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Beckenboden Training für eine starke Körpermitte

Gezieltes Beckenbodentraining wirkt wie ein Jungbrunnen und sorgt für erfüllten Sex. Wenn es die richtigen Muskeln anspricht.

Anspannen, entspannen, anspannen, entspannen ... als der Frauenarzt Dr. Arnold Kegel Mitte des vergangenen Jahrhunderts Patientinnen mit Blasenschwäche ein einfaches Muskeltraining empfahl, ahnte er noch nichts von dessen mitunter beglückender Wirkung: Die Übungen verhinderten nicht nur das Tröpfeln der Blase – etwa beim Niesen oder Husten. Einige der Frauen berichteten auch von Höhepunkten in ihrem Liebesleben. Die Kegel-Übungen sind daher bis heute nicht nur ein fester Begriff im Beckenbodentraining, zum Beispiel in der Schwangerschaftsrückbildung.

Wie trainiert man den Beckenboden? Übungen für Frauen und Männer

Sex-Ratgeber und viele Paartherapeuten empfehlen Beckenboden Training, um die Libido anzukurbeln und Männern als Möglichkeit, das Liebesspiel zu verlängern. Das Üben besteht im Wesentlichen aus dem An- und Entspannen des sogenannten Pubococcygealen Muskels, auch als PC- oder Liebesmuskel bezeichnet.

Kegel-Übung für den Beckenboden

  1. Für Männer und Frauen: Stellt euch vor, ihr würdet den Urinfluss stoppen. Weil das für die Blase nicht gut ist, sollte es bei der Idee bleiben. Zieht nun den Muskel, den ihr dabei spürt, für ein paar Sekunden sanft zusammen, um ihn dann bewusst zu entspannen.
  2. Praktiziert die gleiche Übung, wechselt An- und Entspannung aber rasch hintereinander.
  3. Speziell für Frauen: Stellt euch den Muskel als Aufzug vor. Oder dass ihr eine Kugel in eure Vagina saugt. Dosiert die Anspannung stufenweise, ausgehend von der Vagina hinauf in Richtung Gebärmutter. Entspannt die Muskeln genauso langsam wieder in die andere Richtung, als ob ihr den Aufzug Etage für Etage wieder zum Erdgeschoss hinunter lasst. Wichtig: Gesäß- und Bauchmuskulatur locker lassen.

Bei Schmerzen im Unterleib oder bei Beschwerden beim Toilettengang, beim Sex oder bei Rückenschmerzen nicht ohne professionelle Anleitung oder Arztgespräch trainieren.

Wo liegen die Muskeln des Beckenbodens?

Der PC-Muskel umschlingt After und Harnröhre wie eine Acht und steuert diese Körperöffnungen. Wird sie trainiert, strömt vermehrt Blut ins Becken, was die Libido ankurbeln kann.

Der Muskel ist jedoch nur ein Teil der im Schoß verborgenen Beckenbodenmuskulatur, die zu trainieren sich auch aus anderen Gründen lohnt. Das etwa handtellergroße Gebilde besteht aus drei fächer- und gitterartig übereinanderliegenden und miteinander verbundenen Muskel- und Bindegewebsschichten. Sie spannen sich zwischen den Knochen von Schambein, Steißbein und den beiden Sitzhöckern auf.

Therapeuten vergleichen den Beckenboden mit einem elastischen Trampolin, einem Korb oder einer Schale, die den unteren Bauchraum abschließt und Organe wie Blase, Darm – und bei der Frau die Gebärmutter – am Platz hält.

Mit einer schlaffen Muskulatur steigt das Risiko, dass sich Blase, Darm oder Gebärmutter ins Becken absenken. Frauen sind naturgemäß häufiger betroffen. Schwangerschaft und Geburt strapazieren den Beckenboden enorm und können ihn schädigen. Eine kritische Phase sind außerdem die Wechseljahre. Während der hormonellen Umstellung lässt die Elastizität des Bindegewebes nach.

Welcher Sport ist gut für den Beckenboden?

Eine zentrale Rolle spielt der Beckenboden außerdem bei der Aufrichtung der Wirbelsäule, denn er ist mit den Muskeln von Hüften, Bauch und Rücken vernetzt. Pilates-Trainer sprechen bei diesem Kraftzentrum vom Powerhouse. Eine starke Mitte formt den Körper, sorgt für eine aufrechte Haltung, eine gute Balance und spiegelt ein gutes Selbstwertgefühl. Umgekehrt gilt: Rückenschmerzen hängen oft auch mit einer schwachen Beckenbodenmuskulatur zusammen.

Pilates eignet sich daher besonders gut als Sport, um den Beckenboden zu trainieren. Aber beispielsweise auch Yoga, Qi Gong, Schwimmen, Wandern, Walken, Reiten, Tanzen, Radfahren, Winter-Sportarten und Inline-Skaten.

