Umwelt

Wie sich Zimmerpflanzen auf ökologische Weise schützen lassen

Bio macht Läuse madig

Sie sind nicht nur die "Lunge" jeder Wohnung, sondern ihren Zimmergenossen längst ans Herz gewachsen: Den Pflanzen auf Balkon und Fensterbank sind die meisten Menschen grün. Doch die Zierden des Hauses haben jede Menge Feinde. Und wenn der geliebte Ficus Benjamini vor dem Absterben steht, ist die Versuchung groß, den Schädlingen mit Chemie den Garaus zu machen. Doch auch in der Wohnung lässt sich ökologisch gärtnern.

Kennen Sie Thripse? Noch nie gesehen? Ist auch schwierig, denn die schwarz-weißen Insekten sind nur ein bis zwei Millimeter lang und verstecken sich auf der Unterseite der Pflanzen. Meist bemerkt man sie erst, wenn die Blätter vertrocknen und abfallen. Doch Thripse sind nicht die einzigen Schädlinge, die Pflanzen im Zimmer, im Wintergarten oder auf dem Balkon befallen. Läuse, Spinnmilben und weiße Fliegen können die Pflanzen aussaugen, Mehltau und andere Pilze sie zum Absterben bringen.

Meist stammen Zimmerpflanzen aus konventionellem Anbau. Sie wachsen in Blumenerde, die mit synthetischem Dünger angereichert ist. Und sie sind, je nach Art, entsprechend empfindlich. Robuste Zimmer- und Balkonpflanzen aus ökologischem Anbau sind dagegen noch eine Rarität; nur wenige Bio-Gärtnereien bieten sie an. Häufiger findet man im Frühjahr in Naturkostläden Kräuter oder Gemüsepflanzen, die sich auch fürs Küchenfenster eignen - oder das entsprechende Saatgut in Demeter-Qualität.

Für die meisten der empfindlichen Zimmerpflanzen spielen Standort, Luftfeuchtigkeit und Temperatur (vor allem im Winter) eine große Rolle. Schnellwachsende Pflanzen sollten zudem jedes Jahr umgetopft und gedüngt werden. Im Garten sorgen Gründüngung, Kompost und Pflanzenjauche für den notwendigen Nachschub an Nährstoffen. Doch auch für diejenigen, die sich mit ihren Pflanzen auf die eigenen vier Wände beschränken müssen, gibt es natürliche Hilfsmittel zur Pflanzendüngung und Pflege.

Gesteinsmehle aus feinstvermahlenen Mineralien wie Quarz, Bentonit oder Meeresalgenkalk remineralisieren ausgelaugte Böden, verbessern die Bodenhygiene und beugen der Bodenverpilzung vor. In der biologisch-dynamischen Wirtschaftsweise hat Quarzmehl eine besondere Bedeutung, weil Quarz nach dieser Sichtweise die Fähigkeit hat, Lichtenergie zu speichern, sie an die Pflanze abzugeben und damit positive Wirkungen hervorzurufen.

Um die Pflanzen mit den nötigen organischen Nährstoffe zu versorgen, stehen eine Reihe biologischer Dünger zur Verfügung. Ausgangsstoffe sind meist gemahlene Hornspäne und Meeresalgen, aber auch Trester, der bei der Verarbeitung von Weintrauben anfällt. Die Dünger werden als Mehl und in flüssiger Form angeboten. Mit Packungsgrößen von in der Regel einem Liter oder einem Kilogramm eignen sich die Produkte auch für Haushalte mit weniger Pflanzen.

Praktiken des Öko-Landbauseignen sich auch für Balkon und Fensterbank

Brennesseljauche gilt bei ökologisch arbeitenden Hobbygärtnern als das beste Mittel zur Pflanzenstärkung und Schädlingsvorbeugung. Allerdings sind die Zubereitung und auch das Ausbringen nichts für empfindliche Nasen. Deshalb gibt es Brennessel-Extrakt in Flaschen, ebenso wie Auszüge aus Schachtelhalm, Farm, Kamille, Schafgarbe oder Wermut. Für bestimmte Anwendungen werden die Pflanzen-Extrakte auch als Gemisch angeboten. So soll eine Komposition aus Kamille, Schafgarbe und Comfrey Balkonpflanzen nach Blattschäden durch Hagel oder Gewitterregen wieder regenerieren. Auch Mittel mit Knoblauchöl oder auf der Basis von Propolis und Bor werden zur Pflanzenstärkung angeboten.

