Umwelt

Urlaub: Der Baum ruft

Schon seit Urzeiten begleiten uns Bäume durch die Entwicklungsgeschichte. Wir sind eng mit den grünen Riesen verbunden. Fünf ungewöhnliche Urlaubsziele erinnern uns daran.

Was kann ein Kind glücklicher machen, als auf Bäume zu klettern, an Seilen zu schwingen und sich mit Freudenschreien in den Baggersee plumpsen zu lassen? Unsere Vorfahren waren Baumbewohner und bevorzugten Lebensräume am Wasser. Kinder klettern, noch bevor sie laufen können. Das Klettern liegt uns also in den Genen. Dass Erwachsene das Klettern genauso lieben, zeigen die zahlreichen Kletterparks und Hochseilgärten, die in den letzten Jahren aus dem Boden gewachsen sind und mit Baumerlebnis inklusive Höhenkick locken. Da geht es auf Holzstufen und über Hängebrücken bis hoch in die Baumwipfel. Und wer mag, lässt sich am Seilzug gesichert im Sekundentempo nach unten fallen. Das weckt Instinkte.

Wir Menschen sind aufs Engste mit den Bäumen verbunden. Ohne ihr Holz hätten wir kein Feuer gemacht, keine Häuser gebaut, keine Schiffe, keine Räder. Auch unsere geistige Kultur ist mit den Bäumen verknüpft: Das Wort „Buch“ stammt von „Buche“ ab, weil die Germanen Schriftzeichen (Buchstaben) in Buchenholzblöcke einritzten. Den amerikanischen Ureinwohnern waren Bäume heilig. Wenn sie nicht weiterwussten, fragten sie in einem Ritual einen Baum um Rat. Auch Buddha meditierte unter einem Baum und wurde erleuchtet.

Wie der Wald die Welt zusammenhält

Dabei könnten Mensch und Baum kaum unterschiedlicher sein. Während wir Zweibeiner Kriege führen und rastlos von einem Ort zum nächsten eilen, bleibt der Baum einfach stehen, wo einst sein Same aufgegangen ist. Seine Äste streben in den Himmel, und unter der Erde verbindet sich sein mächtiges Wurzelwerk mit anderen Bäumen. Gemeinsam werden sie zum Wald und halten buchstäblich die Welt zusammen. Außerdem produzieren sie mit Hilfe von Sonnenlicht und Wasser unser Lebenselixier Sauerstoff.

Immerhin fast ein Drittel der Fläche der Bundesrepublik ist heute von Wald bedeckt. Von Nutzwald natürlich, abgesehen von dem minimalen Anteil ungestört wachsender Urwälder wie im Nationalpark Bayerischer Wald.

Doch der Wald ist vor allem auch dies: Erholungsgebiet. Nirgendwo sonst können wir körperlich und seelisch so gut regenerieren wie in der satten Luft des Waldes. Wissenschaftler bestätigen dies: Bewohner begrünter, baumreicher Bezirke bleiben auf Dauer gesünder. Kinder, die einen Waldkindergarten besuchen, sind kreativer und sozial kompetenter als andere Kinder. Wer eine Nacht im Baumhaus schläft, fühlt sich am nächsten Morgen wie neu geboren. Es scheint, als ob die Natur uns immer noch am besten helfen kann, unsere Mitte zu finden. Nicht nur im Kletterpark. Auf den folgenden Seiten finden Sie fünf anregende, erholsame Urlaubsideen, wie Sie sich den Bäumen annähern und dabei Kraft tanken können.

„Bäume sind Heiligtümer. Sie predigen das Urgesetz des Lebens“ – Hermann Hesse (Foto: Fotolia.com)

… ist eine Reise wert

Wenn wir erschöpft sind, bringt uns niemand so gut ins Lot wie die Natur. Vor allem der Wald birgt erstaunliche Möglichkeiten, uns selbst wieder näherzukommen. Eine Reise zu unseren entfernten Verwandten, den Bäumen.

Im Baumhaushotel

Aufwachen und vom Bett aus in ein grünes Blätterdach schauen: Wer Ruhe und Waldluft sucht, schläft am besten einige Meter über dem Boden im Baumhaus.

