Umwelt

Verpackungsmüll vermeiden: Wie machen Bio-Firmen das?

Verpackungen für Lebensmittel sind aus unserem Alltag kaum wegzudenken. Aber wie nachhaltig sind sie – und worauf setzen Bio-Firmen?

Gut verpackt können Lebensmittel besser geschützt, gebündelt, gelagert und transportiert werden. Informationen auf Banderolen, Etiketten und Co. helfen außerdem bei der Kaufentscheidung. Doch mit der Verpackungsflut wachsen unsere Müllberge. Die aktuellsten Daten stammen aus dem Jahr 2021. Damals wurden in Deutschland pro Kopf rund 237 Kilo Verpackungen weggeworfen. Im EU-Vergleich fiel nur in Irland noch mehr Verpackungsmüll an. Mit einer neuen Verordnung will die EU für mehr Recycling und Mehrweg sorgen und einige Verpackungen sogar ganz verbieten – zum Beispiel Einzelportionen für Gewürze und Soßen im Restaurant. „Eine solche Verordnung ist längst überfällig“, findet die Ingenieurin Carolina Schweig. Sie analysiert, wie Firmen ihre Produkte umweltfreundlich verpacken können. Und stößt dabei oft auf Verpackungsmythen. Der Klassiker: Papier sei immer nachhaltiger als Plastik.

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Verpackungen: Muss das sein?

VERPACKUNG Auch wer im Bio-Laden einkauft, füllt die Gelben Säcke und Tonnen Woche für Woche. Immer wieder fragen uns Leser, warum Bio so viel Verpackung braucht. Wir haben nachgehakt.

Warum Papier und Pappe nicht immer besser als Plastik sind

Für Trockenprodukte wie Haferflocken oder Mehl ist Papier eine gute Verpackung, sagt Carolina Schweig. Obwohl bei der Papierherstellung viel Wasser und Chemie zum Einsatz kommen, besteht es immerhin aus nachwachsenden Rohstoffen. „Oft wird Papier allerdings mit Kunststoff- oder Aluminiumfolie erweitert, um fester oder dichter zu werden. Dann kann aber kaum mehr recycelt werden“, warnt Schweig. Für dieses Dilemma hat die Spielberger Mühle eine innovative Lösung gefunden: Fetthaltige Produkte oder schutzbedürftige, glutenfreie Mehle, Flocken und Flakes verpackt das Unternehmen in Pergamin-Papier. Es besteht aus sehr kurz geschnittenen Holzfasern und ist deshalb besonders dicht.

Die Firma Lebensbaum, Anbieter von Bio-Tee, -Kaffee und -Gewürzen, hat hingegen die Verpackung ihrer losen Tees ganz auf Plastik umgestellt. Zuvor bestand sie aus einer Papiertüte mit Papieretikett und einem Innenbeutel aus Plastik. „Mit der Kunststoffverpackung erreichen wir eine bessere Recyclingfähigkeit und benötigen insgesamt weniger Material“, sagt die Nachhaltigkeitsbeauftragte Lena Mohrlüder. Solche Verpackungen sind außerdem steril und lassen weder Sauerstoff noch Wasserdampf oder Fette durch. Das ist mitunter auch für einige Süßwaren wichtig. Carolina Schweig sagt: „Schokolade etwa ist in einer leichten, gut recycelbaren Plastikfolie aus Polyethylen (PE) nachhaltiger verpackt als in Alufolie und einer Faltschachtel. Denn Alufolie ist in der Herstellung energie- und ressourcenintensiver, Karton beim Transport unnötig schwer.“

Darum ist kompostierbares Plastik nicht die beste Lösung

Bei als kompostierbar oder biologisch abbaubar beworbenen Folien ist die Expertin hingegen skeptisch. Solche Materialien werden aus Mais oder Holz hergestellt und nach einmaliger Nutzung entsorgt. „Auch bei gartenkompostierbarer Folie geht der Rohstoff mit all seinen Umweltauswirkungen verloren, statt ihn über das Recycling erneut zu nutzen“, gibt Schweig zu bedenken. Die meisten Kompostierungsanlagen sind außerdem nicht für Bioplastik ausgelegt. Landet das Material im gelben Sack oder in der gelben Tonne, wird es als nicht recycelbar aussortiert und verbrannt.

