Ende November muss Karl Bär wieder nach Bozen fahren. Der Agrarexperte vom Umweltinstitut München steht dort vor Gericht – wegen übler Nachrede. Das Institut hatte 2017 kritisiert, dass die Südtiroler Obstbauern in ihren Plantagen zu viele Pestizide einsetzen. Jeder zehnte Apfel Europas wächst dort und wird auf konventionellen Plantagen bis zu 20 Mal im Jahr gespritzt. Deshalb nahm das Umweltinstitut die Südtiroler Tourismus-Werbung auf die Schippe und warb für „Pestizidtirol“. Ebenfalls angeklagt ist der Autor und Filmemacher Alexander Schiebel. Von ihm stammen das 2017 erschienene Buch und der Film „Das Wunder von Mals“. Darin schildert er, wie sich der Südtiroler Ort Mals zur pestizidfreien Gemeinde erklärte und welchen Aufruhr das entfachte.
Beides war dem Südtiroler Landesrat für Landwirtschaft, Arnold Schuler, wohl zu viel. Er stellte im September 2017 zusammen mit über 1300 Landwirten Strafanzeige. Die Staatsanwaltschaft in Bozen erhob daraufhin Anklage und so kam es am 15. September dieses Jahres zur ersten Verhandlung. Zuvor hatten über 100 Organisationen aus 18 Ländern in führenden italienischen Tageszeitungen kritisiert, dass hier auf undemokratische Art und Weise Kritiker mundtot gemacht werden sollen. Den Angeklagten drohen bei einer Niederlage im Prozess nämlich nicht nur Geldstrafen, sondern auch Schadensersatzforderungen.
Landesrat Arnold Schuler kündigte daraufhin an, seine Anzeige zurückzuziehen, machte aber zwei Wochen später einen Rückzieher. „Die Wahrheit zu sagen, ist in Italien nicht verboten“, sagte Nicola Canestrini, Rechtsanwalt der Beklagten. Er will im nun anstehenden Prozess 30 Sachverständige vorladen lassen und „beweisen, dass in Südtirol im Übermaß Pestizide ausgebracht werden und dass diese für Menschen, Tiere und die Umwelt gefährlich sind.“
Das Buch:
- Alexander Schiebel: Das Wunder von Mals. Wie ein Dorf der Agrarindustrie die Stirn bietet.
2017, Oekom Verlag, Softcover, 256 Seiten, 19 Euro
Mitmach-Aktion:
- Unterstützt das Umweltinstitut München und fordert Landesrat Schuler jetzt auf, die Strafanzeigen gegen Karl Bär und die Vorstandsmitglieder des Umweltinstituts München sowie gegen den Verleger Jacob Radloff einzustellen.
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