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Wer einmal verstanden hat, wie er die verborgenen Muskeln erreicht, kann den Beckenboden außerdem jederzeit im Alltag trainieren – beim Gassigehen mit dem Hund, beim Warten an der roten Ampel oder beim Schlangestehen an der Kasse. Sieht ja keiner!

Doch nicht jeder Sport fördert einen starken Beckenboden. Bei allen laufbetonten Fitnessarten wie Joggen, Tennis, Aerobic oder Handball ist der Beckenboden Stoßbelastungen ausgesetzt. Einer schwachen Muskulatur bekommt das nicht.

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Woran erkennt man einen schwachen Beckenboden?

Erste Anzeichen einer Beckenbodenschwäche sind etwa ein Druckgefühl in der Dammregion, Rückenschmerzen und ungewollter Urinverlust bei körperlicher Anstrengung wie Niesen, Husten oder Hüpfen. Mediziner sprechen von einer Stress- oder Belastungsinkontinenz.

Eine Folge kann auch die Dranginkontinenz sein. Typisch dafür ist das Gefühl sofort zur Toilette zu müssen, verbunden mit Urinverlust. Mit Beckenbodentraining lässt sich oft erfolgreich dagegensteuern.

Männer haben in dieser Hinsicht Glück, bei ihnen zeigt der Beckenboden meist erst in höherem Alter Schwächen. Oft treten Inkontinenz-Probleme nach einer Prostata-Operation auf. Auch hier kann Beckenboden Training helfen.

Entspannungsübung für den Beckenboden

Anfangs ist eine professionelle Anleitung empfehlenswert, wie sie speziell geschulte Physiotherapeuten in Beckenbodenzentren oder manche Volkshochschulkurse anbieten. Während sich nämlich die äußere Schicht mit dem PC-Muskel recht gut isoliert ansteuern und trainieren lässt, muss sich das Gefühl für die beiden inneren Muskelschichten erst entwickeln. Ohne diese Erfahrung kann falsch trainiert werden.

Ein Fehler kann zum Beispiel sein, dass vor allem die Gesäß-, Bauch- und Rückenmuskeln angespannt werden. Sie sollen während der Übungen aber eher locker bleiben. Oder es wird mit dem Anspannen der Muskulatur übertrieben. Dabei ist das Loslassen ebenso wichtig. Andernfalls können sich Muskelfasern verkürzen, was Blockaden der Wirbelsäule, Unterleibsschmerzen oder Schmerzen beim Sex verursachen kann.

Einfache Übungen für die Beckenboden Muskulatur

Mann macht Beckenboden-Übungen, Illustration

Übung 1: Anspannung (siehe Illustration)

Auf den Rücken legen und die Beine hüftbreit auseinander stellen - wer mag, stellt sie auf ein Yoga-Kissen. Ausatmen und den Po nach oben heben, dabei den Beckenboden nach innen und oben ziehen. Schultern, Hüfte und Knie bilden eine gerade Linie.
10 Sekunden halten und dabei weiteratmen.
Einatmen und dabei den Po langsam wieder senken.
Zehnmal wiederholen.

Übung 2: Entspannung

In bequemer Rückenlage die Unterschenkel auf einem Stuhl ablegen, den Bauch bewusst entspannen. Zehnmal tief in den Bauch atmen.

Beckenboden-Training mit Liebeskugeln

Wer mag, kann mit Hilfsmitteln trainieren, etwa sogenannten Liebeskugeln aus Silikon mit Rückholbändchen, die in die Vagina eingeführt werden. Eine zweite Kugel im Innern löst spontan feine Vibrationen aus, auf die der Beckenboden unwillkürlich reagiert. Die Kugeln sollten aber keinesfalls ständig getragen werden.

Für den Funfaktor gibt es zum Beispiel Elvie, ein Gerät aus Silikon, das ebenfalls in die Vagina eingeführt wird und sich via App mit einem Smartphone vernetzen lässt. Die App führt Übungen mit steigendem Schwierigkeitsgrad durch. Die Beckenbodenmuskulatur muss fein dosiert eingesetzt werden, etwa um einen roten Punkt in einer Kreislinie schweben zu lassen oder ihn in einer Berg- und Talfahrt auf Kurs zu halten. Elvie gibt es bei entsprechender Indikation auch auf Rezept.

