Kosmetik

Allergisch auf Parfüm: Nicht nur dufte

Duftstoffe in Kosmetika können allergische Reaktionen hervorrufen. Egal ob in Parfüm oder anderen Produkten: Das gilt es zu beachten.

Die weißen Blüten erfüllen die Nacht mit einem betörenden Duft: sinnlich, verführerisch und dabei blumig frisch. Kein Wunder, dass das ätherische Öl der Jasminblüten eine wichtige Zutat in vielen Parfüms ist. Weniger beliebt ist der Duft bei Hautärzten, den Dermatologen. Denn einige der Duftstoffe, die Jasminöl enthält, können bei Menschen, die sensibel dafür sind, Kontaktallergien auslösen: Rötungen oder gar Ekzeme an den Stellen, an denen ein paar Stunden vorher ein Produkt mit Jasminöl aufgetragen wurde.

Gleiches trifft auf andere Düfte zu.

Wie erkenne ich Duftstoffe in Kosmetika?

Seit dem 1. Juli 2004 müssen deshalb EU-weit 26 allergene Duftstoffe auf den Verpackungen von Kosmetika deklariert werden. Das gilt für abwaschbare Produkte wie Shampoos bereits ab einer Konzentration von 0,01 Prozent. Bei Cremes oder Make-up, die auf der Haut verbleiben, greift die Deklarationspflicht schon bei 0,001 Prozent. Deshalb stehen am Ende der Zutatenliste oft Namen wie Geraniol, Eugenol, Farnesol, Limonene oder Linalool – auch bei Naturkosmetik. Denn diese Duftstoffe sind Bestandteile von natürlichen ätherischen Ölen, wie sie Naturkosmetik-Hersteller verwenden.

Für konventionelle Kosmetik ist es üblich, dass diese Einzelsubstanzen chemisch hergestellt werden, was deutlich billiger ist. Zudem sind die Einzelstoffe oft stabiler als ein ätherisches Öl. Zu diesen natur­identischen Duftstoffen kommen noch synthetische hinzu, die kein natürliches Vorbild haben, etwa Moschusduftstoffe. Insgesamt finden sich in der Liste des internationalen Duftstoffverbandes IFRA aktuell 3.224 Duftstoffe. Davon sind 992 „komplexe Mischungen natürlicher Substanzen“, also ätherische Öle oder Harze, die aus Pflanzenteilen gewonnen wurden.

Sind alle Duftstoffe gleich?

Doch lässt sich die allergische Wirkung eines Einzelstoffes mit der eines Gemisches vergleichen, das diesen Einzelstoff enthält? Für Celine Brinkmann vom Duftspezialisten Taoasis ist das noch nicht abschließend geklärt. „Produktionsbedingte Verunreinigungen in den isolierten Duftstoffen können beispielsweise Einfluss auf das Allergisierungspotenzial haben im Vergleich zu naturreinen, ätherischen Ölen“, sagt sie.

Kaatio Touré, technischer Direktor beim Parfumhersteller Farfalla, argumentiert, dass sich in einem Gemisch einzelne Bestandteile in ihrer Wirkung auch gegenseitig aufheben könnten. „Ätherische Öle sollten als eigenständige Stoffe bewertet werden“, lautet seine Folgerung. Das haben die Dermatologen inzwischen gemacht und testen neben Einzelstoffen auch ätherische Öle an ihren Patienten. Einige von ihnen reagieren auch darauf allergisch, insbesondere auf die Öle von Ylang-Ylang, Zitronengras, Jasmin, Nelke und Sandelholz. Doch die Dermatologen, die diese Zahlen für Einzelstoffe und ätherische Öle zusammentragen, schrieben in einer ihrer Auswertungen auch, „dass die Häufigkeit der Duftstoffallergie in der allgemeinen Diskussion oft falsch eingeschätzt und überbewertet wird“ (mehr dazu im Experten-Interview unten).

Diese Überbewertung wird sich womöglich steigern, wenn die EU-Kommission ihre Pläne umsetzt und weitere 61 Duftstoffe als potenzielle Allergene deklarationspflichtig werden. Darunter befinden sich 28 natürliche Öle und Extrakte, von Atlaszeder bis Zimtrinde. „Dadurch werden sämtliche ätherische Öle in Verruf gebracht, da sie als stark allergisierend erscheinen“, fürchtet Kaatio Touré von Farfalla.

