Interview

Friederike Becht: „Wir brauchen kein Gentech-Saatgut“

Die Schauspielerin spricht im Interview über ihre Rolle im Gentech-Thriller „Die Saat“ und verrät, wie sie mit extremen Gefühlen am Set umgeht.

Beim digitalen Interview sitzt Friederike Becht in ihrer Küche. An der Wand hängt eine Postkarte, darauf steht „Alles wird gut“. Diese hoffnungsvolle Grundhaltung spürt man das ganze Gespräch hindurch. Aktuell ist die Schauspielerin in der ARD-Serie „Die Saat“ zu sehen. In deren Mittelpunkt steht der Kampf um gentechnisch verändertes Saatgut. Wir nahmen das zum Anlass, Friederike Becht nach ihrer Meinung zu Gentechnik zu fragen...

In der Serie „Die Saat“ spielst du eine EU-Abgeordnete in Brüssel. Was ist ihr Ziel?
Meine Rolle ist eine Politikerin, wie ich sie mir eigentlich wünschen würde: Sie will verhindern, dass sich zwei Konzerne zusammenschließen, um die Macht über das Saatgut und über die Welt-Ernährung zu bekommen. Dabei ist diese Politikerin unermüdlich und in ihrem Idealismus noch nicht gebrochen. Sie kennt ihre moralischen Grenzen.

Gibt es etwas, das du ihr gerne sagen würdest?
Gib nicht auf, bleib dabei, wir brauchen Leute wie dich. Aber ich würde es ihr auch nicht verübeln, wenn sie sich irgendwann von ihrem Beruf verabschiedet. Denn ich glaube, dass dieser Job sehr hart ist, weil man ständig Kompromisse eingehen muss: Im Verlauf der Geschichte kommt meine Rolle ins Schleudern und kämpft mit ihrer Berufung, weil sie spürt, wie schwierig es ist, ihren eigenen Werten treu zu bleiben.

Zur Person

Friederike Becht wurde 1986 in Bad Bergzabern geboren, entdeckte in der Schule ihre Leidenschaft für das Wahlfach Darstellende Kunst und studierte Schauspiel an der Universität der Künste in Berlin. Seit 2006 steht sie für Film- und Fernseh-produktionen vor der Kamera und seit 2010 ist sie festes Ensemblemitglied am Schauspielhaus Bochum. 2022 erhielt sie den Deutschen Fernsehpreis in der Kategorie Beste Schauspielerin für ihre Rolle in der Thriller-Serie „Schneller als die Angst“. Becht lebt mit ihrem Mann und ihren zwei Kindern in Bochum.

Was hältst du von gentechnisch verändertem Saatgut?
Es besteht die Gefahr, dass die Wirtschaft kein Interesse daran hat, ein gentechnisch verändertes Saatgut frei auf den Markt zu bringen. Wenn es Patente auf ein solches Saatgut gibt, verschärft dies aber das eigentliche Problem: Denn viele Bauern können sich diese nicht leisten. Außerdem hungern weltweit Menschen, weil die Lebensmittel nicht gerecht verteilt sind. Wir haben nicht zu wenig zu essen. Wir brauchen eigentlich kein gentechnisches Super-Saatgut, jedenfalls noch nicht. Das Problem ist die Verteilung der Lebensmittel. Daran krankt das System. Und vielleicht gelingt es der Serie, Aufmerksamkeit für dieses Thema zu schaffen.

Du spielst oft herausfordernde Rollen. Wie gelingt es dir, extreme Gefühle am Set zu lassen?
Ich habe für mich selbst eine Atemübung kreiert, wenn ich in die Arbeit starte: Dabei lasse ich mich bewusst auf den Drehtag und die Gedankenwelt meiner Figur ein. Und am Ende des Tages mache ich die gleiche Atemübung, bei der ich versuche die Rolle loszulassen. Wenn ich dann nach Hause gehe, tue ich im besten Fall etwas Gutes für mich, zum Beispiel Kochen mit meiner Familie oder Spazieren mit Freund:innen. Dadurch kann ich die Arbeit meist hinter mir lassen. Aber manchmal schwappen Situationen vom Set über.

