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Joghurtherstellung: Aus Milch wird Joghurt

Wie wird eigentlich Joghurt hergestellt? Welche Vorteile haben Bio-Joghurts? Und wie kann ich Joghurt selbst herstellen?

Joghurt drängt in den verschiedensten Variationen auf den Markt. Der Verkauf boomt. Fast 14 Kilogramm Joghurt löffelt der deutsche Durchschnittsbürger jährlich. Auch im Naturkostladen steht der Verbraucher vor der Qual der Wahl, denn die Auswahl an Bio-Joghurt ist groß.

Vor Jahrhunderten transportierten die Nomaden auf ihren Reisen in den warmen Regionen des Vorderen Orient die Milch in Ziegenledertaschen und verzehrten am Abend des langen Marsches das säuerliche Milchprodukt. Um die Jahrhundertwende stieß der Forscher Ilja Metschnikoff auf die stoffwechselaktiven Milchsäurebakterien im Joghurt und konstatierte ihnen bald darauf einen hohen gesundheitlichen Wert.

Fermentation: aus Milch wird Joghurt

Der grundlegende Herstellungsprozess von Joghurt, die Fermentation, ist ein einfacher biochemischer Vorgang: Milch wird mit spezifischen Milchsäurebakterien versetzt und für mehrere Stunden bei einer Temperatur von etwa 40 bis 45 Grad Celsius bebrütet. Bei diesen Temperaturen vermehren sich die Bakterien optimal und verstoffwechseln den Milchzucker (Lactose) zu Milchsäure (Lactat). Die Milchsäure reichert sich im Milchprodukt an, bewirkt eine pH-Wert-Senkung. In diesem sauren Milieu wird das Milcheiweiß biochemisch "ausgefällt", der Joghurt bekommt seine feste oder – wenn nach der Fermentation gerührt wird – cremige Konsistenz und erhält sein feinsäuerliches Aroma. Anschließend wird der Joghurt entweder direkt abgefüllt und als Naturjoghurt verkauft oder er wird mit Fruchtzubereitungen versetzt und gelangt als "Fruchtjoghurt" (Fruchtanteil mindestens 6 Prozent) oder als "Joghurt mit Fruchtzubereitung" (Fruchtanteil mindestens 3,5 Prozent) in den Handel.

Anleitung: Joghurt selber machen

Was ihr für etwa ein Kilogramm Joghurt braucht:

  • 1 Liter Milch: egal ob Kuhmilch oder Ziegenmilch, ob klassisch oder fettreduziert (je mehr Fett die Milch enthält, desto cremiger das Ergebnis)
  • 2 Esslöffel Naturjoghurt oder Joghurt-Ferment
  • sterile Gläser zum Abfüllen
  • 1 Topf

So wird's gemacht:

  1. Erhitzt die Milch auf 90 °C und lasst sie etwa fünf Minuten köcheln, um Bakterien abzutöten.
  2. Anschließend die Milch auf 50 °C abkühlen lassen.
  3. Jetzt geht's ans sogenannte „Impfen“: 2 Esslöffel Naturjoghurt oder Joghurtpulver (Ferment) laut Packungsbeilage mit der Milch verrühren.
  4. In die Gläser füllen, verschließen und für 12 Stunden bei einer konstanten Temperatur von circa 50 °C warm halten – zum Beispiel im Ofen; eine Joghurtmaschine lohnt sich nur, wenn ihr häufig Joghurt selber macht. Aber achtet darauf, dass der Joghurt nicht heißer wird als 50 °C, sonst sterben die Bakterien ab.
  5. Anschließend die Joghurtgläser über Nacht zum Reifen im ausgeschalteten Ofen lassen oder beispielsweise in eine Kochkiste oder einen Kochsack stellen (bei Bedarf Wärmflasche hinzufügen).

Hat der Joghurt die gewünschte Konsistenz erreicht, könnt ihr die fertigen Gläser in den Kühlschrank stellen und den Joghurt in drei bis vier Tagen verbrauchen.

Aromen, Farb- und Konservierungsstoffe inklusive?

Joghurt gilt bei vielen Verbrauchern als das Naturprodukt schlechthin. Übersehen wird dabei, dass er in manch einer Molkerei durch aufwendige Verarbeitungstechniken und zusätzlichen Zutaten zum "hochveredelten" Industrieprodukt verkommt. Im konventionellen Handel verkaufter Joghurt wurde meist homogenisiert, zum Teil doppelt wärmebehandelt und nicht selten mit den verschiedensten Zusatzstoffen "verfeinert". Die Fruchtzusätze enthalten häufig sehr wenig Früchte, stattdessen umso mehr Zucker. Dafür werden die Mixturen nicht selten mit künstlichen, naturidentischen oder natürlichen Aromen sowie mit Farbstoffen und Konservierungsstoffen aufgepeppt. Zu guter Letzt werden für eine bessere Konsistenz Bindemittel zugesetzt.