Hintergrund: Die EU-Kommission will Deklarierungspflicht für mehr Substanzen

Die EU-Kommission hat einen Vorschlag für eine Verordnung erarbeitet, der die Kosmetikhersteller verpflichten soll, statt bisher 26 nun 87 allergisierende Duftstoffe zu deklarieren. Die Liste dieser Stoffe hatten die Experten der EU-Behörde EFSA schon 2012 vorgelegt. Der Vorschlag selbst liegt zurzeit zur Notifizierung bei der Welthandelsorganisation. Die EU-Kommission hat einen Vorschlag für eine Verordnung erarbeitet, der die Kosmetikhersteller verpflichten soll, statt bisher 26 nun 87 allergisierende Duftstoffe zu deklarieren. Die Liste dieser Stoffe hatten die Experten der EU-Behörde EFSA schon 2012 vorgelegt. Der Vorschlag selbst liegt zurzeit zur Notifizierung bei der Welthandelsorganisation.

Die Hersteller von Kosmetik machten im Vorfeld geltend, dass auf den Verpackungen der oft kleinen Produkte für so viele Stoffe kein Platz sei. Sie argumentierten, dass Umkartons oder gar Beipackzettel gebraucht würden, um sie alle lesbar aufzulisten. Und das sei unökologisch. Als Alternative schlugen die Hersteller vor, die Allergieinformationen über einen QR-Code zugänglich zu machen.

Doch diese Möglichkeit bietet die Kommission in ihrem Vorschlag bisher nicht an. Allerdings könnten Europaparlament und Ministerrat nachbessern, wenn die EU-Kommission ihren Verordnungsentwurf im Frühjahr 2023 offiziell ins Verfahren gibt.

Auch wenn das Problem nicht so groß ist: Für Menschen, die – oft berufsbedingt – an einer nachgewiesenen Kontaktallergie gegen Duftstoffe leiden, ist das eine ernstzunehmende Krankheit. Sie müssen um den oder die Duftstoffe lebenslang einen großen Bogen machen. Die Bezeichnung „sensitiv“ auf man­chem Produkt hilft alleine oft nicht weiter.

Zuverlässiger sind Auslobungen wie „parfumfrei“ oder „ohne Duftstoffe“. Als die Behörden der Bundesländer zuletzt 2018 diese Auslobung bei über 500 Produkten überprüften, fanden sie nur in 20 versteckte Duftstoffe. Oft war es der Duftstoff Benzylalkohol, der als Konservierungsmittel verwendet und sogar deklariert wurde. Er ist auch für Naturkosmetik erlaubt.

Interview: Was hilft Sensiblen, um sich vor Duftstoffen zu schützen?

Wir haben den Experten Dr. Steffen Schuber gefragt. Er wertet beim Informationsverbund Dermatologischer Kliniken sämtliche Daten zu Kontaktallergien aus.

Welche Duftstoffe lösen Allergien aus?

Herr Schubert, was sind die wichtigsten Substanzen, die Kontaktallergien verursachen?

Nickel, gefolgt von Kobalt und Perublasam, ein Harz, das viele Duftstoffe enthält. Unter den Top Ten befinden sich auch Propolis, Chromat aus der Lederherstellung, zwei Duftstoffmixe oder der Konservierungsstoff Methyl­isothiazolinon.

Was bitte ist ein Duftstoffmix?

Um festzustellen, ob eine Patientin an einer Kontaktallergie leidet, verwendet ein Allergologe Epikutan-Tests, auch Patchtests genannt. Dabei bringt er Pflaster mit verschiedenen Kontaktallergenen auf die Haut am Rücken auf. Der Standardtest enthält auch zwei Mischungen mehrerer Duftstoffe, die Duftstoffmixe 1 und 2. Sie enthalten 14 der 26 Allergene, die bei Kosmetika deklariert werden müssen.

Wer ist allergisch gegen Duftstoffe?

Und wie viele Menschen bekommen davon eine Kontaktallergie?

Auf den Duftstoffmix 1 zeigen etwa fünf Prozent der Getesteten Hautreaktionen, beim Duftstoffmix 2 sind es drei Prozent. Das sind allerdings Menschen, die schon wegen einer Hautkrankheit in die Klinik kommen. Bei einigen kann dies berufsbedingt sein, weil sie als Kosmetikerin, Masseurin oder Friseurin häufig mit Duftstoffen in Kontakt kommen. Übertragen auf die Gesamtbevölkerung gehen wir davon aus, dass ein bis zwei Prozent der Menschen in Deutschland gegen einen Duftstoff allergisch sind.

