- Nachgehakt: Leser fragen, Schrot&Korn antwortet
- Gibt es noch Schraubdeckel mit PVC-Dichtung?
- Warum gibt es Aufstriche nicht in Pfand-Mehrweggläsern?
- Wieso gibt es so viele Mini-Portionen?
- Woraus bestehen Tetrapaks und kann man sie recyceln?
- Warum sind Sojadrinks nicht in Mehrweg-Glasflaschen erhältlich?
- Interview: „Da braucht es Begeisterung“
Wer Müll vermeiden will, hat es schwer. Auch im Bio-Laden. Der Tofu ist in Plastik eingeschweißt, die Milch gibt es im Tetrapak und die Cornflakes sind gleich zweimal verpackt: in einen Kunststoffbeutel und in einen Faltkarton. Muss das wirklich sein?
„Jute statt Plastik“ war das Motto der ersten Bio-Läden. Die Kunden verwendeten Obsttüten und Eierkartons so lange, bis sie zerbröselten. Öko-Reiniger wurden aus Kanistern gezapft, Getränke gab es nur in Mehrwegflaschen. Das wirkt bis heute: Mehrweg hat im Bio-Laden noch immer einen hohen Stellenwert bei Milch, Joghurt, Saft und anderen Getränken. Kein Kunde ist gezwungen, bei diesen Produkten mangels Auswahl zu Einwegverpackungen zu greifen. Auch bei Wein gibt es Mehrweg. Der Bio-Weingroßhändler Riegel macht rund ein Sechstel seines Umsatzes mit Wein in Mehrwegflaschen.
Auch Bio-Hersteller achten durchaus darauf, ihre Produkte nachhaltig zu verpacken. Doch das ist nicht immer einfach, denn eine Verpackung soll zahlreiche Funktionen erfüllen: sich gut transportieren lassen, das Produkt schützen, es im Regal in Szene setzen, den Kunden informieren, ihm das Einkaufen leicht machen. Diese vielfältigen Anforderungen führen nicht immer zur nachhaltigsten Verpackung. Glas etwa schützt ein Lebensmittel wirkungsvoll und der Kunde sieht das Produkt. Aber Glas ist schwer, das kostet Energie, beim Transport und beim Heimtragen. Plas- tik dagegen ist leicht, lässt sich gut formen, aber es wurde aus Erdöl hergestellt und schwimmt noch in hundert Jahren im Meer. Die passende Verpackung zu finden, ist immer ein Kompromiss. Das zeigen auch die Antworten auf unsere Leserfragen (Seite 28).
Nachhaltig verpacken. Geht das?
Grundsätzlich gilt: Mehrweg ist besser als Einweg, bei Glasflaschen allerdings mit der Einschränkung, dass lange Wege die Öko-Bilanz verschlechtern, weil viel Gewicht transportiert werden muss. Doch bei den meisten Lebensmitteln stellt sich diese Alternative gar nicht, es gibt sie nur in Einwegverpackungen. Da stellt sich dann die Frage: Papier, Glas oder Plastik. Hier liegen Karton und Papier vorne. Sie werden aus nachwachsenden Rohstoffen, zum Teil auch aus Altpapier hergestellt und wiegen wenig. Auch Glas punktet. Die Rohstoffe für Glas sind zwar endlich, doch lässt sich einmal hergestelltes Glas immer wieder recyceln. Dennoch ist der Energieaufwand für Herstellung und Recycling hoch, das Gewicht schwer. Viele Bio-Hersteller setzen trotzdem auf Einwegglas, weil daraus keine Fremdstoffe ins Lebensmittel übergehen. Bei Kunststoffen und Verpackungen aus Altpapier hingegen ist das nicht so sicher. Außerdem werden Kunststoffe mit hohem Energieaufwand aus Erdöl hergestellt und das geht zur Neige. Doch das wichtigste Argument gegen Plastik ist seine Beständigkeit. Es kann mehrere hundert Jahre dauern, bis sich ein Plastikbecher zersetzt. Und selbst dann können die winzigen Plastikteilchen noch Probleme machen. Weil sie aber praktisch und vielseitig einsetzbar sind, gibt es auch im Bio-Laden Plastikverpackungen.
