Kolumne

Von Porschefahrern in Zeiten der Öko-Diktatur

Leben wir in einer Öko-Diktatur? Unser Kolumnist Fred Grimm findet, wir wir davon ungefähr so weit entfernt wie er von einem Abendessen mit Rihanna.

Ich weiß nicht, ob Sie es schon gemerkt haben, aber wir leben seit Kurzem in einer Öko-Diktatur. Doch, doch, das muss stimmen. Schließlich habe ich es in den vergangenen Wochen immer wieder gelesen: in der "Welt", der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", im "Focus" und in all den anderen bedeutenden Blättern, die diese neue freudlose grüne Welt für uns ordnen.

Da wütet der Wirtschaftswissenschaftler Carl-Christian Freiherr von Weizsäcker gegen die "Zwangsernährung mit ökologischen Produkten". Da wird eine "jakobinische Öko-Diktatur" heraufbeschworen und da weint ein Herr Winand von Petersdorff in der FAZ: "Der Porsche-Fahrer, der Fernreisende, der Fleischesser, keiner kann sich mehr sicher sein vor dem öffentlichen Pranger."

Ich sehe sie schon vor meinem geistigen Auge: Die Selbsthilfegruppen ehemaliger Porschefahrer, die sich nach der Zwangsverschrottung ihrer Autos heimlich treffen und verbotene Aufnahmen von aufheulenden Porschemotoren hören. Oder die Spezialkliniken für anonyme Fleischesser – "Ich heiße Winand und esse Steak" –, in denen die, Verzeihung, armen Würstchen zu Therapiezwecken aus Salatblättern Bühnengarderoben für Lady Gaga nähen müssen. Um anschließend zwangsweise die Fallbeile vom Blut hingerichteter Fernreisender zu säubern, da Guillotinen nun mal zu einer "jakobinischen Öko-Diktatur" dazu gehören.

Es ist schon eindrucksvoll, welche Verwirrung die Wahl des ersten grünen Minis-terpräsidenten und der verabredete (Zeitlupen-)Ausstieg aus der Nutzung der Kernenergie in manchen Köpfen stiftet. Mir persönlich wäre es ja durchaus recht, wenn es diesem Lande beim Klimaschutz, beim Einstieg in eine neue Mobilitätspolitik, bei der Förderung der ökologischen Landwirtschaft, bei Ressourcenschonung und Energieeffizienz tatsächlich mal etwas entschlossener voranginge. Allein – wir werden sämtliche Klimaschutzziele auch in diesem Jahr wieder verfehlen.

Nach wie vor betonieren wir immer noch täglich mehrere fußballfeldgroße Landschaftsflächen zu oder fördern den Kauf von 250-PS-Dienstwagen. Von einer konsequenten Energiesparpolitik kann ebenfalls keine Rede sein. Im Gegenteil: Auto- oder Aluminiumindustrie freuen sich nach wie vor über subventionierten Billigstrom und steuerliche Sonderrechte als gäbe es für Konzerne eine Art Grundrecht auf die Zerstörung unserer Lebensgrundlagen.

Der Anteil von Bio-Produkten am deutschen Lebensmittelmarkt hat sich auf diktaturferne fünf Prozent eingependelt. Die Förderungen für den Umstieg auf den Öko-Anbau werden gerade im großen Stil zurückgefahren. Und von autofreien Innenstädten oder gar einem Tempolimit, das zu einer wirklichen Öko-Diktatur ja wohl dazugehören würde, sind wir ungefähr so weit entfernt wie ich von einem Abendessen mit Rihanna.

Fred Grimm

Ein lächelnder Mann vor einer Mauer

Der Hamburger Fred Grimm schreibt seit 2009 auf der letzten Seite von Schrot&Korn seine Kolumne über gute grüne Vorsätze – und das, was dazwischenkommt. Als Kolumnist sucht er nach dem Schönen im Schlimmen und den besten Wegen hin zu einer besseren Welt. Er freut sich über die rege Resonanz der Leser und darüber, dass er als Stadtmensch auf ein Auto verzichten kann.

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