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Das königliche Gemüse

Von Ende April bis 24. Juni ist Spargelzeit. Einst eine seltene Delikatesse und nur dem Adel vorbehalten, fehlen die saftigen Stengel heute in fast keiner Küche mehr. Doch Spargel ist mehr als nur eine Delikatesse, überzeugend sind auch seine Qualitäten als Naturheilmittel.

Von Ende April bis 24. Juni (Johanni) ist Spargelzeit. Einst eine seltene Delikatesse und nur dem Adel vorbehalten, fehlen die saftigen Stengel heute in fast keiner Küche mehr. Es gibt sie in weiß, violett und grün. Sie schmecken gekocht, aber auch roh. Doch Spargel ist mehr als nur eine Delikatesse, überzeugend sind auch seine Qualitäten als Naturheilmittel.

Schon der römische Dichter und Staatsmann Cato schätzte den Spargel als "Schmeichelei des Gaumens". Ähnlich dachten Elisabeth I. von England und der französische Sonnenkönig Ludwig XIV., die bei Hofe dem Genuß des Luxusgemüses frönten. Heute kann sich dagegen fast jeder Spargel leisten, obwohl er noch immer zu den teuren Gemüsesorten zählt.

Der weiße Spargel steht in der Gunst ganz oben


Vermutlich kam der Spargel aus dem Orient nach Europa. Im Stuttgarter Lustgarten wurde er 1565 erstmals auf deutschem Boden kultiviert. Bis Ende des 17. Jahrhunderts war Asparagus officinalis (lateinischer Name) ausnahmslos grün, erst in der Folgezeit setzte sich allmählich der weiße Bleichspargel durch. Spargel gehört zur Gattung der Liliengewächse. Der Wurzelstock ist ausdauernd, die Pflanze verzweigt bäumchenartig und wird bis zu einem Meter hoch. Die grünlichen Blüten bringen im Spätsommer rote Beeren hervor. Das Hauptinteresse der Gärtner und Verbraucher gilt jedoch den oft mehr als fingerdicken, fleischigen Sprossen, die im Frühjahr aus dem Wurzelstock treiben. An ihren schmalen Spitzen sitzen schuppige Niederblätter, für Genießer sind sie der Gaumenkitzel schlechthin.

Im Bioanbau spielte Spargel lange Zeit keine große Rolle. Inzwischen hat er sich jedoch zum umsatzstärksten Freilandgemüse gemausert. Obwohl grüner Spargel immer beliebter wird, ziehen auch die meisten Naturkostkunden die weißen Stengel vor. Abgesehen von wenigen, nur selten angebauten Sorten wie "Spaganiva" und "Huchels Schneewittchen", die grundsätzlich hellgrüne Stangen und Köpfe ausbilden, ist die Farbe kein Sortenmerkmal, sondern hängt von den Aufzuchtbedingungen und vom Erntezeitpunkt ab. Sobald die noch weißen Spargelspitzen die Erde durchbrechen und Licht auf sie einwirkt, reichern sie Chlorophyll an und färben sich violett (bläulich) bis grünlich. Je früher Spargel also geerntet wird und je weniger Licht er abbekommen hat, desto heller ist seine Farbe. Erst Ende des 19. Jahrhundert kam man auf die Idee, kleine Erddämme anzuhäufeln, um den Lichteinfall und damit die Grünfärbung zu verhindern. Grüner Spargel hingegen wächst auf ebenen Beeten unter voller Lichteinwirkung.

Mühe und lange Anbauzeiten erklären den hohen Preis


Wer Spargel anbauen will, muß den Boden rechtzeitig bestellen und braucht viel Geduld. Intensive Gründüngung und Humusanreicherung sollten der Aussaat vorangehen. Die jungen Pflanzen werden zunächst in Gräben gesetzt, erst später wird die Erde aufgeschüttet. "Die Reihenabstände dürfen nicht zu eng sein, sonst handelt man sich Pilzkrankheiten ein", erklärt Eckhard Reiners, Ressortleiter für den Bereich Landbau bei Bioland. Die Jungpflanzen stehen zwei Jahre unberührt an Ort und Stelle, bevor man im dritten erstmals einen Teil der Stengel ernten kann. Erst im vierten Jahr ist die Pflanze soweit, daß sie die volle Ernte bringt. Sobald die Oberfläche der Hügelbeete Risse zeigt, und die Spitzen durch die Erde zu brechen beginnen, sticht man die ganzen Stengel mit einem Spezialmesser direkt über dem Wurzelstock ab. Diese mühsame Handarbeit ist neben den langandauernden Vorarbeiten einer der Hauptgründe für die hohen Spargelpreise. Traditionsgemäß schneidet man bis zum 24. Juni (Johanni) fast täglich die schnell nachwachsenden Triebe ab. Danach gönnt man dem Spargel eine lange Erholungspause,' ' in der er genügend Nährstoffe im Wurzelstock anreichern kann, um im nächsten Frühjahr wieder kräftig zu treiben. Wer dabei die Grenzen der Natur nicht respektiert, wird den Spargel "kaputtstechen" und die Pflanze vorzeitig erschöpfen, so Reiners.

