Leder war schon für unsere Vorfahren ein wertvolles Naturmaterial. Sie fertigten aus den Häuten ihrer Jagdbeute schützende Kleidung und wärmende Felle für ihre Behausungen. Der Mensch lernte im Laufe der Zeit immer neue Methoden kennen, um die verderblichen Häute durch Gerbung haltbar zu machen. Heute ist Leder meist kein Naturstoff mehr. Chemische Gerbeverfahren belasten Material, Umwelt und Gesundheit. Neue Ansätze zum umwelt- und menschenverträglicheren Umgang mit dem Rohstoff werden bislang hauptsächlich von Naturwarenherstellern gewählt. Haben Sie sich schon mal Gedanken über die ökologische Lederqualität gemacht?
Wie wird Leder hergestellt?
Rohmaterial für Taschen, Schuhe, Kleidung, Möbel sind Häute von Rindern, Schafen, Schweinen, Hirschen und Rehen. Die Tiere werden nicht eigens zu diesem Zweck gezüchtet, es sind die Häute von Schlachttieren. In frischem Zustand sind sie nicht haltbar - sie faulen. Auch das Trocknen macht die wertvollen Rohmaterialien unbrauchbar, sie werden steif und brüchig. Unsere Vorfahren räucherten ihre Felle am offenen Feuer, kauten sie anschließend gut durch und konservierten sie damit auf natürliche Weise.
Was ist Gerben?
Irgendwann entdeckten die Höhlenbewohner, dass die Häute durch Pflanzensäfte einfacher und besser haltbar gemacht werden können. Das Gerberhandwerk entwickelte sich in der Antike und später vor allem im Mittelalter. Man verstand es nun, bestimmte Stoffe wie Eichenrinde und Fette gezielt zur Gerbung einzusetzen. Die Felle wurden in Erdgruben versenkt, wo sie zusammen mit dem Sud verschiedener gerbstoffreicher Pflanzen für Wochen, Monate und sogar bis zu einem Jahr blieben. Es entstanden feste Gebrauchsleder, die zu Schuhen, Bekleidung und Möbeln weiterverarbeitet werden konnten.
Wie die Chemie das Gerberhandwerk revolutionierte
Die traditionellen Gerbverfahren überdauerten viele Jahrhunderte, bis Mitte des 19. Jahrhunderts die chemische Industrie die Zunft revolutionierte. Chromsalze ermöglichten eine einfache und vor allem effiziente Gerbung. In wenigen Stunden verwandelten sich die stinkenden Tierhäute mit dem chemischen Verfahren in ein besonders weiches, haltbares Leder, das noch vielfältiger eingesetzt werden konnte. Das Lederhandwerk griff die Neuentwicklung dankbar auf. Heute kommen rund 80 Prozent aller Bekleidungsleder aus der Chromgerbung Nur noch 20 Prozent stammen aus Pflanzengerbung beziehungsweise einer Mischform aus beiden Verfahren. Der Industriezweig Lederherstellung stellte alle Verarbeitungstechniken auf dieses Verfahren ab. Die alten Gerbmethoden gerieten in Vergessenheit.
Schaffelle - kuschelig und warm
Schaffelle können mit verschiedenen Methoden haltbar gemacht werden. Bei der Chrom-Relugan-Gerbung ist ziemlich viel Chemie im Spiel. Allerdings können so gegerbte Felle problemlos gewaschen werden. Wird in Deutschland gegerbt, sichern die strengen Umweltschutzbedingungen die richtige Entsorgung der giftigen Abwässer. Allerdings ist die Konkurrenz aus dem Ausland groß. So wird beispielsweise in Osteuropa ohne Umweltauflagen zu Billiglöhnen produziert.
Die Pflanzengerbung basiert auf Mimosaextrakt, dem Pflanzensaft einer Akazienart. Auf diese Art gegerbte Felle überstehen auch mal eine kurze Waschprozedur. Sie dürfen jedoch nicht für längere Zeit eingeweicht werden. Bei der klassischen Alaungerbung setzen die Gerber das aluminiumhaltige Salz Alaun ein. Alaunsalz kommt in der Natur vor, wird aber auch künstlich hergestellt. Durch die Alaungerbung bleibt die natürliche Struktur und Farbe des Fells am besten erhalten. Die Felle sind jedoch nicht waschbar. Werden sie nass, wird die Haut steif und brüchig wie Pergament.
