Umwelt

Wo die Gewürze duften

Warum riecht es im Lager nach Kräuterbonbons? Wie sieht eine Teebeutelmaschine von innen aus? Und wer kann beim Verkosten am besten schlürfen? Sieben Schrot&Korn-Leser fanden mit uns die Antworten – unterwegs bei der Naturkostfirma Lebensbaum.

Das Wetter könnte nicht schöner sein an diesem Mittwochmorgen – die Sonne strahlt mit dem warmen Gelb der modernen Firmenfassade von Lebensbaum um die Wette. Vor dem Gebäude plätschert ein kleiner Wasserlauf. Große Steinquader strukturieren die Grünfläche vor dem Eingang. Knapp zehn Jahre alt ist die Firmenzentrale, die als Niedrigenergiehaus entwickelt wurde und mit 100 Prozent Naturstrom funktioniert. Und schon auf den ersten Blick wird klar: Hier wartet keine verträumte Bio-Idylle nostalgischen Stils auf die Besucher. Im Gegenteil: Das Gebäude strahlt eben jene Modernität und Effizienz aus, die aus dem einstigen Bio-Laden "Lebensbaum" im Laufe von 30 Jahren ein international ausgerichtetes Familienunternehmen gemacht haben.

Großes Interesse

Sieben Schrot&Korn-Leser haben sich auf dem Vorplatz mit uns verabredet – Musikwissenschaftler Friedemann Lenz aus Bremen kommt als erster an. Der 30-Jährige kocht schon seit Studenten-WG-Zeiten mit Bio-Produkten. Monika Gramann, kaufmännische Angestellte aus dem benachbarten Damme, ist die zweite im Bunde. Die Mutter zweier Söhne nimmt mehrmals im Monat die Fahrt zum Bio-Laden nach Osnabrück in Kauf. Gesundheitspraktikerin Birthe Stumpenhausen, die regelmäßig Kinderkochkurse gibt, kommt aus Gütersloh. Auch das Tochter-Mutter-Gespann Hannah und Manuela Jilani bringt schon eine gemeinsame "Bio-Vergangenheit" mit. "Ich habe als Jugendliche immer in dem Bio-Laden ausgeholfen, in dem meine Mutter gearbeitet hat", erzählt die Tochter lachend. Mittlerweile ist die 27-Jährige Ökotrophologin. "Ich weiß, was im konventionellen Essen an Zusatz- und Hilfsstoffen drin ist – ich kann das einfach nicht mehr kaufen", erzählt sie entschlossen. Christa Grobel und ihr Mann Günter wohnen am Ortsrand von Osnabrück. "Mein Mann liebt den Tee von Lebensbaum", erzählt die PC-Anwenderin.

Weltweit verwurzelt

Unsere Runde ist komplett, und Alexandra Buley-Kandzi und Jan Kühn – zuständig für Unternehmenskommunikation – führen uns in den bodentief verglasten Besprechungsraum mit Blick auf die angrenzenden Felder. Große Überraschung: Auch Firmengründer und Geschäftsführer Ulrich Walter hat sich heute extra für uns freigenommen. "Wir haben alle Zeit der Welt, um Ihnen den Betrieb so zu zeigen, dass Sie wissen, was da passiert", verkündet er.

Bei Tee, Kaffee und Keksen erfahren wir zunächst einmal mehr über den Naturkosthersteller. Die Marktführer-Position im Bereich Tee und Gewürze hat Lebensbaum auch den hohen eigenen Ansprüchen zu verdanken. Kennzeichnend dafür sind die fünf Kernpunkte der Lebensbaum Qualitäts-Garantie: 100 Prozent Bio-Anbau, ohne Gentechnik, ohne Aromen, klimafreundliche Produktion dank Geothermie und 100 Prozent Naturstrom, faire Handelspartnerschaften und strengste Qualitätskontrollen vom Feld bis zum Regal.

Begeistert berichtet Jan Kühn von Handelspartnern in aller Welt, wie der Finca Irlanda in Mexiko, die durch hohe Schattenbäume Kaffeekulturen und Natur miteinander verbindet und das Abwasser der Kaffeeproduktion in einer Pflanzenkläranlage wieder aufbereitet. Dann gibt es noch den Ambootia Tea Garden im Darjeeling-Gebiet des südlichen Himalayas, wo die Mitarbeiter kleine Arbeiter-Gärten und ein festes Einkommen mit Gewinnbeteiligung erhalten. Zusätzlich profitieren sie von medizinischer Versorgung und Unterstützung bei der Berufsausbildung. Ebenso wie die Beschäftigten in der Demeter-Farm Sekem in Ägypten, die mittlerweile rund 2000 Menschen Arbeit ermöglicht.

