Herbstzeit ist Erkältungszeit. Viele plagen sich jetzt mit Husten, Schnupfen und Halsschmerzen. Neben den üblichen Hygienemaßnahmen kann uns ein fittes Immunsystem dabei unterstützen, gut durch die Erkältungszeit zu kommen. Doch wie bekommen wir unser Immunsystem fit?
Die Antwort ist denkbar einfach: Indem wir es mit den Nährstoffen versorgen, die es im Kampf gegen Viren, Bakterien & Co. braucht.
Immunsystem einfach erklärt
Bei dem in der kalten Jahreszeit häufig auftretenden sogenannten „grippalen Infekt der oberen Atemwege“ können mehr als 200 verschiedene Viren am Werk sein, unter anderem Rhino-, Adeno- oder Coronaviren. Dringen sie in die Schleimhautzellen ein, läuft das Immunsystem an: Abwehrkörper wie Fress-, Helfer- oder Killerzellen werden gebildet, die die Eindringlinge aufspüren und abtöten. Zudem werden bestimmte Entzündungsstoffe frei gesetzt, die unter anderem Fresszellen an den Ort der Infektion locken, damit diese die Viren zerstören.
Eine wichtige Rolle hierbei spielen das Mikrobiom, also die Gesamtheit der Bakterien, Viren und Pilze im Darm, und bestimmte Darmzellen. „Es wird vermutet, dass rund 70 Prozent unseres Immunsystems von unserem Darm aus reguliert werden“, sagt Dr. Krasimira Aleksandrova, Ernährungswissenschaftlerin und Epidemiologin am Deutschen Institut für Ernährungsforschung (DIfE). Der größte Teil der Immunzellen sitzt im sogenannten Darm-assoziierten lymphatischen Gewebe, also in der Darmschleimhaut. Schließlich kommen mit der Nahrung ständig Erreger in den Körper, auf die schnell reagiert werden muss. Hätten wir solche Abwehrmechanismen nicht, könnte jeder lapidare Schnupfen ein tödliches Ende haben.
Es wird vermutet, dass rund 70 Prozent unseres Immunsystems von unserem Darm aus reguliert werden.
Damit unser Immunsystem gut arbeiten kann, braucht es ausreichend Brenn- und Baustoffe für die Abwehrkörper – also Energie und Nährstoffe. „Mangelernährung, die durch niedrigkalorische Kost entsteht, schwächt das Immunsystem“, sagt Prof. Hans Hauner, Ernährungsmediziner an der TU München. Dies weiß man vor allem von hungernden Kindern in Entwicklungsländern. Aber auch in Deutschland kann Mangelernährung vor allem in Krankenhäusern und Pflegeheimen ein Problem sein. Doch auch ein Zuviel an Nährstoffen kann dazu führen, dass das Immunsystem nur „eingeschränkt auf Infektionen reagiert“, erklärt Krasimira Aleksandrova. Wichtig sei, das Immunsystem im Gleichgewicht zu halten. Der Schlüsselfaktor dazu ist eine gesunde Ernährung.
Fermentiertes: Mikrobiom & Abwehr stärken
Eine Studie von 2021 zeigt: 6–7 Portionen fermentierte Lebensmittel täglich (z. B. Joghurt, Kefir, Sauerkraut, Kimchi, Kombucha) erhöhen die Mikrobiom‑Diversität und senken Entzündungsmarker. Für die Praxis reichen schon tägliche kleine Portionen als Routine‑Baustein.
Welche Nährstoffe braucht das Immunsystem?
Eine bedeutende Rolle dabei spielt der Nährstoff Eiweiß, denn ohne dieses kann das Immunsystem keine Antikörper herstellen. Daneben sind eine Reihe von Vitaminen, Mineral- und Vitalstoffen für eine gute Infektabwehr wichtig. Dazu zählen: Kupfer, Eisen, Zink, Selen, Folsäure, Vitamin A, B6, B12, C, E und D, Beta-Carotin, langkettige Omega-3-Fettsäuren sowie sekundäre Pflanzenstoffe. Einige dieser Stoffe dürfen in der EU wegen ihrer Wirkung mit einem sogenannten „health claim“, einem Gesundheitsversprechen beworben werden. Erlaubt ist aber nur der Zusatz: „...unterstützt die normale Funktion des Immunsystems“.