Wie Bio-Läden beim Müllsparen helfen
Angesichts der Verpackungsflut besinnen sich viele Bio-Läden auf ihre Öko-Wurzeln und machen es ihren Kunden einfacher, abfallarm einzukaufen und Plastik bewusst zu meiden. Manche Läden stellen Gefäße auf, aus denen Kunden sich Getreide oder Nüsse selbst in passender Menge abfüllen können (siehe Interview). Andere bieten für den Kaffee-to-go Mehrwegbecher an. Viele Geschäfte haben die dünnen Hemdchentüten aus Plastik in der Obst- und Gemüseabteilung abgeschafft. Sie verkaufen stattdessen leichte Mehrwegnetze, die sich immer wieder verwenden lassen und so die Umwelt schonen. Die weit verbreiteten Papiertüten für Obst und Gemüse können mit den Mehrwegnetzen nicht mithalten – es sei denn, sie werden mehrfach verwendet.
MÜLL-MEISTER
In Sachen Verpackungsmüll ist Deutschland Europameister. 218 kg fallen hier pro Kopf und Jahr an, so die Deutsche Umwelthilfe. In Italien sind es 197 kg, in Frankreich 188 kg.
An manchen Frischetheken gibt es statt der üblichen Plastikbecher für Oliven oder Frischkäse inzwischen Pfandgläser, die der Kunde zusammen mit seinen Mehrwegflaschen zurückgeben kann. Die Gläser kommen in die Spülmaschine und danach wieder hinter die Theke.
Auch im Milchregal tut sich etwas: Die Lobetaler Bio-Molkerei bietet Läden im Raum Berlin und Brandenburg Milchspender an. Dort können Kunden ihre Milch selbst zapfen, in bereitgestellte oder mitgebrachte Flaschen.
Mitgebrachte Boxen, ein heikles Thema
Sich Wurst und Käse an der Bedientheke in ein eigenes Gefäß geben lassen, ist zwar gesetzlich nicht verboten, aber ein heikles Thema. Denn theoretisch könnten mit dem Gefäß problematische Keime hinter die Theke gelangen, weshalb die zuständigen Gesundheitsämter das sehr kritisch beäugen. Manche Läden haben sich dafür Lösungen einfallen lassen und befüllen mitgebrachte Gefäße, doch die wenigsten hängen es an die große Glocke.
Nicht so die EVG Landwege, die in Lübeck fünf Bio-Märkte betreibt. Sie hat ein Konzept für das Befüllen mitgebrachter Gefäße erarbeitet und von den Behörden genehmigen lassen. Entscheidend ist dabei, dass Personal und Ware hinter der Theke nicht mit dem Gefäß in Berührung kommen. Das funktioniert so: Das Gefäß wird vom Kunden auf ein Tablett, das auf der Theke steht, gestellt und geöffnet. Das Personal nimmt das Tablett hinter die Theke, befüllt das Gefäß wie gewünscht und reicht es wieder zum Kunden. Tablett und andere Gegenstände, die das Gefäß berührt haben, kommen in die Spülmaschine und werden anschließend wieder verwendet. „Natürlich ist das ein gewisser Aufwand“, sagt Landwege-Vorstand Tina Andres: „Aber es lohnt sich.“ Denn mit jedem befüllten Mehrwegbehälter muss die entsprechende Einwegverpackung nicht hergestellt und entsorgt werden. Das gilt auch für Brotbeutel, in die sich das über die Theke gereichte Brot verstauen lässt, ganz ohne die übliche Einwegpapiertüte.
Das alles zeigt: Auch für die Kunden bedeutet Abfall vermeiden mehr Aufwand. Sie müssen den Einkauf gut planen, passende Beutel, Tüten oder Gläser dabei haben und die Mehrwegflaschen zurückbringen. Doch wer mitdenkt, der spart viel Platz in den Gelben Tonnen und schützt die Umwelt. Ausprobieren lohnt sich auf jeden Fall.
