Umwelt

Rosenernte in der Türkei

Echtes Rosenöl ist so teuer wie Gold. Um den flüchtigen Duft einzufangen, müssen Millionen von Rosenblüten geerntet und verarbeitet werden. In einem türkischen Projekt der Firma Wala/Dr. Hauschka geschieht das nach den Regeln des biologisch-dynamischen Landbaus.

Im Tempel des Duftes

Langsam wird es hell. Unser Wagen kurvt die Straße hoch, während die Ortschaft Bamakç¦ unten im Tal im Halbdunkel der Dämmerung versinkt. Die Hänge sind karstig, bewachsen mit Stechpalmenbüschen, die von den Ziegen zu surrealen Skulpturen verbissen werden. Schwarz-grün und düster stehen sie am Straßenrand wie vergessene Träume.

Damals begann auch die Umstellung auf biologisch-dynamischen Anbau. Inzwischen sind etwa 40 Prozent der aktiven Kooperativen-Mitglieder zertifizierte Bio-Bauern. Jedes Jahr kommen weitere 50 dazu. Die Bio-Rosenblüten werden getrennt erfasst, besser bezahlt und getrennt verarbeitet. Auch die anderen Bauern greifen kaum zu Pestiziden oder Kunstdünger. Das rentiert sich nicht bei Feldern, die selten größer als ein halber Hektar sind. Dass es dennoch mit der Umstellung nicht schneller geht, liege an der Vorsicht und Sturheit der Menschen hier, sagt Julius Obermaier, der als Anbauberater das Projekt im Auftrag der Wala von Anfang an betreute. „Es sind Bergbauern.“

Das ist nicht abwertend gemeint. Es bedeutet, dass diese Menschen nicht mit Worten überzeugt werden können, sondern mit praktischen Ergebnissen. „Die müssen sehen und erfahren, wie positiv sich ein Boden verändert, wenn er vier, fünf Jahre lang mit Präparaten behandelt wird. Dann kommen sie.“ Diese Spritzpräparate aus Schafgarbe, Kamille oder Kuhfladen sind eine Spezialität des biologisch-dynamischen Landbaus. Bakoop stellt sie zentral her und bringt sie auch auf die Felder der Bauern aus, da diesen dafür die Geräte fehlen.

Umwerfender Duft. Es ist inzwischen neun Uhr, und vor der Sammelstelle taucht der Lastwagen der Kooperative Bakoop auf. Schnell werden die Säcke aufgeladen, schon geht es weiter ins nächste Dorf. Bis zu vier Lkw hat die Kooperative in der Haupterntezeit im Einsatz. Sie alle müssen noch vormittags zurück in Bamakç¦ sein. Am Rande der verschlafenen Kleinstadt mit ihren 7.000 Einwohnern steht die Gülyai Fabrikasi, die Rosenöl-Destillerie. Von außen ein schmuckloser Gewerbebau, hinter Büschen und Bäumen versteckt. Innen ein Tempel des Duftes. Es ist nicht der blumige, sanfte Duft mit Honignote, den eine einzelne Blüte verströmt. Der Duft hier ist kräftiger, stärker, überdeckt alles, sogar das Brummen und Zischen der Brenner und der zehn kupfernen Destillationsapparaturen, die in vollem Betrieb sind.

In jedem der zehn Kupferkessel kochen 450 Kilogramm Rosenblüten. Der Dampf reißt das ätherische Öl der Rose mit sich, verlässt den Kessel, zieht durch einen Fallkühler nach unten und kondensiert. Nach etwa einer Stunde Köcheln ist es so weit. Das Öl wird abgezogen und tropft in einen Glaskolben. Die Ausbeute ist jedoch gering. Destilliermeister Ali Riza Malçok wird am Ende des Tages 4.500 Kilogramm Rosenblüten verkocht haben. Das ergibt – alles in allem – lediglich ein Kilogramm Öl. Das kostbare Gut wird filtriert und in einem Glasgefäß zwei Tage lang für jeweils vier bis fünf Stunden in die Sonne gestellt. Dabei setzen sich feine Trübstoffe ab, so dass zum Schluss nur klares gelbes Öl in den kleinen Lagertank kommt.

Die Damaszener-Rose: wild und ertragreich

Es gibt Tausende von Rosensorten, doch nur drei Arten, die zur Gewinnung von Rosenöl taugen. Die wichtigste von ihnen ist die wild wachsende Damaszener-Rose. Diese sommergrüne, leicht dornige Heckenrose liebt kalkreiches Gestein, viel Sonne, Höhenluft und etwas Regen. Leichten Frost übersteht sie. Bei richtig kalten Wintern in den Bergen um Bamakç¦ friert ein Teil der Rosenstöcke ab. Im Mai und Juni bringen die Sträucher eine Vielzahl an Blüten hervor, hellrosa bis intensiv pink. Die Rosenstöcke können über 25 Jahre alt werden, lassen dann aber in ihrer Ertragskraft nach. Die Damaszener-Rose stammt aus Persien und hat sich von dort über die Türkei bis in den Balkan verbreitet. Heute sind Bulgarien, der Iran und die Türkei die wichtigsten Anbauländer. In diesen Ländern sowie in Rumänien gibt es Projekte für Bio-Rosenöl.


16 Euro pro Milliliter

in Milliliter Rosenöl (etwas weniger als ein Gramm) kostet im Einzelhandel etwa 12 bis 16 Euro. Ein Gramm Gold ist dagegen für etwa 10 Euro zu haben. Wegen des hohen Preises wird Rosenöl oft verschnitten oder durch synthetische Aromastoffe ersetzt. Der mit einem Anteil von etwa 15 bis 30 Prozent wichtigste Einzelstoff im Rosenöl, das Geraniol, lässt sich billig aus Geranien-Arten oder im Labor gewinnen. Ähnliches gilt auch für Citronellol, das etwa 20 Prozent Anteil am Rosenöl hat. Doch die Tiefe und das Besondere am Rosenduft ist das Ergebnis von etwa 200 weiteren Substanzen. Ihre genaue Zusammensetzung hängt von der Lage des Feldes, dem Boden und vielen anderen Faktoren ab. Deshalb können sich auch Rosenöle aus einem Anbauland im Duft leicht unterscheiden. Preiswerter als Rosenöl ist das Rosenwasser. Eine weitere Möglichkeit, den Duft der Rosen in ein Kosmetikprodukt einzubringen, sind Ölauszüge. Dafür werden getrocknete Rosenblüten mehrere Tage in geruchsneutrales Öl eingelegt.


Die Wirkung der Rose

Rosenduft harmonisiert und hellt trübe Stimmungen auf. So wie die Rose selbst Gegensätzliches harmonisch vereint: Sanftheit und wehrhafte Dornen, kräftige Wurzeln und zarte Blütenblätter. In der Aromatherapie dient die Rose deshalb zur Linderung von Schlafstörungen, Depressionen oder Nervosität. In der Volksmedizin wird die Rose als entspannendes Mittel bei Krämpfen und bei Hauterkrankungen angewandt.

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