Leben

Mit der Nase im Wind – Lauftraining für Anfänger

Wie ich einfach mal mit dem Lauftraining anfing, Spaß dabei hatte und sogar meine Fitness verbesserte.

Sport ist gesund, aber man braucht Zeit. Bei mir gab es fast immer Wichtigeres. Doch eines Tages öffnete ich die Haustür und sah meine Nachbarin um Jahre jünger: schlanker, ranker, fitter. Steht ihr wirklich gut. An meinem Körper bemerkte ich leider mit Unbehagen einen Alterungsprozess, der sich weniger verdrängen ließ, umso häufiger er mir im Alltag begegnete: Aufsteigen aufs Fahrrad fühlte sich plötzlich ungelenk an. Bluse und Hosenbund saßen definitiv mal lockerer. Und mein Knie erreichte beim Yoga-Krokodil beim besten Willen nicht mehr die Matte. Das war mal anders!

Neid beflügelt oder zerfrisst. Mit Bewunderung und einer Portion Skepsis beobachte ich in den kommenden Monaten die Performance im Nachbarhaus – und meine eigene. Ich lüfte das Geheimnis ihrer Jugendlichkeit: Sie geht joggen. Einsteigern empfehle sie einen Lauftrainer und gibt mir einen Kontakt.

Im Sommer bin ich endlich so weit, melde ich mich zum Anfängerkurs an. Zwölf Trainingseinheiten à 1,5 Stunden, einmal pro Woche, 120 Euro. Das Ziel: 45 Minuten am Stück joggen können. Mein persönliches Ziel: ein fitter, verletzungsfreier, verjüngter Körper. Die Motivation ist hoch! Los geht’s!

Tipps für mehr Spaß beim Laufen

So kannst du beim Joggen schneller werden, Verletzungen vermeiden und musst nie mehr gegen den inneren Schweinehund verlieren:

  • Lauf-ABC-Übungen verbessern deinen Laufstil und beugen Verletzungen vor. Profis machen sie täglich. Z.B. Fußgelenksarbeit, Kniehebelauf, Anfersen, Steigerungslauf, Seitwärts- und Rückwärtslauf sowie Gleichgewichtsübungen.
  • Dehnen: Dehne nach jedem Lauftraining systematisch alle beanspruchten Muskelpartien, um schmerzhafte Verkürzungen, etwa in der Leistengegend, vorzubeugen.
  • Ausruhen und Abwechslung sind wichtig. Ein Tag joggen, ein Tag Pause, wechsle die Wege, trainiere in Intervallen, mal langsam, mal schnell, laufe alleine und in der Gruppe und zu unterschiedlichen Zeiten.

Erstes Training. Früh um halb neun im Bürgerpark auf der Aschebahn. An den Füßen zehn Jahre alte, kaum getragene Laufschuhe. Das soll sich ändern. Die Trainerin heißt Angela. Klein, drahtig, sympathisch, knappe 50. Sie erzählt, mit 45 habe sie nach zwei Jahrzehnten Pause wieder mit dem Laufen begonnen und innerhalb von zwei Jahren 25 Kilo abgenommen. „Sieht gut aus“, platze ich raus und hoffe für mich.

Unsere kleine Gruppe besteht aus fünf, sechs Frauen und einem Mann, alle zwischen 35 und 50 Jahren: Sonja, Daggi, Chris, Susanne, Natascha, Bettina und ich. Vor dem Training erst mal Aufwärmen. „Wir machen immer die gleichen Übungen“, verkündet Angela. „Immer in derselben Reihenfolge. Nicht weil ich keine anderen Übungen kenne,“ sie lacht. „Sondern damit sie euch in Fleisch und Blut übergehen.“

Richtig aufwärmen und Lauf-ABC

Das Lauftraining beginnt mit dem Aufwärmen: Arme kreisen vor- und rückwärts, auf die Zehenspitzen, runter. Die Trainerin zeigt uns Übungen für Arme und Rumpf, Beine und Füße. Die ersten Wiederholungen machen Spaß, dann wird es hart, weil jenseits der Komfortzone. Der Schweiß tropft und es zittern die Muskeln, noch bevor das Laufen überhaupt begonnen hat. Die fieseste Übung gibt’s zum Schluss, tiefe Ausfallschritte, vor und zurück, vor und zurück, immer wieder, die gehen so dermaßen auf die Oberschenkel, dass ich die beim Üben zu Hause allzu gerne vergesse. Zum Trainingsplan gehören nämlich auch Hausaufgaben – zwei zusätzliche Einheiten pro Woche.