Das Tückische: Der Verbraucher erfährt meist nichts vom wahren Inhalt des Joghurtbechers, da im Zutatenverzeichnis die einzelnen Bestandteile der Fruchtzubereitung nur dann erwähnt werden müssen, wenn der Anteil des Fruchtzusatzes im Joghurt mindestens 25 Prozent ausmacht. Im herkömmlichen Joghurt liegt er jedoch meist nur bei sechs bis höchstens 15 Prozent.

Sind Bio-Joghurts besser?

Bio-Joghurts, wie sie von den großen Molkereien Söbbeke, Andechser, Berchtesgadener Land und Schrozberg oder von verschiedenen regionalen kleineren Molkereien im Naturkostladen angeboten werden, verzichten auf die meisten der genannten Verarbeitungstechniken und Zusätze. Für sie ist die "Natürlichkeit" ihrer Produkte eine der obersten Maximen. Dennoch, auch im Naturkosthandel findet man Fruchtjoghurts denen aus Konsistenzgründen ein Verdickungsmittel (z.B. Guarkernmehl, Johannisbrotkernmehl) oder aus Geschmacksgründen natürliches Aroma (z.T. auch ätherische Öle), alternative Süßungsmittel (Honig, Fruchtdicksaft, Weizendicksaft, Traubensaft, Agavensirup) oder in Einzelfällen auch Zucker beigefügt wurden. Die Süßungsmittel werden aber weitaus sparsamer eingesetzt als bei herkömmlichen Produkten. Im Unterschied zu konventionellen Joghurts werden bei Bio-Joghurt alle verwendeten Zutaten ausführlich auf der Verpackung deklariert. Diese "Volldeklaration" garantierten auf Anfrage sämtliche der hier erwähnten Bio-Molkereien.

Neben der Volldeklaration bietet Bio-Joghurt eine Reihe weiterer Vorteile. Er besteht grundsätzlich aus biologisch erzeugter Milch von Demeter-, Bioland- oder Naturland-Höfen. Auch die Zutaten der Fruchtzubereitungen sowie die Süßungs- und Verdickungsmittel stammen aus biologischem Anbau. Nur in Ausnahmefällen - zum Beispiel bei Lieferengpässen - gelangen Rohstoffe aus konventioneller Produktion in den Bio-Joghurt. Dann wird allerdings auf der Verpackung darauf hingewiesen.

Auch Gentechnik bleibt bei allen Bio-Molkereien außen vor. Der nachweisliche Verzicht auf den Einsatz gentechnisch manipulierter Zutaten und Betriebsmittel wird von sämtlichen Zulieferern der Joghurt-Rohstoffe verlangt.

Milch für Bio-Joghurt in Demeter-Qualität wird generell nicht homogenisiert. Nicht alle Bio-Molkereien verzichten allerdings auf das Homogenisieren der Milch, das ein Aufrahmen während der Fermentation verhindern soll. Ausgeschlossen bei der Herstellung von Bio-Joghurt ist dagegen bei jedem Produkt die konservierende Wärmebehandlung (d.h. die Erhitzung des fertigen Joghurts auf über 50 Grad Celsius), bei der in herkömmlichen Produkten wertvolle B-Vitamine zerstört und die Mehrzahl der Milchsäurebakterien abgetötet werden. Unvermeidbar ist allerdings, dass die Milch vor der Säuerung pasteurisiert wird, um unerwünschte Keime abzutöten. Da hierfür üblicherweise die Kurzzeiterhitzung, das heißt die Erhitzung der Milch für circa 15 bis maximal 30 Sekunden auf etwa 72-75 Grad Celsius, gewählt wird, halten sich die Nährstoffverluste in Grenzen.

Damit der Bio-Joghurt nicht zu dünnflüssig sondern angenehm cremig gerät, wird die Milch bereits vor dem Ansäuern angedickt. Dies geschieht entweder durch Eindampfen oder durch den Zusatz von Magermilchpulver. Die Molkereien Söbbeke und Andechser beispielsweise bevorzugen den Zusatz von Milchpulver, da dies schonender sei und periodisch erzeugte Milchüberschüsse im Sommer und Winter durch die Produktion von Milchpulver aufgefangen werden können.

