Bakterienarten bekannt. Forscher schätzen, dass es noch deutlich mehr sind. Europäer beherbergen im Schnitt 200 bis 300 Arten. Die meisten Bakterien leben im Dickdarm. Sie sitzen vor allem in der Schleimschicht, mit der der Darm ausgekleidet ist. Dort schützen sie uns vor krankmachenden Keimen.

Zudem fungieren die kleinen Helfer als Trainingspartner für das Immunsystem. Orten beispielsweise Enterokokken (Bakteriengattung) einen Feind, melden sie das flugs an Immunzellen in der Darmschleimhaut, die wiederum das Abwehrsystem aktivieren.

Außerdem spalten Bakterien mithilfe von Enzymen unverdauliche Pflanzenstoffe, zum Beispiel Ballaststoffe, auf. Dabei bilden sie unter anderem Gase, die zu Aufstoßen, Blähungen sowie Grummeln im Darm führen können. Diese sind keinesfalls Zeichen für eine gestörte Darmflora, solange sie sporadisch auftreten. Bei dieser Arbeit entstehen vielmehr unzählige wichtige Substanzen. Vitamin K und B12 zum Beispiel sowie kurzkettige Fettsäuren, vor allem Buttersäure. Diese Fettsäuren sind wichtig für die Energieversorgung der Darmzellen, die etwa für die Schleimbildung zuständig sind. Buttersäure wirkt zudem als Entzündungshemmer.

Auch Botenstoffe stammen aus der Mikroben-Werkstatt. Bifidobakterien bilden etwa Sialinsäure, die wichtig für die Gehirnentwicklung bei Babys ist. Zudem beeinflussen Bakterien die Sättigung und bauen Medikamente ab. Auch wird ihnen ein Einfluss auf das Gehirn und damit auf die Stimmung und psychische Krankheiten nachgesagt.

Wie sieht ein gesundes Mikrobiom aus?

Jetzt möchte man natürlich gerne wissen, wie ein gesundes Mikrobiom zusammengesetzt sein muss. „Leider lässt sich diese Frage nicht einfach beantworten“, sagt Andreas Stallmach, Gastroenterologe am Universitätsklinikum Jena. Dafür liegen einfach noch nicht genügend Studienergebnisse vor. Auch ist das Mikrobiom von Mensch zu Mensch extrem unterschiedlich. Gene, Geschlecht, Alter, Wohnort, Ernährung, aber auch frühkindliche Erlebnisse wie eine Kaiserschnittgeburt oder häufige Antibiotikagaben prägen die Zusammensetzung.

Als sicher gilt jedoch: „Eine große Diversität, ist wünschenswert“, so Andreas Stallmach. Gesunde Menschen, das hat man in Studien beobachtet, haben viele verschiedene Bakterienarten. Naturvölker beherbergen beispielsweise doppelt so viele Arten wie Bewohner westlicher Industrienationen. Chronische Darmkrankheiten sind bei ihnen so gut wie nicht bekannt.

Umgekehrt gilt: Finden sich nur wenige unterschiedliche Arten im Darm, zeigt das eine Krankheit an. Dann spricht man auch von einer „Dysbiose“. Bei Patienten mit Morbus Crohn, einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung, ist beispielsweise die Anzahl der Arten auf 30 bis 50 reduziert. Allerdings weiß man noch nicht, ob solche Veränderungen im Darm Folge oder Auslöser einer Krankheit sind. Die Frage ist: Was war zuerst da? Zur Zeit wird dazu viel geforscht. Wissenschaftler, die davon ausgehen, dass Krankheiten tatsächlich im Darm ihren Lauf nehmen, suchen zum Beispiel nach besonders schützenden Mikroben-Exemplaren, die dann mittels Stuhltransplantation oder Medikamenten gefördert werden könnten.

Wie kann ich den Darm sanieren?

Vieles deutet darauf hin, dass in den ersten drei Lebensjahren die Weichen für eine gesunde oder eher ungesunde Besiedlung gestellt werden.

Im Erwachsenenalter ist die mikrobielle Wohngemeinschaft hingegen träge. Zwar können einzelne Mahlzeiten, etwa ein Grillwochenende das Gleichgewicht kurzzeitig verschieben, danach pendelt es sich aber schnell wieder ein. Nur eine langfristige Umstellung der Ernährung, etwa von einer Mischkost auf eine vegetarische oder vegane Ernährung, verändert das Mikrobiom nachhaltig.

Welches Essen ist gut für den Darm?

  • Ballaststoffe, wie sie in Gemüse, Obst, Hülsenfrüchten aber auch in Gerste und Hafer zu finden sind. Die Mikroben bauen diese z.B. zu Buttersäure ab, die wiederum Entzündungen hemmen kann.
  • Probiotika: Sie enthalten lebensfähige Mikroorganismen, etwa Milchsäurebakterien. Erhältlich sind probiotische Joghurts, aber auch Nahrungsergänzungsmittel. Bislang gilt jedoch nur als gesichert, dass diese bei Durchfall helfen, der durch Antibiotika verursacht wurde. Natürliche Probiotika sind fermentierte Lebensmittel wie Joghurt, Kefir, Sauerkraut, Tempeh oder Rotwein. Auch mit Bio-Rohkost kann man sich die guten Bakterien einverleiben. Für Bio-Äpfel hat eine Studie gezeigt, dass sie vielfältigere und gesündere Bakteriengemeinschaften in und auf der Frucht aufweisen als konventionelle Äpfel.
  • Polyphenole: Sie finden sich etwa in roten Trauben, Grüntee, nativem Olivenöl, Kakao oder Hafer. Bakterien bauen 90 Prozent dieser Pflanzenstoffe zu gesundheitsförderlichen Fragmenten ab.
  • Omega-3-Fettsäuren, wie sie in Meeresalgen und Fisch stecken. Sie helfen, Bakterien zu vermehren, die Entzündungshemmer produzieren.
  • Fasten: Während einer Hungerphase vermehren sich gesundheitsfördernde Darmbakterien. Das hat eine Studie zu Bluthochdruck am Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin gezeigt. Allerdings ist der Effekt nur kurzfristig. Fasten kann aber bei einer Umstellung auf eine gesündere und Mikrobiom-freundlichere Ernährung helfen.
  • Esspausen: Nach etwa zwei Stunden beginnt der sogenannte „Housekeeper-Effekt“, bei dem der Darm eine Art „Reinigung“ erfährt und Bakterien vom Dünn- in den Dickdarm gelangen. Dort können sie ihre positiven Effekte entfalten. Empfohlen werden Pausen von mindestens vier Stunden.
  • Kauen: Durch gutes Kauen wird das Essen mit Speichel vermischt, teilweise aufgespalten und für die Mikroorganismen besser verarbeitbar.

Ernährung: Das mögen Darmbakterien

Konkrete Empfehlungen halten einige Forscher noch für verfrüht. Dennoch gibt es Hinweise, wie eine Ernährung aussehen könnte, die gesunde Bakterien und auch die Vielfalt der Bakterien fördert. Andreas Stallmach verweist auf eine ausgewogene Mischkost mit wenig Fleisch und Wurst, vielen Ballaststoffen, vielen Blattsalaten und regelmäßig Fisch. Das ist zwar nichts Neues. Denn eine solche Ernährung gilt generell als gesund. Doch nur die wenigsten halten sich an diese Empfehlungen. Wenn man jedoch weiß, dass man mit einer solchen Ernährung auch seine eigene Mikrowelt pflegt, könnte die Umsetzung vielleicht etwas leichter fallen.

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