Es ist einer von den vielen PR-Terminen für Frank Schätzing, kurz bevor sein neues Buch „Was, wenn wir einfach die Welt retten“ erscheint. Von Stress keine Spur. Im Gegenteil: Der Autor schenkt mir noch 10 Minuten extra – dem Klimaschutz zuliebe.
Was hat Sie dazu bewogen, dieses Buch zu schreiben?
Klimaschutz wird von Pessimismus und Ohnmachtsgefühlen dominiert. Wir müssen wieder ins Handeln finden, also habe ich letzten Herbst alles stehen und liegen lassen und dieses Buch geschrieben. Um der Debatte das Glaubenskriegerische zu nehmen, um die positiven Aspekte des ökologischen Wandels zu betonen. Wir haben jede Menge Optionen, wir müssen sie nur endlich umsetzen.
Man kennt Sie als Thriller-Autor, der düstere Zukunftsszenarien zeichnet.
Stimmt, ich habe Spaß am Zerdeppern. Das ist in der Populärkultur ein gängiges Stilmittel. Wenn es in der Fiktion zum großen Knall kommt, hat das immer eine kathartische Wirkung. Da Leugner und Skeptiker allerdings unterstellen, der Klimawandel sei eine Erfindung, wollte ich das Thema auf keinen Fall fiktionalisieren. Darum ein Sachbuch. Unterhaltsam, aber fest verankert in der Wissenschaft.
Frank Schätzing
Der Bestseller-Autor wurde 1957 in Köln geboren und studierte nach dem Abitur Kommunikationswissenschaften. Anschließend arbeitete Schätzing einige Jahre in der Werbebranche, eher er Mitte der 90er-Jahre als Schriftsteller reüssierte. 2004 gelang ihm mit „Der Schwarm“ ein internationaler Bestseller. Spätestens seit dieser Zeit beschäftigte sich Schätzing nach eigenen Angaben intensiver mit dem Thema Klimawandel – Thema seines aktuellen Sachbuchs „Was, wenn wir einfach die Welt retten“. Der Schriftsteller unterstützt mehrere Umweltschutzprojekte. einfachdieweltretten.com
Was machen Sie in Ihrem Buch anders als andere Klima-Buchautoren?
Keine Ahnung. Vielleicht gehe ich etwas positiver an die Sache ran. Ich versuche, das Thema in seiner Komplexität verständlich zu machen, weil wir nur bezwingen können, was wir verstehen. Viele Menschen haben keine Vorstellung davon, was es bedeutet, in einer zwei oder drei Grad wärmeren Welt zu leben. Uns fehlen die ikonischen Bilder, wie wir sie für Krieg, Überflutung, Waldbrand, Hunger kennen … Ich will die Konsequenzen der Erderwärmung erfahrbar machen und Lösungen aufzeigen. Und dass Klimaschutz die Welt besser machen kann.
Brauchen wir eine andere Erzählung, um die Dringlichkeit klarzumachen?
Absolut. Wir leben auf einem Planeten mit endlichen Ressourcen, tun aber so, als wären sie endlos. Wir müssen unsere Narrative ändern, etwa das von der ständigen Verfügbarkeit aller Güter in beliebiger Menge zu immer billigeren Preisen. Oder von der einen alleinseligmachenden Lösung, die das Klima rettet.
Woran machen Sie das fest?
Zum Beispiel an der Automobilindustrie: Die verabschiedet sich zwar gerade vom Verbrennungsmotor, hat aber in der Elektro-Mobilität das nächste goldene Kalb entdeckt. Bloß, mit einer einzigen Technologie werden wir die grüne Wende nicht schaffen. Wir müssen aus dem „Entweder-oder“ ins „Sowohlals-auch“ und auf allen Innovationsfeldern aktiv sein.
Ist das mit dem derzeitigen Politikpersonal überhaupt zu machen?