Dann ist es sinnvoller, herkömmliches Mono-Plastik zu verwenden, also Plastik, das aus nur einem Material besteht – zum Beispiel PP, PE oder PET. Dieses kann gut recycelt werden, da keine Kunststoffsorten getrennt werden müssen. Die Firma Ökoland, die Konserven, Wurst, Schinken und Tiefkühlprodukte in Bio-Qualität herstellt, hat 2020 als eines der ersten Unternehmen in Europa Verpackung und Etiketten ihres Premium-Schinkens auf eine Mono-Folie aus Polypropylen (PP) umgestellt. „Damit erreichen wir eine 90-prozentige Recyclingquote bei gleichbleibender Produktsicherheit“, sagt Marlene Hansen, die bei Ökoland das Produkt- und Qualitätsmanagement leitet.

Was bedeuten die Siegel auf der Verpackung?

Der Blaue Engel kennzeichnet u.a. pfandpflichtige Mehrwegbecher und -schalen aus sortenreinen, nicht gesundheitsbelastenden Materialien, die mindestens 500 Spülzyklen aushalten.

Tidyman Papierkorb Logo (Männlein wirft Papier in Abfalleimer)

Der Tidyman soll Verbraucher:innen daran erinnern, Abfälle ordnungsgemäß zu entsorgen.

Am Recycling-Dreieck inklusive Codes und Nummern lässt sich das Verpackungsmaterial erkennen: PET, PP oder PS stehen für Kunststoffe, PAP für Pappe & Papier, FE 40 und ALU 41 für Metalle und GL für Glas. Die Nummern im Dreieck geben an, aus welchem Material genau die Verpackung besteht. PET 1 z.B. steht für Polyethylenterephthalat, GL 71 für grünes Glas. Verbundstoffe aus verschiedenen Materialien sind mit den Zahlen 80-98 gekennzeichnet.

FSC-Logo

Das Logo des Forest Stewardship Councils findet sich auf Umverpackungen aus Papier oder Pappe. Sie bestehen meist aus dem weniger strengen FSC Mix aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern, Recycling und anderen Quellen. Nachhaltiger sind Produkte mit der Kennzeichnung FSC Recycled.

Keimling Kompostierbar Logo

Das Keimling Zeichen kennzeichnet kompostierbare Verpackungen. Diese sollten jedoch nicht im hauseigenen Kompost und nur wenn vom lokalen Entsorger erlaubt im Biomüll entsorgt werden.

Mehrweg Logo: Für die Umwelt

Flaschen und Gläser mit dem Mehrweg-Logo können gereinigt und erneut befüllt werden.

Das Symbol der Deutschen Pfandsystem GmbH kennzeichnet Verpackungen wie Flaschen oder Dosen, die nach einmaligem Gebrauch zu Rezyklaten weiterverarbeitet werden können.

Grüner Punkt logo mit zwei grünen Pfeilen

Der grüne Punkt zeigt an, dass Hersteller ihre gesetzlichen Pflichten erfüllen und sich an einem Recyclingsystem beteiligen.

Welche Kunststoff-Verpackungen am häufigsten recycelt werden

Verpackungen aus PP und PE werden übrigens häufiger recycelt als solche aus Polyethylenterephthalat (PET). Denn in Deutschland gibt es genug hochwertiges Recycling-PET aus Einweg-Pfandflaschen. PET aus dem gelben Sack wird daher meist verbrannt.

Wann sind Dosen aus Weißblech recyclingfähig?

Produkte in Konservendosen aus Weißblech oder Aluminium sind besonders lange haltbar. Doch ihre Öko-Bilanz lässt zu wünschen übrig. Obwohl Weißblech und Aluminium leichter als Einwegglas und damit klimafreundlicher im Transport sind, ist ihre Produktion ressourcen- und energieaufwendig. Umso wichtiger ist eine gute Recyclingfähigkeit. Deshalb verzichtet Kräuterspezialist Herbaria bei seinen Aromaschutzdosen für Gewürze auf die sonst bei Metallen übliche Lackierung. „Unsere Dosen können nach dem Verzehr der Gewürze weiterverwendet oder in den Recyclingkreislauf zurückgeführt werden“, sagt Daniel Fehling, Leiter Marketing und Produktmanagement.

