Seit einem halben Jahr glitzert bei meiner Freundin Maria eine Minisolaranlage im Garten. Ein lang gehegter Traum, von dem ihr Mann Peter anfangs wenig begeistert war. Bis sie ihn zu einem Info-Webinar zu Erneuerbaren Energien überredete und seine Skepsis umschlug in „Will ich haben!“. Das ging anderen wohl genauso, denn beim Wunschanbieter waren die Module schon ausverkauft, beim zweiten auf der Liste eine neue Lieferung angekündigt – inklusive Uhrzeit für die Freischaltung des Online-Bestellformulars. Öko-Strom für Zuhause ist heiß begehrt.
Peter saß schon vorher am Rechner, um pünktlich um zehn Uhr die Bestellung aufzugeben. „Bei denen ging der Server in die Knie“, erinnert sich meine Freundin. Aber ihr Mann war erfolgreich. Und jetzt sind sie voll im Trend: Der Run auf Balkonkraftwerke oder Steckersolaranlagen, wie sie auch genannt werden, hält an. Man kann sie selbst auf dem Balkon, an der Hauswand oder auf dem Garagendach montieren und natürlich im Garten aufstellen.
Wie kann man Zuhause Öko-Strom erzeugen?
Für Maria und Peter war es eine Anschaffung aus ökologischer Überzeugung – Solarstrom war ihre erste Wahl in punkto Erneuerbare Energien. In meiner Nachbarschaft gab es eine Zeit lang eine Kleinwindanlage auf einem Hausdach. Die ist mittlerweile wieder abmontiert. Warum genau, ist unklar. Die Verbraucherzentrale rät davon jedenfalls komplett ab. Bei einer Höhe von zehn Metern könne ein Windrad kaum Ertrag bringen, umliegende Bauwerke und Bäume würden den Wind in Wohngebieten bremsen. Außerdem könnten sich Nachbarn über Störgeräusche durch Windkraft beschweren – und nicht zuletzt sei die Anlage eine potenzielle Gefahr. Bei Orkanböen, wie wir sie jetzt häufiger erleben, gibt es das Risiko, dass die Turbine zerreißt und Teile umherfliegen.
Eine weitere Alternative, um zu Hause grünen Strom zu erzeugen, ist die Kraft-Wärme-Kopplung von Blockheizkraftwerken, kurz BHKW. Bei Ein- bis Zwei-Familienhäusern oder Reihenhauszeilen nennt sich das Nano-BHKW. Daneben gibt es als größere Varianten Mini- und Mikro-BHKWs. Alle basieren auf einem Verbrennungsmotor oder einem sogenannten Stirlingmotor, der mit Gas, Holzpellets oder Pflanzenöl läuft.
Was ist die neueste Technik bei DIY-Strom?
Neueste und teuerste Technik bei den BHKWs sind die sogenannten Brennstoffzellen. Die zerlegen Wasserstoff chemisch in Strom und Wasser. Man kann sie auch mit Erdgas betreiben. Das Plus: wenige bewegliche Teile und damit wenig Wartung. Das Minus: Gibt es keinen Wärmebedarf, steht die Anlage still und produziert keinen grünen Strom.
Norbert Endres, Energieberater für die Verbraucherzentrale Bayern, empfiehlt daher, gut zu planen. Wärme speichern sei zwar einfach und gängig, lohne sich aber im Sommer eher für Haushalte mit hohem Warmwasserbedarf, wie in Neubaugebieten oder Reihenhauszeilen. „Oft wird der Großteil des Energieeinsatzes in Wärme umgewandelt, der Rest in Strom. Den kann man zur Not einspeisen, aber die Wärme muss laut Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz zu 70 Prozent selbst verbraucht werden“, erklärt der Experte. Aus diesem Grund kommen BHKWs eher selten zum Einsatz.
Sonnenenergie im Kleinformat
Solar-Leuchte
Braucht etwa 20 Sonnenstunden Ladezeit, um Ökostrom zu liefern. Wiegt je nach Hersteller in der Regel unter 100 Gramm und ist etwa 10 bis 25 cm groß. Gibt es auch als faltbares Modell.
Solar-Powerbank
Nützlich für Geräte wie Handys oder Navis. Doch nicht alle sind gleich effektiv. Auf dem Blog www.outdoor-brueder.de sind einige nach Gewicht, Power und Ladedauer getestet und bewertet.
Solar-Tastatur
Hat eine lange Akku-Laufzeit und muss nicht in der prallen Sonne platziert sein – ein helles Büro reicht aus. Qualitativ hochwertige Modelle sind aber vergleichsweise teuer.
Solar-Kocher
Werden in Kochkisten und Reflektorkocher unterschieden. Sind ressourcenschonend, nachhaltig und schnell aufgebaut. Einsatzbereit sind sie bei Sonneneinstrahlung, die Garzeiten sind etwas länger.