Schaffelle im Naturwarenhandel werden in Deutschland gegerbt. Die Hersteller arbeiten mit Schäfern zusammen, die ihre Tiere nicht durch das sonst übliche Pestizidbad (zur Abtötung von Parasiten) schicken. Eine genaue Deklaration der Verarbeitungsprozesse scheitert meist an der Geheimhaltung durch die Gerberzunft. Es gibt jedoch Bestrebungen, das in Zukunft zu ändern.
Warum Lederherstellung schlecht für die Umwelt ist
Chromgerbung beherrscht den Markt und verseucht die Umwelt
Bei der Chromgerbung fallen viele umweltschädliche Substanzen an. So sind die Abwässer stark mit organischen Verbindungen, Salzen und Schwermetallen wie Chrom, Zink, Cadmium und Arsen belastet. Sie töten Mikroorganismen im Wasser und Fische. Chemische Grundsubstanz für die Chromgerbung sind Chrom III-Salze. Es ist bekannt, dass sie in höheren Mengen Allergien auslösen können. Experten schließen nicht aus, dass sich unter bestimmten Voraussetzungen die wasserlöslichen Chrom III-Salze in die 1.000 mal giftigeren Chrom-VI-Salze verwandeln. So wird die Entstehung von Chrom VI-Salzen in Verbindung mit menschlichem Schweiß von Fachleuten diskutiert. Chrom VI-Salze haben ein hohes Allergenpotential und werden als krebserregend eingestuft. Problematisch sind aber auch die bei der Verarbeitung entstehenden Abfälle sowie die spätere Entsorgung der Lederartikel. Allein in Deutschland fallen bei der Beseitigung von alten Lederschuhen, Lederjacken und Postermöbeln chromhaltige Abfälle von rund 140.000 Tonnen an. Bei einer Entsorgung über Verbrennungsanlagen kann wiederum das hochgiftige Chrom VI entstehen. Die Abfallspäne in der lederverarbeitenden Industrie werden zusammen mit Polyphenylacetat und Naturkautschuk zu Lederfaserstoff- platten für Billiglederwaren und Schuhinnenteile zusammengepresst. Die Schadstoffproblematik spiegelt auch das Testergebnis der Zeitschrift Natürlich vom Juni 1996 wider. Von 20 verschiedenen Lederbekleidungsstücken blieb nicht ein einziges ohne Beanstandung. Die Produkte waren auf umwelt- und gesundheitsbedenkliche Stoffe wie aromatische Amine, PCP (Pentachlorphenol) und dessen Ersatzstoffe sowie Chrom III und Chrom VI geprüft worden.
Entwicklungsländer gerben Leder für die westliche Welt
Die Umweltschäden durch Chromgerbung können durch eine hochentwickelte Abwassertechnik begrenzt werden. In Deutschland müssen die Gerbereien strenge gesetzlich vorgegebene Grenzwerte einhalten. Das ist einer der Gründe dafür, dass Leder in den seltensten Fällen hier gegerbt wird. Die hohen Umweltauflagen für die Gerbereien und die höheren Lohnkosten in Deutschland schlagen sich im Lederpreis nieder. Die meisten Tierhäute, die beim Schlachten in Deutschland anfallen, werden ins Ausland verfrachtet und kommen später als Leder zur Weiterverarbeitung wieder zurück. Bei uns gibt es nur noch wenige Gerbereien. So existierten 1994 nur noch 42 Betriebe. In Deutschland produziertes Leder kann preislich nicht mit ausländischer Ware konkurrieren. Die meisten Rohleder, aber auch fertige Lederwaren kommen heute aus Südamerika und Asien. Diesen sogenannten Dritte Welt-Ländern beschert das große ökologische Probleme. Kläranlagen gibt es nicht, die giftigen Abwässer gelangen ungefiltert in Bäche, Flüsse und ins Grundwasser. Sie vergiften Brunnen, Felder und die Menschen. Arbeitsschutzbestimmungen für die ArbeiterInnen gibt es nicht. In Indien wie in Brasilien arbeiten die Menschen, darunter auch Kinder, in Gerbereien mit giftigen Materialien ohne Atem- schutz oder Handschuhe. Allergien, Durchfall, Asthma, Husten und Hauterkrankungen gehören zum Alltag. Billigproduktion auf Kosten von Gesundheit und Leben der Menschen und ' ' der Natur. Das juckt die deutschen Verbraucher wenig. Im Zweifel greift man/frau zu zwei, drei Paar modischen Billigschuhen - für das Geld gäbe es ein Paar Naturschuhe. Auch die chemische Industrie profitiert von dieser Praxis. 250 000 Tonnen synthetische Gerbstoffe sowie Leder- und Pelzhilfsmittel werden jährlich produziert, so die Informationsschrift der Verbraucher-Initiative zum Thema Leder. Sie stellen eines der wichtigsten Exportgüter der deutschen Chemiefirmen dar.