Lebensbaum gehörte zu den ersten Abnehmern von Kräutern und Gewürzen der Farm, die mittlerweile über einen Kindergarten, eine Schule, ein Gesundheitszentrum, Ausbildungsstätten und eine private Universität verfügt. Der Gründer von Sekem und Träger es Alternativen Nobelpreises, Ibrahim Abouleish, ist im Verlauf der jahrzehntelangen Geschäftsbeziehung mit Ulrich Walter auch ein Freund geworden.

"Langfristige Partnerschaften auf Augenhöhe" ist das Stichwort für die Lebensbaum-Philosophie im Umgang mit den Lieferanten. Langfristigen Abnahmegarantien, leistungsgerechten Preisen und der finanziellen Unterstützung bei ökologischen und sozialen Projekten steht die Einhaltung ökologischer Anbaurichtlinien gegenüber – Standards, die Lebensbaum vom Bio-Verband Naturland unabhängig überprüfen lässt. Alles gemäß dem Leitspruch: "Unsere Produkte sollen nicht nur ökologisch angebaut und qualitativ hochwertig sein, sondern auch das Ergebnis der Arbeit von zufriedenen Menschen."

Jeder einzelne Lieferant wird in einem internen Bewertungssystem nach den Kriterien Qualität, Umwelt, Soziales und Zuverlässigkeit erfasst. Keine Kleinigkeit, wenn man bedenkt, dass Lebensbaum rund 500 Bio-Rohstoffe aus über 40 Ländern bezieht. So richtig bewusst wird uns das erst, als wir unter der Führung von Ulrich Walter zur Besichtigung des Lagers aufbrechen.

Mitte: Wolliger Salbei, bröselige Minze, glatte Fenchelsamen – Ulrich Walter erklärt die Funktion der Mischmaschine.

Rechts: Sauberkeit wird bei Lebensbaum großgeschrieben.

Es duftet überall

Auf meterhohen Regalen stapeln sich hier die Gewürzsäcke, deren Lagerzeiten nach einem ausgeklügelten System kontrolliert werden. "Drogen" liest Monika Gramann erstaunt die Packungsaufschrift auf einer der Paletten. Ein guter Anlass zu einer kleinen Lehrstunde. "Das Wort ‚Droge' kommt aus dem althochdeutschen ‚droog'", erklärt Ulrich Walter. "Das heißt nichts weiter als ‚getrocknet'". In unserem Fall sind damit getrocknete Pflanzen und Pflanzenteile gemeint." Und diese Pflanzen sind, auch wenn wir sie nur in verpacktem Zustand sehen, in den Lagerhallen durch eines allgegenwärtig: durch ihren intensiven Duft. "Hier riecht es wie Kräuterbonbons!" staunt Birthe Stumpenhausen, und die anderen – ebenfalls im Bann der Kamille-, Kümmel-, Minze-, Zimt- und Fenchelsamendüfte – murmeln zustimmend. In den riesigen Maschinen der Mischerei, die vom darüberliegenden Stockwerk aus mit den genau festgelegten Komponenten der Kräutermischungen befüllt werden, vereinen die Düfte sich dann zu sorgfältig entwickelten Kompositionen. Rund 150 verschiedene Mischungen gibt es bei Lebensbaum.

Locker im freien Fall

Mit dem Aufzug geht es ein Stockwerk höher, in den Schüttboden, wo lose Gewürze oder Tees über verschiedene Andockstationen zur weiteren Verarbeitung nach unten fallen. "Wir arbeiten von oben nach unten", erzählt Ulrich Walter und liefert die Erklärung gleich mit: "Die Fallhöhe macht Sinn, weil das Produkt sich dann besser verteilen kann – das beugt der Bildung von Klumpen vor." Ein weiteres Highlight ist die Teebeutelmaschine. Matthias Lohmeier, der "Herr der Teebeutel", stoppt extra für uns die Produktion und lässt uns einen Blick in die "Eingeweide" der Maschine werfen. 130 bis 140 Beutel produziert sie in der Minute. Ein technisches Wunderwerk, das den Tee in die Doppelkammerbeutel füllt, sie verschließt und in Blitzgeschwindigkeit in die Umbeutel packt. Neuerdings werden die Teeschildchen sogar an die Beutel genäht statt mit Metallklammern geklammert – damit hat Lebensbaum auf den Wunsch der Kunden reagiert, die kein Metall in ihren Tassen wollen. Als nächstes steht ein Besuch bei Rosi Fritz auf dem Programm.

