Staunend stehen Johanna und ihr Papa Herbert vor dem Regal mit den Saaten-Tütchen. So viel Auswahl: Azukibohnen, Bockshornklee, Brokkoli, Buchweizen…. Was sollen sie da nur nehmen? Für Anfänger eignen sich besonders Alfalfa, Rettich, Radieschen, Mungobohnen oder Linsen. Da ist der Erfolg am sichersten. Kinder mögen am liebsten Alfalfa oder Rotklee. Das schmeckt schön mild. Mild? Mag die Johanna aber nicht. Sie greift nach den Radieschensamen, denn wie die roten Knollen schmecken, das weiß sie. Und die Mungobohnen nimmt sie, weil sie so schön grün sind.
Eigentlich ist die Auswahl im Naturkostladen noch viel größer. Denn aus den Linsen und Kichererbsen im Nebenregal und auch aus dem Weizen, der einige Schritte weiter gleich kiloweise angeboten wird, könnten ebenfalls Keimlinge gezogen werden. Zumal sie das Bio-Siegel haben, also nicht mit Keimhemmern behandelt wurden. Der Vorteil der Keimsaaten aus den kleinen Päckchen: Sie wurden so sorgfältig geerntet und verpackt, dass kaum ein Körnchen verletzt ist. Aus fast allen kann also noch ein Spross entstehen. Außerdem gibt es hinten auf dem Päckchen die Anleitung zum Keimen.
Keimen für Anfänger: Was ihr braucht
Wieder daheim, machen sich die beiden gleich ans Küchengärtnern. Johanna füllt je zwei Esslöffel Mungobohnen und Radieschensamen in zwei Schüsselchen und gießt handwarmes Wasser darüber. Deckel darauf und dann warten auf die Überraschung. Die ist erst einmal bescheiden: Die Samen sind am nächsten Morgen nur ein bisschen dicker als vorher, weil sie ordentlich Wasser geschluckt haben.
Braucht man ein Keimgerät zum Sprossenziehen?
Ein Keimgerät gibt es noch nicht im Haushalt. Für den Anfang tun es auch zwei Einmachgläser mit etwas luftdurchlässigem Stoff als Deckel. Johanna darf die eingeweichten und wieder mit handwarmem Wasser gespülten Samen vorsichtig ins Glas klopfen. Das wird mit Hilfe von Stoff und einem Gummiring verschlossen, dann kopfüber schräg gestellt, damit restliches Wasser gut ablaufen kann und genügend Luft daran kommt. Wieder heißt es: warten. Was sich jetzt im Inneren der winzigen Körnchen tut, lässt sich von außen nur schwer erahnen. Wasser, Zimmerwärme, Sauerstoff und Licht wecken die kompakt im Samen gespeicherten Vorräte für das Pflanzenwachstum aus einer Art Winterschlaf. Stärke wird in Traubenzucker zerlegt, Eiweiß in Aminosäuren gespalten, Fette abgebaut, um Energie fürs Wachsen zu bekommen. Die Menge an Vitaminen, Ballast- und Mineralstoffen wächst beträchtlich.
6 Tipps fürs Sprossen ziehen
- Samen waschen und je nach Sorte bis zu zwölf Stunden in handwarmem Wasser einweichen.
- Eingeweichte Samen mit klarem Wasser abspülen. Dann gleichmäßig im Keimgerät verteilen.
- Manche Sorten keimen lieber im Dunkeln, andere bevorzugen Licht.
- Direkte Sonneneinstrahlung tut keiner Sprosse gut, dafür aber Temperaturen zwischen 18 und 22 Grad Celsius.
- Zweimal täglich mögen die Keime eine kurze Dusche.
- Rettich- oder Radieschensamen zwischen andere Samen gestreut, verhindern mit ihren antibakteriellen Wirkstoffen die Schimmelbildung.
Wann sollte man Sprossen ernten?