So sind etwa Vitamin A und das Spurenelement Zink wichtig für die Zellteilung und darum essenziell für eine schlagkräftige Immunantwort mit vielen Abwehrzellen. Vitamin D ist an der Regulation verschiedener immunrelevanter Gene beteiligt. Vitamin C spielt eine Rolle bei der Bildung von Antikörpern. Langkettige Omega-3-Fettsäuren tragen dazu bei, dass physikalische Barrieren wie die Haut funktionieren oder auch, dass antimikrobielle Stoffe gebildet werden. Bestimmte sekundäre Pflanzenstoffe wie etwa Polyphenole mildern Entzündungen ab, Schwefelsubstanzen aus Zwiebelgewächsen verhindern unter anderem, dass sich Viren an Körperzellen anheften.
Im Überblick: Diese Nährstoffe sind gut fürs Immunsystem
Für das Immunsystem sind verschiedene Vitamine, Mineralstoffe und sekundäre Pflanzenstoffe wichtig. Wir sagen, welche es sind und in welchen Lebensmitteln sie stecken.
- Vitamin A: Käse und Joghurt, Fisch, Leber. Beta-Carotin, die Vorstufe von Vitamin A: Süßkartoffel, Grünkohl, Spinat, Karotten, Aprikosen.
- Vitamin B₆: Eier, Käse, Quark, Sardinen. Vollkorngetreide, Paprika, Wal- und Haselnüsse.
- Vitamin B₁₂: Milch, Rindfleisch, Eier, Fisch z.B. Regenbogenforelle.
- Vitamin C: Paprika, Grünkohl, Fenchel, Zitrusfrüchte, schwarze Johannisbeeren.
- Vitamin E: Pflanzliche Öle vor allem Weizenkeimöl und Nüsse wie Haselnüsse, Mandeln, Erdnüsse.
- Vitamin D: fettreiche Milchprodukte, Fisch, Wildpilze. Von März - Oktober täglich über Gesicht, Hände und Unterarme Sonne tanken. Das baut Reserven für den Winter auf.
- Folat (Folsäure): Vollkorngetreide, Hülsenfrüchte wie Kidneybohnen, Grüngemüse wie Spinat, Grünkohl und Brokkoli, Tomaten, Orangen.
- Omega-3-Fettsäuren: fettreicher Fisch wie Makrele oder Lachs, Algen, Leinöl.
- Sekundäre Pflanzenstoffe: in allen pflanzlichen Lebensmitteln, aber vor allem in Sojabohnen, Zwiebelgewächsen, Beeren, Äpfeln, Tomaten, Kohlgemüse, Rettichgewächse, Grüngemüse, Sesam, Tee, Vollkorngetreide...
- Zink: Rind-, Schweinefleisch, Käse, Milch, Eier, Nüsse, z. B. Cashew- und Pekannüsse, Weizen- oder Roggenkeimlinge.
- Selen: Fleisch, Eier, Meeresfrüchte, Zuchtfisch, Paranüsse, Spargel, Pilze, Hülsenfrüchte, Kohlgemüse (Weißkohl, Brokkoli), Zwiebeln.
- Kupfer: Fische, Schalentiere, Kartoffeln mit Schale, Nüsse, Shiitakepilze, Tofu, getrocknete Feigen.
- Eisen: Rindfleisch, Hirse, Bohnen, Kichererbsen, Erbsen, Rote Bete, Grüngemüse, Kohlgemüse (Sauerkraut), Sesam.
- Magnesium: Mandeln, Cashewnüsse, Spinat, Hülsenfrüchte wie schwarze Bohnen, Vollkorngetreide z.B. Naturreis.
Welche Lebensmittel sind gut fürs Immunsystem?
Wer sich abwechslungsreich und pflanzenbetont ernährt, ist mit all diesen Substanzen gut versorgt. „Ich empfehle eine Ernährung nach den zehn Regeln der Deutschen Gesellschaft für Ernährung“, sagt Ernährungsmediziner Hauner. Gleichwertige Alternativen seien eine vegetarische Ernährung oder eine Mittelmeerkost, denn diese Ernährungsweisen sind tendenziell entzündungshemmend, während die übliche westliche Kost mit vielen Fertigprodukten sowie viel Zucker, Salz und Fleisch eher Entzündungsprozesse anfacht.