Mehr rund ums Beckenbodentraining

  • www.pelvina.de
    Von Ärzten und Physiotherapeuten entwickelter Kurs mit Theorie und Praxis. Mit Videos und Hilfe via Forum und Chat. Kursgebühren: 74,99 Euro. Wird nach erfolgreicher Teilnahme als Gesundheitskurs von vielen Krankenkassen erstattet.
  • www.kontinenz-gesellschaft.de
    Verzeichnis zertifizierter ärztlicher Beratungszentren
  • Höfler, Heike: Beckenboden: Kräftigen – Entspannen – Sensibilisieren, BLV Verlag, 112 Seiten, 15 Euro
  • Lang-Reeves, Irene: Beckenboden: Wie Sie den Alltag zum Training nutzen, Nikol Verlag, 128 Seiten, 6,99 Euro

FAQ zum Beckenboden

Was ist der Beckenboden?

Der Beckenboden ist eine Gruppe von Muskeln und Bindegewebe, die den Bauchraum nach unten abschließen. Er ist vorne am Schambein, hinten am Steißbein und seitlich an den Sitzbeinhöckern befestigt, ähnlich einer nach oben gebogenen Hängematte. Bei Frauen befindet sich in der Mitte eine Öffnung, die sich für eine Geburt weiten kann. Der Beckenboden stützt Blase, Gebärmutter und Enddarm und umschließt nach unten die Harnröhre, bei Frauen die Vagina, und den Anus. 

Was bringt Beckenbodentraining für Frauen?

Beckenbodentraining stärkt die Muskulatur im Beckenbereich, was Harn- und Stuhlinkontinenz vorbeugen oder lindern kann. Es fördert eine gesunde Körperhaltung und kann Rückenschmerzen reduzieren. Zusätzlich kann es die sexuelle Empfindsamkeit und Zufriedenheit steigern. Regelmäßiges Training sorgt für eine insgesamt stabilere und stärkere Körpermitte.

Besonders Frauen, die eine oder mehrere vaginale Geburten hatten, sind gefährdet, ein Beckenbodenleiden zu entwickeln. Das belegt zum Beispiel die deutsche Beckenboden-REhabilitations-STudie (BREST): Für diese wurden knapp 500 Patientinnen aus 6 Frauenarztpraxen nach der Geburt begleitet. 21,2 % wiesen eine Harninkontinenz auf, fast jede 10. Frau wünschte sich eine entsprechende Therapie.

Wer macht Beckenbodentraining für Männer?

Beckenbodentraining ist nicht nur für Frauen, sondern auch für Männer wichtig. Es kann nach Prostata-Operationen oder bei Inkontinenzproblemen helfen. Männer können diese Übungen selbstständig durchführen oder sich von spezialisierten Physiotherapeuten anleiten lassen. Viele Fitness- und Gesundheitszentren bieten inzwischen entsprechende Beckenboden Kurse für Männer an.

Wie kann man den Beckenboden ertasten?

Um den Beckenboden zu ertasten, stellt ihr euch vor, ihr würdet auf Toilette bewusst den Urinfluss stoppen. Die Muskeln, die dabei spürbar sind, sind die Beckenbodenmuskeln. Eine weitere Methode ist, beim Anspannen dieser Muskeln ein leichtes Heben des Dammbereichs zu fühlen. Gesäß- und Bauchmuskulatur sollten bei allen Übungen entspannt bleiben.

Manche Menschen können ihre Beckenboden Muskeln gut erspüren, andere haben Probleme damit - spezielle Kurse helfen, es gibt sie zum Beispiel in Physiotherapien und online.

Wie kann man den Beckenboden stärken?

Den Beckenboden stärkt man durch gezielte Übungen wie das wiederholte An- und Entspannen des sogenannten PC-Muskels. Regelmäßiges Training, integriert in den Alltag, etwa beim an der Ampel stehen, fördern die Muskulatur. Auch Sportarten wie Schwimmen, Walking, Radfahren, Pilates und Yoga sind gut geeignet.

Ist Spazierengehen gut für den Beckenboden?

Ja, Spazierengehen kann den Beckenboden stärken - besonders, wenn man bewusst auf die Körperhaltung achtet. Es ist eine sanfte, stoßarme Aktivität, die den Beckenboden nicht übermäßig belastet - im Gegensatz zu intensiveren Sportarten, die Stoßbelastungen erzeugen.

Wer verschreibt Beckenbodentraining?

Beckenbodentraining kann von Ärzten, insbesondere Urologen, Gynäkologen oder Hausärzten, verschrieben werden. Auch Physiotherapeuten mit entsprechender Spezialisierung können Übungen empfehlen und anleiten. Bei medizinischer Notwendigkeit übernimmt die Krankenkasse die Kosten für Beckenbodentraining.

Warum soll man in der Schwangerschaft Beckenboden Übungen machen?

Während der Schwangerschaft helfen Übungen für den Beckenboden, die Muskulatur zu stärken und auf die Geburt vorzubereiten. Das kann die Erholung des Beckenbodens nach der Geburt unterstützen. Durch das Training wird seine Elastizität und Stabilität verbessert. 

Veröffentlicht am - aktualisiert am 28.06.2024

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