Umwelt

„Nichtsnutzige Veganer“

INTERVIEW Der Komiker Johann König ist überzeugter Bio-Laden-Käufer und erzählt, was das mit seiner Mutter zu tun hat, warum er die „Ökos“ öfter durch den Kakao zieht und warum seine Kinder vielleicht mal ein lebendes Huhn bekommen.

Ihr beruflicher Werdegang – Kinderkrankenpfleger, Lehrer-Studium, Komiker – ist alles andere als geradlinig ...

Naja, es gibt schon Gemeinsamkeiten: Ich wollte auf jeden Fall etwas mit Kindern machen, darum Kinderkrankenpfleger. Und als Lehrer hätte ich ja auch etwas mit Kindern gemacht. Da gibt es Parallelen. Und jetzt stehe ich als Komiker vor Leuten und muss die unterhalten und dafür sorgen, dass sie nicht rausgehen, so wie ein Lehrer auch.

Jetzt also Frontalunterricht?

Ja, ich mache jetzt ausschließlich Frontalunterricht. – Aber natürlich war das kein geradliniger Lebenslauf. Ich habe mich von meiner Lust leiten und im 19. Semester exmatrikulieren lassen. Aber ohne Risiko! Ich hätte mit dem Studium weitermachen können, wenn es nicht geklappt hätte mit dem Humor. Ich war also nicht besonders mutig. Mir war klar, dass ich nur auf der Bühne bleibe, wenn ich mir wirklich sicher bin, dass ich damit auch Geld verdienen kann. Das war auch für meine Eltern wichtig. Meine Eltern wollten, dass ich verbeamtet werde als Lehrer. Das war ihr großer Wunsch.

Stichwort Eltern: Ihre Mutter hat vor mehr als 30 Jahren den ersten Bio-Laden in Soest eröffnet.

Ja, das stimmt. Meine Mutter hatte einen Laden für naturbelassene Lebensmittel in Soest 1983. Am Anfang war das nur ein kleiner Raum und wir haben Getreide aus großen Säcken in kleine Tüten umgefüllt. Damit habe ich mir damals mein Taschengeld aufgebessert. Ich habe auch die Etiketten für die Tüten gedruckt. Jedenfalls bin ich mit diesem Bio-Kram aufgewachsen. Wir haben auch gegen das Atomkraftwerk in Hamm-Uentrop demonstriert. Meine Mutter war eine öko-bewegte und eine emanzipierte Frau.

Ist sie das bis heute?

Emanzipiert schon, aber „öko“ nicht mehr. Ihre Kinder sind alle überzeugte „Ökos“: Ich kaufe mit meiner Familie seit 15 Jahren nichts anderes. Mein Bruder mit seiner Familie auch. Die Frau meines Bruders arbeitet in Soest in einem Bio-Supermarkt. Aber meine Mutter kauft heute eher im Discounter ein. Sie gibt ihr Geld jetzt lieber für Reisen aus. Ich verstehe das ein bisschen, aber es ist schon komisch: Sie war vor 30 Jahren so überzeugt von Bio …

Sie sind von Bio ja auch überzeugt, teilen auf der Bühne auch mal ganz gut aus gegen die „Bios“. Warum?

Naja, auf jeden Fall, weil ich sie gut kenne. Ich erzähle ja im letzten Programm bestimmt eine Viertelstunde über meinen Einkauf im Bio-Supermarkt. Das kann ich nur machen, weil ich da wirklich immer einkaufe. Natürlich klatschen da auch die Leute, die Bio blöd oder albern finden, aber da kann ich auch nichts dafür. Vor Applaus von der falschen Seite ist man ja nie gefeit.

Die Nummer fängt an mit: „Ich bin mit meinem Porsche zum Bio-Supermarkt gefahren.“ Ist das nicht ein ganz abgedroschenes, negatives Klischee?

Schon. Aber ich sage nicht, dass da irgendeiner im Porsche zum Bio-Laden gefahren ist. Ich sage „ich“. Und dann überlegen die Leute: „Mann, hat der wohl wirklich einen Porsche? Der redet so langsam, da kann er doch bestimmt gut ein schnelles Auto gebrauchen.“

Sie wollen die Leute zum Nachdenken bringen ...

