Vanilleeis im Sommer, Vanillekipferl zu Weihnachten und Vanillejoghurt das ganze Jahr über. Ohne das exotische Gewürz wäre unsere Küche um einige Genüsse ärmer. Die aromatischen Schoten sind so begehrt, dass sie vor einigen Jahren mehr kosteten als Silber. Inzwischen ist der Preis gesunken, doch immer noch ist Vanille nach Safran das teuerste Gewürz der Welt. Warum das so ist, hat mehrere Gründe.
Warum ist Vanille so teuer?
In einer Vanilleschote steckt jede Menge Zeit und Arbeit. Schon das Anlegen einer kleinen Plantage dauert drei bis vier Jahre, in denen sich die immergrüne Kletterpflanze an benachbarten Bäumen hochrankt. Erst dann blüht sie das erste Mal. Ursprünglich stammt die Vanille aus den Urwäldern Mittelamerikas. Dort wird sie von bestimmten Bienen und Kolibris bestäubt. In allen anderen tropischen Gebieten, wo Vanille mittlerweile angebaut wird, fehlen diese Bestäuber – und die Bauern sind gefordert.
Sie müssen dann ein Vierteljahr lang jeden Tag frühmorgens in den Wald zu ihren Vanillepflanzen gehen und die Blüten einzeln mit der Hand bestäuben. Mal sind es 50, an anderen Tagen mehrere Hundert. Neun Monate dauert es, bis sich aus der bestäubten Blüte eine vollreife Schote entwickelt. Dabei zahlt sich Geduld aus, denn in den letzten Tagen der Reifung legen die Schoten deutlich an Qualität zu. Auch die Ernte zieht sich über mehrere Monate hin, in denen die Bauern oft Tag und Nacht ihre Pflanzen bewachen lassen. Denn je höher der Preis für Vanille, desto größer die Gefahr, dass Diebe die Schoten stehlen.
So aufwendig ist die Herstellung von Vanille
Die grünen Schoten haben noch kein Vanillearoma. Das bekommen sie erst durch einen bis zu sechs Monate dauernden Fermentationsprozess, den sie meist in spezialisierten Betrieben durchlaufen. Dort werden die Schoten zuerst für wenige Minuten in 60 bis 70 Grad heißem Wasser blanchiert und kommen dann für bis zu drei Tage in eine mit Baumwolltüchern ausgelegte Kiste zum Schwitzen. Danach trocknen sie zwei bis drei Wochen jeden Tag 45 bis 90 Minuten an der Sonne. Zwei weitere Wochen verbringen sie nur im Schatten. Schließlich werden die inzwischen schwarz fermentierten und getrockneten Schoten in kleine Bündel sortiert und in Wachstüchern eingeschlagen in Kisten gelagert. Dort reifen sie weitere drei Monate.
Erst durch Fermentation entstehen das den Geschmack prägende Vanillin und bis zu 400 weitere Stoffe, die das Vanillearoma abrunden. Hochwertige Vanille weist 1,5 bis 2,5 Prozent Vanillin auf. Fermentiert und getrocknet haben die Schoten nur noch ein Sechstel ihres ursprünglichen Gewichts. Und sie wurden hundert Mal in die Hand genommen. Denn der Prozess lässt sich nicht mechanisieren.
Was ist Bourbon-Vanille?
Jedes Jahr werden weltweit bis zu 3000 Tonnen Vanille produziert. Etwa drei Viertel davon stammen aus Madagaskar. Nur Schoten von dort und den benachbarten Inseln Mauritius, Komoren, La Réunion und Seychellen dürfen sich Bourbon-Vanille nennen. Sie schmecken so, wie Verbraucherinnen und Verbraucher sich Vanille vorstellen: würzig-süß, lieblich, sahnig und ein bisschen nach Karamell. Vanille aus anderen Anbaugebieten weist andere Geschmacksnoten auf: schokoladig in Uganda etwa oder leichte Anisnoten in Indonesien.
So unterstützen Bio-Firmen die Bäuerinnen und Bauern
In Madagaskar existieren mehrere Kooperativen, die FairTrade- und bio-zertifiziert sind. Die meisten Bio-Hersteller kaufen dort oder bei Exporteuren, die deren Vanilleschoten verarbeiten. „Wir arbeiten mit einem zertifizierten und sehr professionellen Importpartner zusammen, der großen Wert auf Nachhaltigkeit legt“, erklärt Annette Haugg, die bei Herbaria den Einkauf leitet. Alleine 30 Menschen seien dort in der Qualitätssicherung beschäftigt. Das Unternehmen verarbeitet auch andere Gewürze und Duftpflanzen der rund 1200 zuliefernden Kleinbauern. Den Bauern gibt das Sicherheit, denn sie sind dadurch nicht so abhängig von der Vanille.