Nachgehakt: Leser fragen, Schrot&Korn antwortet
Gibt es noch Schraubdeckel mit PVC-Dichtung?
In Bio-Läden nur noch selten und das ist gut so, weil aus solchen Dichtungen problematische Weichmacher in das Lebensmittel übergehen können. Vor sechs Jahren brachte die Firma Pano die ersten PVC-freien Gläserverschlüsse auf den Markt. Viele große Naturkost-Anbieter stellten schon damals auf die neuen Deckel um, die durch ihre blau gefärbte Dichtung klar zu erkennen sind. Inzwischen gibt es PVC-freie Schraubdeckel auch ohne Färbung, sodass nicht mehr auf den ersten Blick ersichtlich ist, ob die Dichtung PVC enthält. Da hilft im Zweifelsfall nur, den Hersteller zu fragen.
Aus Recyclingkarton können giftige Mineralölrückstände auf die Lebensmittel übergehen. Deshalb packen viele Hersteller Trockenprodukte wie Müsli zusätzlich in eine dichte Plastikfolie ein.
Warum gibt es Aufstriche nicht in Pfand-Mehrweggläsern?
Bei Saft- und Milchflaschen oder Joghurtgläsern funktioniert Mehrweg – weil die Hersteller sich auf genormte Einheitsflaschen und Gläser verständigt haben. Nur so lassen sich Transport und Reinigung der Mehrweggefäße effizient organisieren. Bei Aufstrichen gibt es Gläser in allen Größen und Formen. Da lässt sich eine einheitliche Lösung nur sehr schwer erreichen. In den 90er-Jahren, als es weit weniger Hersteller und Gläserformen gab, hatte es die Naturkostbranche schon einmal mit einem Mehrwegsystem versucht. Es scheiterte nach wenigen Jahren. Eine verbesserte Neuauflage wäre nachhaltig und würde ein Zeichen setzen.
Engagiert: Die Bio-Firma Gut Ding bietet einen Rückholservice für ihre Brotaufstrich-Gläschen an.
Näheres dazu: www.gutding.org
Wieso gibt es so viele Mini-Portionen?
Auch im Bio-Laden kaufen immer mehr Singles ein. Sie bevorzugen Lebensmittel in kleinen Portionen, weil bei großen Mengen schneller mal etwas schlecht wird. Wer schmeißt schon gerne Essen weg.
Woraus bestehen Tetrapaks und kann man sie recyceln?
Getränkekartons bestehen nach Herstellerangaben zu rund drei Viertel aus Zellstoff, der aus nachhaltig bewirtschafteten und vom Forest Stewardship Council (FSC) zertifizierten Wäldern gewonnen wird. Die Kartons enthalten eine dünne Aluminiumschicht, die aber nicht mit dem Lebensmittel in Kontakt kommt, weil innen und außen jeweils eine Schicht aus weichmacherfreiem Kunststoff den Karton umgibt. Rund 175 000 Tonnen Getränkekarton trinken die Deutschen pro Jahr leer und werfen sie (meistens) in die Gelbe Tonne. In Recyclinganlagen werden die Kartons aussortiert und in Papierfabriken eingeweicht und verarbeitet. Aus den Kartonfasern wird Recyclingpapier; Alu und Kunststoff werden abgetrennt und in Zementfabriken verbrannt. Fazit: Wo Mehrweg nicht in Frage kommt, sind Getränkekartons eine ökologisch vertretbare Lösung.
Der eigentliche Teebeutel ist nicht gasdicht. Das Aroma der Teeblätter oder -kräuter würde mit der Zeit verduften und der Aufguss fad schmecken. Der zusätzliche Beutel verhindert das. Oft besteht er aus dem nachwachsenden Rohstoff Zellulose (Cellophan) und nicht aus Plastik.
Warum sind Sojadrinks nicht in Mehrweg-Glasflaschen erhältlich?
