Leben

Die heilende Wirkung ätherischer Öle

Schon vor Jahrtausenden wurden ätherische Öle heilkundlich verwendet. Nun kommen sie sogar in Kliniken zum Zug. Lest hier, welche Wirkungen ihr mit welchem Öl erzielen könnt.

Ein persisches Sprichwort sagt: „Pflanzendüfte sind Musik für die Sinne.“ Tatsächlich gelangen die ätherischen Öle der Pflanzen über den Geruchssinn zum Gehirn und beeinflussen unser Befinden. Seit Jahrtausenden werden sie in der Heilkunde eingesetzt, ihre Wirkung ist in vielen Studien belegt. Heute arbeiten Aromatherapeuten mit etwa 150 verschiedenen ätherischen Ölen. Diese werden aus den Blüten, Blättern, Samen, Fruchtschalen, Wurzeln, Harzen, Rinden oder dem Holz der Pflanzen gewonnen. Die meisten durch Wasserdampfdestillation, einige werden auch gepresst.

Als Teil der Pflanzenheilkunde hat sich die Aromatherapie schon längst etabliert – etwa im Evangelischen Krankenhaus in Wesel. Dort zählt der Einsatz ätherischer Öle zu den therapeutisch vom Arzt verordneten Maßnahmen. „Wir setzen die Aromapflege ein, um die Genesung zu unterstützen“, berichtet Gudrun Motzny, die als examinierte Krankenschwester und Aromapraktikerin dort arbeitet.

Zitrusöl macht gute Laune

Jeder Duft hat Einfluss auf unseren Geistes- und Gemütszustand. Es hat sich gezeigt, dass zum Beispiel Zitrusaromen die Laune heben. Krankenschwester Motzny verwendet im Klinikum Wesel als Stimmungsaufheller gerne Grapefruitöl. Auch die Untersuchungs- und Vorbereitungsräume der Klinik werden beduftet – mit Basilikum- oder Zitronenbasilikumöl. Das hilft Patienten, die sich einer Operation oder Chemotherapie unterziehen müssen, gelassener zu werden, weniger Angst zu haben.

Einen ähnlichen Effekt erzielt Lavendelöl. Prof. Dr. Gerhard Buchbauer von der Universität Wien konnte 2004 zeigen, dass die Hauptbestandteile von Lavendel Linalool und Linalylacetat unsere motorischen Zentren im Zentralnervensystem beeinflussen. Sie wirken vor allem bei hypermotorischen und gestressten Patienten angstlösend und fördern den Schlaf.

Kleine Hausapotheke

Frau riecht an einem Fläschchen mit ätherischen Ölen
  • Pfefferminze steigert durch seine erfrischende Wirkung die Konzentration. Bei sanfter Einreibung an den Schläfen lindert es Kopfschmerzen. Mückenstiche und andere Reizungen lassen sich damit behandeln. Bei Erkältungen befreit es die Nasennebenhöhlen und die Lunge.
  • Lavendel sorgt als Duft, Tee, Bade- oder Massageöl für Entspannung und guten Schlaf. Aufgrund seiner antiseptischen Wirkung eignet es sich zum Einreiben bei kleinen Verbrennungen und Schnittwunden.
  • Thymian lindert Husten und Halsschmerzen als Tee, Brustwickel oder Gurgellösung. Aufgrund seiner antimykotischen Wirkung ist es ein guter Zusatz für Sitzbäder zur Behandlung von Blasenentzündungen.
  • Fenchel lindert als Tee Völlegefühl, Blähungen und Darmkrämpfe.
  • Teebaum reinigt Wunden und beschleunigt die Heilung von Narbengewebe. Fußpilz, Herpes oder Warzen kann man durch Betupfen bekämpfen.
  • Achtung! Ätherische Öle sind zwar sehr verträglich, dennoch können sie Hautreizungen und allergische Reaktionen hervorrufen. Verdünnen Sie ätherische Öle immer – z.B. mit Sonnenblumen-, Mandel- oder Olivenöl.

