Sie strahlt ihn an, er strahlt sie an. Gleich sagen sie „Ja“. Hach, romantisch. Was man den beiden jetzt nicht mehr ansieht, sind die vielen Entscheidungen, das ganze Geld – es hat sie viel gekostet, diesen Moment zu erschaffen.
Als mein Mann und ich vor fünf Jahren unsere Hochzeit geplant haben, haben wir schnell gemerkt: Alles, was auch nur irgendwie nach Hochzeit riecht, ist teu(r)er. Und: Es gibt alles. Wirklich alles. Mit Herzen und Namen und Schischi und Trara. Schöne, sorgenfreie Konsumwelt. Natürlich kann man auch im kleinsten Kreis oder ganz alleine heiraten. Aber wer lieber mit Freunden und Familie feiern möchte, – haben mein Mann und ich übrigens auch – kommt ums Geldausgeben nicht herum. Zumindest kann man dann entscheiden, wen und was man mit seinem Geld unterstützt. Denn Heiraten geht auch öko und nachhaltig.
Das Einmaleins einer Green Wedding
Eins vorweg: Wem in seinem Alltag ein nachhaltiger Lebensstil wichtig ist, dem wird es gar nicht so schwerfallen, eine nachhaltige Hochzeitsfeier zu planen. Die Grundsätze regional und saisonal kommen auch bei einer Green Wedding zum Tragen. Außerdem sollte man sich bei jeder Anschaffung die Frage stellen, ob sie für eine einmalige Gelegenheit wirklich getätigt werden muss. Weniger ist definitiv mehr. Ausleihen besser als kaufen.
Im Internet gibt es mittlerweile eine Fülle an regionalen Hochzeitsplanern, -fotografen, Tortenbäckern, die in ihren Blogs nicht nur allgemeine Tipps für die Planung des grünsten Tags im Leben geben, sondern gleich die passenden nachhaltigen Anbieter vor Ort empfehlen können. „Es gibt immer mehr Dienstleister, die auf Nachhaltigkeit achten“, sagt die Fotografin Sabrina Tietz aus Münster, der das Thema Nachhaltigkeit besonders am Herzen liegt und die in ihrem Blog „Natureweddings“ Tipps für grünere Hochzeitsfeiern gibt. „Vielleicht gibt es nicht jeden direkt in der Stadt, in der man lebt, aber dann zumindest in der Region.“
Fangen wir mit der Planung an. Am Anfang stehen wie so häufig im Leben W-Fragen: Wo, wann, wie, wie viele? Das Wo hängt meist von der Anzahl der Gäste ab und wie man sich die Hochzeitsfeier vorstellt. Das Wann hängt oft von der favorisierten Location ab. Am allerwichtigsten ist das Wie. Wie stellt ihr euch euren Hochzeitstag vor?
1. Gästeliste
Die Gästeliste zu reduzieren fällt vielen Paaren besonders schwer, sagt die Expertin für nachhaltige Hochzeiten Sabrina Tietz. Klar ist aber: je kleiner, desto nachhaltiger. Das ist ganz einfache Mathematik: Weniger Gäste bedeutet weniger Anreise, weniger Essen, weniger Geschenke, weniger Ressourcen, weniger Müll, weniger CO2-Ausstoß.
2. Veranstaltungsort
Vermutlich ist es nicht nötig zu erwähnen, dass eine Hochzeit am exotischen Strand nicht besonders ökologisch ist. Wohnortsnah lautet die Devise. Ohnehin gilt bei einer Green Wedding, die Veranstaltung so lokal wie möglich zu planen, um lange Anfahrtswege zu sparen. Das sollte bei der Auswahl der Location ebenfalls eine Rolle spielen. Sind etwa Standesamt oder Kirche in der Nähe des Veranstaltungsortes oder müssen alle Gäste von A nach B fahren? „Häufig ist es möglich, sich direkt im Veranstaltungsort trauen zu lassen, beispielsweise bei einer freien Trauung“, sagt Sabrina Tietz.