Biovegan hat 500 Bauernfamilien davon überzeugt, mit VanillAMI eine eigene Kooperative zu gründen und exklusiv Vanilleschoten zu liefern. Das Unternehmen hat 17 Trainer eingestellt, um die Bäuerinnen und Bauern beim Anbau zu beraten, und eine Gesundheitsvorsorge aufgebaut. Zudem wurde die Kooperative von der Rainforest Alliance zertifiziert. „Es ist uns ein großes Anliegen, dass wir sowohl den nachhaltigen Bio-Vanilleanbau fördern, als uns auch sozial, ökologisch und ökonomisch bei den Bauern vor Ort in Madagaskar engagieren“, sagt Biovegan-Geschäftsführer Marc Oliver Dittrich.
„Wir legen etwa 20 Prozent drauf.“
Von den Komoren stammt die Bourbon-Vanille von Rapunzel. „Unser Hand-in-Hand-Partner Vaniacom arbeitet mit etwa 220 Kleinbauern zusammen“, berichtet Firmen-Sprecherin Eva Kiene. „Mit den Hand-in-Hand-Zuschlägen haben die Bauern eine eigene Krankenversicherung eingerichtet.“ Der Preis von Bio-Vanille richtet sich – neben der Qualität – nach dem Vanillepreis auf dem Weltmarkt, zu dem noch ein kleiner Bio- und meist auch ein Fair-Trade-Aufschlag hinzukommt. Die Höhe der Zuschläge sei nicht festgelegt, erklärt Kiene. „Wir legen etwa 20 Prozent drauf.“
So viel kostet echte Vanille
Dabei ist Vanille längst nicht mehr so günstig wie vor zehn Jahren. Damals kostete ein Kilo 20 bis 30 Euro und die Bauern bekamen fast nichts für ihre Schoten. Ab 2014 stieg der Preis, 2018 schoss er dann durch die Decke. Zuvor hatte im März 2017 der Zyklon Enawo im Vanille-Anbaugebiet im Nordosten Madagaskars einen Teil der Pflanzen vernichtet. So stand wenig Vanille zur Verfügung, während gleichzeitig die Nachfrage großer konventioneller Lebensmittelhersteller stieg. Denn deren Kundschaft will zunehmend echte Vanille schmecken und nicht synthetisch hergestelltes Vanillin. Hinzu kamen spekulative Aufkäufe und so stieg der Preis auf 600 Euro je Kilo. Gleichzeitig sank die Qualität, weil viele Bauern die Schoten aus Angst vor Diebstahl und einem möglichen Preisverfall zu früh ernteten.
„Wir haben damals unsere Monoprodukte, also ganze Schoten, Pulver und die Vanillemühle, eingestellt“, berichtet Annette Haugg von Herbaria. „Die wären so teuer geworden, das hätten die Kunden vermutlich nicht mehr gezahlt.“ Der Markt sei immer noch „sehr dynamisch“, sagt Haugg, und der Preis ist mit rund 250 bis 300 Euro je Kilogramm Bio-Vanille weiterhin hoch. Das liegt auch daran, dass die Regierung von Madagaskar einen Mindestpreis festgelegt hat, der für jede Vanille ab Hafen zu zahlen ist. Er liegt derzeit bei 250 US-Dollar pro Kilo, das sind etwa 230 Euro. Damit will die Regierung den sogenannten Schweinezyklus durchbrechen. Bisher führte jedes Preishoch dazu, dass neue Pflanzungen angelegt wurden und vier Jahre später große zusätzliche Mengen den Markt fluteten. Die Preise fielen in den Keller und die Bauern zurück in bittere Armut.
Pflanze oder Labor? Woher stammt der Vanille-Geschmack?