Wie funktioniert Solar-Wärmetechnik?
Also zurück zur Sonne: Neben der Solarstromtechnik gibt es noch die Solarwärmetechnik. Das wird oft verwechselt. Bei Solarstrom geht es um Photovoltaik-Module, meist also um Glasplatten mit Siliziumzellen. Bei Solarwärme heißen die Sonnenfänger Kollektoren, von denen es verschiedene Varianten gibt. Dachkollektoren sind spezielle Geräte, die Wärme an einen Flüssigkeitskreislauf weitergeben, der sie dann dem Haus zur Verfügung stellt. Röhrenkollektoren sind Hightech, aber auch empfindlich – nicht nur bei der Montage, sondern auch bei Wetterereignissen wie Hagel. Knackpunkt ist laut Energieberater Endres die Dichtheit, die bei Vakuumröhren nicht immer langfristig erhalten bleibt.
Sinnvoll sei oft die Solarwärmekombination bei flammenbasierten Brennstoffen – etwa mit Fernwärme, Öl- oder Gas-Heizkesseln. „Anders als bei einer Wärmepumpe, die besser mit Solarstrom unterstützt wird, ist der Solarkollektor eine gute Ergänzung zu konventionellen Heizungen.“, so Endres. Wer sich all das näher anschaut, landet als durchschnittlicher Wärme- und Stromverbraucher oft bei Photovoltaik. Zumal die Preise seit einigen Monaten stark gesunken sind. Solarmodule sind heute rund 30 Prozent günstiger als noch vor einem halben Jahr. Dagegen sind die Kosten für Handwerker gestiegen, wenn sie überhaupt Termine anbieten können.
Welche Fördergelder gibt es bei der eigenen Stromerzeugung?
Astrid Aretz vom IÖW (siehe Interview) betreut das Projekt einer Kita mit und wartet seit einem Jahr auf die Installation einer bereits gekauften Anlage für Ökostrom. Wieder ein Plus für Steckersolaranlagen. Zudem gibt es in Deutschland unterschiedliche Möglichkeiten, Zuschüsse oder Fördergelder zu bekommen. Was das betrifft, hatte meine Freundin kein Glück in ihrem Wohnort Frankfurt. Der nahe gelegene Ort Mörfelden-Waldorf zahlt dagegen jedem Haushalt beim Neukauf eines Balkonkraftwerks 200 Euro Zuschuss. In Thüringen oder Baden-Württemberg etwa gibt es von mancher Kommune für den Öko-Stromstart gar bis zu 300 Euro.
Bleibt die Frage: Was bringt so eine Solaranlage überhaupt und lohnt sich der Aufwand? Damit beschäftigten sich auch Maria und Peter intensiv. Die Recherche der beiden ergab ein klares Ja zur Anlage. Nur die Anmeldung bei Netzbetreiber und Marktstammdatenregister sei „ein bisschen umständlich“ gewesen, findet Maria. Mit der aufwendigen Bürokratie soll in Deutschland aber ab 2024 Schluss sein. Das neue Solarpaket der Bundesregierung verspricht eine Vereinfachung bei Anmeldung und Betrieb der Balkonkraftwerke – etwa 50 Verwaltungshürden entfallen. So soll zum Beispiel der Weg über den Netzbetreiber entfallen. Eine einfache Registrierung der Anlage im Marktstammdatenregister reicht dann aus. Künftig entfällt wohl auch das Warten auf den Zweirichtungszähler-Einbau. Für den Übergang darf der eigene Stromzähler auch rückwärts laufen. Die Balkonkraftwerke sollen außerdem mit einem Schukostecker ausgestattet sein, der in jede herkömmliche Steckdose passt.
Was kostet eine Solaranlage für Zuhause?
Auf die Frage nach guten Angeboten gibt Energieberater Norbert Endres wertvolle Tipps: „Ab 500 Euro bekommt man heute schon Anlagen mit zwei guten Solarstrommodulen, die eine Höchstleistung um die 400 Watt Peak bringen.“ Die Geräte könnten zwar auch mehr leisten, würden jedoch gedeckelt durch den sogenannten Wechselrichter, der den abgegebenen Gleichstrom in Wechselstrom umwandelt, wie er im Haushalt benötigt wird. Ein Haushalt darf zwei Module haben – und damit insgesamt 600 Watt erzeugen. Ab Januar 2024 werden durch das angekündigte Solarpaket der Regierung auch 800 Watt erlaubt sein. Das bringen die Anlagen aber nur bei besten Bedingungen, betont Endres. Also bei voller Sonne, einer Modultemperatur unter 25 Grad und einem idealen Standort.