Sie leitet das Qualitäts- und Umweltmanagement bei Lebensbaum und erklärt, dass von der Anlieferung der Rohstoffe bis zur Fertigstellung der Produkte regelmäßig Proben entnommen werden. Vor Ort werden sie auf Aussehen, Geruch und Geschmack untersucht. Externe Labore überprüfen die Waren auf Schwermetalle, Pestizide sowie mikrobielle Belastung. "Nur wenn alles in Ordnung ist, werden die Rohstoffe zur weiteren Verarbeitung freigegeben", erklärt sie.

Das schmeckt nach mehr: Hannah Jilani, Birthe Stumpenhausen und Günter und Christa Grobel beim Verkosten von Gewürztees.

Köstliche Verkostung

Wie so ein Geschmackstest bei Tee aussehen kann, das lernen wir wenig später in der Produktentwicklung. Hier ist das Reich von Anne Sommer, Maren Walter und Svetlana Radojicic, die sich den Raum mit unzähligen Teetassen und -kännchen teilen. Die meisten davon stehen ringsum in Reihen auf den Labortischen aufgebaut und scheinen nur dem einen Zweck zu dienen: uns ganz im Sinne der griechischen Philosophen zu zeigen, dass wir nichts wissen. Nur wird hier aus dem berühmten: "Ich weiß, dass ich nichts weiß" ein "Ich weiß, dass ich nichts schmecke". Kaum zu glauben: Bei einer Blindverkostung aus sieben Teetassen, die fünf verschiedene Tees enthalten, gibt es niemanden, der alle Tees mit Bestimmtheit identifizieren kann. Und das, obwohl so markante Sorten wie Grüntee Jasmin, Earl Grey, Ingwer-Zitrone oder Lemon beteiligt sind. "Wenn man nicht weiß, dass eine Sache doppelt drin ist, schmeckt sie auch mal anders", erklärt Maren Walter, die Tochter des Firmenchefs.

Und sie tröstet uns damit, dass selbst ein Profi nur vier richtige Sorten herausgeschmeckt hat. Um zu demonstrieren, was sich beim Tee noch so alles verkosten lässt, haben die drei noch weitere Strecken für uns aufgebaut, zum Beispiel drei Tassen mit dem gleichen Produkt, das jedoch am Anfang, in der Mitte und am Ende der Produktion entnommen wurde. Auch Gewürz- oder Kindertees, die zwar alle verschieden schmecken, aber trotzdem erkennbar zu einer Produktserie gehören müssen.

Also noch einmal: hinein mit dem Löffel, dann auf den eigenen Löffel umgefüllt und gründlich probiert. Alle sind konzentriert bei der Sache und versuchen, ihre Eindrücke in Worte zu fassen. "Der Geschmack schleicht sich so in den Mund", ist von Günter Grobel zu hören. Und Birthe Stumpenhausen behauptet entschlossen: "Das nächste Mal sage ich, ich möchte den Tee ganz vom Anfang der Produktion!" Doch trotz alledem: Auch hier können einige von uns Unterschiede herausschmecken, andere fragen sich, warum sie sich in ihrem Leben überhaupt jemals verschiedene Teesorten gekauft haben, wo für sie doch ohnehin alles gleich schmeckt.

Vielleicht liegt es ja daran, dass wir alle das richtige Schlürfen nicht beherrschen, das zur Tee- ebenso wie zur Weinverkostung unbedingt dazugehört. "Keiner schlürft so gut wie mein Vater!", behauptet Maren Walter gut gelaunt und bewegt den Firmenchef prompt dazu, eine Probe seines Könnens zu geben. Erst vermischt mit der Luft entwickelt der Tee sein volles Aroma, erfahren wir.