Eine Ernährung nach den zehn Regeln der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) sollte vor allem vielfältig und abwechslungsreich sein – mit täglich mindestens fünf Portionen Obst und Gemüse, sowie einer kleine Portion Nüsse. Bei Nudeln, Reis und Brot wird die Vollkornvariante empfohlen. Tierische Lebensmittel, vor allem Fleisch und Fleischprodukte, sollten nur in geringen Mengen gegessen werden, höchstens 300 Gramm pro Woche. An Zucker und Salz sollte man sparen und lieber mit Gewürzen die Speisen aufpeppen. Alles in allem wird empfohlen, Speisen schonend zu garen, um Nährstoffverluste zu vermeiden.
Für ein gutes Darmmilieu sind darüber hinaus milchsauer vergorene Lebensmittel wie Joghurt oder Sauerkraut hilfreich. Damit schleust man gutartige Bakterien, etwa Laktobazillen oder Bifidobakterien in den Körper. Sie verdrängen krankmachende Bakterien und trainieren und stärken das Immunsystem, indem sie kleine Immunreaktionen auslösen. Auch Ballaststoffe aus Leinsamen oder Vollkornprodukten sind wichtig, da sie Futter für die „guten“ Darmbakterien sind und zudem antientzündlich wirken.
Wann sind Nahrungsergänzungsmittel wirklich sinnvoll?
Die Einnahme von Vitamintabletten oder anderen Nahrungsergänzungsmitteln halten Experten in vielen Fällen für überflüssig. Auch Dr. Krasimira Aleksandrova geht davon aus, dass gesunde Menschen, die sich ausgewogen ernähren und regelmäßig nach draußen gehen, mit allen lebenswichtigen Nährstoffen versorgt sind.
Anders sehe es bei einem diagnostizierten Mangel aus. Eine 2019 erschienene Studie an der Friedrich-Alexander-Universität in Nürnberg hat zum Beispiel gezeigt, dass 30 Prozent der Krankenhauspatienten und 25 Prozent der Pflegeheimbewohner mangelernährt sind. Vor allem zu wenig Eiweiß lässt das Immunsystem nicht mehr richtig arbeiten.
Senioren in Pflegeheimen profitieren zudem häufig von Vitamin-D-Tabletten. Gleiches gilt für Menschen, die sich wenig an der frischen Luft aufhalten und somit wenig Sonne „tanken“. Laut DGE könne eine ausreichende Versorgung auch in Zeiten erhöhten Bedarfs wie Wachstum, Schwangerschaft oder Stillzeit sowie bei Unverträglichkeiten, Krankheiten und „einseitigen Ernährungsformen“ gefährdet sein. Veganern empfiehlt sie beispielsweise Vitamin B12, Schwangeren Folsäure. Wichtig dabei: Einen eventuellen Mangel mit dem Arzt abklären.
Obst, Gemüse, Vitaminpillen – ist Bio gesünder?
- Es ist belegt, dass deutlich weniger bzw. seltenere und meist niedrigere Rückstände chemisch‑synthetischer Pestizide in Bio‑Ware vorkommen. Das Ökomonitoring BW 2024 weist bei 76 % der frischen Bio‑Obst‑ und Gemüseproben keine nachweisbaren Pestizid-Rückstände nach.
- Diverse Studien haben gezeigt, dass Bio-Obst und Gemüse tendenziell mehr Vitamin C liefern und deutlich reicher an sekundären Pflanzenstoffen sind.
- Einen Unterschied gibt es auch bei Nahrungsergänzungsmitteln. Produkte aus dem Bio-Laden enthalten die Nährstoffe oft nicht isoliert, sondern im natürlichen Verbund. Vitamin C gibt es also nicht als reine Ascorbinsäure. Stattdessen wird der Saft der Vitamin-C-reichen Acerolakirsche zu Pulver getrocknet. B-Vitamine liefern zum Beispiel Basilikumblätter und Calcium getrocknete Meeresalgen. Im natürlichen Zusammenspiel sollen die Stoffe besser wirken.
Covid-19: Risikofaktor Übergewicht
Ein fittes Immunsystem hilft vermutlich auch, einer Infektion mit Covid-19 oder einem schweren Verlauf vorzubeugen. Wichtig ist aber vor allem eine ausgewogene Ernährung, bei der gegebenenfalls Mängel ausgeglichen werden (z.B. Vitamin D bei wenig Sonne, B12 bei veganer Ernährung). „Es gibt keine wissenschaftlich fundierten Studien, dass bestimmte Vitamine, Mineralstoffe oder Fettsäuren vor einer Corona-Infektion schützen“, stellt der Immunologe Professor Ulrich Steinhoff von der Philipps-Universität Marburg deshalb klar.