Dass sich etwas tut, kann Johanna rasch sehen: Schon am ersten Abend sind die Mungobohnen so dick, dass einige platzen und unter der grünen Schale ein elfenbeinfarbenes Unterkleid hervorspitzelt. Aus den rötlichen Radieschensamen wagen sich bereits erste Würzelchen. Essbar sind die Sprossen, sobald sie sich zeigen – mitsamt dem Kern. Etwas mehr Geduld belohnen Alfalfa, Linsen und Co. mit hohen Erträgen: Wer einen Esslöffel Samen sät, kann bis zu fünf Esslöffel Keimlinge ernten. Da macht das Warten Spaß. Trotzdem empfiehlt es sich, immer mal wieder zu probieren und vorsichtshalber auch noch mal auf der Packung nachzuschauen. Manche Sprossen, Bockshornklee oder Kichererbsen etwa, werden nach einiger Zeit bitter. Bei den anderen ist die Ernte Geschmackssache: Die einen mögen es milder und ernten früher, die anderen lassen ihren Sprossen Zeit, intensiveres Aroma zu entwickeln.
Johanna und Herbert ernten nach vier Tagen. Herbert kocht mit den Mungobohnen-Sprossen ein chinesisches Wok-Gericht. Johanna häuft ein Türmchen aus Radieschenkeimen auf ihr Käsebrot – so wie sie es wollte, verzieht beim Reinbeißen auch kein bisschen das Gesicht. Obwohl die rötlichen Würzelchen ganz schön scharf sind.
Welche Sorten eignen sich für Sprossen und Keime?
Mungobohnen-Sprossen
Drei bis vier Tage nachdem sie ihre grüne Schale gesprengt haben, schmecken die Mungobohnen-Sprossen optimal: leicht süßlich, ähnlich wie rohe Erbsen und knackig frisch. Vor dem Keimen sollten sie zwölf Stunden einweichen und in den beiden ersten Tagen im Dunkeln wachsen. Mungobohnen schmecken prima im Salat und sind Spezialisten für China-Gemüsepfanne und Frühlingsrolle.
Radieschen-Keimlinge
In der Tüte sehen sie aus wie rötlich-braune Steinchen, aber nach fünf, sechs Tagen mit Wasser, Luft und Wärme schmecken die Keimlinge ganz schön scharf. Es reichen vier Stunden Einweichzeit. Sie sind besonders stark im Kampf gegen Bakterien und Schimmel, und deshalb gute Begleiter für andere Samen im Keimgerät. Radieschenkeimlinge peppen Salat auf und passen gut zu Tomatenbrot.
Senf-Sprossen
Wenn Senfkörner mit Wasser zusammenkommen, entwickeln sie brennende Schärfe und würziges Aroma. Nach einer mindestens dreistündigen Einweichzeit sind die Keimlinge in zwei bis fünf Tagen erntereif. An ihren Würzelchen wächst ein zarter Flaum. Keine Sorge, das ist kein Schimmel. Senfsprossen machen sich gut auf Bratkartoffeln oder im Avocado-Dip.
Sonnenblumen-Keimlinge
Hübsch sind die ovalen Sonnenblumenkerne, mit ihren schwarz-weißen Streifen. Geschält keimen sie aber schneller. Nach mindestens vier Stunden Wässern kann es losgehen. Ein bis vier Tage sollen sie wachsen und lieber zu früh als zu spät geerntet werden. Denn ihr nussig-milder Geschmack schlägt schnell ins Bittere um. Anrösten verstärkt ihr nussiges Aroma. Dann verfeinern sie sogar Desserts.
Weizen-Sprossen
Gekeimte Weizenkörner entwickeln ein süßlich-mildes Aroma. Zwölf Stunden sollten sie Gelegenheit haben, Wasser aufzusaugen, bevor sie ins Keimglas gelangen. Dort reifen sie in zwei bis vier Tagen. Neben den Hauptwurzeln wachsen flaumige Nebenwürzelchen. Wenn die Sprossen gerade mal so lang sind wie das ursprüngliche Korn, machen sie sich gut in Pfannengerichten oder auf saftigen Broten.
Bockshornklee-Sprossen
Schon beim Keimen entwickelt er den charakteristischen Duft, der an Curry erinnert. Kein Wunder, denn ursprünglich gehört er auch in diese Gewürzmischung. Bockshornklee braucht sechs Stunden im Einweichwasser und dann vier Tage im Dunkeln, um richtig auszukeimen. Länger darf es nicht sein, sonst wird er bitter. Die herzhaften Sprossen aromatisieren Reisgerichte und Aufläufe.
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