Für die Hersteller haben Getränkekartons wie Tetrapaks mehrere Vorteile: Sie sind leichter und besser stapelbar. Dadurch verbrauchen sie beim Transport in die Läden weniger Energie und sparen Sprit. Das ist für die Unternehmen besonders wichtig, weil sie in einem Betrieb Drinks für den ganzen europäischen Markt produzieren, die über weite Strecken transportiert werden. Auch viele Kunden bevorzugen Getränkekartons, weil sie leichter zu tragen sind. Zudem schützt der Karton die Drinks besser vor UV-Strahlen als eine braune Flasche. Es gab vor 15 Jahren im Bio-Laden Reismilch in Mehrwegflaschen – der Verkauf wurde mangels Nachfrage eingestellt. Fazit: Wegen der langen Wege sind Getränkekartons in diesem Fall eine vertretbare Alternative.
Interview: „Da braucht es Begeisterung“
Was bieten die Großhändler Bio-Läden mit dem Projekt „Unverpackt – Mitgedacht“?
Immer mehr Läden haben nach Abfüll-Stationen für unverpackte Lebensmittel gefragt. Also haben wir nach Herstellern gesucht und ein Angebot zusammengestellt, damit die Läden passende Spender einfach beziehen können. Wir sind jetzt mit dem Projekt im dritten Jahr und haben aktuell auch Gefäße aus Glas oder Metall, in denen die Läden Flüssigkeiten wie Öl, Essig oder Sojasauce zum Abfüllen anbieten können.
Und die Bio-Läden reißen sich drum?
Wir haben eine konstante Nachfrage, aber sicher wird es solche Unverpackt-Stationen nicht in jedem Bio-Laden geben.
Warum denn nicht?
Zum einen muss ein Geschäft den notwendigen zusätzlichen Platz haben, sowohl im Laden selbst als auch im Lager, schließlich müssen zum Befüllen jede Menge große Gebinde, häufig in 25-Kilogramm-Säcken, vorrätig sein. Die Ladner sehen auch den Mehraufwand bei der Betreuung: Die Behälter müssen regelmäßig geputzt, nachgefüllt und das Regal in Ordnung gehalten werden. Das ist schon anspruchsvoll und es braucht Begeisterung dafür, sonst klappt das nicht.
Welche unverpackten Lebensmittel verkaufen die Läden, die mitmachen?
Das ist verschieden. Wir geben den Läden keine Sortimentsempfehlungen. Meist sind es Trockenprodukte wie Getreide, Müsli, Nüsse, Linsen oder Nudeln. Schwierig wird es bei sehr klebrigen Produkten, etwa bei Datteln, die klumpen sehr leicht zusammen.
Wie funktioniert das mit dem Wiegen, wenn Kunden eigene Gefäße mitbringen?
An der Abfüllstation sollte eine Waage sein, an der die Kunden zuerst ihre Verpackung wiegen und sich das Gewicht notieren. Wer kein Gefäß dabei hat, kann sich eine Papiertüte nehmen.
Eigentlich müssten Produkte zum Selbstabfüllen billiger sein als Verpacktes?
Oft haben die Läden durch den Einkauf von Großgebinden einen Kostenvorteil. Andererseits müssen sie den zusätzlichen
Arbeitsaufwand einkalkulieren und auch die Spender kosten Geld, das verdient werden muss. Deshalb kann es sein, dass das Produkt zum Abfüllen nicht günstiger ist.
Gibt es auch Reinigungsmittel zum Abfüllen?
Die Hersteller Sonett und Sodasan bieten Großgebinde zum Abfüllen an, die von immer mehr Läden genutzt werden.
www.simplyzero.de
www.wastelandrebel.com
www.zerowastelifestyle.de
www.zerowastefamilie.de
www.besser-leben-ohne-plastik.de
Leben ohne Müll – Blogs mit Erfahrungsberichten und Tipps
http://plastikmeer.plasticontrol.de
Der Verein Plasticontrol kämpft gegen die globale Plastikflut.
www.verpackung.org
Das Deutsche Verpackungsinstitut informiert aus Herstellersicht.
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