Kolumne

Heul leise!

Unser Kolumnist Fred Grimm über Anti-Klimahysterie-Hysteriker in der Politik, deren Gejammer und die darauf passende Antwort.

Über die Debatte um das durchaus nicht unproblematische Gebäudeenergiegesetz – in Bildzeitungssprache: „Heiz-Verbot“ – haben sich schon viele schlaue und, vor allem, weniger schlaue Köpfe dieselben zerbrochen. Keine Angst, das Wort „Wärmepumpe“ steht jetzt hier das einzige Mal in diesem Text. Aber ich muss zugeben, dass die Auseinandersetzung – eigentlich war es ja eher eine Kampagne im Rahmen eines größeren kleinlichen Kulturkampfes – mir endgültig klargemacht hat, wo heutzutage die eigentlichen Untergangspropheten zu finden sind. Denn während die angeblichen Klima-Apokalyptiker nur noch nüchtern die Wetterberichte dieses Sommers verlesen müssen, um klarzumachen, wie groß der Handlungsdruck beim Klimaschutz ist, tobt sich auf der anderen Seite eine aggressive Weinerlichkeit aus, die kaum noch zu ertragen ist.

Diese bedrängten Männerseelen – meistens sind es nun mal Männer – lassen die ganze Welt an ihrem Unglück teilhaben. Da jammern auf der Jahrestagung des Bundes der deutschen Industrie die Redner mal wieder über die „drohende De-Industrialisierung“ durch die Energiewende und beschwören zum hundertsten Mal den Untergang des „Wirtschaftsstandorts Deutschland“ – nach einem Jahr, in dem die 99 größten deutschen Unternehmen (ohne Uniper) ihre Gewinne um 22 Prozent steigern konnten. Markus Söder palavert weiter vom „Zwangsveganismus“ der „Brachial“-Klimaschützer und dröhnt mannhaft, er werde auch in Zukunft „kein Madenmüsli“ essen – was allerdings niemand von ihm verlangt. Allein schon den Maden zuliebe.

„Diese aggressive Weinerlichkeit ist kaum noch zu ertragen“

Fred Grimm

Die FDP schließlich möchte jeden irgendwie weiter heizen lassen, wie er will, weil alles andere, Klimakrise hin oder her, „grüne Zwangsbeglückung“ sei. Eine Idee, in etwa so vorausschauend wie ein Grillfest im Wald, in dem es seit zehn Wochen nicht geregnet hat. Der gemeinsame Kampf gegen das „Klima-Bla-Bla“ (Verkehrsminister Wissing) vereint die Lautesten von Union, FDP und AfD zur Kenntlichkeit. An jeder Gasheizung, an jedem Parkplatz in engen Innenstädten, an jedem einzelnen Dieselmotor kleben diese Anti-Klimahysterie-Hysteriker wie sonst nur die „Letzte Generation“ am Asphalt.

Neulich wurde der energiepolitische Sprecher der FDP, Michael Kruse, im Deutschlandfunk gefragt, warum er immer noch vom „Heizungsverbot“ rede, obwohl niemand den Menschen das Heizen untersagen wolle. „Wusste nicht, dass das hier eine Germanistik-Vorlesung ist“, blaffte Kruse zurück. Dieses Heulsusenhafte scheint auch in ungezählten Talkshows durch, in denen der immer gleiche Typus Mann sich wortgewaltig darüber beklagt, dass man ja nirgendwo mehr offen seine Meinung sagen kann – obwohl er genau dies gerade tut. Nicht nur in solchen Momenten wünsche ich mir immer häufiger einen wie den Lehrer Zeki Müller aus „Fack ju Göhte“. Der hatte für solche Situationen den passenden Satz bereit: „Heul leise!“

Fred Grimm

Der Hamburger Fred Grimm schreibt seit 2009 auf der letzten Seite von Schrot&Korn seine Kolumne über die Wege und Umwege hin zu einer besseren Welt. Er freut sich über die rege Resonanz der Leserinnen und Leser und darüber, dass er als Stadtmensch auf ein Auto verzichten kann.

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Kommentare

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Michael Peter

Eiei, der Text war so kompakt, dass ich die Aussagen nicht wirklich verstand. Also war ich hiner her eher verwirrt als wie angeregt und erleuchtet.

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