Produktionsverschiebung ins Ausland macht zusätzliche Gifte nötig
Damit Rohhäute nicht verderben, müssen sie normalerweise sofort verarbeitet werden. Werden sie exportiert oder über längere Strecken vom Schlachthof bis zur Gerberei transportiert, ist das nicht möglich. Zum Schutz vor Schimmel und Fäulnis gibt es verschiedene Möglichkeiten. Für längere Strecken innerhalb Europas werden die Rohhäute meist mit Salz oder Salzlake behandelt. Salz bindet das in den feuchten Fellen vorhandene Wasser. Vor der weiteren Verarbeitung muß es jedoch wieder herausgewaschen werden und verursacht dann ökologische Probleme. Die Salzfracht belastet die Gewässer. Diese Übersalzung der Abwässer schlägt besonders in Regionen zu Buche, wo sich viele Gerbereien konzentrieren. Ein Zentrum für Ledergerbung in Europa liegt in der Toskana. Dort überfordern die Abwässer von mehr als 800 Gerbereien die Kläranlagen. Für Transporte innerhalb von Deutschland werden die Rohhäute teilweise durch Kühlung vor Verderb geschützt. Das Kühlverfahren scheint die ökologisch unbedenklichere Konservierungsmethode zu sein, wird je- doch nur selten angewandt. Die Nachteile liegen hier in den hohen Energieaufwendungen für die Kühlgeräte. Für die weiten Schiffswege wurde Rohleder früher oft mit dem giftigen Konservierungsstoff PCP behandelt. Seit diese Substanz bei uns verboten ist, kommen Ersatzstoffe zum Einsatz. In Deutschland werden Exporte nach Übersee meistens im Wetblue-Zustand (chromgegerbte feuchte Häute) verschickt - zugesetzt wird ein Konservierungsmittel bestehend aus Benzothiazol- und Sulfonderivaten. Im Ausland kommen auch Trichlorphenol oder Tetrachlorphenol als Ersatzstoffe zum Einsatz. Diese Stoffe werden jedoch von einigen Experten als nicht minder gefährlich eingestuft.
Sind die Rohhäute in der Gerberei angekommen, müssen sie von Haaren und Fleischresten befreit werden. Auch dazu werden viele verschiedene Chemikalien und Seifen eingesetzt.
Käuferwünsche sorgen für noch mehr Chemie
Verbraucher-Ansprüche sind gestiegen. Leder soll nicht nur robust sein, es muss auch modischen Wünschen entsprechen. Bunte Farben und eine perfekte Struktur, die über Jahre erhalten bleiben soll, sind heute selbstverständlich. Dass der Naturstoff das nicht ohne chemische Unterstützung schafft, liegt auf der Hand. Nach der Ledergerbung kommt die Oberflächenbehandlung zum Zug. Dabei wird das Leder mit einer Beschichtung versehen, die es unempfindlich gegen Verschmutzungen wie Rotwein oder Saft macht. Gleichzeitig schützt die Chemie vor dem Zurückbleiben von Kratzern sowie vor Scheuerstellen und sorgt für eine gleichmäßige Farbgebung. Auch das "Anfassgefühl" kann mit diesen Mitteln beeinflusst werden. Bei der Deckfarbenzurichtung wird das Leder beispielsweise mit drei Schichten eingedeckt: einer Grundierung, der Farbausgleichsschicht und der Appretur. Hauptbestandteile dieser Schichten sind Bindemittel wie Eiweiß- oder Kunstharz-, Polyurethan- sowie Kohlenwasserstoffverbindungen. Rauhleder und Anilinleder, die ihre Oberflächenstruktur behalten sollen, werden zum Schutz vor Verschmutzungen mit Hydrophobiermitteln (Fluorkohlenstoff- oder Siliconharzverbindungen) besprüht. Das von Natur aus atmungsaktive Leder wird mehr oder weniger versiegelt. Die eingesetzten Substanzen sind aus ökologischer und gesundheitlicher Sicht problematisch. So entstehen beispielsweise bei der Herstellung von Polyurethan giftige Isocyanate, bei Acrylharzen die gesundheitlich und ökologisch bedenklichen Nebenprodukte Acrylnitril und Acrylsäure. Fluorkohlenstoffverbindungen schaden der Ozonschicht und Fluorcarbonverbindungen stehen unter dem Verdacht, giftig zu sein.
