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Pflanzliche Bindemittel: Das unterscheidet Johannisbrotkernmehl und Co.

Von Guarkernmehl über Pfeilwurz bis Maisstärke: Wir erklären sieben rein pflanzliche Bindemittel und ihre Unterschiede.

Auch die Vollwertküche kommt nicht ganz ohne Bindemittel aus. Sie legt besonderen Wert auf Naturbelassenheit und geringe Verarbeitung. Von Arrowroot bis Maisstärke findet man im Naturkostfachgeschäft gleich mehrere solcher Kochhilfen aus rein pflanzlichen Rohstoffen. Diese stammen entweder aus kontrolliert biologischem Anbau oder aus Wildsammlung. Die billigste, natürlichste und vollwertigste Art, Wasser zu binden oder Soßen einzudicken, ist der Einsatz von frischgemahlenem Mehl aus Getreide oder Hülsenfrüchten. Nicht nur Weizen-, Mais oder Sojamehl, auch fast alle anderen Sorten kann man theoretisch zum Binden verwenden. So eignen sich Reis- oder Hirsemehl wegen des feinen Aromas sogar zum Herstellen von Süßspeisen - Grünkern und Roggen dagegen nur für pikante Gerichte.

In der Praxis greifen aber nur wenige Köche ausschließlich auf Vollkornmehle zurück. Einmal wird das Essen zu pappig, ein andermal stört der intensive Beigeschmack, und in manchen Fällen reicht die natürliche Bindekraft für den speziellen Zweck nicht aus. Fertige Binde- und Verdickungsmittel, bei denen vor allem die stärkehaltigen Teile der Ausgangspflanze verarbeitet wurden, haben daher auch im Naturkostladen Konjunktur. Neben Weizen-, Mais- und Kartoffelstärke sind hier in erster Linie Kuzu, Johannisbrotkern-, Pfeilwurzel-, Kichererbsen- und Guarkernmehl zu nennen. Oft zählt man auch Agar-Agar, Gelatine und Pektine dazu, doch handelt es sich hier mehr um Geliermittel.

Kuzu

Das edelste und ergiebigste aller Bindemittel ist Kuzu (auch Kudzu), das aus den Wurzeln der mächtigen Kuzu-Pflanze gewonnen wird. Sie wächst in den Bergen Japans vielerorts wild und wird dort traditionell auch als Arzneimittel bei diversen Verdauungsstörungen geschätzt. Die Heilwirkung beruht auf dem außergewöhnlich hohen Gehalt an Flavonoiden, wie Studien chinesischer Forscher belegen. Auch in Nordamerika wird das Kuzu-Gewächs ohne Dünge- und Spritzmittel kultiviert, das derlei Eingriffe weder braucht noch verträgt.

Die Ware in den Naturkostregalen stammt aber in der Regel aus Asien. Die riesigen Kuzu-Wurzeln werden mühsam von Hand ausgegraben. Sie enthalten in guten Jahren bis zu 13 Prozent extrahierbare Stärke. Der Herstellungsprozeß dauert etwa drei bis vier Monate und beginnt mit Reinigen, Zerkleinern, Zerstampfen und wiederholtem Waschen in kaltem Wasser. Die dabei entstehende Paste wird mehrfach gefiltert, um Fasern und Bitterstoffe zu entfernen. Übrig bleibt ein weißer, lehmartiger Stärkeklumpen, der über zwei Monate schonend getrocknet werden muß, um hohe Qualität zu erzielen. Kuzu darf man nicht der direkten Sonne aussetzen oder im Ofen wärmen, da sonst Reinheit und Gelierfähigkeit stark leiden würden. Auf der anderen Seite führt eine zu hohe Luftfeuchtigkeit zu einer bakteriellen Fermentation und damit zu einer völligen Zerstörung der zum Trocknen ausgelegten Kuzu-Blöcke. Am Ende ergeben 100 Kilogramm frisch geschnittene Wurzeln lediglich drei Kilo Kuzu, eine plausible Erklärung für den hohen Preis.

Kuzu eignet sich besonders zum Andicken von Saucen, Suppen und Desserts. Man löst es in kaltem Wasser auf und rührt es in kochende Speisen ein. Die Gelierkraft von Kuzu ist enorm, auch Puddings und Glasuren für Obstkuchen gelingen damit gut. Erstklassiges Kuzu-Wurzelpulver ist transparent und hat einen samtig-silbrigen Glanz. In Asien ist es bei Konfektherstellern ebenso gefragt wie bei den Chefköchen der feinsten Restaurants.

