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Stecken hier Grillen drin?

Burger mit Buffalowürmern, geröstete Grillen mit Chili. Vier Insekten sind bisher in Deutschland als Lebensmittel zugelassen. Doch gilt das auch für Bio? Wir klären auf. 

„Pro Person 30 Maikäfer ohne Flügel und Beine im Mörser zerstoßen; in Butter anrösten und mit Hühnerbrühe aufgießen. Suppe passieren, mit Mehlschwitze und Eigelb binden und mit geröstetem Weißbrot servieren.“ Bis Mitte des 20. Jahrhunderts wurde die geschmacklich an Krebssuppe erinnernde Maikäfersuppe in Deutschland und Frankreich vor allem von ärmeren Leuten gegessen. Und noch heute stehen Insekten für rund zwei Milliarden Menschen regelmäßig auf dem Speiseplan – die meisten davon in Asien, Afrika und Lateinamerika. Die Auswahl geht dabei weit über den Maikäfer hinaus.

Es gibt über zweitausend dokumentierte, essbare Insektenarten, darunter vor allem Käfer, Raupen, Heuschrecken und Wanzen. In den europäischen Küchen sind die Maikäfersuppentage allerdings längst gezählt und Insekten meist als lästiges, unhygienisches Ungeziefer abgestempelt. Das könnte sich jedoch wieder ändern. Denn obwohl sich die meisten beim Gedanken an die fliegenden, krabbelnden und sich windenden Tierchen eher den Kammerjäger als einen Koch herbeiwünschen, könnten Insekten unsere Ernährung nachhaltiger machen.

Anfang dieses Jahres wurde das vierte Insekt in der EU als Nahrungsmittel zugelassen. Manche fragen sich: Aber ist das nicht ungesund? Werden die Tiere uns womöglich bereits als billige Ersatzzutat untergejubelt? Welche Vorschriften gibt es bei ihrer Aufzucht? Und gibt’s Insekten auch in Bio? Wir beantworten häufig gestellte Fragen rund um Maden, Käfer, Mehlwürmer & Co. – auf dem Teller und im Futtertrog.

1. Was spricht für Insekten im Essen?

Kulinarische Bereicherung hin oder her – wirtschaftlich und ökologisch gesehen scheint die Verwendung von Insekten als Lebensmittel vielversprechend. Sie wachsen und vermehren sich schnell, brauchen nur wenig Platz, sind nährstoffreich und klimafreundlich. Genügsam sind die Tierchen ebenfalls: Sie brauchen nur wenig Wasser und verwerten Futter wesentlich effizienter als andere Nutztiere. Während Rinder acht Kilogramm Futter brauchen, um ein Kilo Fleisch aufzubauen, benötigen Insekten dafür nur ein Viertel der Futtermenge. Auch ihr essbarer Anteil ist mit durchschnittlich 80 Prozent sehr hoch – und ihr CO₂-Fußabdruck ist ganze 99 Prozent geringer als die Rinderzucht.

2. Ist der Verzehr von Insekten sicher?

Die gesundheitlichen Risiken beim Verzehr von Speiseinsekten werden bislang als gering eingeschätzt. Allerdings mangelt es noch an Forschung – zum Beispiel dazu, ob Grillen, Mehlwürmer & Co. Krankheiten auf den Menschen übertragen können. Da Insekten schädliche Bakterien und Parasiten enthalten könnten, ist es in jedem Fall empfehlenswert, die Tiere nur in gekochtem Zustand zu konsumieren. Allergiker sollten allerdings vorsichtig sein. Denn Insekten können ähnliche allergische Reaktionen auslösen wie Hausstaubmilben, Krebs- und Weichtiere.

3. Welche Insekten sind für den Verzehr zugelassen?

Insekten gelten in der EU als neuartiges Lebensmittel. Daher müssen sie einige bürokratische Hürden überwinden, bis sie auf unseren Tellern landen dürfen. Vor jeder Zulassung erfolgt gemäß der Novel-Food-Verordnung eine Risikobewertung. Bislang haben diese erst vier Insekten erfolgreich absolviert: der Mehlwurm, die Wanderheuschrecke, die Hausgrille – auch Heimchen genannt – und die Larven des Getreideschimmelkäfers (Buffalowürmer). Für sie alle wurden zudem je Lebensmittelkategorie Höchstgehalte festgelegt: 100 Gramm Mehrkornbrötchen dürfen demnach maximal 30 g Mehlwurm enthalten. Es gibt allerdings eine Grauzone: andere Insekten, die schon vor Inkrafttreten der Novel-Food-Verordnung 2018 auf dem Markt waren. Sie dürfen, solange nicht gegen ihre Zulassung entschieden wird, weiterhin verkauft werden.

