Grün versichert

Nachhaltige Krankenkassen: Woran erkennt man sie?

Auf Herz und Nieren: In diesem Artikel prüft unsere Autorin, was grüne Krankenkassen kennzeichnet, welche Zusatzleistungen überzeugen und wann sich der Wechsel lohnt.

Burger, Bahn, Biogas … Bei allem zählt heute der ökologische Fußabdruck, nur die Krankenversicherungen hatten bisher wenige auf dem Schirm. Die privaten Kassen sind in Sachen Nachhaltigkeit einen Sprung voraus, da sie schon seit Jahren stark im Wettbewerb stehen und zu Transparenz verpflichtet sind. Nun holen die Gesetzlichen auf, denn auch sie spüren zunehmend Konkurrenzdruck. Vorreiter sind Betriebskrankenkassen wie die BKK ProVita, die als erste Krankenversicherung eine Gemeinwohlbilanz veröffentlicht hat, oder die Securvita, die sich durch umfangreiche Kostenübernahme bei Naturheilverfahren von anderen abhebt. Neuester Anreiz für grünere Kassen ist der Deutsche Nachhaltigkeitspreis, der dieses Jahr im November erstmals nach Branchen vergeben wird, einer auch für Krankenkassen.

Welche Kriterien gelten für grüne Krankenkassen?

Nominiert sind neun Kassen, darunter sechs gesetzliche: AOK-Baden-Württemberg, Barmer, BKK VBU, BKK ProVita, BKK Pronova und Deutschlands größte, die Techniker Krankenkasse. Eine Begründung zur Nominierung gibt die Website allerdings nicht. Welche Kasse wo und wie grün ist, kann man jedoch auf dem Vergleichsportal Krankenkasseninfo nachlesen. Verschiedene Krankenversicherungen erläutern hier, wie sie ihren Beitrag zur Klimaneutralität leisten wollen – zum Beispiel mit einem ökologischen Fuhrpark, der klimaschonenden Umrüstung von Gebäuden oder einer umweltfreundlichen Verwaltung. Dazu zählt der Einsatz von Umweltpapier ebenso wie Green Hosting, also ein energiesparendes Onlineangebot: Je komplizierter eine Webseite gebaut ist und je größer die Bilddateien, umso mehr Energie verbraucht sie beim Aufruf. Vergleicht man dabei die verschiedenen Krankenkassen, zeigt sich, dass die für den Nachhaltigkeitspreis Nominierten schon länger auf einem grünen Weg sind.

Checkliste grüne Krankenkasse

1. Umweltengagement
Welche Zertifikate oder Auszeichnungen hat die Kasse? Wie steht es um die Förderung umweltfreundlicher Mobilität der Mitarbeitenden, nachhaltige Architektur bei Neubauten, Engagement für nachhaltige Ernährung in Kantinen und Kitas?

2. Öko-Strom
Bezieht die Kasse diesen?

3. Grünes Geld
Hat die Krankenkasse eine grüne Bankverbindung und/oder Geldanlage?

4. Alternativmedizin
Werden die Kosten dafür übernommen? Darunter etwa TCM, Akupunktur, Osteopathie, anthroposophische Medizin, Chiropraktik, Homöopathie.

5. Zusatzleistungen
Welche bietet die Krankenkasse? Dazu zählen Reise-Schutzimpfungen, professionelle Zahnreinigung oder Geburtsvorbereitungskurse, die Lebenspartner miteinschließen.

6. Telemedizin
Gibt es die Möglichkeit, Online-Diagnosen und -Sprechstunden in Anspruch zu nehmen, um Fahrtwege zu sparen?

7. Green Hosting
Erkennbar am energieeffizienten Webseiten-Design.

Auch für Cordt Würdemann sind die beim Deutschen Nachhaltigkeitspreis nominierten Kassen grüne Vorreiter. Würdemann hat sich auf die Beratung zu nachhaltigen Krankenkassen und Versicherungen spezialisiert, deren sozio-ökologisches Engagement er seit zehn Jahren beobachtet. Dabei vergleicht Würdemann gesetzliche Krankenkassen nach verschiedenen Gesichtspunkten, darunter Zusatzbeitragshöhe, Umweltmanagementsystem, Öko-Strom, grüne Bank, aber auch Zusatzleistungen wie die Übernahme von Naturheilverfahren oder professioneller Zahnreinigung, Kinderbonus und Telemedizin.

Wie findet man die passende Krankenversicherung?

Die individuelle Entscheidung für Mitglieder bestehe meist aus den drei Bausteinen „Preis, Leistung, Moral“. Das Kriterium der Nachhaltigkeit ist dabei laut Würdemann nicht klar definiert. Nach seiner Beobachtung stufen viele Menschen „eine Kasse, die Naturheilverfahren bezahlt, als besonders nachhaltig ein“. Für jene sei vor allem die Securvita interessant. Bezogen auf das Umweltmanagement hält er die BKK 24 für die „grünste Kasse“, sie lasse sich schon seit 2012 für ihr Umweltmanagement zertifizieren, beziehe Öko-Strom, habe stromfressende PCs abgeschafft, bezuschusse ein Jobticket und ein Dienstfahrrad. Die BKK VBU wiederum überzeuge durch ihr Leistungsspektrum. Im Bereich Impfung etwa leiste sie mehr als andere, zahle „nicht nur jene nach der Stiko-Empfehlung, sondern auch, was der Arzt empfiehlt“. Besonderes Plus der BKK ProVita seien ihre Leistungen für Veganer:innen. Zudem verfügt sie neben der Securvita als einzige über eine grüne Bankverbindung und grüne Geldanlagen.

Es wird Zeit, dass nun auch die großen Gesetzlichen nachziehen wie die AOK Baden-Württemberg mit 4,6 Millionen Versicherten oder die TK mit 9,2 Millionen. Schließlich ist der Gesundheitssektor mit fünf Prozent am deutschen CO2-Ausstoß beteiligt, betont die Stiftung des Deutschen Nachhaltigkeitspreises. 73 Millionen Versicherte könnten in Deutschland mit ihren derzeit 93 gesetzlichen Krankenkassen eine Menge bewegen in puncto Umweltschutz.

Wie funktioniert der grüne Wechsel?

Vor einem Krankenkassen-Wechsel schrecken offenbar viele Versicherte noch zurück, bei manchem mag es die Bequemlichkeit sein, bei anderen die Sorge, dass bereits laufende Therapien oder Verordnungen nicht übernommen werden. Doch was bereits genehmigt ist, muss auch die Folgekasse zahlen. Wenn die Nachhaltigkeit stimmt und auch die Zusatzleistungen attraktiv sind, kann das ein guter Grund zum Wechseln sein. Seit 2022 ist das so leicht wie beim Stromversorger. Ändert sich die Gehaltseinstufung oder geht man in Rente, kann man sofort wechseln, ansonsten nach zwölf Monaten Mitgliedschaft. Die Kündigungsfrist beträgt dabei zwei Monate und ein Kündigungsschreiben ist nicht nötig. Denn nach dem Mitgliedsantrag bei der Wunschkasse kümmert sich diese um den Rest.

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