Aus der cosmia

Naturkosmetik: Irisernte in Marokko

Die Hersteller von Naturkosmetik tragen häufig dazu bei, dass die Menschen vor Ort eine Lebensperspektive haben. Wir stellen eine langjährige Partnerschaft von Weleda in Marokko vor.

Rund eine Autostunde von Marrakesch entfernt, im Zat-Tal, scheinen die Uhren langsamer zu ticken. Lange Zeit führte keine Straße in das abgelegene Tal. Es liegt eingebettet in die Bergwelt des Hohen Atlas, mit wasserreichen, fruchtbaren Tälern, üppigen Gärten und terrassenförmig angelegten Feldern. An den Hängen wachsen Feigen- und Olivenbäume, Steineichen, Wacholderhecken und Dattelpalmen. Die erdfarbenen Lehmhäuser der Berberdörfer fügen sich nahtlos in die malerische Naturlandschaft ein. Bei Touristen beliebt ist das Dorf Tighdouine, am Fuße des höchsten nordafrikanischen Gipfels, dem 4.167 Meter hohen Jbel Toubkal. Der Ort ist weit über die Region hinaus bekannt für seinen Souk, den Wochenmarkt, und die zahlreichen klaren Bergquellen, die ringsherum entspringen.

Duftstoffe aus der Iriswurzel

Clément Oberndörfer, Rohstoffeinkäufer beim Naturkosmetikhersteller Weleda, kennt Tighdouine und die Region seit mehr als 20 Jahren. Er besucht hier alle ein bis zwei Jahre eine Bauernkooperative, von der das Unternehmen den aus der Iriswurzel gewonnen Duft- und Wirkstoff für seine Kosmetik kauft. „Klima und Böden sind perfekt für die Pflanze, denn der Wurzelstock speichert sehr effektiv Wasser und kann so Dürreperioden trotzen“, sagt Oberndörfer. Seit Generationen kultivieren die Bauern diese Pflanze unter alten Oliven- und Walnussbäumen in einer Höhe von etwa 1.600 Metern. Die Bäume spenden Schatten, die Iris, auch Schwertlilie genannt, wächst flächendeckend. Sie verhindert somit Bodenerosion durch Wind und Regen. Mit Pflanzenkrankheiten und Schädlingen haben die Bauern in all den Jahren kein Problem gehabt, sagt Oberndörfer. „Das zeigt, wie stabil und nachhaltig dieses überlieferte System in Mischkultur ist.“

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Kooperative: Kleinbauern und Familienbetriebe

Getrocknete Iriswurzel gehört in Marokko zu den traditionellen Gewürzen, etwa in der Gewürzmischung Ras el Hanout. Doch der Löwenanteil der Ernte aus Tighdouine geht in die Duftindustrie, die mittels Extraktion aus den Wurzeln das Iris absolue gewinnt, das kostbare Irisöl. Es gehört zu den wertvollsten Stoffen der Parfümeure und erinnert mit seinem süß-blumigen Duft an Veilchen. „Der Irisanbau ist zwar nur ein Nebenprodukt der vielseitigen kleinbäuerlichen Landwirtschaft, sichert den Bauern aber ein wichtiges Zusatzeinkommen“, sagt Oberndörfer. Rund 280 Kleinbauern und Familienbetriebe gehören der Kooperative an. Manche davon liefern Kleinstmengen der kostbaren Wurzel, „Die terrassierten Äcker an den Steilhängen kommen meist nicht einmal auf einen Hektar Fläche. Oft sind es schmale Streifen von geschätzten drei auf 20 Metern“, so Oberndörfer.

Ernte des kostbaren Rohstoffes

Im Frühjahr verwandelt die Irisblüte die Landschaft in der Region in ein Blütenmeer, das Insekten reichlich Nahrung bietet. Im Herbst rücken die Bauern gemeinschaftlich mit Hacken und Schaufeln für die Ernte an. Traditionell sind es in dieser Region Männer, die an den steilen Hängen die tief in der steinigen Erde liegenden Wurzeln ausgraben. „Den Pflanzen schadet das Ausgraben nicht“, sagt Oberndörfer. Im Gegenteil, rege das ständige Teilen der Wurzelstöcke die Vermehrung sogar an.“ Mit Maultieren, Eseln oder dem Mofa bringen die Irisbauern ihre Ernte nach Hause, wo die Familien die Wurzelstöcke – Hunderttausende kaum kartoffelgroße Rhizome (Wurzelknollen) – sorgfältig von Hand schälen und unter freiem Himmel zum Trocknen ausbreiten. Nach einer Woche haben die Wurzeln etwa 80 Prozent ihres Gewichts verloren und sind lagerfähig. Die Bauern verkaufen meist nur etwa die Hälfte der Ernte. Die zurück behaltenen Iriswurzeln seien so etwas wie eine Geldanlage, sagt Oberndörfer. Denn je länger die Knollen trocknen, umso intensiver und konzentrierter entwickele sich der Duft und umso höher sei der zu erzielende Preis.

Die für den Verkauf bestimmte Menge transportieren die Familien ins Tal zur Sammelstation. Das französische Partnerunternehmen von Weleda extrahiert in einem aufwendigen mehrstufigen Prozess aus rund 20 Tonnen getrockneten Bio-Wurzeln etwa 500 Kilo des kostbaren Rohstoffes. Weleda setzt das Iris absolue als Feuchtigkeitsfaktor und Duftstoff in verschiedenen Cremes und Lotionen ein. Ein Kilo ätherisches Öl kostet derzeit um 800 Euro.

Verbesserte Lebensbedingungen

Das Naturkosmetikunternehmen zahlt den Bauern der Kooperative einen von den Schwankungen des Weltmarktes unabhängigen, fairen Preis. „Das macht den Erlös für die Familien als feste Einnahme planbar“, sagt Oberndörfer. Außerdem biete dieses sichere Einkommen jungen Menschen eine Perspektive für das Leben auf dem Land. Die langjährige Abnahme durch Weleda und den französischen Partner habe den Zusammenhalt und den traditionellen Anbau in den über 20 beteiligten Bergdörfern gestärkt und das Einkommen sowie die allgemeinen Lebensbedingungen der Menschen spürbar verbessert.

Wie sieht es in der Region nach dem Erdbeben aus?

Das verheerende Erdbeben, das sich am 8. September 2023 in Marokko ereignete, hat leider auch das Dorf Tighdouine und die Region schwer getroffen. Die Zerstörung in den Ortschaften ist von enormem Ausmaß: In Tighdouine sind 60 Prozent der Gebäude und Infrastruktur eingestürzt. Weleda hat umgehend eine Spende an sein französisches Partnerunternehmen gesendet, um mit finanzieller Unterstützung direkt vor Ort zu helfen. Ein Ansprechpartner des französischen Unternehmens ist seit dem Erdbeben dort und unterstützt dabei, die Mittel zu beschaffen, die für den Wiederaufbau der Kooperative benötigt werden. Weleda ist es wichtig, dass die Hilfe unmittelbar ankommt, denn es geht darum, dass die Menschen sich ihren Lebensunterhalt und ihre Unabhängigkeit sichern können.

Veröffentlicht am

Ein Artikel aus dem Naturkosmetik-Magazin

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