Naturkosmetik für Teenager

Kaum, dass die Kinder ins Teenie-Alter kommen, steigt die Experimentierfreude mit Kosmetik. Die Eltern möchten vor allem gesunde Produkte – und was wollen die Jugendlichen selbst?

Reichen kleineren Kindern meist Seife, Shampoo und Zahnpasta, steigt mit Beginn des Teenie-Alters plötzlich der Platzbedarf im Bad für Waschlotion, Gesichtstonic und Peeling, Maske, Hautcreme und Deo. Für die Tochter gehören wie selbstverständlich – kritische Eltern-Blicke ignorierend – eine Auswahl an Nagellack, Lipbalm oder -gloss, Concealer, Kajal und vor allem Mascara fest ins Repertoire. Junior ist zurückhaltender, steht aber mitunter plötzlich auf Haargel oder -wachs. Einige Zeit später beanspruchen Rasierschaum, beruhigende Facelotion und junge Herrendüfte ein Plätzchen unter dem Badezimmer-Spiegel.

Die Studie „Jugend ungeschminkt“ des Industrieverbands Körperpflege- und Waschmittel e.V. (IKW) fand bereits 2017 heraus, dass der Nachwuchs mehr denn je zu Produkten der Körper- und Schönheitspflege greift. Dafür hat er gute Gründe. Jugendliche seien in der Pubertät unsicher, weil aufkeimende Sexualität und hormonell bedingte Gefühlsschwankungen für Unsicherheit sorgen. Heutzutage verstärken diesen Zustand mitunter Faktoren wie die Scheidung der Eltern oder auch die Klimakrise. Das Fazit der Studie: „Im attraktiven, gepflegten Äußeren sehen Jugendliche eine gute Möglichkeit, ein Gefühl von Halt und Kontrolle in ihrem Leben wieder zu erlangen“, sagt Ines Imdahl aus der Geschäftsführung der Agentur Rheingold Salon und Studienleiterin der IKW-Analyse.

In der Tat schlagen im Teenageralter körperliche und psychologische Veränderungen unerbittlich zu. Die beginnende Hormonproduktion im Körper lässt die Haare schneller nachfetten, heizt den Schweißdrüsen ein und kurbelt die Arbeit der Talgdrüsen in der Haut an, sodass Poren verstopfen und Pickel sprießen können – dummerweise vorrangig im Gesicht. Das wird als extrem peinlich empfunden, weil so die pubertären Veränderungen nicht nur zu sehen und zu riechen sind, sondern Jugendliche sich damit weniger attraktiv fühlen. Auch die sozialen Medien verstärken die Lust der Teenies auf ein gepflegtes Äußeres – Influencerinnen und Influencer erscheinen zu jeder Tageszeit bis in die Haarspitzen und Fingernägel durchgestylt. Das prägt auch die Kids, die ihnen folgen.

Produkte für junge Menschen gibt es mehr als reichlich, vor allem in der konventionellen Kosmetik. Dabei ist gerade im jugendlichen Alter der Schutz vor Schadstoffen wichtig, die Liste bedenklicher Zutaten in solchen Produkten jedoch lang: Dazu zählen Aluminiumsalz im Deo und Konservierungsstoffe wie Parabene, von denen manche im Körper wie Hormone wirken können. Auch synthetische Duftstoffe gelten als kritisch. Tenside und Emulgatoren wie Polyethylenglykol (PEG) und Sodium-Lauryl-Sulfate können die Haut durchlässiger machen für Schadstoffe. Und nicht zuletzt erdölbasierte Paraffine ohne nachhaltigen Pflegeeffekt, die das Risiko krebserregender Verunreinigungen bergen.

Das und noch mehr schließt kontrollierte Naturkosmetik aus. Zertifizierte Marken setzen bei Produkten für junge Haut bewusst auf sanft wirksame natürliche Zutaten. Zwar halten geöffnete Tuben und Tiegel mitunter kürzer, der Duft ist häufig nicht so intensiv – sehr zur Freude der Eltern – und manches Produkt schäumt weniger. Dennoch ist Natürlichkeit bei der Jugend zunehmend gefragt.

„Die Jugend setzt neben natürlichen Ingredienzen ganz eigene neue Maßstäbe“, betont Mirja Eckert von der Agentur „The New“, Marktforschungsexpertin für Naturkosmetik. Jüngere Käufer suchten vor allem Produkte, denen sie vertrauen können, informierten sich über Social-Media- und Online-Kanäle genau und bevorzugten Marken, die ihre ethischen Werte widerspiegeln und ein Statement setzen. Besonders wichtig seien ihnen der Klimaschutz und sonstige Umweltthemen.

Fündig werden die jungen Kunden häufig bei kleinen Newcomern am Markt. Aber auch die großen Naturkosmetik-Marken bieten junge Pflegelinien an, die zudem vegan und nachhaltig sind. Großes Plus: Die Innovationskraft der Branche ist groß. Aktuelle New­comer, die gerade die Jugend sehr ansprechen, sind laut Mirja Eckert die „Waterless Beauty“-Produkte. Gemeint ist feste Körperpflege wie Haarseife, Duschstücke oder Deostifte und -cremes. Außer ihrer guten Umweltbilanz sind sie auch gut für den Familienfrieden: Im Bad brauchen sie weniger Platz.