Was öko-faire Labels anders machen
Die Naturwarenhersteller haben bereits vor einigen Jahren Handlungsbedarf in Sachen Leder erkannt. Sie setzen bei ihren Produkten überwiegend Pflanzengerbung ein. Die Unternehmen gehen oft von einem gesamtökologischen Ansatz aus. Das fängt bei der Tierhaut an. So verwendet beispielsweise die Firma Sonnenleder nur Rindsleder aus dem Allgäu. Die Tiere werden zur Milch- und Fleischgewinnung artgerecht gehalten. Die Firma Schomisch aus Essen-Kettwig nutzt ausschließlich die Häute von Rindern aus landwirtschaftlichen Betrieben in Deutschland. Tierquälerische Tiertransporte werden damit nicht unterstützt. Außerdem kann durch die kürzeren Transportwege der Rohhäute in den meisten Fällen auf eine Konservierung verzichtet werden. Noch stärker soll in Zukunft die Zusammenarbeit mit Höfen betrieben werden, deren Tiere artgerecht gehalten werden, so Johann Peter Schomisch. Neben dem ethischen Grundgedanken spielt dabei auch die Lederqualität eine Rolle. Massentierhaltung und unsachgemäße Verladung der Tiere hinterlassen ihre Spuren in der Tierhaut. Großflächige, offene Stich- und Kratzwunden sorgen für mindere Qualitäten und Wertverluste. Dieser materielle Verlust mobilisierte sogar die konventionelle Lederindustrie zu Protesten gegenüber den tierunwürdigen Transporten. Die Haut von artgerecht gehaltenen Tieren zeigt andere Merkmale: Narben von Dornenbüschen, Insektenstichen oder -bissen, Spuren von Rang- kämpfen oder von Stacheldrahtrissen. Sie machen die Haut unverwechselbar und geben dem Kleidungs- oder Möbelstück eine individuelle Note - vorausgesetzt der Käufer sieht das auch so.
Gegerbt wird nach traditionellen Verfahren im Fass oder der Grube mit Pflanzenextrakten. Besonders beliebt sind Gerbstoffe aus Mimosa, einer Akazienart, oder Quebracho, einem Baum aus dem Regenwald. Doch sie sind nicht unumstritten. Kritiker sehen vor allem Probleme in der Ausbeutung natürlicher Ressourcen. Mimosa wächst auf afrikanischen und südamerikanischen Plantagen. Die Bäume werden nach sieben bis neun Jahren als ganze Bäume geerntet. Plantagenanpflanzungen mit ihren Monokulturen sind ökologisch gesehen nicht sinnvoll. Noch ungünstiger fällt die Ökobilanz jedoch bei dem Gerbstoff Quebracho aus. Der im Regenwald von Südamerika wildwachsende Baum muss etwa 150 Jahre alt sein, um ausreichend Gerbstoffe zu enthalten. Durch Übernutzung an einigen Standorten ist sein Bestand gefährdet. Jetzt werden bereits 50 Jahre alte Bäume gefällt, um den Bedarf zu decken.