Insekten-Kulinarik aus aller Welt

  • In Thailand meist im Wok gebratene Wanzen erinnern geschmacklich an Garnelen.
  • Australien: Bei den Aboriginals sind Honigtopfameisen eine beliebte Süßigkeit.
  • In Nigeria werden Heuschrecken geräuchert, getrocknet oder gebraten und mit Pfeffer, Salz und Curry gewürzt.
  • Kamerun: Hier werden Termiten als Mehl in Kuchen verbacken oder ganz mit Salz, Pfeffer, Tomaten und Zwiebeln serviert.
  • In Mexiko sind gekochte Ameisenlarven mit Knoblauch eine teure Vorspeise. Dazu passend: Agavenschnaps, in dem ein Mezcal-Wurm schwimmt.
  • In Kolumbien werden „Hormigas Culonas“ – Ameisen mit dickem Hinterteil – gebraten und als Popcorn-artiger Snack verzehrt.
  • In Japan sind Wespenlarven – roh, gekocht oder gebraten – eine Delikatesse.

4. Müssen Insekten deklariert werden?

Gefroren, getrocknet, pulverförmig oder als Paste: Bisher werden Insekten in Europa vor allem als Backzutat, in Snacks, Proteinriegeln und Burger-Patties verwendet. Wer befürchtet, dass die Tierchen unbemerkt beigemischt werden, darf aufatmen. Auf jedem Produkt, das Insekten enthält, müssen der deutsche und lateinische Name, die Zubereitungsform sowie Allergiehinweise klar ersichtlich sein. Für den Verzehr sind nur teure Zuchtinsekten zugelassen. Ihre heimliche Verwendung wäre für die Hersteller nicht nur rechtswidrig, sondern auch unwirtschaftlich. Die Herkunft der Insekten muss nicht deklariert werden, doch es gibt Einschränkungen: Jenseits der EU sind bisher nur Importe aus Kanada, der Schweiz, Südkorea, Thailand und Vietnam erlaubt.

5. Sind Insekten in Bio-Lebensmitteln erlaubt?

In der EU-Bio-Verordnung gibt es noch keine spezifischen Vorschriften für die Zucht und Verarbeitung von Insekten. Es ist jedoch zu erwarten, dass diese 2024 verabschiedet werden. Erst dann können Insekten in der EU bio-zertifiziert werden. Da EU-Bio-Produkte jedoch bis zu fünf Prozent konventionelle Zutaten enthalten dürfen, könnten das theoretisch auch Insekten sein. Das müsste allerdings gekennzeichnet werden. Naturland hat sich schon mit dem Thema Insekten auseinandergesetzt und 2019 eine eigene Richtlinie zur ökologischen Zucht, Haltung, Fütterung und Tötung der Tiere verabschiedet. Der Bio-Verband hatte dabei allerdings weniger die menschliche, sondern die tierische Ernährung im Blick.

Insekten: viel Eiweiß, wenig Abfall


  • Mehlwürmer können komplett verzehrt werden, der essbare Anteil von Heimchen und Heuschrecken liegt bei 80 Prozent. Bei Schweinen, Rindern und Hühnern ist hingegen nur rund die Hälfte des Tieres essbar.
  • Speiseinsekten sind proteinreich. Mehlwürmer (gefriergetrocknet) enthalten beispielsweise rund 50 Prozent Eiweiß.
  • Insekten liefern auch B-Vitamine und ungesättigte Fettsäuren. Relevante Mineralstoffe sind mitunter Kupfer, Eisen, Magnesium, Mangan, Selen und Zink.
  • In der Natur leben Insekten üblicherweise auf engem Raum und nicht immer unter den hygienischsten Bedingungen. Sie sind also ziemlich robust. Daher kann auch bei ihrer Zucht weitgehend auf Antibiotika und andere Medikamente verzichtet werden.

6. Sind Insekten als Bio-Tierfutter erlaubt?

Im Gegensatz zu ihren konventionellen Kolleg:innen dürfen Bio-Tierhalter:innen Schweinen, Hühnern und Fischen keine synthetischen Aminosäuren ins Futter mischen. Im Moment behelfen sich Bio-Tierhalter mit Ölkuchen aus Pflanzen wie Soja oder Raps. Bio-Insekten könnten eine gute Alternative sein. Doch dazu müssten erst die gesetzlichen Rahmenbedingungen für eine Bio-Zucht in der EU geschaffen werden. Wichtig dabei: Für die Fütterung der Insekten sollten auch Reststoffe wie Lebensmittelabfälle eingesetzt werden dürfen, die nicht in Konkurrenz zu Lebensmitteln für den menschlichen Verzehr stehen. Aus hygienischen Gründen ist das auch in der konventionellen Insektenzucht noch nicht zulässig.

7. Wie artgerecht ist die Zucht von Insekten?

Nach aktuellem Forschungsstand können auch Insekten Schmerzen empfinden. Umso bedenklicher, dass es in Deutschland für ihre Haltung und Tötung noch keine Vorschriften gibt. Der Naturland-Verband hat mit seiner Richtlinie schon einen Vorstoß gemacht. Diese schreibt etwa arttypische Besatzdichten und Haltungsbedingungen, ökologisches Futter sowie eine zügige Tötung durch Schockgefrieren, Heißdampf oder kochendes Wasser vor. Und sie untersagt die Verwendung von Antibiotika, Hormonen und chemisch-synthetischen Arzneimitteln.

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