Wann ist das zuletzt passiert?
Es gab mal eine Situation beim Dreh der Serie „Schneller als die Angst“. Da wurde ich an einen Stuhl gefesselt. Das war eine brutale Szene, bei der jemand die Gewalt über mich hatte. Dieses Gefühl war so körperlich greifbar und spürbar, dass ich danach erstmal Probleme hatte, wieder runter zu kommen. Weil das Spiel der Rolle so in den Körper überging, dass ich etwas Zeit gebraucht habe, um es wieder loszulassen.

Dein Deutscher Fernsehpreis durfte im Bett deiner Tochter übernachten. Teilst du deinen Erfolg gerne mit deiner Familie?
Ja, ich teile so eine Freude immer direkt mit meiner Familie. Es ist toll, dass ich mit Preisen ausgezeichnet werde, weil es eine schöne Anerkennung für meine Arbeit ist. Aber es gibt auch viele andere Dinge, die ich als Erfolg verbuche.

Zum Beispiel?
Das fängt schon im Kleinen an: Wenn ich es trotz Zeitdruck und Stress schaffe, ruhig zu bleiben und eine Runde Yoga zu machen. Oder wenn ich als Schauspielerin mehrere Absagen hintereinander erhalte, ist es für mich ein Erfolg, mich davon nicht einschüchtern zu lassen und nicht aufzugeben.

Woher nimmst du deine Energie?
Ich investiere zwar viel Energie, kriege aber auch viel zurück – zum Beispiel wenn ich heute Abend Theater spiele. Es gibt mir viel, auf der Bühne zu stehen und Reaktionen vom Publikum zu erhalten. Vielleicht kann man es sich so vorstellen, wie wenn Kinder spielen: Die sind abends auch müde, aber sie haben eine echt gute Zeit gehabt. Um sich wieder aufzutanken, brauchen sie am Ende des Tages eine Runde Kuscheln und genug Schlaf – genau wie ich.

Du engagierst dich für das Hilfswerk Adveniat, das sich gegen Armut in Lateinamerika einsetzt. Was hast du dort erlebt?
Meine erste Reise führte mich nach Ecuador. Dort schlägt einem die Realität direkt ins Gesicht, weil man auf der Straße so viel Armut sieht. Viele Kinder, die im Alter von meinem Sohn sind, gehen nach der Schule noch Schuheputzen, um den Lebensunterhalt der Familie mitzufinanzieren.

„Wir müssen dringend aufhören, den Regenwald abzuholzen.“

Friederike Becht

Deine zweite Reise führte dich in den Amazonas...
Dort habe ich bei einem indigenen Volk gelebt, mit ihnen gegessen und gesprochen. Mich hat beeindruckt, dass diese Menschen so viel über die Heilkräfte der Natur wissen, was wir hier längst vergessen haben. Im Amazonas durfte ich die Schönheit der Natur erfahren und gleichzeitig war ich erschrocken von den riesigen Straßen im Regenwald und den Ölfrachtern auf dem Fluss. Wir müssen unbedingt aufhören, den Regenwald abzuholzen, denn wir brauchen ihn dringend im Kampf gegen die Klimakrise. Mit meiner Arbeit als Botschafterin möchte ich das Bewusstsein in der Öffentlichkeit dafür schärfen.

Engagierst du dich auch privat für den Umweltschutz?
Ich versuche bewusst mit Ressourcen umzugehen, zum Beispiel mit Strom und Wasser. Trotzdem gönne ich mir hin und wieder mal ein Bad. Ich verzichte auf Fleisch und wenn meine Tochter Fleisch essen möchte, kaufe ich es in Bio-Qualität. Bei Obst und Gemüse achte ich darauf, nach Saison und regional einzukaufen. Und auf meiner To-Do-Liste steht auch, endlich mal die Gemüsebox vom Bauern zu bestellen.

Welche Rolle würdest du in der Zukunft gerne mal spielen?
Die Künstlerin Patti Smith! Ich finde, sie ist eine sehr interessante, starke Frau mit einem spannenden Lebensstil und inspirierenden Ansichten.

Programminfo zur ARD-Serie „Die Saat"

Ausstrahlung der ersten Folge: Sa., 09.12.23 | 20:15 Uhr | ARD

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