Außerdem empfiehlt er, „möglichst je ein Modul nach Osten und Westen ausrichten.“ Warum nicht nach Süden? „Weil man so die Möglichkeit verlängert, selbst Strom zu verbrauchen.“ Die reine Südausrichtung sei „eine Sportart von früher“. Damals war die Einspeisevergütung ins Stromnetz höher als der Strompreis, also wollte man in der Hoch-Sonnenzeit so viel Strom wie möglich produzieren. Das hat sich geändert.
Zwar gibt es bei Kleinstanlagen aufgrund des zu hohen Verwaltungsaufwands keine Vergütung für die Einspeisung ins Stromnetz, doch sie helfen, Kosten zu sparen und schärfen das Bewusstsein. Wollen wir das Klima schützen und auf erneuerbare Energie setzen, sollten wir weniger Strom verbrauchen und das möglichst dann, wenn er zur Verfügung steht. Energieberater Endres macht regelmäßig Hausbesuche und betont: „Bei fast jedem Haushalt lässt sich ein durchschnittlicher Verbrauch problemlos halbieren.“
Lohnt sich die Anschaffung einer Steckersolaranlage?
Maria kommt mit Sonnenstrom-gekochtem Kaffee in den Garten. Auf die Frage, ob sie mit ihrer Anlage zufrieden ist nach einem Jahr Betrieb, strahlt sie. Es fühle sich gut an, eigenen grünen Strom zu erzeugen und nach ein bisschen mehr Unabhängigkeit. Der Erwerb einer Steckersolaranlage lohnt sich also gerade im Hinblick auf Nachhaltigkeit und Selbstversorgung. Die Anschaffungskosten sind überschaubar.
Nach fünf bis acht Jahren ist die Anlage durch die eigene Stromerzeugung abgegolten, so Experte Endres. Wenn es dann noch gelinge, den Strom zu nutzen, der durch die Sonne produziert wird, könnten zwischen zehn und 30 Prozent des Strombedarfs im Haushalt gedeckt werden. Für den sonstigen Verbrauch und die dunklen Monate empfiehlt es sich, auf Öko-Stromanbieter zu setzen.
Interview: „Mit Energy Sharing gewinnen wir ein großartiges Instrument“
Astrid Aretz ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) in Berlin.
Was bedeutet „Energy Sharing“?
Nach der EU-Richtlinie geht es um das Teilen von gemeinsam produziertem Strom. Die Idee: Menschen gründen Erneuerbare-Energien-Gemeinschaften, deren Mitglieder zusammen in Anlagen investieren – und den produzierten Strom miteinander teilen. Wir haben festgestellt, dass Energy Sharing flächendeckend umsetzbar ist. Anders als beim Prinzip „Eigenversorgung“ nach dem EEG, das Mieterinnen und Mieter komplett ausgeschlossen hat, kann mit diesem Modell fast jede und jeder eine Energiegemeinschaft gründen oder dort Mitglied werden.
Dann könnte es jetzt losgehen, oder?
Vorher ist noch einiges zu erledigen. Zunächst fehlt der rechtliche Rahmen, damit Energiegemeinschaften das Stromnetz nutzen dürfen. Geregelt werden muss auch, wie viel sie für die Netznutzung zahlen sollen oder welche Vergütung sie für eine Einspeisung bekommen. Eine weitere Hürde ist die fehlende Digitalisierung. Energy Sharing basiert darauf, den Strom über sogenannte Smart Meter, digitale Stromzähler zu messen und zu verteilen. Und es wäre wünschenswert, dass die Menschen ihren Verbrauch in die Zeit verlagern, in der die Anlagen Strom erzeugen – und so das Netz entlasten. Gerade wird diskutiert, welche tariflichen Anreize man dafür schaffen kann.
Viele Baustellen ...
Ja, aber es sind lösbare Fragen. Und wir gewinnen damit ein großartiges Instrument. Andere Länder wie Spanien haben das bereits umgesetzt. Immerhin laufen jetzt die ersten deutschen Pilotprojekte. Im Herbst sollen Gespräche mit Expert:innen stattfinden – und daraufhin das Gesetz kommen, das Energy Sharing auch bei uns erlaubt. Ich denke, dann geht es voran.
www.buendnis-buergerenergie.de
Netzwerk für erneuerbare Energie mit Workshops, Seminaren und aktuellen Infos zu Technik und Gesetzen
https://solar.htw-berlin.de/rechner
Der Stecker-Solar-Simulator zeigt Verbraucher:innen, wie viel sie zu Hause einsparen können.
www.energiemagazin.com
Verbraucherportal mit Neuigkeiten, Testberichten und Ratschlägen zu steckerfertigen Solaranlagen und Photovoltaik.
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