Vanillin, der Hauptgeschmacksstoff der Vanille, kann auch synthetisch hergestellt werden. Doch was im Eis oder Pudding enthalten ist, muss genau deklariert werden:
- Kommt der Geschmack aus der Schote, steht Vanille in der Zutatenliste. Für Vanilleextrakt wurden die Geschmacksstoffe aus vermahlenen Schoten extrahiert. Bei einem natürlichen Vanillearoma müssen mindestens 95 Prozent der Geschmacksstoffe aus der Vanille stammen. Vanille, Vanilleextrakt und natürliches Vanillearoma sind für Bio erlaubt.
- Konventionelle Produkte können natürliche Aromen enthalten, die nach Vanille schmecken, jedoch aus pflanzlichen Stoffen gewonnen werden, die nichts mit Vanille zu tun haben. Auch biotechnisch im Fermenter hergestelltes Vanillin zählt dazu. Der Begriff Aroma (ohne natürlich) deutet auf chemisch erzeugtes Vanillin hin.
Warum Bäuerinnen und Bauern so wenig verdienen
Wie real die Gefahr ist, zeigen Arbeiten des Göttinger Agrarwissenschaftlers Hendrik Hänke für Fairtrade International. Die von ihm befragten Bauern bekamen 2018 und 2019 fast 40 Euro für ein Kilo grüne Schoten. 2020, als der globale Vanillepreis auf rund 150 Euro fiel, waren es nur noch 10 Euro pro Kilo. Doch auch der Mindestpreis sorgt nicht automatisch dafür, dass Bauern faire Preise erhalten. Hänkes Zahlen zeigen, dass an den hohen Preisen vor allem Zwischenhändler, Verarbeiter und Exporteure verdient haben. Dabei ist gerade in Madagaskar Vanille oft die einzige Einnahmequelle der Bauern. Hänkes Arbeit benennt auch, was hilft: Bauern, die sich zusammentun und feste Abnahmeverträge abschließen, bekommen mehr Geld – so wie die Lieferanten der Bio-Firmen.
Warenkunden und Projekte von Bio-Firmen: Alnatura, Biovegan, Herbaria, Heuschrecke, Lebensbaum, Naturata, Rapunzel
Die Initiative für nachhaltigen Handel informiert über existenzsichernde Einkommen, nachhaltigen Vanilleanbau und den Kampf gegen Kinderarbeit.
Interview: „Vanille kann nur einmal im Jahr geerntet werden“
Katharina Plogmaker ist Projektleiterin bei der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH in Madagaskar. Im Rahmen des Förderprogramms develoPPP des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung kooperiert sie mit Unternehmen im Vanillesektor.
Vanille ist sehr teuer. Warum können viele Bäuerinnen und Bauern trotzdem kaum von ihrer Ernte leben?
Oft ist das Land der Kleinbäuerinnen und Kleinbauern zu klein, um genügend Ertrag zu erwirtschaften. Hinzu kommt: Vanilleschoten können nur einmal im Jahr geerntet und verkauft werden. Das eingenommene Geld muss also für das ganze Jahr reichen, und das ist schwierig zu planen. Passiert etwas Unvorhergesehenes wie Krankheit, ist das oft eine große Herausforderung.
Das können die Kleinbauern tun, um ihre Situation zu verbessern?
Der Schlüssel zu einer gesicherten Existenz liegt darin, neben Vanille weitere Produkte anzubauen und sowohl fachliches als auch betriebswirtschaftliches Wissen zu vergrößern. Hier setzen wir als GIZ in der Sava-Region im Nordosten Madagaskars an: Gemeinsam mit privaten Unternehmen schulen wir Bäuerinnen und Bauern in BWL und landwirtschaftlichen Techniken. Zudem zeigen wir, wie sie auch Ingwer, Nelken oder Patschuli anbauen können.
Was können die Abnehmer bei uns tun?
Es ist wichtig, dass sie die Lieferketten lückenlos nachvollziehen. Und sie sollten vorrangig zertifizierte Vanille kaufen. Das bringt den Bäuerinnen und Bauern mehr Einnahmen.
Sind Fair-Trade- und bio-zertifizierte Kooperativen da ein Vorbild?
Ja, denn für zertifizierte Ware gibt es Prämien. Außerdem trägt das Wissen über eine bessere Anbauweise zu mehr und beständigerem Einkommen bei – also, welche Abstände die Pflanzen haben sollten, wann man sie erneuern muss und welcher Dünger ratsam ist. In Kooperativen oder sogenannten Spargruppen können sich die Farmerinnen und Farmer auch gegenseitig beraten und sich bei der Investition in Maschinen unterstützen.
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