Eine Nacht im Baumhaus und die Welt ist in Ordnung. (Fotos: Baumhotel Solingen)

Was knarzt da so? Es wird doch wohl kein Ast abbrechen? Schritte auf dem Dach! Ein Eichhörnchen? Im Baumhaushotel schläft man geschützt vor Wind und Wetter im gemütlichen Kuschelbett im Holzhaus. Trotzdem ist man im Wald, meterhoch über der Erde, den Baumwipfeln nahe. Romantisch ist es und ruhig. Kaum hat man sich nach der Walduhr gerichtet, beginnt die Entspannung. Schon nach einer Nacht im Baumwipfel ist der Organismus „heruntergefahren“. Wie verwandelt fühlt sich der gestern noch gestresste Städter, wenn er am Morgen im Schlafanzug auf die Terrasse tritt und die Bäume begrüßt. Internet gibt es hier oben keins. Wohin man schaut, nur Bäume, Vögel und Luft.

Baumhaushotels erfreuen sich in Deutschland großer Beliebtheit und sind meist ausgebucht. Die Ausstattung variiert – die meisten Holzdomizile verfügen über eine Komposttoilette, ein Waschbecken sowie zwei bis sechs Betten. Die Kosten liegen zwischen 120 und 350 Euro pro Nacht. Frühstück wird auch dazugereicht – ein Picknickkorb vom örtlichen Bäcker wartet auf der Terrasse oder wird per Seilzug nach oben gezogen. Auch im Winter kann man im gedämmten, beheizten Holzhaus in luftigen Höhen übernachten. Kinder kommen in den krummen Baumhäusern der Kulturinsel in Sachsen voll auf ihre Kosten. Die luxuriöse Variante – mit Whirlpool, Fußbodenheizung, WLAN und Minibar – liegt mitten in einem Wolfsgehege in Niedersachsen.

Eine Nacht im Baumhaus ist pure Entschleunigung. Im Kuschelbett ein paar Meter über dem Waldboden herrscht eindeutig Ruhe vor der Welt.

Bei den Baumwipfeln

Auf Augenhöhe mit den Baumkronen: Baumwipfelpfade laden zum Spazieren gehen in 40 Metern Höhe über dem Waldboden ein. Bäumeschütteln inklusive.

Auf Baumwipfelpfaden dem Buntspecht ins Wohnzimmer schauen. (Fotos: Rüdiger Biehl)

Ein Baumwipfelpfad hat nichts mit einem Hochseilgarten gemeinsam. Hier kann man barrierefrei hoch oben zwischen den Baumkronen wandeln, den Wald aus der Eichhörnchenperspektive betrachten und dem Buntspecht ins Wohnzimmer gucken. Immer mehr dieser Spazierwege auf Stelzen sind in den letzten Jahren in Deutschland entstanden, der letzte wurde im Juni auf Rügen eröffnet. Die Wege aus Holz und Stahl sind auf bis zu 40 Meter hohen Pfählen aus stabilen Baumstämmen gebaut, die sicher im Boden verankert wurden. An manchen Stellen kann man die umstehenden Buchen oder Eichen berühren oder wird gar aufgefordert, sie ins Wanken zu bringen – um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie flexibel ein Baum sich im Wind wiegen kann.

Wagemutige können über seitlich eingebaute Hängebrücken oder Geschicklichkeitspfade balancieren. Das Tolle an einem Baumwipfelpfad ist: Er ist breit und selbst mit Kinderwagen oder Rollstuhl begehbar. Der weltweit längste Baumwipfelpfad steht im Thüringer Nationalpark Hainich (1300 Meter lang). Wie die anderen Pfade mündet er in einem spiralförmigen Aussichtsturm. Der Weg windet sich um eine Buche nach oben. Von dort hat man eine wunderbare Aussicht auf den gesamten Wald. Auf Rügen wartet ein wunderbarer Ausblick auf die Insel und die Ostsee. Stationen mit Schautafeln und Beobachtungsposten berichten von Specht, Eichhörnchen, Fledermaus und anderen Waldbewohnern.

Auf dem Baumwipfelpfad kommen wir den Bäumen und ihren tierischen Bewohnern so nah wie nirgendwo sonst. Wir begeben uns auf Augenhöhe.

