Umwelt

Die CO2-Diät

Unsere Essgewohnheiten tragen zum Klimawandel bei. Und das nicht wenig. Doch ohne großen Aufwand lassen sich ein paar Kilo CO2 abspecken.


Der Traum eines jeden Biofeinschmeckers: Gemütlich auf der Eckbank sitzen, schlemmen über Stunden hinweg und dabei noch die Welt retten. Zumindest ein bisschen. Damit der Traum wahr werden kann, braucht es nur ein wenig Disziplin. Wie bei jeder Diät.

Doch bei der CO2-Diät wird nicht an Kalorien gespart, sondern an Treibhausgasen. Nicht wir Esser sollen abnehmen, sondern die globale Erwärmung. Jedes Jahr isst jeder gut 500 Kilogramm Lebensmittel und verursacht dadurch Treibhausgase, die der Emission von gut zwei Tonnen Kohlendioxid (CO2) entsprechen.

Das ist etwa so viel, wie unser Auto im gleichen Zeitraum in die Luft pustet. Etwa 45 Prozent dieser Treib-hausgase entstehen bei der Erzeugung unserer Lebensmittel, also auf dem Acker, im Kuhstall, bei der Verarbeitung oder durch den Transport in den Supermarkt. Die größere Hälfte, 55 Prozent, verursachen wir, weil wir zum Einkaufen fahren, die Lebensmittel zu Hause in den Kühlschrank stellen und kochen.

Das Grundprinzip der CO2-Diät

Jedes Lebensmittel, das auf den Tisch kommt, hat seine Entstehungsgeschichte und damit eine bestimmte Menge emittierter Treibhausgase im Gepäck. Dieser ökologische Rucksack ist unterschiedlich groß. Wir können also gezielt Lebensmittel auswählen, die wenig klimabelastend erzeugt wurden. Das ist das Grundprinzip der CO2-Diät. Statt Kalorien zählt bei dieser Diät jedes Gramm Kohlendioxid, das bei der Erzeugung des jeweiligen Lebensmittels in die Luft geblasen wurde.

Der Einfachheit halber werden die Treibhausgase Methan und Lachgas, die in der Landwirtschaft reichlich anfallen, ebenfalls in Kohlendi-oxid umgerechnet, in sogenannte CO2-Äquivalente. Das Institut für Ökologische Wirtschaft hat für die Verbraucherorganisation Foodwatch exemplarisch einige Lebensmittel bilanziert. Da entspricht ein Kilogramm konventioneller Weizen 365 Gramm CO2. Die gleiche Menge Ökogetreide bringt nur 141 Gramm auf den Tisch. Der Anschaulichkeit halber vergleicht Foodwatch das mit den Treibhausgasen, die man beim Fahren eines sehr sparsamen Pkws in die Luft pustet: Ein Liter Ökomilch entspricht dabei 6,6 Kilometer Autofahrt. Pflanzliche Kost verursacht nur etwa ein Zehntel der klimaschädlichen Gase, die bei der Erzeugung entsprechender Mengen von tierischen Produkten anfallen. Besonders günstig schneiden frisches Obst und Gemüse ab.

Sie liegen zwischen 150 und 430 Gramm CO2 je Kilo. Brot und Nudeln kommen auf 650 bis 950 Gramm CO2, da schlägt die aufwendigere Verarbeitung zu Buche. Bei den tierischen Lebensmitteln haben Frischmilch, Joghurt und Eier noch die beste Klimabilanz. Je höher der Fettgehalt bei Molkereiprodukten, desto mehr Milch war für die Herstellung notwendig und desto klimaschädlicher sind sie. Beim Fleisch schneiden Huhn und Schwein deutlich besser ab als Rind. Das liegt am Verdauungssystem der Tiere. Eine Milchkuh rülpst pro Jahr im Durchschnitt 112 Kilogramm Methan in die Luft.

Das entspricht 2 350 Kilogramm CO2 oder einer jährlichen Fahrleistung von 18 000 Kilometern im Pkw. Auch wenn sich das auf 6 000 Liter Milch und eine Menge Salami und Suppenfleisch verteilt, schlägt es in der Klimabilanz voll durch. Im Schnitt erzeugen Biolebensmittel bei gleicher Menge ein Drittel weniger Treibhausgase als konventionelle Produkte.

Bei Obst, Gemüse und Getreide ist der Unterschied größer, bei tierischen Produkten deutlich geringer. Durch die weitere Verarbeitung und die Emissionen beim Transport und im Handel ebnen sich die Unterschiede etwas ein. Doch Bio bleibt klimaverträglicher. Nur bei Rindfleisch schneidet in einzelnen Studien die konventionelle Mast besser ab, unter anderem wegen der kürzeren Mastzeiten.

Übersee-Transport kann o.k. sein

Regionale Lebensmittel haben bekanntermaßen viele Vorteile - auch in puncto CO2-Emissionen. Im Vergleich relativiert sich aber manches: So muss sich ein Übersee-Transport nicht schlimmer auswirken als der Einkauf im Bioladen mit dem eigenen Pkw. Werden Lebensmittel allerdings eingeflogen, schießt die CO2-Bilanz unverhältnismäßig in die Höhe.