Nimmt dieser Anteil zu?

Im Gegenteil: Wir beobachten, dass die Zahl der positiven Reaktionen in den Patchtests bei beiden Mischungen seit 2013 zurückgeht. Das dürfte daran liegen, dass die EU drei besonders potente Kontaktallergene verboten hat: den synthetischen Duftstoff Lyral sowie Atranol und Chloratranol, die auch in den Extrakten von Eichenmoos und Baummoos vorkommen.

So können Verbraucher besser geschützt werden

Sollten weitere Duftstoffe aus Kosmetika verschwinden?

Es gibt noch einige Duftstoffe mit einem großen Allergiepotenzial. Dazu gehört das Isoeugenol, das auch in Nelkenöl oder Ylang-Ylang vorkommt. Aus unserer Sicht würde es Sinn machen, diesen Duftstoff in den Rezepturen weiter zu begrenzen.

Macht es Sinn, künftig 87 sensibilisierende Duftstoffe zu deklarieren?

Wir sehen dieses Vorhaben der EU-Kommission kritisch. Für viele der 87 Duftstoffe stammen die Daten nur aus Zell- und Tierversuchen. Da gibt es keine Daten aus der Humanmedizin und keine kommerziell erhältlichen Epikutan-Tests, um eine Sensibilisierung überhaupt feststellen zu können. Je länger die Liste wird, desto größer ist der Verschleierungseffekt: Die relevanten Allergene verschwinden in einer Menge an Stoffbezeichnungen, die keiner liest.

Macht es einen Unterschied, ob eine Substanz als isolierter Duftstoff eingesetzt wird oder als Bestandteil eines ätherischen Öls?

Nein, denn die Körperzellen reagieren auf die chemische Substanz. Allerdings liegen bei einem ätherischen Öl je nach Herkunft und Qualität die Einzelsubstanzen in ganz unterschiedlichen Konzentrationen vor. Hinzu kommt, dass manche Öle zu Oxidation neigen und dabei irritierende oder sensibilisierende Substanzen entstehen können. Das alles macht Aussagen schwieriger.

Sollte man bei Beschwerden ganz auf Duftstoffe verzichten?

Sollen Betroffene deshalb am besten alle Düfte weglassen?

Nein. Wenn Sie auf einen Duftstoffmix positiv reagieren, wird ein Allergologe erst austesten, an welchem Duftstoff es liegt. Wenn er weiß, dass Sie Naturkosmetik verwenden, wird er auch die Testreihe für ätherische Öle einsetzen. Ergibt sich noch kein klares Bild, sollte man die verwendeten Cremes einzeln austesten. Der Aufwand macht Sinn, denn bei Kontaktallergie gibt es nur ein Mittel: Lebenslanges Weglassen – und da sollte man sich sicher sein.

Veröffentlicht am

Ein Artikel aus dem Naturkosmetik-Magazin

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Kommentare

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Nikola Mühlfeld

Hier ärgert mich wirklich etwas.
Gerade auch bei Kosmetik, von Lavera, Sante und co reagiere ich auf die Mischung ätherischer Öle.
Ich bin sehr allergisch auf Geraniol, und ZIMT!
Wenn meine Hat nach Benutzung ca 2-3 tage später reagiert, habe ich oft wochenlang damit zu tun.
Und zwar mehr als bei Methyl­isothiazolinon..zbs, welches leider oft in Geschirrspülmitteln ist.
Klar, ich vertrage auch kein Nickel, kein Perubalsam, kein Farsenol.
Es wird immer noch deutlich zu wenig Kosmetik angeboten , die ohne Duft auskommt und dennoch eine Bandbreite an Wirkstoffen enthält.
Da bin ich inzwischen nicht mehr den Naturfirmen.
Und ich rate auch viele davon ab, weil gerade die Mischung an ätherischen Ölen, die ja hoch anstatt üblicher Konservierer eingesetzt wird, allergisierend wirken kann und tut. Das wird hier schon wieder klein geredet.Schade

Maria Wagenhuber

Ich hatte das leider auch schon, dass meine Haut immer sehr rot und gereizt war, nachdem ich einen Duft aufgetragen habe. Seitdem ich hochwertigere Parfums mit einem geringen Alkoholanteil verwende, ist es deutlich besser geworden und meine Haut trocknet auch nicht mehr so schnell aus :) Das ist mein aktueller Favorit: https://parfumgroup.de/carolina-herrera-good-girl-eau-de-parfum

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