Unser Tag bei Lebensbaum endet im Logistikzentrum BioLogX, das im Jahr 2007 gebaut wurde. Die Mitarbeiter haben bereits Feierabend, und so wandern wir staunend durch die stillen Gänge. Auf 12 Meter hohen Regalen stapeln sich hier die fertigen Produkte, die an die Groß- und Einzelhändler verschickt werden. Die riesige Halle verfügt über 5 000 Palettenplätze – 600 Paletten verlassen in der Woche das Haus. "Das entspricht 20 LKW-Ladungen", erklärt Ulrich Walter. Durchschnittlich wird der gesamte Inhalt des Lagers einmal im Monat umgeschlagen – die längste Verweildauer eines Produktes beträgt drei Monate. Doch nicht nur beim Erfassen, Lagern und Kommissionieren der Waren kommt modernste Technik zum Tragen. Auch das Dämmniveau des Gebäudes geht weit über die offiziellen Vorgaben hinaus. Eine thermische Solaranlage unterstützt die Brennwertheizung, Bewegungsmelder steuern die Beleuchtung.

Viele kleine Schritte

Beim Versand wird durch die Zusammenfassung von Aufträgen und die Nutzung des GoGreen-Service bei kleineren Sendungen auf CO2-Neutralität geachtet. Die Verpackungsmaterialien sind möglichst recyclingfähig. Fast nebenher erzählt Ulrich Walter, dass Lebensbaum zur Temperierung der Teeproduktion auch die größte im Landkreis Diepholz genehmigte Geothermie-Anlage besitzt.
"Es ist die Summe der Maßnahmen, die am Ende Erfolge bringt", erklärt er und liefert gleich selbst das beste Beispiel. Als Friedemann Lenz sich verabschiedet, weil er seinen Zug nach Bremen erreichen muss, sagt der Firmenchef kurzerhand: "Ich nehme Sie mit, ich fahre sowieso in die Richtung!" Irgendwie hat er uns alle ein Stück mitgenommen.

Vier Fragen an den Gewürz-Spezialisten Lebensbaum

Gewürze und Trockenkräuter "leben" von ihrem natürlichen Aroma. Was kann man als Verbraucher tun, damit sich der gute Geschmack möglichst lange hält?

Grundsätzlich gilt: Kräuter und Gewürze sollten trocken, lichtgeschützt und kühl gelagert werden. So werden die Farbe und vor allem auch der spezifische Duft und Geschmack am besten geschützt.

Oft stellt man die Streuer aber eher griffbereit in Kochtopfnähe …

Das offene Gewürzregal direkt über dem Herd ist zwar praktisch, aber kein idealer Platz, um Gewürze und Kräuter aufzubewahren. Hier kann es nämlich ziemlich warm und feucht werden. Die Lagerung im geschlossenen Küchenschrank ist vorzuziehen. Außerdem ist es wichtig, dass man die Gewürztüten oder -gefäße immer gut verschließt, damit die ätherischen Öle der Gewürze und Kräuter in der Ware bleiben und keine Feuchtigkeit eindringt. Vor allem gemahlene Gewürze können dadurch recht schnell verklumpen und an Würzkraft verlieren. Aus diesem Grund empfiehlt Lebensbaum auch, Gewürze und Kräuter nicht direkt aus dem Streuer oder der Mühle in das Gargut zu geben, damit sie keinen aufsteigenden Dampf aufnehmen. Es ist besser, wenn man das Gewürz zuerst auf einem Löffel dosiert und dann in den Topf gibt.

Seit einem Jahr bietet Lebensbaum mit "Genießer Fix" eine Reihe von Fertig-Würzmischungen an. Ist das für Bio-Kunden nicht ein No-go?

Mit den neuen Würzmischungen will Lebensbaum das schnelle und gleichzeitig niveauvolle Kochen im hektischen Alltag ermöglichen. Dabei geht es darum, anspruchsvolle Bio-Kunden dort abzuholen, wo sie oft stehen – nämlich zwischen dem Anspruch, ein gutes Bio-Essen frisch zubereiten zu wollen und dem Mangel an Zeit, der das leider oft verhindert.

Was unterscheidet die Bio-Würzmischungen von den konventionellen?

In erster Linie ist das die Tatsache, dass sie aus puren Zutaten bestehen: Die Genießer-Fix-Produkte enthalten ausschließlich Kräuter, Gewürze und Meersalz. Zutaten wie Rieselhilfen, Geschmacksverstärker, Laktose und Hefe sind tabu. Dazu kommt bei Lebensbaum die Qualitätsarbeit, die bereits auf dem Feld beginnt, der faire Einkauf sowie die schonende Verarbeitung, Verpackung und Lagerung der hochwertigen Rohwaren.

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