Leben

Barfuß laufen: Wie gesund ist es wirklich?

Öfter mal die Schuhe ausziehen tut den Füßen gut. Das Barfußlaufen ist sozusagen das Urmodell, an dem gute Schuhfabrikanten und Designer ihre Produkte ausrichten.

Treter weg und rein in den Matsch. Das macht nicht nur Kindern Spaß, sondern ist auch für Eltern eine Wohltat. In Bad Sobernheim dürfen sie das. Dort oben auf dem Hunsrück liegt Deutschlands erster und längster Barfuß-Pfad. 3.500 Meter Abenteuer für die Füße:

  • Sand – passt sich an,
  • Kieselsteine – rund und hart,
  • Gras – kitzelt,
  • Lehm – feucht und nachgiebig,
  • Rindenmulch – bröselig und warm,
  • Schlamm – quietscht durch die Zehen.

Auf diesen 3,5 Kilometern entlang der Nahe lernt der Besucher seine Füße neu kennen. Er spürt die verschiedenen Bodenbeschaffenheiten, empfindet Wärme, Kühle, Hartes oder Weiches und kann über eine Furt auf die andere Seite des Flusses gelangen eine erfrischende Abwechslung. Auch wenn man nicht weiß, welche Fußreflex-Zonen welches Organ stimulieren: der Barfuß-Pfad tut einfach gut.

Barfußlaufen ist die ursprüngliche Fortbewegungsform des Menschen. „Natürliches Gehen auf natürlichen Böden am besten ohne Schuhe“, sagt Professor Rüdiger Krauspe. Der Direktor der Orthopädischen Uniklinik in Düsseldorf und Vorsitzender der Vereinigung für Kinderorthopädie gibt allerdings zu bedenken, dass es in unserer Welt kaum noch „natürliche Böden“ gibt. Darum sei es im normalen Alltag durchaus angemessen, Schuhe zu tragen: „Die haben einfach eine Schutzfunktion, bewahren uns vor Schmutz und Verletzungen.“ Wiese, Strand und Watt dagegen sind ideal fürs Barfußlaufen. Hier sollte man die Schuhe ausziehen, empfiehlt der Wissenschaftler. „Dadurch werden die kurzen und langen Muskeln der Füße trainiert, die im Schuh nicht gefordert werden und daher zu verkümmern drohen.“

Abrollen auf beweglichen Sohlen

„Ausreichend bewegliche Sohlen“, fordert Krauspe, „denn die Abrollfunktion des Fußes muss erhalten bleiben.“ Außerdem muss die Ferse im Schuh guten Halt finden. Der Fuß soll beim Gehen weder raus und rein rutschen noch zur Seite wackeln können. Wichtig ist zudem ein dämpfender Absatz – zum Beispiel eine Gummi- oder Kreppsohle. Und: Die Zehen sollten genügend Spiel haben: Wenn beim Schuhkauf die Größe bestimmt wird, empfiehlt sich vorne eine Bewegungsfreiheit von etwa einer Fingerbreite Platz.

Ballengang im Barfußschuh

Barfußschuhe schützen die Füße vor Verletzungen und Witterung und sollen den natürlichen Bewegungsablauf unterstützen. Für wen sind sie geeignet? Und gibt es nachhaltige Barfußschuhe?

Sind Barfußschuhe gesund?

Spitze und zu schmale Schuhe sind Gift für die Füße.

Rüdiger Krauspe, Orthopädische Uniklinik Düsseldorf

Wie verhält sich die Mode zu den Idealen der Orthopäden? Nicht immer harmonisch. „Spitze und zu schmale Schuhe sind Gift für die Füße“, sagt Krauspe.

Dass Jugendliche ihre Sportschuhe in letzter Zeit nicht richtig schnüren, sondern darin rumschlappen, hält der Professor für weniger problematisch: „So werden sogar die Fußmuskeln gefordert, die sonst nur beim Barfuß-Gehen trainiert werden.“

Allerdings gibt er bei Turnschuhen einen Tipp: „Nach vier, fünf Stunden sollte man die Schuhe ausziehen und sie trocknen lassen.“ Zwei Paar Turnschuhe, die man regelmäßig wechselt, verhindern, dass die Füße ständig zu feucht sind. „Haut nimmt Fremdstoffe auf. In schlecht belüfteten Schuhen können sich Bakterien rasend schnell vermehren. So kann es bei Fußverletzungen schnell zu Entzündungen kommen“, warnt Krauspe.

Wichtig für Tragekomfort und Hygiene ist das Material des Schuhs. „Leder hat einfach die beste Formstabilität und Tragehygiene“, sagt Peter Schultheis vom Prüf- und Forschungsinstitut für die Schuhindustrie in Pirmasens. Er hat mithilfe eines Klima-Simulators, der Wärme und Feuchte im Schuh nachbildet, verschiedene Materialien systematisch untersucht und bewertet. Auch Professor Rüdiger Krauspe ist überzeugt: „Luftdurchlässigkeit ist das A und O. Im Sommer sind deshalb auch Leinenschuhe okay.“ Und Professor Steiner von der Fachhochschule Pirmasens betont, dass zumindest die Decksohle, also die Unterlage, auf der der Fuß im Schuh direkt steht, auf jeden Fall aus Leder sein soll.

Hohe Absätze: Pro und Kontra

Sind höhere Absätze schädlich? Darüber gehen die Meinungen auseinander. „Ein Fuß auf dem Naturboden“, so Konrad Weißler vom Deutschen Schuhinstitut, „steht mal auf einer Erhöhung, mal in einer Senke. Es gibt da einen ständigen Wechsel. Insofern ist ein leichter Absatz bis zwei Zentimeter okay, wenn im Laufe des Tages auch mal ganz flache Schuhe angezogen werden.“ „Kein Absatz!“, fordert dagegen Peter Schultheis, denn mit zunehmendem Absatz werde das Gewicht auf den Ballen verteilt und das Quergewölbe des Fußes auseinander gedrückt.

Die häufigste Sünde: zu kleine Schuhe

Füße brauchen Raum und frische Luft – und gute Schuhe geben ihnen beides. Gesunde Füße vertragen auch spitze Modeschuhe – gelegentlich, aber nicht als Dauerlösung. Und groß genug gekauft ist der spitze Schuh gar nicht so eng. Hingegen ist alles umsonst, wenn aus der Gesundheitssandale vorne die Zehen rausschauen oder die Füße seitlich auf den erhöhten Rändern stehen.

Weitere Infos zu Barfußparks in Deutschland:

Verzeichnis der Barfußpfade und Barfußparks in Deutschland
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