Umwelt

Jan Delay: „Ich bin ein Öko-Vater“

Der Sänger Jan Delay will, dass sich schon Kinder gesünder ernähren. Er erzählt, was sein Beitrag dazu sein kann, was er isst und warum er bei Festivals immer seine Tüte mit Bio-Lebensmitteln dabei hat.

Nächstes Jahr wirst Du 40. Hast Du Probleme damit?

Nein. Das Geile ist, dass jetzt nach und nach alle 40 werden um mich rum, auch meine Freundin, und deshalb werde ich schon ein paar Jahre lang gut herangeführt.

Man liest über Jan Delay, er sei ein linker Öko. Stimmt das? Und was ist das?

Wenn man als linker Öko gilt oder die anderen einen als so jemanden bezeichnen , dann kommt das als letztes daher, dass man rumgeht und allen erzählt, dass man ein linker Öko ist. Ich glaube, dass die Leute von Jahr zu Jahr immer unpolitischer werden. Ich habe im Großen und Ganzen immer noch die gleiche Haltung wie vor zwanzig Jahren. Deshalb sticht das automatisch viel mehr raus als früher. Ich bin einfach mit Bands aufgewachsen, die eine sehr politische Haltung hatten und auch eine Botschaft – das hat mir sehr viel gegeben für mein Leben. Auch wo ich geboren wurde und aufgewachsen bin, das macht mich zu einem politischen Menschen.

Zur Person Jan Delay

Jan delay 2

Jan Delay heißt eigentlich Jan Phillip Eißfeldt, ist 39 Jahre alt und hat eine Tochter. Er gilt als einer der wandlungsfähigsten deutschen Sänger: Hip-Hop, Reggae, Soul, Rock, Funk. Jan Delay machte 1995 in Hamburg Abitur und war Mitglied der Band (Absolute) Beginner. Sein erstes Soloalbum kam 2001 raus: „Searching for the Jan Soul Rebels“, 2006 folgte „Mercedes-Dance“, das in den deutschen Charts sofort Platz eins eroberte; wie auch drei Jahre später „Wir Kinder vom Bahnhof Soul“. Im April 2014 folgte sein bisher letztes Album. Titel: „Hammer & Michel“. Auf Tournee geht Delay mit der Band Disko No. 1.

www.jan-delay.de

Was tut dieser politische Mensch?

Der äußert einfach hier und da politische Gedanken. Wenn ich mich für etwas einsetze oder etwas supporte, was ich für eine gute Sache halte, dann wird das von einigen Leuten gleich als was Besonderes angesehen. Vor zwanzig Jahren war das ganz normal, wenn mal man eine Spende gemacht hat für Greenpeace oder sich in Hamburg für die Lampedusa-Flüchtlinge engagiert hat oder, oder, oder. Heute ist das irgendwie eine große Sache, und du bist dann halt ein Öko oder ein Linker.

Willst Du die Welt verbessern? Machst Du deshalb Lieder wie „Dicke Kinder“?

Ja, schon. „Dicke Kinder“ habe ich geschrieben, weil ich immer schon was machen wollte zum Thema Ernährung. Weil ich halt Entertainer bin, mache ich nicht in mies und sage: „Zucker ist schlecht und Weizenmehl auch, deshalb esst mal Dinkel, yeah yeah yeah!“ Das entertaint einfach nicht. Ich gehe mit so einem Thema oft lange schwanger, manchmal auch über ein, zwei Platten, weil mir dann einfach noch keine gute, unterhaltende Idee dazu eingefallen ist, um zum Beispiel das Thema Ernährung zu behandeln. Und in diesem Fall ist mir dann die Geschichte mit den dicken Kindern eingefallen.

Wenn der Song „Dicke Kinder“ heißt, dann hört halt jeder hin.

Das Lied kam gut an, wird immer wieder zitiert und zum Thema gemacht.

Das ist natürlich eine sehr punkrock-mäßige Herangehensweise, und vor allem die Art und Weise, wie das provoziert und ich immer darauf angesprochen werde, zeigt mir, dass es die richtige Herangehensweise war. Eigentlich müsste der Song ja „Dumme Eltern“ heißen. Aber „Dumme Eltern“ interessiert keinen. Wenn der Song „Dicke Kinder“ heißt, dann hört halt jeder hin. Natürlich habe ich hier und da was dafür auf den Deckel gekriegt, aber trotzdem haben viele Leute zugehört. Und das war es dann wert.

