Rund 44.000 Fundstellen wirft die Internet-Suchmaschine Google aus, gibt man den Namen Beifuß-Ambrosie ein. An dem Gewächs muss etwas dran sein. Doch trotz „ambrosia.de“ und eines „Aktionsprogramms Ambrosia“ der Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft bedeutet das Gewächs den meisten Menschen so viel wie die Pflanzennamen Alnus oder Betula. Trotzdem verbreiten wir diese allergene Invasionspflanze immer weiter – unabsichtlich.
Allergie aus dem Vogelfutter
Doch zunächst: Was genau hat es mit der Pflanze auf sich? Ambrosia artemisiifolia – so der botanische Name – hat ein hohes allergenes Potenzial. Zum einen sollen allergische Reaktionen sehr häufig sein. Doppelt so oft wie bei anderen Pflanzen ist Asthma die Folge. Außerdem reichen nach Angaben von Allergologen nur fünf bis zehn Pollen pro Kubikmeter Luft, um Reaktionen hervorzurufen. Bevor jemand allergische Reaktionen zeigt, muss er allerdings erst einmal durch Kontakt mit der Pflanze sensibilisiert werden. Derzeit ist die Sensibilisierungsrate in Deutschland jedoch sehr gering.
Auch Agrarexperten und Umweltschützer haben ein Auge auf Ambrosia. Die um 1860 aus Nordamerika eingeschleppte Pflanze hat das Potenzial, als Unkraut in der Landwirtschaft Probleme zu bereiten. Hierzulande hält sich der Schaden noch in Grenzen. Naturschützer befürchten, dass der einjährige Korbblütler geschützte Arten, etwa auf Sandmagerrasenflächen, verdrängen könnte. Dabei ist das Gewächs noch längst kein „Hansdampf“ auf allen Rasen. Außerhalb von Siedlungen liegen Verbreitungsschwerpunkte zur Zeit lediglich in Bayern, Baden-Württemberg, Südhessen, Berlin und Brandenburg.
Ambrosia: Gewächs mit Tücken
Heuschnupfen durch Ambrosia: Eine Ambrosia-Pflanze entwickelt bis zu einer Milliarde Pollen. Bereits ein Dutzend pro Kubikmeter Luft genügen um bei Pollenallergikern Reaktionen wie Augenjucken, Lichtempfindlichkeit, Kopfschmerzen und Heuschnupfen auszulösen. Bei empfindlichen Menschen kann der Kontakt mit der Pflanze zu Hautirritationen wie Nesselsucht führen.
- Geringste Pollendichten (5 – 10 Pollen/m³ Luft) können allergische Reaktionen auslösen. Voraussetzung dafür: Man muss zuvor sensibilisiert werden.
- Auch Menschen, die allergologisch nicht vorbelastet sind, können erkranken.
- Es kann zu Kreuzreaktionen mit Lebensmitteln (Melone, Banane, Kamillentee) kommen
Bevölkerung aufgerufen
Weil man verhindern will, dass sich die Pflanze weiter ausbreitet, hat das Bundesverbraucherministerium veranlasst, die Beifuß-Ambrosie im Rahmen des Pflanzenschutzgesetzes in Deutschland zu bekämpfen. Die Biologische Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft (BBA) hat dafür Strategien entwickelt. So ist nun etwa die Bevölkerung aufgerufen, größere Ambrosia-Bestände außerhalb von Gärten – keine Gartenvorkommen – der Projektgruppe Biodiversität (www.ambrosiainfo.de/kontakt.html) oder der BBA (ambrosiabba.de) zu melden.
Bei den aktuellen Kartierungen der Pflanze in Deutschland hat sich erwiesen, dass Vogelfutter die Hauptverbreitungsursache ist. Die Kontrollstellen von Vogelfuttersaaten legen eben längst nicht die strengen Maßstäbe an, wie sie den Saaten der Lebensmittelproduktion zugrunde liegen. Außerdem verbreiten sich Ambrosia-Samen über Saatgut und Futtermittel sowie durch den Transport von Erdmaterial und Grüngut.
Was können Verbraucher tun? Auf den Etiketten der Vogelfutterpackungen werden sie keine Hinweise dafür finden, ob Ambrosia-Saaten enthalten sind. Beate Alberternst von der Friedberger Projektgruppe Biodiversität rät Kunden, die Händler auf die Problematik anzusprechen: „Sonst kommt nichts in Bewegung.“ Bei einer Untersuchung der Projektgruppe waren lediglich 10 von 33 Proben nicht Ambrosia-kontaminiert. Verwertbare Infos für Kunden lassen sich aus diesem Ergebnis leider nicht ziehen.
Auch der Landesbund für Vogelschutz (LBV) hat Vogelfuttersorten untersucht. Fazit: „Vogelfutter ohne Ambrosia-Samen gibt es nicht“, so LBV-Referent Bernd Raab. Der LBV habe dennoch eine Auswahl besserer Qualitäten getroffen, die man über www.lbv-shop.de beziehen kann. Im Winter kein Futter mehr auszustreuen, hält der Vogelexperte für die falsche Strategie. Er warnt vor Panikmache.
Ambrosias gute Seiten
In diesem Zusammenhang ist auch interessant, dass Ambrosia durchaus ihre guten Seiten hat. Amerikanische Ureinwohner nutzten das Gewächs als Heilpflanze. Sie schätzten das Kraut wegen entzündungshemmender und schmerzstillender Wirkung. Mit Tee und Salben, die sie aus den Wurzeln und Blättern gewannen, behandelten die Indianer Fieber, Durchfall und Übelkeit. Auch für Hautverletzungen sowie Schwellungen und Ödeme fanden sie Verwendung. Mit der gleichnamigen, unsterblich-machenden Speise und Medizin der Griechischen Mythologie hat Ambrosia allerdings nichts gemein.
Trotz dieser guten Seiten, beschäftigt die Leute eher, was an der Pflanze stört. Deshalb sind Vogelfreunde gefragt, im Frühjahr die Umgebung der Futterstellen zu kontrollieren. Findet man ein Gewächs, das einem verdächtig vorkommt, sollte man ihm gleich an den Stängel gehen oder es weiter beobachten. So lange Ambrosia noch nicht blüht (erst ab Mitte Juli), kann sie ohne Umstände ausgerissen werden. Da jedoch Reaktionen bei Hautkontakt bekannt geworden sind, wird geraten Handschuhe anzuziehen. Die ausgerissenen Ambrosia-Pflanzen dürfen nicht so gelagert werden, dass die Wurzeln Bodenkontakt haben, da sie sonst wieder anwachsen. Nicht blühende beziehungsweise nicht fruchtende Pflanzen kann man auf den Kompost werfen. Zur Sicherheit sollten aber alle Pflanzen, die ab Juli ausgerissen werden, in Plastiktüten verpackt im Hausmüll landen.
Vordenken statt Staubmasken
Wenn die Ambrosie erst einmal blüht, wird es schwierig. Eine Milliarde Pollen produziert eine einzige Pflanze, weshalb Fachleute dazu raten, Staubmasken zu tragen (gibt es im Heimwerkerbedarf). Besser ist es, man sorgt vor und denkt bereits jetzt beim Füttern von Amsel, Ammer und Co. an Ambrosia.
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