Viele Bio-Restaurants, -Hotels und -Bauernhöfe (vielleicht findet ihr in unseren Kleinanzeigen die richtigen Anbieter?) richten Feiern aus. Das hat den Vorteil, dass nicht nur das Essen bio ist, sondern auch bei der Einrichtung und Deko quasi von Haus aus schon ökologisch verantwortungsbewusst gehandelt wird. Wie beispielsweise im Bio-Hotel Gut Sonnenhausen in Glonn in der Nähe von München. „Wir sprechen schon bei der ersten Hausführung mit den Paaren, dass uns Nachhaltigkeit sehr wichtig ist“, sagt Alexandra Baeten, die in dem Hotel den Bereich Verkauf und Marketing leitet. „Und arbeiten nur mit Dienstleistern zusammen, die ebenfalls großen Wert darauf legen.“
3. Essen
Bio, na klar! Bei wem der Veranstalter nicht ohnehin schon Bio-Essen serviert, dem bietet beispielsweise Bioland auf seiner Website mit seinen Genuss-Adressen einen Überblick über Bio-Catering-Unternehmen. „Beim Essen kann man relativ einfach ansetzen“, sagt Hochzeitsexpertin Sabrina Tietz. „Und vor allem viel erreichen. Es macht mit den größten Ressourcenaufwand bei einer Hochzeit aus.“ Es sollten Bio-Lebensmittel verwendet und Fleischgerichte möglichst reduziert werden, empfiehlt sie. Einen Überblick über Gastgeber, die vegetarische und vegane Speisen anbieten, liefern die Internetseiten veggie-hotels.de und vegan-welcome.de.
4. Einladung
Theoretisch kann man bei Einladung & Co. komplett auf gedrucktes Papier verzichten. Warum die Einladungen nicht einfach per E-Mail verschicken? Sitzordnung, Tischnummern und Menü können mit einem abwaschbaren Stift auf (nicht extra gekaufte) Bilderrahmen oder Spiegel geschrieben werden. Beschriftete Steine, Muscheln, Holz-Wäscheklammern sind zum Beispiel schöne Namensschilder auf dem Tisch.
Wem Gedrucktes lieber ist, der sollte eine Druckerei suchen, die auf Nachhaltigkeit Wert legt und etwa Recycling-Papier verwendet. Warum eigentlich nicht selbst basteln? Öko-Papier besorgen (zum Beispiel bei memo.de), Drucker anschmeißen und los geht’s. Aus Kraftpapier, Jutekordel, getrockneten Blumen, alter Spitze, Stempeln etc. lassen sich beispielsweise individuelle Einladungen im Vintage-Look gestalten.
5. Dekoration
Auch bei der Dekoration gilt, weniger ist mehr. Im Bio-Hotel Gut Sonnenhausen uferten vor einigen Jahren die Hochzeiten immer mehr zu „Deko-Orgien“ aus, erzählt Alexandra Baeten. „Das hat zu einem unglaublichen Müllberg nach unseren Veranstaltungen geführt.“ Sie haben die Erfahrung gemacht, dass eine Feier nicht besser im Gedächtnis bleibt, weil die Gastgeschenke so ausgefallen waren oder die Deko so eindrucksvoll und üppig war. „Eine Hochzeit sollte nicht zu einem Wettbewerb im Freundeskreis werden. Ein gutes Fest macht doch eigentlich aus, dass man bei gutem Essen mit seinen Liebsten zusammen ist.“
Wer in Sachen Deko den großen Auftritt liebt, der sollte leihen, leihen, leihen. Es gibt bundesweit zahlreiche Dienstleister, die Hochzeitsdeko und -möbel ausleihen. Außerdem kann man secondhand kaufen. „Da gibt es mittlerweile eine Vielzahl von sogenannten Braut-zu-Braut-Angeboten. Man sollte sich bei der Planung nicht nur überlegen, was man haben möchte, sondern auch, was danach damit passiert“, rät Bloggerin Sabrina Tietz. Den Gedanken eines Secondhand-Hochzeitsmarkts verfolgt beispielsweise die App Annaliebtpaul, die es seit 2019 gibt.
Auf Luftballons fliegen lassen oder Konfetti werfen sollte man wirklich verzichten. Gute Wünsche kann man dem Brautpaar auch an einem Wunschbaum hinterlassen. Statt Konfetti kann man Blütenblätter werfen.