Urlaub als Waldarbeiter

Eine Woche lang Bäume pflanzen: Dort, wo der Wald besonders gefährdet ist, organisiert das Bergwaldprojekt Hilfseinsätze. Mitmachen kann jeder über 18 Jahren.

Waldumbau im Harz mit standortheimischer Buche (Fotos: Bergwaldprojekt e.V.)

Den Urlaub in den Dienst des Waldes stellen – was könnte befriedigender sein? Nach einer Woche ehrenamtlicher Mitarbeit beim Bergwaldprojekt weiß man, was man getan hat: Jeden Morgen um 6 Uhr aufstehen, von 7 bis 17 Uhr Arbeit mit der Axt oder dem Wiedehopf im Wald. Übernachtet wird in einfacher Unterkunft, ohne warme Dusche. Bis zu 20 Freiwillige finden sich in einer Gruppe zusammen, um ihre Arbeitskraft unter Anleitung erfahrener Waldarbeiter zum Wohl des Waldes einzusetzen. Wetterfeste Kleidung und Bergschuhe sind unerlässlich. Junge Leute genauso wie Rentner können teilnehmen.

Der Verein Bergwaldprojekt organisiert seit 1991 Einsätze beispielsweise in jungen Nationalparks, wo im Zuge der Renaturierung neue Bäume angesiedelt werden, oder in den Bergen, wo der Wald in seiner Funktion als Lawinen- und Erosionsschutz unterstützt werden soll. In Deutschland gibt es derzeit etwa 36 Einsatzorte von Amrum bis zu den Alpen. Im Nationalpark Eifel wurden etwa Fichten gefällt, die nicht ursprünglich hier wachsen, und an ihrer Stelle Buchen gepflanzt. Neben Waldpflege werden Biotope wie die des Auerhuhns gepflegt oder trockengelegte Hochmoore vernässt, damit sie wieder CO2 speichern können.

„Bergwald“ heißt das Projekt, weil es aus der gleichnamigen Organisation in der Schweiz hervorgegangen ist. Auch in Österreich bittet der Verein jährlich etwa 1000 freiwillige Waldhelfer, mit anzupacken – und findet sie. Die Projektwochen sind meist ausgebucht.

Bäume pflanzen ist kein Zuckerschlecken. Doch das Gefühl, dem Wald eigenhändig zu helfen, macht alle Anstrengung wett.

Wellness im Wald

Entspannung mithilfe von Fichte, Lärche und Zirbe: Wald-Wellness lockt Erholungssuchende vor allem in die Alpen. Wir haben einige Angebote ausgewählt.

Auch Waldluft atmen ist Wellness. (Fotos: Hotel Forsthofgut)

Im Hotel Forsthofgut im österreichischen Leogang werden Wellnessgäste im Bademantel und mit festen Schuhen in den hausnahen Wald geführt. Der Behandlungsraum befindet sich draußen, in der von Tannenduft und Vogelgezwitscher erfüllten Waldluft.

Die Waldkräuter-Massage mit Extrakten aus 200 Alpen-kräutern soll den Gast in den Schwebezustand versetzen. Danach kann der Entspannungssuchende barfuß den Waldboden erkunden, um Rindenmulch, Moos und Wurzeln zu erspüren und so den Organismus auf Trab zu bringen.

In den Alpen floriert Wellness rund um Bäume und Wald. Das Naturhotel Waldklause im Ötztal ist aus Massivholz erbaut, Zimmer und Saunen aus Fichte, Lärche und Apfelbaum.

Besonders mit einer Baumart aber können österreichische Wohlfühlexperten punkten: mit der Zirbe. Laut einer Studie der Uni Graz wirkt das Holz der Kiefernart beruhigend auf Herz und Nerven. Der Geruch der Zirbe, genauer gesagt der Inhaltsstoff Pinosylvin senkt den Puls, sodass Menschen, die in Zirbenbetten schlafen, ihr Herz auch tagsüber entlasten. Zirbenholz riecht angenehm harzig. In vielen Alpenhotels kann man in Zimmern ganz aus Zirbe schlafen oder sich eine Massage mit ätherischem Zirbenöl gönnen. Entspannend wirkt auch ein Bad mit Zirbenhobeln im Badewasser.