Fertigprodukte heizen dem Klima ein: Je stärker verarbeitet ein Lebensmittel ist, desto größer ist meist sein ökologischer Rucksack. Getrocknetes Kartoffelpulver für Püree oder Klöße ist praktisch, hat aber etwa 25 Mal mehr Treibhausgase angesammelt als frische Kartoffeln. Auch Tiefkühl-Produkte sorgen für einen Aufschlag in der Bilanz. Denn die Kühlkette vom Hersteller bis in die heimische Tiefkühltruhe braucht viel Energie. Um das Klima zu schützen, muss sich niemand kasteien.

Es geht darum, die Grundzüge der Ernährung klimatauglich zu machen. Ulrike Eberle vom Ökoinstitut beschreibt das so: „Ein geringer Fleischkonsum, viel Teigwaren und Kartoffeln, ein hoher Anteil an Obst und Gemüse und nicht zu viele beziehungsweise fettarme Milchprodukte tragen zu mehr Klimaschutz bei. Wird das Ganze aus ökologischem Anbau bezogen, verbessert das die Bilanz noch einmal.“

Bioveganer sparen 500 kg

Wer seine Ernährung umstellt, kann einiges an „ökologischem Gewicht“ loswerden. Wer vom konventionellen Allesesser (566 kg CO2/Jahr) zum Bioveganer wird, senkt seinen CO2-Ausstoß laut Foodwatch um 500 (!) Kilogramm. Ein Biovegetarier ist trotz Milchprodukten und Eiern noch über 300 Kilogramm „leichter“.

Auf den Einzelnen bezogen scheinen die paar 100 Kilogramm Kohlendioxid ohne Bedeutung. Das gilt auch für einzelne Kilometer, die man zu Fuß geht, anstatt sie mit dem Auto zu fahren. Wenn aber viele Menschen mitmachen, kommen relevante Mengen zusammen.

Das Potenzial ist groß. Denn nach Angaben der nationalen Verzehrsstudie sind erst 2,5 Prozent der Bevölkerung Vegetarier oder Veganer. Der Durchschnittsdeutsche hingegen verzehrt täglich 160 Gramm Wurst, Fleisch und Fleischgerichte. Frauen essen halb so viel Fleisch. Weltweit ist der Hunger auf Tierisches stark gewachsen. Um ihn zu stillen, halten Bauern 1,3 Milliarden Rinder und je eine Milliarde Schafe, Ziegen und Schweine. Um diese Tiere zu ernähren, wird immer mehr Regenwald abgeholzt.

Jeder entscheidet selbst

„Die Tierbestände müssen reduziert werden“, schreibt der WWF und fordert „eine radikale Veränderung in der Ernährung.“ Aber die Politik schafft es nicht, die Weichen neu zu stellen.

Im Gegenteil: Nach Angaben der Frankfurter Rundschau wurde ein Bericht aus dem Verbraucherministerium über Essen und Klimaschutz nicht veröffentlicht, weil dessen Inhalt „zu brisant“ gewesen sei. Darin wird gefordert, weniger Fleisch und mehr regional angebautes Obst und Gemüse zu essen und auf Luftfracht zu verzichten.

Klar, dass das der auf Export gepolten deutschen Lebensmittelindustrie nicht gefällt. Rajendra Pachauri, der Vorsitzende des UNO-Weltklimarats, geht nun mit gutem Beispiel voran: „Ich bin zum Vegetarier geworden, weil die Produktion eines einzigen Kilogramms Fleisch etliche Kilogramm CO2 freisetzt.“ Doch auch kleinere Schritte sind hilfreich, etwa den Sonntagsbraten wieder zu einem solchen zu machen. Auch für die CO2-Diät gilt eben: Es kommt auf jedes Kilo an.

Da lassen wir’s raus

Im Schnitt stößt jeder Deutsche im Jahr 11 Tonnen CO2-Äquivalente aus. Langfristig verträglich sind aber nur 2,5 Tonnen. Die wichtigsten Posten in der persönlichen Klimabilanz sind der private Konsum, Mobilität sowie Heizung und Strom mit jeweils einem Viertel. Die Ernährung steuert 15 Prozent bei.

Treibhausbeitrag der Landwirtschaft: 13 Prozent

Die deutsche Landwirtschaft emittiert pro Jahr über 130 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente. Das entspricht einem Anteil von 13 Prozent des nationalen Treibhauseffektes. Einen großen Beitrag leisten Moorböden, die entwässert und kultiviert wurden. In diesen Böden baut sich Torf ab, ein Prozess, der Kohlendioxid freisetzt. Noch höher würde der Treibhausbeitrag ausfallen, wenn die in Lateinamerika für den Sojabohnenanbau gerodeten Urwälder eingerechnet würden. Deutschlands Bauern verfüttern jedes Jahr fünf Millionen Tonnen Sojaschrot.

Globale Klimasünder

Weltweit gesehen verursacht die Landwirtschaft 14 Prozent der Treibhausgase. Ebenso viel steuern jeweils Verkehr und Industrie bei. Den größten Beitrag liefert mit einem Viertel aller Emissionen die Stromerzeugung. - Zu Ökostrom wechseln: www.stromwechseln-wirkt.de

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