Schon gewusst?

Seit Juli müssen PET-Einwegflaschen und Getränkekartons einen festsitzenden Verschluss haben. Damit will die EU erreichen, dass auch die Verschlüsse recycelt werden. Bisher wurden die meisten Flaschen ohne Deckel zurückgegeben.

Restmüll oder gelber Sack? Wohin gehört Verbundkarton?

Viele klassische Konservenprodukte wie passierte Tomaten werden inzwischen auch im Verbundkarton angeboten. Der Karton sorgt für Form und Stabilität und wird je nach Produkt mit Aluminium und/oder Kunststoffen beschichtet. So bleiben Licht und Sauerstoff draußen und es läuft nichts aus. Spezielle Recycling-Anlagen können Papier, Folie, Verschlusskappen und Aluminium nach der Entsorgung voneinander trennen und aufbereiten. Allerdings werden Verbundkartons für Passata, Getränke, Milch und Co. oft falsch entsorgt. Statt im gelben Sack oder in der gelben Tonne landet mehr als ein Drittel in Restmüll, Papiertonne oder der Umwelt. Die Deutsche Umwelthilfe fordert deshalb ein Einwegpfand für die Kartons. Noch umweltfreundlicher ist es jedoch, regional abgefüllte Produkte in Mehrweggefäßen zu nutzen.

Plastikmuell zu einem Fragezeichen zusammengelegt

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Bio-Läden haben die höchste Mehrwegquote

Im Getränkebereich verpacken Bio-Firmen besonders nachhaltig. Während hier die Mehrwegquote deutschlandweit nur bei 43 Prozent liegt, bieten Bio-Läden 80 bis 90 Prozent ihrer Getränke in Mehrweg an. Seit Dezember letzten Jahres gibt es auch Speiseöle von Bio Planète in der Pfandflasche. Diese bietet hohen Lichtschutz und kann bis zu 50 Mal wiederverwendet werden. „Damit entwickeln wir die Speiseöl-Herstellung nachhaltig weiter“, sagt Geschäftsführerin Judith Moog. Die Pfandgebühr beträgt pro Flasche 50 Cent, die Rückgabe ist an allen üblichen Pfandautomaten für Getränkeflaschen möglich.

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Letzten Endes ist es jedoch nur ein Teil der Lösung, Verpackungen mit schlechter Öko-Bilanz durch umweltfreundlichere Alternativen zu ersetzen. „Wir müssen den Materialverbrauch insgesamt reduzieren“, sagt Verpackungsexpertin Carolina Schweig. Allerdings ohne dass die Haltbarkeit eines Produktes darunter leidet. Denn der Klimafußabdruck der verpackten Lebensmittel selbst ist im Schnitt 16 bis 30 Mal höher als der Fußabdruck ihrer Verpackung. Damit insgesamt weniger Verpackungen im Müll landen, können wir alle etwas tun.

Tipps gegen die Flut an Verpackungsmüll

Unverpackt: Obst wird aus einem Baumwollnetz ausgepackt.
  • Kauft Lebensmittel möglichst unverpackt. In vielen Bio-Läden werden neben.
  • Obst und Gemüse auch Produkte wie Nüsse ohne Verpackung angeboten.
  • Habt stets Beutel und Mehrwegdosen dabei, um bei spontanen Einkäufen auf Verpackungen verzichten zu können.
  • Kauft Großpackungen und portioniert den Inhalt Zuhause bedarfsgerecht um.
    Kauft keine Produkte in Umkartons. Diese sind meist nur Werbefläche – ohne Schutzfunktion.
  • Kauft Getränke, Milch oder Joghurt regional in Mehrwegflaschen oder -gläsern.
  • Falls kein Mehrweg verfügbar, ist Plastik deutlich nachhaltiger als Einweggläser.
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