6. Blumen
Bei den Blumen sollten saisonale vom Blumenhändler vor Ort gewählt werden. Es gibt sogar Floristen, die selbst Blumen anbauen. Blumenhändler haben häufig ein Repertoire an unterschiedlichen Blumenvasen und Kerzenleuchtern, die man ausleihen kann.
7. Gastgeschenke
Gastgeschenke kann man wunderbar selber machen. Wie wäre es mit selbstgemachter Marmelade aus heimischen Früchten in wiederverwendbaren Gläsern? Eine schöne Idee sind auch Seed-Bombs oder Tütchen mit Blumensamen. Diese können die Gäste dann einpflanzen – ganz nach dem Motto: Spread the love (die Liebe verbreiten). Einen Bausatz, um 20–30 Samenbomben selbst zu basteln, gibt es etwa beim Öko-Versandhändler waschbaer.de. Ein vielfältiges Angebot an Bio-Saatgut hat bingenheimersaatgut.de.
8. Kleidung
Leihen oder secondhand kaufen, sind die umweltfreundlichere Alternative. Vielleicht lässt sich auch das Hochzeitskleid von Oma oder Mutter umarbeiten. Beim Kauf neuer Kleidung kann man auf faire Arbeitsbedingungen und nachhaltige (Bio-)Materialien achten. Anziehsachen, die in Deutschland hergestellt wurden, haben keine langen Anfahrtswege hinter sich. Je weniger ausgefallen die Modeauswahl ist, desto häufiger lassen sich Kleid, Schuhe und Accessoires im Alltag tragen. Eine kleine Auswahl an Brautkleidern gibt es etwa im Avocadostore.
9. Ringe
„Es gibt viele kleine Juweliere, die Ringe aus Recycling-Gold schmieden“, sagt Sabrina Tietz. Möglich ist es auch, alten Familienschmuck einzuschmelzen. Schönen und vor allem fairen Schmuck bieten etwa das Atelier Dosch sowie Wiebke und Jan Goos.
10. Geschenke
Klar, als Gast will man dem Brautpaar eine Freude machen. Und wer überreicht schon gerne einen schnöden Umschlag mit Geld? Das ist doch überhaupt nicht romantisch ... Dafür aber nützlich! Und die meisten Hochzeitspaare freuen sich wirklich über das unpersönliche Geld, denn Hochzeiten sind häufig teuer. Also: Traut euch und schenkt einfach nur Geld. Ohne Schischi und Trara. In einem Umschlag. Aus Altpapier.
Damit das Brautpaar nicht unzählige selbst gebastelte Erinnerungsbilder rund um den Hochzeitstag bekommt, empfiehlt es sich bei Geschenken und anderen Hochzeitsüberraschungen, dass die Gäste sich untereinander absprechen. Denn mal ehrlich, ja, der Hochzeitstag ist etwas Besonderes, aber möchtet ihr zehn Bilder in eurer Wohnung hängen haben, auf denen eure Namen und das Hochzeitsdatum stehen? Eine (digitale) Hochzeitsliste mit Wünschen hilft den Gästen ebenfalls nur etwas zu schenken, was auch wirklich gebraucht wird.
11. Kommunikation
Schon auf der Hochzeitseinladung kann man die Gäste darüber informieren, dass die Hochzeit umweltfreundlich gestaltet werden soll. So erspart man sich gut gemeinte Überraschungen à la Konfettiregen. Man kann die Gäste bitten, mit dem Zug anzureisen oder Fahrgemeinschaften zu bilden oder sogar Behälter für übrig gebliebenes Essen selbst mitzubringen.
12. Das Wichtigste zum Schluss
Sich treu bleiben! Und sich nicht durch gesellschaftliche Zwänge oder Traditionen verpflichtet fühlen. Wenn man selbst Vegetarier ist, muss man auf der eigenen Hochzeit kein Fleisch servieren. Wenn einem Nachhaltigkeit wichtig ist, sollte man versuchen, die eigene Hochzeit auch entsprechend zu gestalten. Aber: Bloß nicht unter Druck setzen! Das ist auch der Tipp von Bloggerin Sabrina Tietz. „Man sollte nur so feiern, wie man es möchte. Wenn die Hochzeit nur ein bisschen grüner und nachhaltiger wird, ist das auch schon viel Wert. Es muss nicht die perfekte Öko-Hochzeit werden, kleine Dinge können auch viel ausrichten.“
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