Zur Säuerung der Bio-Joghurts werden bevorzugt spezielle Biogarde-Kulturen (bestehend aus Lactobacillus acidophilus, Bifidobacterium) und Lactobacillus casei verwendet. Mit diesen Joghurtkulturen erreicht man den milden Geschmack, der derzeit im Trend liegt. Joghurtkulturen wie Streptococcus thermophilus und Lactobacillus bulgaricus, welche dem Joghurt vorwiegend einen stark säuerlichen Geschmack verleihen, finden nur noch selten Einsatz.

Pappbecher oder Mehrweg-Gläser

Ein wichtiger ökologischer Gesichtspunkt beim Joghurtkauf ist die Art der Verpackung. Fast alle Bio-Molkereien bieten ihren Joghurt in Mehrweg-Gläsern an. Eine Ausnahme ist die Molkerei Berchtesgadener Land. Deren Becher bestehen zu 80 Prozent aus Pappe, sind mit einer dünnen Plastikschicht überzogen und haben einen Aluminiumdeckel. Nach Ansicht der Molkerei Berchtesgadener Land sind die Pappbecher eine geeignete Alternative zu den Mehrweggläsern, denn es entfällt der energieaufwendige Rücktransport sowie die umweltbelastende Reinigung der Gläser. Mitbewerber sehen das jedoch anders. Sie sehen nur in Bechern, die wieder vollständig in ihre Rohstoffe getrennt und recycelt werden können, eine Alternative zum Glas. An einem kompostierbaren Becher, wie er derzeit von der Firma Danone im konventionellen Handel beworben wird, zeigt sich auch die Naturkostbranche sehr interessiert. Noch wird allerdings bezweifelt, ob die Kompostierungsmethode in der derzeitigen Form Zukunft hat, da sie nicht auf dem privaten Kompost, sondern lediglich in Kompostierungsanlagen funktioniert, in denen eine Mindesttemperatur von 50 Grad Celsius sichergestellt ist.

Rechtsdrehende oder linksdrehende Milchsäure

Für linksdrehende Milchsäure (D-) kann Entwarnung gegeben werden. Michael de Vrese, vom Institut für Milchwirtschaft in Kiel, korrigiert die seit Jahren irrigen Falschmeldungen, dass linksdrehende Milchsäure vom menschlichen Körper nicht abgebaut werden könnte: "Es ist lediglich so, dass die D(-)-Milchsäure etwa halb so schnell vom menschlichen Körper verstoffwechselt wird wie die physiologische, rechtsdrehende L(+)-Milchsäure. Durch den Verzehr von D(-)-milchsäurehaltigen Joghurtprodukten kann beim gesunden Menschen keine Übersäuerung hervorgerufen werden". Dennoch bleiben Molkereien dabei, einen hohen Anteil an L(+)-Milchsäure als positives Qualitätskriterium ihrer Produkte zu werten.

Der Grund: Milchsäure mit dem "rechten Dreh" gilt als die natürlichere Variante, weil nur sie als Stoffwechselprodukt im menschlichen Organismus vorkommt. Außerdem: Im jungen Verdauungstrakt von Säuglingen sorgt ausschließlich rechtsdrehende Milchsäure für ein gesundes Darmmilieu. Deshalb die Schlussfolgerung: Was für den Nachwuchs gut ist, ist mindestens genauso gut für die Erwachsenen!

Ist probiotischer Joghurt gesünder?

Probiotische Joghurts sind der Renner auf dem Markt der Sauermilchprodukte. Mit ihren speziellen probiotischen Joghurtkulturen wollen die Hersteller nach eigenen Werbeaussagen der Gesundheit der Konsumenten kräftig auf die Sprünge helfen. Doch das Thema "Probiotika" wird unter Fachleuten bereits seit Jahren kontrovers diskutiert. Obwohl die Hersteller immer wieder auf eigens durchgeführte wissenschaftliche Studien verweisen, um ihre Glaubwürdigkeit zu unterstreichen, erscheint zahlreichen Ernährungsexperten die gesundheitsfördernde Wirkung längst noch nicht belegt.

Die Andechser Molkerei zog im November 1997 die Konsequenzen aus der fortwährenden Uneinigkeit der Forscher über die Wirkungen von Probiotika. Andechser stellte die Produktion ihrer probiotischen Joghurts ein und entschied sich nach eigenen Worten "im Zweifel für den Kunden". Auch die meisten anderen

Bio-Molkereien der Naturkostszene zeigen sich am Angebot eines probiotischen Joghurts wenig interessiert. Ihrer Meinung nach zählt mehr die Natürlichkeit ihrer Produkte, als der Zusatz ausgewählter probiotischer Milchsäurebakterien.

Hauptkritikpunkt an den probiotischen Joghurtprodukten ist, dass sowohl die Langzeitwirkung als auch mögliche negative gesundheitliche Konsequenzen aus andauerndem Konsum der Produkte noch ungeklärt sind.

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