Einheimische Ware gibt es erst ab Ende April


Konventioneller Spargel ist infolge von Überdüngung oft stark mit Nitrat belastet. Für Bio-Spargel, der ohne Kunstdünger und chemische Spritzmittel heranwächst, stellt sich dieses Problem nicht. Er ist trotz des Mehraufwands nur zehn bis 30 Prozent teurer als konventionelle Ware. Mehr sei den Kunden weder zuzumuten noch zu vermitteln, so die Anbauer von Bio-Spargel. Am besten gedeiht Spargel auf lockeren, sandigen Böden. Er wird in ganz Deutschland angebaut: an der Bergstraße, in der Pfalz, in Niedersachsen, Franken, am Niederrhein und in den neuen Bundesländern. Weil viele den ersten Spargel kaum erwarten können, eröffnet konventionelle Importware regelmäßig bereits im März die Saison. Griechische Ware dominiert inzwischen den deutschen Markt, aber auch spanischer Spargel ist sehr beliebt. Selbst aus Südafrika wird Spargel eingeflogen. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hatte vor einiger Zeit mit der Kapagne "Luftverkehrt" auf diese Unsitte aufmerksam gemacht. Doch solange beim Kunden niedrige Preise und die Möglichkeit bereits im März Spargel zu bekommen zählen, werden Appelle ans ökologische Gewissen kaum Gehör finden. Einheimischer Spargel ist frühestens Mitte April aus Süddeutschland zu haben, im Norden beginnt die Ernte erst im Mai.

Spargel ist günstig bei Gicht, Rheuma und Ödemen


Wegen seiner günstigen Wirkungen auf den Organismus war Spargel bereits vor 3.000 Jahren als Arznei bekannt. Die Chinesen heilten mit Spargel Husten und Geschwüre, die Ägypter kurierten damit Leberleiden und die Griechen setzten ihn vor allem bei Nierenerkrankungen ein, wird berichtet. Warum Spargel gesund ist, kann die moderne Medizin heute recht gut erklären. Er enthält zahlreiche Mineralstoffe und Vitamine wie Provitamin A, Vitamine der B-Gruppe, Vitamin C und E, Folsäure und Biotin. Spargel ist reich an Kalium, das erklärt auch seine entwässernde und entsäuernde Wirkung. In der Volksheilkunde wird seit Generationen auf seine Qualitäten als Blutreinigungsmittel und Diuretikum sowie auf Erfolge bei der Behandlung von Nieren- und Blasenleiden hingewiesen. Auch die verdauungsfördernden Ballaststoffe und das Spurenelement Zink machen Spargel nach Meinung von Medizinern zu einem Lebensmittel mit Heilkräften. Spargel ist kalorienarm, er enthält circa 13 Kilokalorien pro 100 Gramm. Er fördert die Wasserausscheidung, wirkt entschlackend und regt den Stoffwechsel an. Deshalb ist er auch bei Übergewicht, Verstopfung, Rheuma, Gicht und bei Neigung zu Ödemen ein geschätztes Lebensmittel. Grüner Spargel schmeckt übrigens nicht nur herzhafter als weißer, er enthält auch mehr ß-Carotin, Vitamin C und sogenannte Asparaginsäure, einen wertvollen Eiweißstoff.
Wer Spargel ißt, kennt den strengen Uringeruch kurz darauf. Dieser ist auf verschiedene in Spargel vorkommende Schwefelverbindungen zurückzuführen - und völlig normal. Bei empfindlichen Menschen kann der häufige Genuß von Spargel jedoch unerwünschte Hautreaktionen hervorrufen.

Erntefrischen Spargel erkennt man an einer hellen, glatten und saftigen Schnittfläche. Ist sie trocken, verschrumpelt oder gelblich-braun verfärbt, sollte man besser die Finger von der Ware lassen. Die Schuppenblätter sollten möglichst geschlossen sein und angenehm duften. In ein feuchtes Tuch eingewickelt, bleibt Spargel im Kühlschrank etwa drei Tage frisch, längeres Lagern führt zur Verholzung. Roh eingefroren hält er sich rund drei Monate, wer ihn blanchiert, kann die Lagerzeit geringfügig ausdehnen. Gelegentlich werden Spargelspitzen zu Sonderpreisen angeboten. Genaues Hinschauen lohnt sich, denn es könnte alte, überlagerte Ware dahinterstecken, von der lediglich die unteren Enden entfernt wurden.
Spargel sollte ausnahmslos frisch genossen werden. Die wässrigen Stengel aus Dosen und Gläsern sind eigentlich schon wegen des fehlenden Aromas keine ernstzunehmende Alternative. Die herkömmliche Konservenindustrie sieht dies allerdings anders und hat hier ein wichtiges Marktsegment etabliert. Anders die Bio-Branche, die den Trend zu Convenience-Produkten beim Spargel bisher nicht umsetzen wollte.

Ein Genuß - mit und ohne Fleisch


Was die Vielfalt der Zubereitungsmöglichkeiten angeht, sind der Phantasie kaum Grenzen gesetzt. Kurzes Garen in sprudelndem Salzwasser genügt, je nach Stärke der Stengel zwischen fünf und 15 Minuten. Wer die Vitamine schonen will, setzt das Gemüse in kaltem Wasser an. Spargel schmeckt zu Fisch (Krabben, Lachs) und Braten, aber auch vegetarisch: Zu Pellkartoffeln oder zusammen mit Möhrenpfannkuchen, jeweils gewürzt mit einem Kräuterdip, ist er ebenfalls ein Genuß. Auch mit Pilzgerichten läßt sich Spargel servieren. In Stücke geschnitten, kann man ihn Salaten beigeben.

Was viele nicht wissen, Spargel kann auch roh verzehrt werden. Er ist knackig, saftig und - bei guter Qualität - nicht hart. Zumindest dicke weiße Stengel sollten vor dem Verzehr immer geschält werden. Und zwar von oben (unterhalb der Spitzen ansetzen!) nach unten. Grünspargel hat diese Prozedur nicht nötig, er ist auch ungeschält ein Genuß.

Hans Krautstein

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