Viel wichtiger als Einzelsubstanzen einzunehmen ist es, nicht zu viele Kilos auf die Waage zu bringen. Starkes Übergewicht macht nämlich generell anfälliger für Infektionen, zudem kommt es zu mehr Komplikationen. „Erste Studien legen nahe, dass Adipositas auch ein bedeutsamer Risikofaktor für schwere Verläufe der Covid-19-Erkrankung ist“, sagt Ernährungsmediziner Hans Hauner. Das liege unter anderem daran, dass Fettzellen Hormone und Entzündungsfaktoren ausschütten und so das Immunsystem schwächen.
Zudem führt starkes Übergewicht oft zu einem gestörten Zuckerstoffwechsel, der wiederum Gefäßschädigungen zur Folge haben kann. Das Problem dabei: auch Covid-19 schädigt die Gefäße. Deshalb, so Immunologe Steinhoff, zählen Menschen mit vorgeschädigten Gefäßen wie Bluthochdruckpatienten oder Diabetiker zur Risikogruppe. Auch Ulrich Steinhoff empfiehlt daher eine Ernährung, die arm an Zucker und reich an Obst und Gemüse ist.
Obst und Gemüse sollten in dieser Jahreszeit kein Problem sein. Denn der Herbst bringt uns nicht nur Schnupfenviren, er hat auch Kürbis, Kohl und Äpfel im Gepäck. Und die liefern jede Menge Bausteine für unser Immunsystem und stärken so die Abwehrkräfte. Wer dann noch Sport treibt, Stress vermeidet und ausreichend schläft, sollte für die kommenden Monate bestens gerüstet sein.
Häufige Fragen zum Thema Essen fürs Immunsystem
Welche Lebensmittel stärken das Immunsystem wirklich?
Gemüse/Obst (mind. 5/Tag), Vollkorn, Nüsse (täglich), Hülsenfrüchte (mind. 1×/Woche), 1-2× Fisch/Woche; wenig Fleisch (max. 300 g/Woche). Fermentiertes & ballaststoffreiches Essen unterstützt das Mikrobiom.
Brauche ich Vitamin‑D‑Tabletten im Winter?
In Deutschland ist von Okt–März kaum körpereigene Bildung möglich. Nur bei Mangel und/oder Risiko sind Supplemente sinnvoll. Hierbei die Dosis medizinisch abklären lassen.
Helfen Probiotika gegen Erkältungen?
Evidenz spricht dafür, dass bestimmte Stämme das Risiko für Erkältungs‑Episoden moderat senken können. Die Auswahl sollte stammspezifisch sein. Eine gute und ausgewogene Ernährung bleibt jedoch die Basis für ein normal funktionierendes Immunsystem.
Ist Bio‑Obst und Bio‑Gemüse gesünder?
Sicher belegt ist, dass Bio deutlich weniger bzw. seltenere Pestizidrückstände aufweist. 2024 waren 76 % der frischen Bio‑Proben rückstandsfrei, trotzdem gemessene Rückstände meist <0,01 mg/kg. Die Nährstoffvorteile variieren nach Produkt/Jahr.
Gibt es „Immun‑Vitamintabletten“, die Infekte verhindern?
Nein – kein Mikronährstoff alleine verhindert Infektionen. Wichtig ist Mangel vermeiden (z. B. Vitamin D, B12/Folat je nach Situation) und insgesamt ausgewogen essen.
Zum Weiterlesen
Die Plattform der Verbraucherzentralen Klartext Nahrungsergänzung Klartext Nahrungsergänzung informiert über Wirksamkeit, Sicherheit, Kennzeichnung und Vertriebswege von Nahrungsergänzung. Es gibt die Möglichkeit, Fragen zu stellen.
Fleck, Anne; Klasen, Jörn; Riedl, Matthias; Schäfer, Silja: Die Ernährungs-Docs – So stärken Sie Ihr Immunsystem. ZS Verlag, 2020, 160 Seiten, 19,99 Euro
Kreutzer, Larsen: Die Anti-Entzündungs-Diät, Riva Verlag, München, 2017, 272 Seiten, 22 Euro
Dieser Artikel wurde von der Redaktion aktualisiert und ergänzt.
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