Bekommen kann man solche Mittel, vor allem im Frühjahr, in gut sortierten Naturkostläden, und zwar oft neben Duftmischungen, die Ameisen aus der Küche und Motten aus dem Kleiderschrank vertreiben sollen. Darüber hinaus sind sie bei rund 30 Versandhändlern im Programm, die in ihren Katalogen eine umfangreiche Palette zur biologischen Pflanzenpflege und Schädlingsbekämpfung anbieten. Eine Liste dieser Versandhändler können Schrot&Korn-Leser auf Seite ?? anfordern. In den Katalogen der Öko-Versandhändler Waschbär und Panda stößt man ebenfalls auf einige der genannten Mittel. Zum Teil kann man sich auch direkt an Hersteller wenden, in den meisten Fällen beliefern diese jedoch nur den Groß- und Fachhandel.

Fündig werden kann man zudem in den Bio-Ecken, die einige Baumärkte inzwischen eingerichtet haben. Selbst in manchen Gartencentern stoßen Naturfreunde auf biologische Alternativen. Wer eine Bio-Gärtnerei in der Nähe kennt, kann auch dort nachfragen, ob Mittel abgegeben werden oder Bezugsadressen bekannt sind.

Inzwischen gibt es sogar die ersten homöopathischen Mittel zur Pflanzenpflege und Heilung. So enthält etwa Silpan wichtige Mineralien und Pflanzenauszüge, vor allem aber organisches Germanium in homöopathischer Verdünnung. Wirken soll es auf der feinstofflichen Ebene - und dabei die Sauerstoffversorgung der Zelle verbessern und die Entgiftung fördern. Wer sich dafür interessiert, muss beim Versandhandel und den anderen genannten Bezugsquellen nachfragen. Zum Thema "Homöopathie für Pflanzen" hat die Agrarwissenschaftlerin Andrea Emde eine 70seitige Broschüre geschrieben. Sie kann für 13,50 Mark bei der Snoek GmbH, Tannenweg 13, 27356 Rotenburg bestellt werden (Telefon 04268-400).

Wenn sich trotz aller Vorbeugung Blattläuse an den frischen Trieben tummeln oder Thripse an den Blättern saugen, ist das Mittel der ersten Wahl eine Dusche mit Schmierseifenlösung. Sie sollte mehrmals wiederholt werden, um alle Schädlinge abzuwaschen. Die Lösung kann man selbst herstellen.

Für hartnäckige Fälle sind biologische Spritzmittel auf der Basis von Wirkstoffen im Angebot, die auch im ökologischen Landbau zugelassen sind. Am häufigsten werden Produkte aus dem Samen des indischen Neem-Baumes verwendet, die für Haustiere und Menschen ungefährlich sind. Verkauft werden sowohl spritzfertige Mischungen als auch Neem-Öl, gemahlene Samen oder Presskuchen, die man selbst weiter verarbeiten kann.

Das aus einer Chrysanthemenart hergestellte natürliche Pyrethrum ist nach Ansicht von Experten ebenso ein Nervengift wie seine synthetischen Verwandten, die Pyrethroide. Auch wenn es nach zwei Tagen in Innenräumen zerfällt, sollte man besser Alternativen ausprobieren. So lassen sich manche Pflanzenschädlinge mit Grapefruitkern-Extrakt bekämpfen: 20 Tropfen auf 1/2 l Wasser in eine Zerstäuberflasche geben und einmal täglich die befallenen Pflanzen damit besprühen.

Die im ökologischen Landbau angewandten Mittel auf der Basis des Bazillus Thuringiensis sind bei Zimmerpflanzen wenig gebräuchlich, weil sie sich in erster Linie gegen Raupen, Käfer und Mückenlarven richten. Gegen die weiße Fliege und andere nicht festsitzende Schädlinge helfen spezielle Tafeln, die in den Blumentopf gesteckt werden: an ihnen bleiben die Insekten kleben. Weil die weiße Fliege aus den Tropen kommt, ist es bei kalten Temperaturen auch wirkungsvoll, die Pflanzen einfach für ein paar Tage nach draußen zu stellen.