Wie ändern wir die Ernährung von Kindern und wie machen wir Eltern schlau?

Das ist das Problem, da bin ich begrenzt. Ich hab' ans Ende des Liedes eine Art Nachsatz gestellt: Dass Gemüse auch nicht teurer ist als Fastfood. Denn das ist letztendlich die Kernaussage: Es wird immer – auch unabhängig von dem Song – gesagt, wenn ich mit Leuten streite und diskutiere: „Bio ist zu teuer!“ Und dann heißt es immer: „Jaja, du kannst es dir ja leisten; du und dein Bio-Supermarkt!“ Aber das stimmt einfach nicht: Wenn ich zu Lidl oder zu Penny gehe und mir eine Tüte Chips kaufe, dann kostet die einfach genauso viel, als wenn ich mir im gleichen Laden frisches Gemüse kaufe. Das gibt es da für den gleichen Preis! Das Problem ist nur, die Leute haben keinen Bock, das zu schälen, das zu dünsten, das zu servieren und danach abzuwaschen. Da ist so eine Pizza eben viel einfacher gemacht. Da hast du am besten noch Pyrolyse in Deinem Ofen, dann musst Du noch nicht mal mehr den sauber machen. Fertig ist die Laube!

Wie verändern wir also das Denken und das Kaufverhalten?

Man muss Bewusstsein schaffen. Da bin ich aber begrenzt als Entertainer. Ich stelle mich nicht hin und mache Lieder, in denen ich genau beschreibe : „Dann nimmst Du das und dann das...“

Rezepte willst Du also nicht singen ...

Genau! Für die Rezepte gibts ja Euch! Jeder muss auf seinem Gebiet, in seinem Handwerk gucken, was er tun kann. Beispiel: Wenn ich im Bioladen an der Kasse stehe und da ein veganes Kochbuch sehe, das gut und lecker aussieht. Und dann steht da auch noch „schnelle vegane Küche“. Da bin ich sofort neugierig. Ich denke: „Wow!“, kaufe das dann und koche davon was; einfach nur, weil es mich auf einen positiven Weg gekriegt hat. So müssen wir versuchen, den Leuten gutes Essen schmackhaft zu machen.

Ist gesunde Ernährung auch für Deine Fitness wichtig?

Und wie! Vor über zwanzig Jahren, da haben wir uns an Wochenenden immer mal wieder Burger reingezogen. Da merkte ich, dass mein Magen rebelliert und dass ich rumkränkele. Wenn man auf Tour ist, muss man sich gesund ernähren. Die Leute haben mich ausgelacht, weil ich dann immer mein kleines Tütchen dabei hatte mit Sachen, die ich mir zu Hause extra vorher eingekauft habe. Das mache ich immer noch so, wenn ich auf Festivals fahre: Ich habe immer meine Bio-Supermarkt-Tüte dabei. Weil das Essen und das Catering auf Festivals so grottig ist. Das ziehe ich seit zwanzig Jahren durch. Die Basis von Fitness und live so eine Show machen zu können, ist Ernährung. Und: super viel trinken. Das ist krass wichtig. Ich haue bestimmt zwei, drei Liter raus, wenn ich eine Zweistundenshow mache. Also ich muss ich auch so viel trinken.

Man liest immer wieder: „Jan Delay rechnet mit Öko-Eltern ab!“ Was ist da los gewesen?

Ach, da hat eine Hamburger Tageszeitung einfach ein Zitat von mir aus dem Zusammenhang gerissen und eine Überschrift draus gemacht. Was soll das? Ich bin ja selber Öko-Vater! Und meine Eltern sind Öko-Eltern! Ich habe nicht mit denen abgerechnet. Mir ging es um diese Eltern von Konstantin und Ephraim am Prenzlauer Berg, wo meine Tochter geboren ist. Die treffe ich jeden Tag auf dem Spielplatz. Die werden zum Geigenunterricht gefahren und wieder abgeholt, die dürfen nicht allein auf die Straße, keinen Burger essen. Mein Kind soll erstmal selbst entscheiden. Darum geht das einfach: Kinder sollen nicht verweichlichen, sondern lernen, die Initiative zu ergreifen und Verantwortung zu übernehmen.

Jan Delay und Manfred Loosen

Jan Delay traf sich in Berlin mit Schrot&Korn-Redakteur Manfred Loosen vor einer Fernsehaufzeichnung.

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