Leben

Familienmanagement leicht gemacht

Lena brüllt wie am Spieß, Tim verzweifelt an seinen Dreisatzaufgaben und Jakob muss sofort zum Sport gefahren werden. Karin seufzt und massiert sich die Schläfen.

Der ganz normale Wahnsinn, jeden Tag aufs Neue. Mal ehrlich: Würden Sie einem Freund oder einer Freundin raten, einen Job ohne feste Arbeitszeiten, Urlaub oder Feierabendregelung anzunehmen, für den es weder eine klare Stellenbeschreibung noch gerechte Entlohnung, doch dafür tägliche Wechselbäder in Emotionen gibt? – Wohl kaum.

Heutige Familienarbeit gleicht allzu oft einer einsamen Jongliernummer mit unzähligen Bällen. Wer versucht, im Alleingang familiäre, partnerschaftliche, berufliche und persönliche Ansprüche unter einen Hut zu bringen, reibt sich gnadenlos auf. Gerade die Mütter und Hausfrauen, die noch immer den Löwenanteil der familiären Aufgaben bewältigen, zögern jedoch, um Hilfe zu bitten oder Mann und Kinder mit ins Boot zu nehmen. Schließlich arbeiten sie ja gar nicht „richtig“. Und nehmen so weder sich selbst noch ihre Aufgaben oder die wertvollen Hilfsangebote der Familie wirklich ernst.

Ein Blick über den häuslichen Tellerrand kann da oft Wunder wirken. Die innere „Beförderung“ zur Familienmanagerin entstaubt eingefahrene Denkweisen und erlaubt eine professionellere Sichtweise auf die Arbeit zu Hause. Wer managt, legt Ziele fest und entwickelt Methoden, um sie umzusetzen. Fortbildungen sind selbstverständlich, Aufgaben lassen sich nach klaren Absprachen delegieren. So könnte Karin, die Mutter von Lena, Tim und Jakob, guten Gewissens die nette ältere Nachbarin bitten, Lena im Kinderwagen eine Stunde spazieren zu schieben, damit sie wieder einschläft. Dann erzählt sie Jakob von ihren Kopfschmerzen, die durch eine Autofahrt unter Zeitdruck bestimmt nicht verbessert würden. Der organisiert jetzt eine Mitfahrgelegenheit bei seinem Freund.

Prioritäten setzen

Tim hat Priorität, denn er braucht eine konzentrierte Zuhörerin, um über seine Befürchtungen wegen der bevorstehenden Mathearbeit sprechen zu können. Als sich seine Denkblockade gelöst hat, fallen ihm die Lösungswege von ganz alleine ein. Karin geht es ähnlich, denn auf einmal hat sie den Kopf frei, um sich über ein paar wichtige Maßnahmen zur Arbeitserleichterung Gedanken zu machen:

Staubsauger, Bügeleisen, Wasch- und Spülmaschine, Herd, Wäschetrockner und Tiefkühler sollten auf dem neuesten technischen Stand sein. Das erleichtert die Hausarbeit und schont auch die Umwelt. Die zentrale Platzierung der Arbeitsmittel, am besten in einem Hauswirtschaftsraum, spart Kraft und Nerven und die Kleinen bleiben in der Nähe, wenn Mutter oder Vater in Sachen Hausarbeit tätig sind. Wer die Wäsche im Keller wäscht, auf dem Speicher aufhängt und im Wohnzimmer bügelt, muss sich über zusätzlichen Stress nicht wundern!

Auch lange Transportwege außer Haus fressen Energie und kosten Nerven. Idealerweise sind Lebensmittelgeschäft, Krippe, Kindergarten, Schule und am besten noch der Kinderarzt in erreichbarer Nähe. Das fördert die Selbstständigkeit der Kleinen und entspannt, auch wenn die Zeit mal knapp ist.

Nobody is perfect

Familienmanager sind keine Perfektionisten – sie planen Puffer für Unvorhergesehenes mit ein. Für Stresszeiten lagern tiefgekühlte Notrationen in der Truhe. Chaos ist normal, Ordnung ist ein dynamisches Geschehen. Nicht aufgeben, sondern Aufgaben abgeben.

Die Wäsche wird bei Bedarf kurzfristig außer Haus erledigt. Eine Putzfrau bringt die Wohnung auf Vordermann, während die Mutter in der Krabbelgruppe wichtige „Geschäftskontakte“ knüpft. Großeltern, Tagesmutter, Kinderkrippe oder Kindergarten nehmen die Kleinsten in ihre Obhut und ermöglichen so konzeptionelle Freiräume.

Dialog auf Augenhöhe

Allianzen mit anderen Familienunternehmen, am besten in der Nachbarschaft, bringen Synergieeffekte, vom füreinander Kochen bis hin zur abwechselnden Beaufsichtigung der Kinder und gemeinsamen Freizeitaktivitäten. Solche Maßnahmen auf der Haushaltsebene sind jedoch nur der Anfang. Richtig spannend wird es, wenn Eltern und Kinder „auf Augenhöhe“ über gemeinsame Familienziele diskutieren, vom wöchentlichen Hausputz bis zum geplanten Umzug oder dem Sommerurlaub. Denn in einem Team wird keiner „überfahren“, jeder leistet seinen ganz speziellen Beitrag. Dabei hilft gegenseitiger Respekt und das passende Kommunikationsmodell, wie zum Beispiel die „Familienkonferenz“ nach Thomas Gordon (siehe Kasten).

Ein Familienunternehmen

Der Angestellte in dem Fernseh-Werbespot fragt abschätzig: „Und Ihr Beruf? Oder sind Sie nur …?“ Die angesprochene Frau fällt ihm selbstbewusst ins Wort: „Ich arbeite in der Kommunikationsbranche – und im Organisationsmanagement. Außerdem gehören Qualitätssicherung, Nachwuchsförderung, Forschung, Mitarbeitermotivation und Rechtsprechung zu meinen Aufgaben.“ Im Hintergrund laufen Bilder aus dem Familienalltag ab. Und als sie zu ihrer Kernaussage kommt: „Ich leite ein erfolgreiches kleines Familienunternehmen“, ist dem Zuschauer längst klar: Sie ist Hausfrau.

Gordon Training

Das Gordon Familientraining ist ein Programm für Eltern, die ihren Kindern Selbstvertrauen und Eigenständigkeit vermitteln wollen. Zentrale Punkte sind „Aktives Zuhören“, bei dem die Aussagen des anderen durch Wiederholen zurückgemeldet werden. Durch „Ich-Botschaften“ teilt man die eigenen Probleme mit. Und die „Konfliktlösung ohne Niederlage“ ermöglicht die Zusammenarbeit von Kindern und Eltern auf Augenhöhe, um einen Konflikt, der durch aktives Zuhören und Ich-Botschaften erst als solcher verstanden wurde, konstruktiv zu lösen.

www.gordonmodell.de

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