Umwelt

Kleinste Teilchen, große Wirkung

Beim Sonnenschutz setzen Naturkosmetika auf mineralische Pigmente. Doch die winzigen Teilchen sind immer wieder im Gerede. Wie gefährlich sind Nanoteilchen wirklich?

Titandioxid reflektiert auf der Haut das Sonnenlicht und UV-Strahlen. Die Titandioxid-Pigmente wirken sofort nach dem Auftragen, schützen die Haut effektiv und werden besser vertragen als chemische UV-Filter. Damit das Auge den Schutzfilm nicht als weiße Schicht wahrnimmt, sind die Titandioxid-Teilchen winzig, 50 bis 100 Nanometer im Durchmesser. Doch genau hier liegt das Problem: Die Nanotechnologie gilt als die technische Revolution des 21. Jahrhunderts. Weltweit investieren Unternehmen Milliarden an Euro, forschen, entwickeln und bringen immer mehr Produkte auf den Markt, in denen verschiedenste Winzteilchen stecken, etwa Kunststoffe oder Lacke. Doch das Wissen um Risiken hinkt dem technischen Fortschritt weit hinterher.

Titandioxid soll Hirnzellen schädigen, bei Sonneneinstrahlung das Erbgut von Hautzellen angreifen und möglicherweise Krebs erregen. Dennoch steckt das mineralische Farbpigment in jedem naturkosmetischen Sonnenschutz. Internationale Umweltorganisationen wie zum Beispiel Friends of the Earth fordern bereits, Kosmetika mit Titandioxid zu verbieten. Was hat es mit der Substanz nun auf sich?

Problematisch beim Einatmen

Die Umweltverbände warnen davor, die Verbraucher zu Versuchskaninchen zu machen. Es gibt viele Hinweise darauf, dass Nanoteilchen problematisch sind. Vor allem, wenn sie eingeatmet werden. Das gilt jedoch nicht pauschal für alle Stoffe. Man muss sich den Einzelfall anschauen: Titandioxid hat im Tierversuch Krebs erregt. Die Ratten wurden jedoch nicht mit Sonnencreme eingecremt, sondern mussten große Mengen Titandioxidstaub einatmen. Zudem zeigte sich die Schädigung von Haut- und Hirnzellen im Reagenzglas mit reinem Titandioxid, nicht mit den daraus hergestellten UV-Filtern. Darin sind die Titandioxid-Partikelchen mit Fett oder Silikat ummantelt und dadurch hautverträglicher. Außerdem müssten die Nanoteilchen aus der Creme erst durch die Hornhaut bis zu den lebenden Zellen vordringen.

Gesunde Haut bildet Barriere

In dem EU-Projekt Nanoderm haben Wissenschaftler untersucht, ob die Haut als Barriere wirkt. Ihr Ergebnis: Die mit der Sonnencreme aufgetragenen Nanopartikel aus Titandioxid bleiben fast alle auf der gesunden Haut. Nur wenige Teilchen dringen über Minirisse in tiefere Hautschichten vor. Dies gilt im Wesentlichen auch für Zinkoxid, das ebenfalls als Pigment in Sonnenschutzmitteln eingesetzt wird. Kein Problem also. Der Leipziger Professor Tilman Butz, der Nanoderm koordinierte, schränkt jedoch ein: „Daten über entzündete Haut gibt es nicht. Sie wären wichtig, da es häufig vorkommt, dass man erst nach einem Sonnenbrand anfängt, sich zu schützen.“ Er plant deshalb eine Nachfolgestudie mit besonders trockener, entzündungsanfälliger Haut. Doch auch wenn nicht endgültig geklärt ist, wie sich die Nanoteilchen dabei verhalten, sollte man sich weiterhin gut eincremen, empfiehlt er: „Ein paar aufgeschnappte Nanopartikel sind weniger schlimm als ein Sonnenbrand.“ Sie sind nach Ansicht der Naturkosmetikhersteller auch weniger schlimm als herkömmliche chemische UV-Filter, die zum Teil hormonell wirken und sich in der Muttermilch anreichern. Abgesehen davon, dass diese Filter mit Emulgatoren, Konservierungsmitteln und Duftstoffen als „Chemiecocktail“ auf die Haut aufgetragen und danach intensiv mit Sonnenlicht bestrahlt werden. Das führt recht häufig zu Unverträglichkeiten und Allergien.