Arrowroot (oder Pfeilwurzelmehl)

Gelegentlich mit Kuzu verwechselt wird Arrowroot (Pfeilwurzelmehl), das aber von einer anderen Pflanze stammt, der Marante, die man bevorzugt auf der Antilleninsel St. Vincent anbaut. Pfeilwurzmehl, auch Marantastärke genannt, gilt als einfaches Bindemittel mit guten küchentechnischen Eigenschaften. Die Produktion ist ähnlich, aber nicht ganz so aufwendig wie die von Kuzu, auch ist das Arrowroot-Pulver weniger konzentriert. Dies schlägt sich schließlich nieder im günstigeren Verkaufspreis.

Johannisbrotkernmehl

Johannisbrotkernmehl wird aus den Samen des Johannisbrotbaumes gewonnen, der im Mittelmeerraum weit verbreitet ist. Es ist nicht identisch mit dem bekannteren Carob, einem Kakao-Ersatzstoff von milder Süße, den man aus den vorher entkernten ganzen Schoten herstellt. Während Carob sich meist in alternativer Schokolade oder Glasuren wiederfindet, verwendet man das geschmacksneutralere Johannisbrotkernmehl als natürlichen Emulgator und Stabilisator für Speiseeis und Backwaren oder auch als Dickungsmittel für Saucen und Suppen. Die Quellfähigkeit ist fünfmal so groß wie die von Stärke und beruht auf dem Wirkstoff Galaktomannan, einem für den Menschen nicht verwertbaren Kohlenhydrat. Da es vom Körper wieder ausgeschieden wird, ist Johannisbrotkernmehl relativ kalorienarm. Im Gegensatz zu Kakao ist es auch frei von stimulierenden Substanzen wie Theobromin oder Coffein.

Kichererbsenmehl

Kichererbsenmehl verdankt sein herzhaftes Aroma nicht zuletzt der kräftigen Röstung, die dem Mahlen vorausgeht. Der Anbieter Rapunzel kann eine absolute Glutenfreiheit allerdings nicht garantieren, weil beim Vermahlen und Abpacken in der Mühle Spuren des dort unvermeidbaren Weizenmehlstaubs ins Endprodukt gelangen könnten. Kichererbsenmehl passt vor allem zur asiatischen Küche und findet sich in bekannten Gerichten wie Hummus oder Falafel.

Guarkernmehl

Guarkernmehl wird weniger in privaten Haushalten eingesetzt als von der verarbeitenden Industrie, zum Beispiel bei der Produktion von Speiseeis. Auch in der Naturkostszene ist Guarkernmehl seit langem sehr beliebt und findet unter anderem in Aufstrichen und Tofuprodukten Verwendung. Das Mehl wird aus den Samen der tropischen Guarpflanze gewonnen, einer Leguminose, die den Erbsen und Bohnen nahe verwandt ist. Unklarheit herrscht über die Details der Herstellung. Guarkernmehl kann laut der von Udo Pollmer für das Magazin Öko-Test zusammengestellten E-Nummern-Liste natürliche Begleitstoffe wie Blausäure, Fluoressigsäure, Trypsininhibitoren und toxische Globuline enthalten. Während Pollmer das Produkt daher mit einem Fragezeichen versieht, hält die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Guarkernmehl für unbedenklich. Aufgrund der vorliegenden Analysen sei es nicht nötig, die tägliche Aufnahmemenge (ADI-Wert) zu begrenzen.

Buchweizenflocken und weitere

Auch mit den Buchweizenflocken des belgischen Herstellers Lima kann man sowohl süße Nachtische binden als auch deftige Hauptspeisen. Der nach Angaben der Firma Bauck "erste Soßenbinder in Bio-Qualität" setzt sich aus Demeter-Weizen, -Gerste und Mais aus biologischem Anbau zusammen. Bioqualität hat auch die Speisestärke aus dem gleichen Hause, für die man gentechnikfreien Mais verwendet. Sie macht Gebäck, Kuchen und Torten locker und zartkrumig und eignet sich ebenso für sturzfähige Puddings, Frucht-Grützen und süße Cremes.

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