Aromatherapie in der Palliativmedizin

Auch zur Vorbereitung einer Strahlentherapie kann Aromatherapie einen nützlichen Beitrag leisten. Hier empfiehlt Motzny ein Gemisch aus Jojoba-, Sanddornfruchtfleisch- und Niauliöl. Das Öl wird zwei Wochen vor Beginn der Bestrahlung täglich auf die Haut aufgetragen, um sie widerstandsfähiger zu machen und die Schädigung durch Strahlen so gering wie möglich zu halten. Außerdem werden im Klinikum Wesel auf der onkologischen Station ätherische Öle zur Mundpflege verwendet. So unterstützt eine Mischung aus Pfefferminz-, Sanddornfruchtfleisch- und Mandelöl die Heilung der durch die Strahlentherapie gereizten, entzündeten Mundschleimhaut. Jürgen Reichling von der Universität Heidelberg wies die antivirale Wirkung bei Herpes nach. Die ätherischen Öle der Myrtenfamilie verkürzten aufgrund ihrer antiviralen Wirkung Herpes-simplex-Infektionen.

Was nicht nur bei der Betreuung von Demenzkranken von Bedeutung sein könnte, sondern auch hilfreich für lernende Menschen aller Altersgruppen: Düfte können unser Erinnerungsvermögen verbessern. Eine Inhalation mit Rosmarin etwa steigert, wie eine Studie gezeigt hat, unsere Gedächtnisleistung um bis zu 75 Prozent.

In der Palliativmedizin werden ätherische Öle ebenfalls gerne verwendet. Wird die Raumluft mit Orangenblütenhydrolat aromatisiert, hilft das, wie Gudrun Motzny aus Erfahrung weiß, in der Sterbephase den Todkranken und ihren Angehörigen, ruhiger zu werden und sich leichter in das Unvermeidliche zu fügen.

Gut für die Gesundheit der Haut

Die Duftmoleküle der ätherischen Öle gelangen direkt über die Geruchsorgane in den Bereich des limbischen Systems, in dem unsere Gefühle lokalisiert sind. Ätherische Öle sind in der Lage, die Blut-Hirn-Schranke zu durchbrechen und wirken unmittelbar auf unsere Emotionen und Erinnerungen. Ein bestimmter Duft weckt Erinnerungen an eine Situation oder die damit verbundenen Gefühle. So erinnert etwa der Duft von Lavendel an einen Sommerurlaub in der Provence.

Doch nicht nur die Riechzellen in der Nase nehmen die Duftstoffe auf und senden Impulse ans Gehirn. Ätherische Öle wirken auch über die Haut. Ein Öl besteht aus bis zu 100 chemischen Stoffen. Trägt man ätherische Öle auf die Haut auf, gelangen sie in die Blutbahn und sind dort bereits nach 15 Minuten nachweisbar. Häufig setzen Naturkosmetikhersteller ätherische Öle wegen des guten Dufts und der Wirkung ihren Haut- und Haarpflegeprodukten zu. Ätherische Öle sind dabei gut verträglich, doch da sie bei sehr empfindlichen Personen Hautreizungen und allergische Reaktionen hervorrufen können, sollten sie nie unverdünnt auf die Haut aufgetragen werden. Zur Verdünnung eignen sich etwa Sonnenblumen-, Mandel- oder Olivenöl.

Guter Riecher für Qualität

Qualität ist entscheidend. Ätherische Öle sollten naturrein und aus kontrolliert biologischem Anbau stammen und frei von Zusatzstoffen sein. Synthetisch hergestellte „naturidentische“ Öle riechen zwar angenehm und sind preiswerter, haben jedoch keine therapeutische Wirkung. Bewahren Sie Ihre wertvollen Öle in dunklem Glas oder Edelstahl an einem kühlen Ort auf! Denn ätherische Öle sind licht-, luft- und temperaturempfindlich. Die meisten Öle sind so drei bis fünf Jahre haltbar, Zitrusöle allerdings nur ein Jahr.

Mehr zum Thema

Bücher

Werner, Monika; von Braunschweig, Ruth:
Praxis Aromatherapie: Grundlagen – Steckbriefe – Indikationen.
Karl F. Haug Verlag, 2016, 400 Seiten, 59,99 €

Kettenring, Maria M.:
Ätherische Öle.
Bassermann Verlag, 2018, 168 Seiten, 9,99 €

Im Web

Diese Hersteller von ätherischen Ölen bieten auch Online-Seminare zu Aromatherapie an:

www.primaveralife.com

www.taoasis.com

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