Florfliege, Marienkäfer und Raubmilben: Nützlinge sind fleißige Helfer

Bei starkem Schädlingsbefall, etwa im Wintergarten, kann man sich auch noch mehr Insekten ins Haus holen und gezielt Nützlinge einsetzen. Am bekanntesten ist die Florfliege, Insekt des Jahres 1999. Ihre Larve vertilgt innerhalb von zwei Wochen rund 500 Blatt- und andere -Läuse.

Gegen weiße Fliegen helfen Schlupfwespen. Sie legen ihre Eier in die Schädlinge. Schlüpft die Larve aus, frisst sie sich durch die Fliege, bis diese abstirbt. Kurz darauf verwandelt sich die Larve in eine kleine Wespe; der Kreislauf beginnt von vorne.

Auch Raubmilben und Marienkäfer gehören zu den Nützlingen, die man sich von Spezialfirmen schicken lassen kann. Sind die Schädlinge vertilgt, verschwinden auch die Gäste und suchen sich neue Speisetafeln. Erst dann sollte man die Fenster aufmachen, denn sonst verabschieden sich die kleinen Helfer zu früh.

Schädlingsbefall ist meist auch ein Hinweis auf falsche Haltung der Pflanzen. Spinnmilben, Wollläuse, Thripse und weiße Fliegen lieben warme und trockene Luft. Eine Schale Wasser im Winter auf der Zentralheizung und regelmäßiges Absprühen können hier vorbeugen. Springschwänze dagegen treten häufig auf, wenn zu viel gegossen wird, die Erde nass und die Luftfeuchtigkeit hoch ist. Sie richten zwar keinen Schaden an, da sie sich hauptsächlich von verrotteten Pflanzenteilen ernähren. Beliebt sind die kleinen, ein bis vier Millimeter langen, weißlichen Würmer aber trotzdem nicht.

Mehltau und Pilze sind ebenfalls ein Hinweis auf zu viel Wasser und zu feuchtes Klima. Weniger gießen und ein hellerer, luftiger Standort können diese Krankheiten vermeiden helfen. Bei befallenen Pflanzen hilft das Bestäuben mit Netzschwefel oder Kupferoxid: zwei Mitteln, die im ökologischen Landbau zugelassen sind, allerdings mit Auflagen.

Gegen eine weitere Pflanzenkrankheit hat auch die Apotheke der Natur kein Rezept bereit. Bei der Fäule von Wurzeln oder Stielen ist keine Heilung möglich. Wenn der Basilikum am Küchenfenster umkippt, weil der Stiel braun und fadendünn geworden ist, dann hilft leider nur noch eines: Ab in die Tonne.

Leo Frühschütz


Pflanzenstärkung selbst gemacht

Pflanzenjauche kann man auf dem Balkon oder der Terrasse auch selbst in einem Plastikeimer ansetzen. Dazu gießt man ein Kilogramm frisch gepflückte oder 200 Gramm getrocknete Brennessel - oder andere Kräuter wie Comfrey oder Schachtelhalm - mit zehn Litern Wasser auf. Bei geringerem Bedarf funktioniert es genauso mit 100 Gramm Pflanzen auf einem Liter. Den Eimer deckt man am besten mit einem Gitterrost ab, damit keine Vögel oder andere Kleintiere hineinfallen. Man stellt ihn an einen warmen Platz und lässt den Inhalt ein bis zwei Wochen gären: Täglich umrühren, damit Sauerstoff hinzukommt. Bestäuben mit Gesteinsmehl hilft, den Gestank zu verringern. Die Jauche ist fertig, wenn sie eine dunkle Färbung angenommen hat und nicht mehr schäumt. Sie wird im Verhältnis 1:10 verdünnt und ausgegossen.

Ohne Geruchsprobleme und auch in Innenräumen lassen sich Pflanzenbrühen herstellen. Dazu werden die Kräuter im selben Verhältnis wie bei Jauchen 24 Stunden lang in kaltem Wasser angesetzt; zum Gießen wird die Brühe im Verhältnis 1:5 verdünnt. Stärken können auch Tees. Dazu werden die Kräuter mit heißem Wasser übergossen; den Sud läßt man einige Stunden ziehen, bevor man ihn, leicht verdünnt, zum Gießen verwendet. Brühen und Tees sollte man in der Wachstumszeit alle 14 Tage anwenden; Jauche zwei bis viermal jährlich.

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