Offen ist, wie sich die Nanopartikel in der Umwelt, etwa einem Badesee, auswirken. Erste Versuche zeigen, dass Nanopartikel sehr unterschiedlich reagieren, wenn sie etwa von Fischen eingeatmet werden. Auch in diesem Fall müsste man die Wirkung mit der chemischer UV-Filter vergleichen. Denn eincremen sollten sich die Badenden auf jeden Fall. Schließlich gibt es in Deutschland jedes Jahr 140 000 neue Hautkrebsfälle – als wichtigste Ursache gilt das UV-Licht.

Dick aufgetragen

Zur Bestimmung des Lichtschutzfaktors tragen Testpersonen zwei Milligramm Sonnenmilch pro Quadratzentimeter Haut auf. Für den ganzen Körper bräuchte ein Erwachsener demnach 30 bis 40 Gramm. Die Tube sollte also nach dem vierten Einschmieren leer sein. Beim Sonnenschutz gilt: Viel hilft viel.


Dr. Hauschka

Lavera

Mehr als nur Filter

Pionier bei Sonnenschutz

Auch bei Dr. Hauschka/Wala kennt man die Diskussion um mögliche Gefahren des Titandioxids. Besorgte Anfragen deswegen gibt es jedoch kaum. „Die Menschen sind froh, dass es eine Alternative zu chemischen UV-Filtern gibt“, beschreibt Pressesprecherin Inka Bihler die vorherrschende Haltung der Kunden. Im Gespräch verweist sie auf die einschlägigen Forschungsergebnisse sowie die positiven Stellungnahmen der EU-Fachgremien.

Vor allem legen die Kunden Wert darauf, dass eine Sonnenmilch nicht nur schützt, sondern die Haut auch pflegt. Bei den Dr. Hauschka-Produkten übernimmt diese Aufgabe eine Pflanze, die optimal auf das Leben in praller Sonne und auf trockenen Böden eingestellt ist – die Kristallmittagsblume. Diese stammt aus Afrika, wächst inzwischen aber auch in Europa. Ihre Blüten öffnen sich erst, wenn mittags die Sonne brennt. Die dicken, fleischigen Blätter saugen Feuchtigkeit aus der Luft und binden sie fest ein. Zusammen mit der Universität Greifswald hat Wala die Pflanze erforscht. „Die Auszüge der Mittagsblume pflegen und beruhigen die Haut“, erklärt Inka Bihler. „Und sie helfen ihr, Feuchtigkeit zu speichern.“ Denn die wasserlöslichen Inhaltsstoffe der Mittagsblume ähneln den Feuchthaltefaktoren der Haut. Neben der Mittagsblume findet sich auch ein Extrakt aus Quittensamen in den Sonnenschutzprodukten. Der Samen wird wegen seiner Schleimstoffe in der Volksmedizin bei verbrannter und wunder Haut eingesetzt. Auszüge aus Sanddorn und Hagebutte tragen zum Schutz der Haut bei. Jojoba-, Mandel- und Avocadoöl halten sie geschmeidig.

Wenn die Medien wieder berichten, wie gefährlich Titandioxid sei, stapeln sich bei Sabine Kästner die Anfragen besorgter Kunden, vor allem aus England oder Dänemark, wo Nanoteilchen strenger in der Kritik stehen. Dann verweist die Laverana-Pressesprecherin auf Untersuchungen zur Haut als Barriere und erklärt, dass die Ummantelung das Titandioxid träge macht. „Die Lichtschutzfaktoren haben so keine Affinität, sich zu bewegen, weder in der Emulsion noch auf der Haut.“

Unter der Marke Lavera hat das Unternehmen 1990 die erste naturkosmetische Sonnencreme auf den Markt gebracht. Die Partikel waren groß, die Creme zäh, die Haut nach dem Auftragen weiß. „Das entsprach nicht den Verbraucheransprüchen“. Laverana verbesserte seine Produkte kontinuierlich. Das gelang auch deshalb, „weil beim Titandioxid die Entwicklung weiterging und die Rohstoffe immer besser wurden“, erzählt Sabine Kästner. Ohne diese Entwicklung wären Naturkosmetik-Innovationen wie etwa das erste Sonnenschutzspray oder höhere Lichtschutzfaktoren nicht möglich gewesen. Heute ist Lavera nach eigenen Angaben Marktführer beim Sonnenschutz. Die Firma stellt ihre Lichtschutzfaktoren ebenso wie den Calendula-Extrakt, der in jeder Sonnenschutzcreme enthalten ist, selbst her.

Für jedes Produkt mit neuer Rezeptur wird nach den aktuellen europäischen Empfehlungen der Lichtschutzfaktor neu bestimmt. Dass sich der Aufwand lohnt, belegt Sabine Kästner mit einer anderen Zahl: „Bei unseren Sonnenschutzprodukten liegt der Anteil an Reklamationen unter 0,001 Prozent.“

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