Umwelt

Nachgefragt in Göttingen

Bio-Weine werden immer besser. Das zeigt ein Blick in internationale Weinführer. Gerade deshalb fällt die Auswahl schwer

Der persönliche Weintipp

„Wein ist ein Produkt, das Ausstrahlung hat, sogar so etwas wie Magie“, sagt Boutros Al Jouni vom Laden Dolce Bio. „Diesen Zauber können wir Händler unseren Kunden näher bringen.“ Lebhaft beginnt er zu erzählen, von den Weinbergen, von den Reben und vom Keltern. Rund 40 Weinsorten stehen bei ihm im Weinregal. Viele davon hat er mit seiner Familie und Freunden selbst probiert. Das Hintergrundwissen eignete er sich in Zusammenarbeit mit seinem Weingroßhändler Naturian an. Einmal im Jahr findet eine abendliche Weinverkostung statt: Dann führen die Experten die Gäste in die Prinzipien des ökologischen Weinanbaus ein sowie in die Geheimnisse der Kellermeister. In entspannter Atmosphäre nach Ladenschluss kommen dann ganz besondere Tropfen auf den Tisch. Das Dolce Bio wurde 2003 vom Fachmagazin Feinschmecker für Sortiment und Ladenführung ausgezeichnet.

„Immer mehr berühmte Weingüter verzichten auf chemische Spritzmittel, weil diese der Qualität erwiesenermaßen abträglich sind“, erzählt Thomas A. Herrmann vom Bio Markt im Galluspark. Diese Tatsache beeindrucke viele Kunden. Der Ladeninhaber, der selbst gerne Wein trinkt, schaut von Zeit zu Zeit persönlich bei Winzern vorbei, um einen Eindruck von deren Arbeit und Produkten zu gewinnen. Sein Kollege Helmut Weber bestätigt: „Zum ökologischen Weinbau gehört noch einiges mehr als das Weglassen von Pestiziden. In jeder Flasche steckt Fachwissen und viel Fingerspitzengefühl.“ Das Angebot im Bio Markt richtet sich an alle Weinfreunde, auch an die anspruchsvollen. Entsprechend reichen die Preise vom Tafelwein für 1,99 bis zum edlen Tropfen, der bei 49 Euro liegt. 200 Sorten aus den europäischen Weinländern bieten einen Einblick in die Vielfalt, die in den letzten beiden Jahrzehnten an zertifizierten Bio-Weinen entstanden ist. Einige offene Flaschen und Weinkelche auf einer weißen Tischdecke laden die Kunden ein, auf Geschmacksreise zu gehen.

Wein passend zur Saison und direkt vom Winzer

Ein kleines, aber feines Sortiment nennt Volker Schluseneck vom Gemüseladen sein Eigen. Das auf Frische spezialisierte Geschäft bietet Obst, Gemüse und andere Erzeugnisse von vier Bio-Betrieben aus der Umgebung an. Etwa 20 Sorten Wein stehen im Regal neben der Käsetheke. Das Sortiment ist durchaus saisonal ausgerichtet: Im Mai stehen „Spargelweine“ im Vordergrund, im Sommer leichter Rosé und Prosecco, im Herbst Federweißer und Primeur. Außerdem, proklamiert der Ladner: „Ein guter Roter gehört zu jedem anspruchsvollen Essen dazu.“

Über zwölf Jahre schon besteht eine ganz besondere Beziehung zwischen Gisela Matthies vom Bioladen Südstadt und Familie Hothum vom Wein- und Sektgut am Rothes. Dreimal im Jahr fährt der Winzer aus Rheinhessen die Kisten direkt nach Göttingen. Ergänzt wird das 60 Sorten zählende Sortiment durch verschiedene Großhändler. Der Laden hat eine stabile Stammkundschaft und kann gut auf Wünsche und Vorschläge eingehen. „Viele Sorten haben wir auf Anregung im Regal.“ Gisela Matthies hat so engen Kundenkontakt, dass es ihr leicht fällt, in der Auswahl besondere Anlässe und Feste der Weinkäufer zu berücksichtigen.

„Wir bitten unsere Kunden um ihre Meinung, wenn sie eine neue Sorte probiert haben“, berichtet Sigrun Hafa von Schrot und Kern. Sie hat über 20 Jahre Naturkost-erfahrung in Göttingen und erinnert sich, wie gering früher das Weinangebot war. Heute hat sie zwischen 30 und 40 Sorten im Regal.

Neben dem Wissen und der eigenen Geschmackserfahrung, lässt sich die Ladenbesitzerin gerne vom Fachgroßhändler bei der Zusammenstellung des Sortiments beraten. „Die kleinen Schilder vom Weingroßhändler mit der Kurzcharakteristik der Weine sind uns eine große Hilfe. So findet sich der Kunde auch selbst einmal zurecht.“ Auf den Schildchen stehen Name, Jahrgang und eine Geschmacksumschreibung der Sorte in leicht verständlicher Sprache; außerdem der Hinweis, zu welchen Speisen der Wein gut passt.

„Wein und Käse sind ein gutes Gespann, deshalb haben wir diese beiden Sortimente aufeinander abgestimmt“, erklärt Michael Boyer, Inhaber des gleichnamigen Naturkostgeschäftes. Darüber hinaus sind Bestseller aus dem Angebot des Lieferanten vertreten – sowie Weine, die bei internen Verkostungen gut abschneiden. Boyer, der schon lange Naturkost verkauft, freut sich über die positive Entwicklung des Öko-Weinbaus und wünscht, dass die Vielzahl hervorragender Weine noch mehr Liebhaber findet.

Deutsche Weine holen auf

Nach wie vor sind die französischen und italienischen Tropfen auf der Beliebtheitsskala ganz oben. Vielleicht lässt sich die Tatsache darin begründen, dass es sich so schön in Urlaubserinnerungen schwelgt bei einem Glas Rotwein. Die deutschen Winzer haben jedoch in den letzten Jahren erfreulich aufgeholt und stellten bereits einige Jahre hintereinander etliche Siegerweine bei der Prämierung der Weine des Jahres auf der Naturkostmesse BioFach.

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