Trendwende zeichnet sich ab
Die relative Rohstoffknappheit birgt eine gewisse Brisanz, denn der Markt für pflanzengegerbte Leder wächst. Immer mehr Möbel- und Schuhhersteller haben die Problematik erkannt. Auch die Autoindustrie beschäftigt sich mit der Thematik Leder. Bei wachsendem Bedarf könnten jedoch schnell Engpässe entstehen. Für Massenproduktion in dieser Größe ist die Pflanzengerbung noch nicht gerüstet. Sollen sich pflanzengegerbte Leder langfristig im Markt behaupten, müssen also weitere Alternativen gefunden werden. Besonders intensiv sucht die Firma Schomisch nach natürlichen Gerbstoffen. "Es gibt mehr als 300 verschiedene Gerbstoffe aus der Natur", weiß Firmenchef Johann Peter Schomisch. Unter der geschützten Marke ecopell stellt die Schomisch GmbH, so die Firmenbroschüre "zur Zeit das umweltfreundlichste, pflanzlich-gegerbte Leder aus industrieller Herstellung her". ecopell-Leder hat eine naturbelassene Oberfläche und kann nach der Nutzung problemlos kompostiert werden. Schomisch-Leder wird von vielen Naturwarenherstellern, aber auch von der konventionellen Lederindustrie verarbeitet. Einen Treffer landete Schomisch mit den Früchten des peruanischen Tara-Baums. Für die Gewinnung des Gerbstoffes werden nur die Früchte des Baums geerntet - die Pflanze wird nicht abgeholzt. Aus den Schoten wird sprühgetrockneter Tara-Extrakt hergestellt. Erfolgversprechend scheint auch das neueste Projekt. Aus den Wurzeln drei- bis vierjähriger Rhabarberpflanzen wird ein rein pflanzlicher Gerbstoff gewonnen. Der Rhabarber wächst in Deutschland, der Gerbstoff wird unter den hiesigen strengen Umwelt- und Arbeitsschutz-Richtlinien produziert. Der heimische Gerbstoff verbessert auch durch kurze Transportwege die Öko-Bilanz. Ebenfalls gute Gerb-Ergebnisse erzielt Schomisch mit den Früchten der türkischen Valonea-Eiche. Auch hier ist der Baum nicht gefährdet.
Besonders begeistert ist Johann Peter Schomisch von der Qualität seiner Leder: "Sie haben den typischen, herben Ledergeruch und sind wunderbar weich. Das ist für pflanzengegerbte Leder ungewöhnlich. Sie werden normalerweise nicht so weich wie chromgegerbte." Einsatzbereiche, in denen besonders feine Leder gefragt sind, schlossen deshalb bisher die festeren pflanzengegerbten Leder aus. Der samtige Griff kommt jedoch nicht von ungefähr. Damit es so griffig wird, muss mit Chemie nachgeholfen werden. Vor acht bis zehn Jahren hat die Industrie speziell für pflanzengegerbtes Leder ein Verfahren entwickelt, um das feste Material geschmeidiger zu machen. Der Weichmacher Glutaraldehyd ist später im Endprodukt nicht mehr nachweisbar und für Schomisch deshalb akzeptiertes Übel. "Ich bin nicht glücklich darüber, aber noch gibt es keine Alternative dazu", so der engagierte Unternehmer.
Mehr Offenheit wäre wünschenswert
So offen wie die Schomisch GmbH spricht in der Lederbranche selten jemand. Das Unternehmen hat bisher als einziges seiner Zunft eine Volldeklaration der verschiedenen Leder vorgenommen. Auf Wunsch bekommt jeder Kunde "seinen" Lederpass, in dem Herstellungsverfahren und verwendete Substanzen nachzulesen sind.
Es gibt zwar sogenannte Öko-Labels für Leder, diese werden jedoch nur selten verwendet und beschränken sich auf die Schadstoffüberprüfung der fertigen Artikel. Über Umweltschutz bei der Produktion gibt nur das Öko-Zeichen der Westdeutschen Gerberschule in Reutlingen Auskunft. Häufig ist Naturwarenfirmen eine Volldeklaration gar nicht möglich. Über den Herstellungsprozess wissen die weiterverarbeitenden Firmen nicht immer Bescheid. So kann Jens Gohres von Sonnenleder nur auf die rein pflanzliche Gerbung verweisen, da die beauftragte Gerberei auf eine traditionelle Rezeptur zurückgreift, die sie aus Wettbewerbsgründen nicht öffentlich machen will. Wie der Prozess genau abläuft, welche Zusatzstoffe verwendet werden oder welche Pflanzen das im einzelnen sind, bleibt das Betriebsgeheimnis der Gerberei, die sonst ihre Existenzgrundlage gefährdet sieht. Sie versichert jedoch, daß das behandelte Leder "frei von giftigen Chemikalien" sei, was nach Auskunft von Gohres regelmäßig überprüft wird.
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