Kosmetik

Zu Besuch bei der Naturkosmetikerin

Make-up-Kurse von Naturkosmetikerinnen für Frauen ab 50 boomen. Was ist das Tolle daran? Unsere Autorin hat's ausprobiert.

Ich habe mich bisher kaum geschminkt, nur zu besonderen Anlässen. Mein tägliches Schminkprogramm beschränkt sich darauf, Wimperntusche und gelegentlich etwas Lippenstift aufzutragen. Als ich aber im Gespräch mit einer Naturkosmetikerin erfuhr, welchen Zulauf Make-up-Kurse für Frauen über 50 haben, wurde ich neugierig. Ich fragte die Expertinnen der Naturkosmetik-Schule Academia Balance in Gießen: Was ist besonders am Schminken ab 50? Sie luden mich ein, es mir zu zeigen.

Dort, wo eigentlich Naturkosmetikerinnen ausgebildet werden, sitze ich – selbst über 50 – jetzt vor einem riesigen Spiegel. Neben mir steht Star-Visagistin Maren Aleahmad, die unter anderem Prominente für die Tanzshow „Let’s Dance“ schminkt. Die 47-Jährige, die auch an der Akademie unterrichtet, verwendet seit drei Jahren nur noch Naturkosmetik für ihre Haut. „Ich bin aus gesundheitlichen Gründen umgestiegen und glücklich darüber“, sagt sie.

„Warum sollte man sich mit über 50 nicht mehr schön machen?“

Star-Visagistin Maren Aleahmad

Mich interessiert, was Frauen über 50 in Schminkkurse treibt. Viele hätten sich noch nie geschminkt oder vor längerer Zeit damit aufgehört, schildert Aleahmad ihre Erfahrungen. In der Lebensmitte, wenn die Kinder groß sind und ein neuer Abschnitt beginnt, fingen viele an, sich neu zu entdecken. „Und warum sollte man sich mit über 50 nicht mehr schön machen?“, fragt sie.

Schminken über 50: Was tun, was lassen?

„Gibt es Dinge, die man im Alter lassen sollte, wie dramatische dunkle ,Smokey Eyes‘ oder knallroten Lippenstift?“, will ich wissen. „Keine Verbote“, sagt die Visagistin. Wenn man sich damit wohlfühle, könne man alles machen: „Trag’s mit Würde und Stolz“, ermutigt sie.

Maren Aleahmad greift zu Puder und einem dicken Quastenpinsel. Da meine Haut mit dem Alter immer trockener geworden ist, habe ich Bedenken. Betont der Puder nicht die Falten? Die pudrige Mineral-Foundation enthalte hochwertige Pflanzenfette wie Sheabutter, beruhigt die Expertin mich. „Sie verschmilzt mit der Haut, mattiert und sorgt für einen gleichmäßigen Teint, ohne deine Sommersprossen abzudecken.“

Worauf achten bei Puder?

Auch Menschen mit Hautproblemen wie Couperose vertragen naturkosmetische Puder gut, sagt Maren Aleahmad – anders als konventionelle Puder-Foundations, die fast immer mit Silikonen arbeiten. Die darin enthaltenen künstlichen Fette bleiben auf der Haut liegen, erzeugen einen kurzfristigen Effekt, können sich aber in den Falten absetzen. Bei mir verursacht solche Schminke einen Hitzestau, ein Gefühl, als könne die Haut nicht atmen.

Wie die Augen schminken?

Als nächstes kaschiert die Visagistin meine dunklen Augenwinkel mit Concealer und pudert die Partie mit mattierendem Mineralpuder ab. Mit einem fluffigen Pinsel trägt sie dann einen Bronze-Puder auf. Dazu fährt sie in einem schwungvollen Bogen von der Schläfe über die Wangenknochen bis unters Kinn. „Ich zeichne eine Drei“, erläutert sie. Mit der hellen Foundation und dem dezenten Bronzeton lassen sich Konturen optisch heben. Sie schminkt zunächst nur eine Gesichtshälfte und ich vergleiche beide Seiten im Spiegel. Die geschminkte Wangenpartie wirkt gestrafft.

In die Augenbrauen setzt sie mit einem Pinsel braunen Lidschatten. Dann führt sie den Pinsel mit dem pfirsichfarbenen Puder-Lidschatten am tiefsten Punkt des Lids nach oben Richtung Braue. „Das öffnet den Blick“, erklärt sie. Zusammen mit den getuschten Wimpern wirkt das Auge größer. Zum Schluss tupft sie denselben Pfirsichton mit den Fingern auf Wangen und Lippen. Durch das Arbeiten mit Puder und Pinsel, Tupfen und Verwischen erreicht sie natürlich wirkende Übergänge. Profis nennen die Technik „Verblenden“.

Make-up-Tipps der Visagistin

  • Wenn die Zeit nicht reicht für ein großes Make-up: Etwas Rouge, Wimperntusche und konturierte Augenbrauen zaubern Frische ins Gesicht.
  • Matte Töne passen besser zu reifer Haut als Produkte, die Glitzer enthalten.
  • Concealer kaschiert Augenringe und Rötungen. Darauf achten, dass der Farbton nur eine Nuance heller ist als der eigene Ton. Sorgfältig verblenden.
  • Make-up sollte die Haut durchschimmern lassen, damit das Gesicht natürlich und nicht maskenhaft wirkt.
  • Das bewegliche Lid abpudern, bevor man den Lidschatten aufträgt. So hält dieser besser und lässt sich besser verblenden.
  • Für die Lippen besser keinen Konturenstift verwenden. Der kann sich in den Lippenfalten absetzen und wirkt zu hart.

Ich schaue mich im Spiegel an und bin mir ein bisschen fremd. Das gehe den Frauen in Schminkkursen häufig so, sagt die Expertin. Ihr Tipp: Das Make-up erst mal für sich zu Hause auftragen, damit man sich daran gewöhnt.

Auf der Heimfahrt schaue ich öfter in den Rückspiegel. Mir gefällt mein neues Aussehen, besonders die kräftigen Augenbrauen. Sie lassen mich wacher aussehen. Mit der Mineral-Foundation fühlt sich meine Haut tatsächlich richtig gut an. Sie spannt nicht, ich schwitze nicht darunter, es setzt sich nichts in den Falten ab.

Unterwegs halte ich kurz an, um etwas zu besorgen. Vielleicht bilde ich‘s mir ein, aber ich habe das Gefühl, dass die Kassiererin mich länger anschaut als sonst.

Schminken wie die Profis


Die Academia Balance in Gießen ist die einzige Kosmetikschule bundesweit, die eine Ausbildung zum Natural Make-up-Artist anbietet. academia-balance.de

Veröffentlicht am

Ein Artikel aus dem Naturkosmetik-Magazin

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