Ja, die Leute fangen dann an zu überlegen. Das ist jedenfalls meine Herangehensweise: Ich erzähle das aus meiner Sicht. Auch, um zu zeigen, dass keiner alles richtig und korrekt macht. Dass ich die hundert Meter mit dem Porsche fahre, ist natürlich eine völlige Überzeichnung. Aber natürlich mache ich auch viele Sachen, die nicht ökologisch korrekt sind. Das ist auch mit dem Programmtitel „Milchbrötchenrechnung“ gemeint: Das Leben ist eine Milchbrötchenrechnung. Man macht immer wieder Sachen, von denen man denkt „das ist gut“, und am Ende erfährt man, es war doch Quatsch.

Haben Sie ein Beispiel dafür, dass was Gutes dann doch Quatsch war?

Bei Äpfeln zum Beispiel: Es kann sein, dass ein Apfel aus Neuseeland, der mit dem Schiff kommt, eine bessere CO2-Bilanz hat als ein deutscher. Denn der wird oft lange gelagert und dabei gekühlt. Das kann man ja gar nicht glauben. Man muss sich immer informieren und versuchen, auch mal locker zu bleiben und nicht zu denken, dass man im Leben alles richtig machen kann.

Anderes Beispiel: Im WDR-2-Adventskalender haben Sie die Geschichte erzählt, dass Sie Ihrer Familie vegane Schokolade gaben und danach sofort Spucktücher verteilten. Sie wissen doch genau, dass es auch leckere vegane Schokolade gibt.

Nein, das weiß ich nicht. Ich habe noch nie vegane Schokolade gegessen. (Mittlerweile hat er von Schrot&Korn
vegane Schokolade bekommen: Er mochte sie! Anmerkung der Redaktion) Aber in so einer kurzen Kolumne besteht immer die Gefahr, dass man Klischees bedient, die man eigentlich auch albern findet. Das ist in diesem Fall passiert. Das gebe ich offen zu.

Haben Sie denn was gegen Veganer?

Im Programm sage ich immer, dass ich einen Veganer kenne. Das stimmt: Mein Tontechniker ist tatsächlich einer. Und wenn ich dann auf der Bühne den Satz beginne: „... dieser Veganer, dieser nichtsnutzige, humorlose, dieser unterernährte, immer hungrige und nichtsnutzige Veganer ...“, bekomme ich oft schon Applaus von Leuten, die wirklich sagen, Veganer seien humorlos. Und dann vollende ich den Satz: „ ... um einfach mal die blödsinnigsten, billigsten und dümmsten Klischees abzuarbeiten ...“, dann freuen sich die Veganer und klatschen. Pausen sind bei mir wichtig. Der Satz ist erst zuende, wenn der Punkt gesetzt ist ...

Sind Sie Vegetarier?

Nein, ich esse alles, aber sehr wenig Fleisch. Und alles Essen kommt aus dem Bio-Supermarkt. Ich überlege immer mal wieder, ein Huhn zu halten und die Kinder irgendwann zu fragen: „Wollt Ihr das Huhn essen?“ Ich glaube, dass das viel bringen würde. Diese Chicken Nuggets, die man überall essen und kaufen kann, sind einfach zu anonym, mit denen hat man kein Mitleid. Das wäre natürlich anders, wenn die Kinder ein Tier mal richtig kennenlernen. Und dann würden sie auf die Frage, ob wir es denn nun schlachten sollen, bestimmt sagen: „Nein, wir machen das nicht!“

Zur Person:

Johann König ...

... nennt sich selbst gern „die depressive Stimmungskanone aus Köln“. Der heute 45-jährige Komiker wurde im Jahr 2001 mit dem Deutschen Comedypreis als „Entdeckung des Jahres“ ausgezeichnet. Den Durchbruch brachten vor allem Auftritte im Fernsehen: in der Harald Schmidt Show, im Quatsch Comedy Club und als Überraschungsgast bei „Zimmer frei!“.

Im vergangenen Jahr erschien sein Buch „Kinder sind was Wunderbares“. Außerdem ist er seit 2016 mit seinem Programm „Milchbrötchenrechnung“ auf Tournee. – Johann König ist verheiratet und wohnt mit seiner Frau und drei Kindern in Köln.
Tourdaten: www.johannkoenig.com

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