Dann traktiert uns Angela mit dem Lauf-ABC. Das klingt nach trockener Theorie, doch ist in Wirklichkeit schweißtreibender Muskelaufbau mit gefühlt zig Übungen zum Gelenke Stabilisieren: Bahn um Bahn hüpfen wir, trippeln, trampeln, schreiten wir im Stechschritt, ziehen die Knie hoch, werfen die Füße an den Po und so weiter und so fort. Ist das Lauf-ABC mal geschafft, könnte ich schon nach Hause gehen, und das Joggen ist quasi ein Spaziergang. Zumal Angela sagt: „Man kann gar nicht langsam genug laufen.“ Das ist mir wirklich sympathisch. Wenn ich etwas gut kann, ist es langsam laufen. Außerdem verbrennt das ja bekanntlich besonders gut überschüssige Fettreserven, was mir ein willkommener Nebeneffekt wäre zum Fitnessgewinn. Nur dass mein Appetit zusammen mit dem Trainingseifer größer wird, erstickt leider etwaige Erfolge beim Abnehmen im Keim. Bisher!

Was sicher ist: Während der zwölf Kurswochen lerne ich meinen Wald besser kennen, als in den acht Jahren zuvor, seitdem ich hier wohne. Zum Niederknien schöne Waldstrecken, Lichtungen und Pfade zeichne ich auf meiner inneren Landkarte neu ein. Alleine dafür hat sich die Lauferei gelohnt. Und noch dazu haben wir wirklich Spaß. Wir laufen, schwitzen, stöhnen, witzeln, lachen und feiern großzügig unsere Fortschritte. So lassen sich auch Durststrecken und Schwächephasen überwinden. Angela würzt das Training mit Anekdoten, erzählt von Marathons in Berlin, Frankfurt und New York und ermutigt uns mit Zuversicht und Lob. „Ihr seid Raketen!“, kommentiert sie unseren ersten 50-Minuten-Lauf am Stück, „das waren fast sieben Kilometer.“

Lauftechnik: mit Armen und Beinen

Ob ich je bei einem offiziellen Wettlauf mitmache? Vielleicht. Derweilen feile ich an meiner Form. Armarbeit zum Beispiel, das korrekte Läuferdreieck: Unterarm anwinkeln, Ellbogen beim Laufen kräftig nach hinten schieben. Der Ellbogen ist die Spitze des Dreiecks zwischen Ober-, Unterarm und Rumpf. Kraftvolle Armbewegungen helfen beim Laufen. Etwa am Berg, wenn die Beine schwer werden, können die Arme die Beine ziehen. Also munter immer locker und kraftvoll die Arme schwingen. „Wenn ihr schneller werden wollt, beschleunigt die Bewegung der Arme, die Beine folgen ganz automatisch“, rät Angela. Mein Praxistest bestätigt das. Früher war Laufen oft langweilig. Heute kann ich immer an der Technik feilen: Grundspannung im Rumpf aufbauen, Ballen zuerst aufsetzen, mir vorstellen, ich schubse mit den Füßen die Erdkugel an.

Dann kommt der Winter. Mein Etappenziel lautet jetzt: weiter trainieren, in Bewegung bleiben, dem Frühling entgegenlaufen. Tut gut, macht Laune, frisch und fröhlich. Raus aus den Federn, rein ins Trikot, Schuhe schnüren und laufen mit der Nase im Wind!

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