Umwelt

Sind Weihnachtsbäume noch zeitgemäß?

Bäume sind Klimaschützer. Doch wir fällen sie und stellen sie als Weihnachtsbäume ins Wohnzimmer. Ist das noch zeitgemäß? Und welche Weihnachtsbaum-Alternative ist wirklich gut?

Es ist schon irgendwie ein merkwürdiger Brauch, den wir da seit rund fünf Jahrhunderten pflegen. Ein Tannenbaum wird gefällt, geschmückt und für ein paar Tage in die gute Stube gestellt. Zwischen 25 und 30 Millionen Exemplare zieren jedes Jahr in der Weihnachtszeit unsere Wohnzimmer. Danach werden die Bäume weggeworfen. Dabei braucht zum Beispiel die Nordmanntanne, die derzeit beliebteste Weihnachtsbaumart, rund zehn Jahre, um zu einem fertigen Weihnachtsbaum herzuwachsen.

Sind Weihnachtsbäume nachhaltig?

Sollten wir also angesichts von Waldsterben und Klimakrise nicht ein schlechtes Gewissen haben, wenn wir den Baum schon nach zwei Wochen wieder aus dem Haus schaffen. Bäume zu fällen für ein paar Feiertage, während es den heimischen Wäldern schlecht geht? „Weihnachtsbäume schaden dem Wald null“, sagt der Forstexperte Rudolf Fenner. Schließlich stammten über 90 Prozent aller Weihnachtsbäume nicht aus Forst- sondern aus landwirtschaftlichen Betrieben. Weil Weihnachtsbäume eine sehr lange Produktionsdauer haben und die meiste Zeit einfach vor sich hinwachsen dürfen, seien sie auch Nischen für allerlei Tier- und Insektenarten. Vorausgesetzt – und das ist wichtig – die Bäume werden ökologisch angebaut.

Wald: COâ‚‚-Senken in Not

  • Der Wald hat wichtige Funktionen. Er ist Lebensraum fĂĽr Flora und Fauna, Holzlieferant, Staubfilter und ein wahrer COâ‚‚-Bunker. In deutschen Wäldern sind etwa 4,4 Milliarden Tonnen Kohlendioxid gespeichert. DarĂĽber hinaus entlastet der deutsche Wald die Atmosphäre pro Jahr um 52 Tonnen COâ‚‚. Damit mindert er die Emissionen um ca. 6 Prozent.
  • Doch unseren Wäldern geht es immer schlechter. Vor allem die hohen Stickstoffmengen aus konventioneller Landwirtschaft, Verkehr und Industrie machen Fichte, Buche & Co. krank. Noch nie waren die Wälder so licht, stellt das ThĂĽnen-Institut in der aktuellen Waldzustandserhebung fest.

Wo gibt's Öko-Bäume?

Seit gut 20 Jahren informiert Fenner für die Umweltorganisation Robin Wood über ökologische Weihnachtsbäume. Er weiß, wo sie zu bekommen sind und auf was die Kunden beim Kauf achten sollten. In den vergangenen Jahren habe sich eine Menge getan, sagt Fenner. Gab es in den Nullerjahren gerade mal 50 Verkaufsstellen mit Öko-Bäumen, sind es inzwischen über 800 Adressen in der ganzen Republik. Diese trägt Fenner jedes Jahr in einer Liste zusammen, die ab Mitte November auf der Robin Wood-Webseite heruntergeladen werden kann.

Woran aber erkennen Kunden einen ökologischen Weihnachtsbaum – also einen Baum, der ohne Pestizide und künstliche Düngemittel angebaut worden ist? „Die Betriebe sollten mit einem Öko-Siegel zertifiziert sein – etwa von Bioland, Naturland, Demeter oder dem EU-Label“, so Fenner. Wer seinen Baum direkt beim Förster kauft, sollte darauf achten, dass der Forstbetrieb zumindest mit dem FSC-Label ausgezeichnet ist. Und um den CO₂-Fußabdruck klein zu halten, sollten die Bäumchen besser von regionalen Betrieben gekauft werden.

So wachsen Öko-Weihnachtsbäume

Ein Blick in den Naturland-Betrieb Mergenthau zeigt, wie Christbäume ökologisch angebaut werden: Gedüngt wird mit Pferde- oder Schafsmist, Shropshire-Schafe knabbern das „Unkraut“ zwischen den Bäumen weg, Klee und Lupinen, angebaut als Vorfrucht, bringen Stickstoff aus der Luft als natürlichen Dünger in den Boden – und chemisch-synthetische Pestizide sind absolut tabu.

Das spricht gegen konventionelle Christbäume

Zum Glück, denn noch immer strotzen konventionelle Weihnachtsbäume nur so vor Giften. So hat der Umweltverband BUND 2020 stichprobenartig die Nadeln von Weihnachtsbäumen untersucht. Bei zwei Dritteln der Bäume konnten Pestizide nachgewiesen werden – in einigen Fällen sogar nicht zugelassene.

Sind Weihnachtsbäume klimaneutral?

Ist die Weihnachtszeit dann vorbei, landen die Bäume auf dem Müll, meistens an dafür von der Kommune eingerichteten Sammelstellen. Die entsorgten Bäume werden dann entweder kompostiert oder kommen in Müllverbrennungsanlagen. Dort wird aus ihnen Wärme und Strom. Es ist wie in einem Kreislauf und nahezu klimaneutral: Um zu wachsen, braucht der Baum Kohlendioxid (CO₂). Wird er am Ende seines Lebens und nach dem Auftritt als Weihnachtsbaum kompostiert oder verbrannt, gibt er nur so viel CO₂ ab, wie er auch gespeichert hatte.

Weihnachtsbaum-Alternativen basteln

Trotzdem mag manchen der Gedanke, sich für kurze Zeit eine Tanne ins Wohnzimmer zu stellen, widerstreben. Schließlich wäre es noch klimaschonender, wenn auf den Flächen statt der Weihnachtsbäume ein Wald wachsen würde. Wer sich deshalb keinen „echten“ Weihnachtsbaum zulegen, aber auf festliche, nachhaltige Deko nicht verzichten möchte, für den gibt es unzählige Alternativen: So zum Beispiel den „Keinachtsbaum“, einen modularen Holzständer, der zuhause selbst mit Zweigen bestückt werden kann. Immer beliebter und sehr kostengünstig ist der selbst gebastelte Weihnachtsbaum als Wanddeko. Dazu benötigt man lediglich ein paar verschieden lange Äste oder Treibhölzer, dazu Basteldraht und eine Lichterkette. Das Ganze in Form eines Tannenbaums aufhängen, mit Kugel & Co. schmücken – fertig!

Ist ein Baum aus Plastik nachhaltig?

Eine Sache käme für den Robin Wood-Forstexperten Rudolf Fenner allerdings nicht infrage: ein Plastikbäumchen. „Klar gibt es mittlerweile Varianten, die fast wie echte Bäume aussehen. Aber viele werden aus PVC gemacht, sie verströmen giftige Weichmacher“, warnt Fenner. Die Umweltbilanz von Plastikbäumen sei außerdem deutlich schlechter als von echten Tannen. Und schließlich schwimme doch schon genug Plastik in den Meeren herum.

Öko-Weihnachtsbäume kaufen

  • Eine Liste mit Einkaufsstätten gibt es bei Robin Wood.
  • Ă–ko-Weihnachtsbäume online kaufen
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