Klimarettung funktioniert im Dreiklang von Gesellschaft, Wirtschaft und Politik. Die Gesellschaft übt durch eine nachhaltigere Lebensweise Druck aus: auf die Wirtschaft, damit sie grüne Innovation vorantreibt und nachhaltige Wertschöpfungsketten implementiert, auf die Politik, damit sie entsprechende Rahmenbedingungen schafft. Ich denke, dazu bedarf es neuer politischer Akteure. Und die kann man – Stichwort persönlicher Handlungsspielraum – wählen.
Sind dafür Verbote nötig?
Regularien wie in Schweden, ab 2025 Neuwagen mit Verbrennungsmotor zu verbieten, halte ich für sinnvoll. Ansonsten finde ich es wichtiger, Anreize zur Verhaltensänderung zu schaffen. Was ich aus freien Stücken tue, stimuliert meinen Gestaltungswillen. Wir können Klimaschutz ja wie ein Game spielen: Je CO2-ärmer mein Verhalten, desto mehr Klima-Punkte sammle ich. Ich kann „master of climate“ werden.
Eher was für junge Leute, oder?
Nicht nur. Die Jungen setzen gerade die Zeichen, das stimmt. Aber ich glaube, der angebliche Konflikt Jung gegen Alt wird künstlich gepusht. Am Ende müssen wir alle zu Klimaschutz-Komplizen werden – ob alt oder jung. Wir sollten einander zugestehen, dass jede und jeder zur Klimarettung wichtig ist. Wertschätzung gibt Menschen ein positives Gefühl und motiviert. Mit dem moralischen Fallbeil kommen wir nicht weiter.
Menschen hören auf uns, ob wir wollen oder nicht.
In Ihrem Buch weisen Sie Fridays for Future eine zentrale Bedeutung zu. Wie unterstützen Sie die Bewegung?
Mit meinem Buch. Es ist mein Beitrag, um Menschen für Klimaschutz zu gewinnen. Ich kann den Forderungen von Fridays for Future in Talkrunden Nachdruck verleihen. Wir Prominente sollten vielleicht eine Art Klima-Netzwerk aufbauen. Da wir in der Öffentlichkeit stehen, tragen wir Verantwortung. Menschen hören auf uns, ob wir wollen oder nicht. Grundsätzlich bin ich davon überzeugt, dass die Welt nachhaltiger und gerechter werden muss, dass klimafreundliche Politiker ins Amt gelangen müssen. Dazu können wir beitragen. Jimmy Carter wurde mit maßgeblicher Hilfe der Popmusik-Szene Präsident der Vereinigten Staaten.
Sie sprechen in Ihrem Buch auch von Revolution. Wie würde die aussehen?
Definitiv friedlich: Weltweit finden sich gesellschaftliche Gruppen zusammen. Eine globale Welt-Klima-Bewegung wächst heran. Erreicht sie eine kritische Größe, kann sie einen Sogeffekt entwickeln und die Mehrheit für den nachhaltigen Wandel mobilisieren. Das kann plötzlich sehr schnell gehen. Industrien hätten dann gar keine andere Wahl, als grün zu produzieren, die Politik wäre gezwungen, den Wandel sozialverträglich zu moderieren.
Positiv gedacht: Welche Entwicklung würden Sie sich wünschen?
Sofort raus aus der fossilen Energie, die Erneuerbaren fördern, grüne Start-ups unterstützen und neue Arbeitsplätze in Zukunftsbranchen schaffen. Wer in der grünen Transformation seinen Job verliert und nicht umgeschult werden kann, muss aufgefangen werden. Es geht nicht alleine um Verzicht. Es geht darum, die Schönheit eines Lebens zu entdecken, in dem wir immer noch alles haben können, nur in Maßen und gerechter verteilt, damit sich der Planet erholen kann und mehr Menschen auskömmlich leben können.
Thrillerserie „Der Schwarm“
Frank Schätzings Bestseller „Der Schwarm“ wurde verfilmt. Die Thrillerserie ist ab Mittwoch, dem 22. Februar, in der ZDF-Mediathek und ab 6. März 2023 im ZDF zu sehen. In den acht Folgen der Serie geht es um den Kampf der Menschen gegen eine unbekannte Schwarmintelligenz, die in den Tiefen des Meeres lebt.
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