Leben

Schlaf dich schlau

Während wir schlafen, speichert das Gehirn vorher Gelerntes. Doch kann es auch Neues im Schlaf lernen? Zum Beispiel Vokabeln?

Vorm Englischtest im Bett nochmal Vokabeln gepaukt und am Morgen sitzt der Stoff. Was Schüler erfolgreich praktizieren, hat der Schlafforscher Björn Rasch vom psychologischen Institut der Schweizer Universität Fribourg wissenschaftlich nachgewiesen. Während eines Experiments ließ er deutschsprachige Versuchspersonen vorm Zubettgehen 120 holländische Vokabeln lernen. Als die Probanden schliefen, spielte man ihnen 60 der gelernten Wörter vor und zwar so leise, dass der Tiefschlaf nicht gestört wurde. Im anschließenden Test fiel die Gedächtnisleistung bei den nachts „eingeflüsterten“ Wörtern deutlich besser aus. Gelerntes wird also im Schlaf verfestigt und gespeichert. Aber kann man das Gehirn während des Schlafs auch mit neuen Informationen füttern, den Schritt des bewussten Lernens also weglassen? Bislang galt das als ausgeschlossen.

Im Tiefschlaf Neues lernen

Eine aktuelle Forschung krempelt diese Einschätzung gerade um. In der 2019 veröffentlichten Studie spielten die Psychologieprofessorin Katharina Henke und ihre Kollegen Marc Züst und Simon Ruch von der Universität Bern 41 schlafenden Testpersonen über Kopfhörer Wörter einer erfundenen Kunstsprache vor. Die Probanden hörten im Tiefschlaf unterschiedliche Übersetzungen. Mal stand der Begriff Guga für Vogel, mal für Elefant. Nach dem Schlafen beantworteten die Probanden Fragen: Ist Guga ein großer oder ein kleiner Gegenstand, passt er in eine Schuhschachtel oder nicht? In 60 Prozent der Fälle gaben die Testpersonen die richtige Antwort, entsprechend dem, was sie unbewusst im Schlaf gehört hatten.

In Wissenschaftskreisen spricht man von einer bahnbrechenden Studie. Vorerst sind die Ergebnisse jedoch als Experiment im Schlaflabor zu sehen, die sich nicht so ohne Weiteres auf den Alltag übertragen lassen. Katharina Henke und ihr Team hoffen aber, irgendwann Menschen mit Lernschwierigkeiten oder in der Rehabilitation nach Krankheiten oder Unfällen helfen zu können.

Was passiert beim Schlafen im Gehirn?

Was während des Schlafs im Gehirn passiert, können Hirnforscher mit dem Elektroenzephalogramm (EEG) beobachten. Dazu wird die Testperson mit Elektroden am Kopf verkabelt. Das Gerät misst die elektrische Aktivität des Gehirns. Insbesondere die Tiefschlafphase, die etwa eine halbe Stunde nach dem Einschlafen beginnt und sich während des Schlafs mehrmals in Zyklen wiederholt, ist für unser Gedächtnis wichtig. Das Bewusstsein ist abgeschaltet, die Hirnströme fließen gleichmäßig in an- und abschwellenden Wellen. Tagesereignisse und Lernerfahrungen, die das Gehirn zunächst in einer Art Zwischenspeicher, dem Hippocampus, abgelegt hat, werden jetzt eingeordnet, gefestigt und die als relevant bewerteten Informationen dem Langzeitgedächtnis übermittelt.

Babys lernen im Schlaf

Auf diese Weise lernen wir schon von Kindesbeinen an. Welche Bedeutung ein Nickerchen für die Gedächtnisbildung bei Babys hat, untersuchten etwa Forscher der Ruhr-Universität Bochum. Sie spielten Kindern im Alter von sechs und zwölf Monaten eine einfache Handlung mit Handpuppen vor. Nur die Kinder, die mindestens eine halbe Stunde im Zeitfenster von vier Stunden nach dem Gelernten geschlafen hatten, erinnerten sich später an die gespielten Szenen. Die Forscher machten das daran fest, welche Handlungen die Kleinen nachahmten, wenn sie die Puppen erneut sahen.

Auch das Lernen von Neuem findet in der Tiefschlafphase statt, allerdings in ganz bestimmten und sehr kurzen Zeitfenstern, erklären die Forscher der Universität Bern. Ob es schon bald der breiten Masse möglich sein wird, diese Zeitfenster außerhalb eines Schlaflabors zu nutzen und im Schlaf zum Beispiel neue Vokabeln zu lernen, bleibt abzuwarten. Bis dahin gilt die Empfehlung vieler Hirnforscher: Tagsüber gründlich lernen wie gewöhnlich, abends wiederholen und danach, ohne sich mit Medien abzulenken oder auf dem Smartphone zu daddeln, rasch ins Bett und tief und fest schlummern.

Wie man sich bettet: Tipps für guten Schlaf

Macht es euch im Schlafzimmer gemütlich mit einem angenehmen Ambiente, ohne elektronische Geräte oder Fernseher.

Wichtig ist eine gute Matratze, die sechs bis acht geruhsame Stunden ermöglicht. Naturmatratzen (Achtung, dieser Begriff ist gesetzlich nicht geschützt) sind eine Alternative zu Metall und Erdölbestandteilen im Bett. Die Materialien – von Naturlatex über Baumwolle bis Rosshaar – haben unterschiedliche Vorteile. Wichtig: vor dem Kauf ausgiebig Probe liegen. Die Härte einer Matratze hängt von Körpergewicht und dem subjektiven Empfinden ab.

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