Wellness aus dem Wald: Waldkräuter im Massageöl und Zirbenholz-Hobel im Entspannungsbad.

Wildnisschule

Sich einlassen auf die innere Ruhe, die sich einstellt in der Natur. Vogelstimmen erkennen, Tierfährten lesen: Wildniscamps vermitteln Wissen über den Wald, das in uns schlummert.

Immer mehr Menschen wollen Fertigkeiten fürs Draußen leben erlernen. (Fotos: Wildnisschule Chimgau)

Wie schmeckt eigentlich Baumrinde? Wie muss ich einen Feuerstein schlagen, damit daraus ein Funke springt? Welche Pflanzen im Wald sind essbar, welche sollte ich lieber nicht in den Mund nehmen? Solche Fragen sind für den Zivilisationsbewohner nahezu irrelevant. Trotzdem möchten immer mehr Menschen erfahren, wie es sich draußen lebt, im Wald. Eine Wildniswoche im Wald ist kein Survivaltraining. Es wird nicht hart geschuftet – außer, man ist gerade dabei, sich einen Unterschlupf für die Nacht aus Ästen und Laub zu errichten. Vielmehr geht es darum, auch mal eine Weile an einer Stelle zu sitzen und die Natur auf sich wirken zu lassen. Zu beobachten. Zu bemerken: Die Vögel zwitschern nicht nur drauflos, sondern kommunizieren miteinander. Sich einzulassen – auch auf die innere Ruhe, die sich langsam ausbreitet.

In einer dunklen Nacht im Wald kann man sich ganz schön fürchten – vor wilden Tieren oder anderen, diffusen Gefahren – doch erfahrungsgemäß verschwindet die Angst bald. Mehr und mehr nimmt man sich als Teil der Natur wahr. Wildnisschulen vermitteln neben Wissen darüber, wie sich der Mensch sinnvoll ins Öko-System Wald einfügen kann, auch alte handwerkliche Fertigkeiten wie Gerben. Und sie geben, beruhend auf den Lehren des amerikanischen Naturalisten Tom Brown, der ein Schüler des Apachen Stalking Wolf war, Einblick in uraltes Wissen der Naturvölker.

Eine Woche im Wald-Wildniscamp reaktiviert unsere angeborenen instinktiven Fähigkeiten.

Wir Waldmenschen

Die Reize der High-Tech-Welt überfordern unsere Sinne. Im Grün des Waldes müssen wir Augen und Ohren nicht anstrengen, weil wir uns in natürlicher Umgebung befinden.

Bücher und Links

Sperber, Georg; Thierfelder, Stefan:
Urwälder Deutschlands: Nationalparks, Naturwaldreservate und andere Schutzgebiete.
blv Verlag 2008, 159 Seiten, 29,95 Euro

Baumhaushotels:

Naturbelassen: Baumhaushotel Solling im „Waldgebiet des Jahres 2013“, Niedersachsen
www.baumhaushotel-solling.de
Luxuriös: Baumhaushotel Tree-Inn, Wolfcenter Dörverden
www.tree-inn.de
Komfortabel: Baumhaushotels Wipfelglück, Mönchberg und Rosenberg
www.wipfelglueck.de
Für Kinder: www.kulturinsel.com

Baumwipfelpfade:

www.baumwipfelpfad-baumkronenpfad.info
Links zu den Webseiten von Baumwipfelpfaden weltweit mit Infos zu Anreise und Preisen.

Urlaub als Waldarbeiter:

www.bergwaldprojekt.org
Termine zu Freiwilligeneinsätzen in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Spanien und der Ukraine.

Wellness mit Baum:

Wald-Spa im Hotel Forsthofgut Leogang,
www.forsthofgut.at
Naturhotel Wald-Klause,
www.waldklause.at
Bio-Hotel Panorama im „Zirbendorf“ Jerzens, www.panorama-jerzens.com

Wildnisschulen:

www.wildnisschulen.org
Webseite des Wildnisschulen-Netzwerks
www.wildnisschule-chiemgau.de
www.wildniswissen.de
www.corvus-wildnisschule.de u.v.a.

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