Die Zahnbürste ist das wichtigste Hilfsmittel bei der täglichen Pflege der Zähne. Im Gegensatz zur Zahncreme gilt sie als unverzichtbar. Doch sie hält nicht ewig - etwa alle drei Monate sollte man sie wechseln. Auch einige andere Dinge sind zu beachten.
"Gibt es die ideale Zahnbürste?", diese Frage wird immer wieder gestellt. Grundsätzlich, so der Anschein, sind sich die Experten einig. Bei näherem Hinsehen ist die Sache aber komplizierter, als uns die clevere Zahnarztfrau im Fernsehen weismachen will. Wer Fluor wie Sauerbier anpreist, dem ist vielleicht auch an anderer Stelle nicht zu trauen. Zum Beispiel bei der strikten Ablehnung von Naturborsten.
Naturborsten oder Nylon?
Der Streit ist noch nicht beendet
Die Gleichung "teuer ist gut" geht bei Zahnbürsten nicht auf. Die unterschiedlichen Preise sind primär das Ergebnis von Marktpolitik. Woran sonst läßt sich erkennen, ob eine Zahnbürste etwas taugt? Die meisten Mediziner raten zu einem Modell mit dichtem Bürstenfeld, der sogenannten Multitufted-Version, die gleichmäßige Reinigung garantiert. Empfohlen werden Borsten mittlerer Härte und ein breiter, abgerundeter Kopf, damit man bis in die entferntesten Winkel gelangt, ohne das Zahnfleisch zu verletzen. An Beliebtheit verloren hat die V-Bürste, weil beim maschinellen Zurechtschneiden der Borsten relativ scharfe Spitzen entstehen können ("Sägezahnschnitt"). Durch neuere V-Modelle mit geschliffenen Borsten wurde diese Gefahr aber weitgehend gebannt.
Der Griff kann gerade oder leicht abgewinkelt sein, sollte aber eine "Rutschbremse" haben und gut in der Hand liegen. Kinder brauchen eine spezielle Zahnbürste mit deutlich kleinerem Bürstenkopf und dickerem Griff. In Naturkostläden sind die Firmen Lavera und Monte bianco mit ihren Produkte vertreten.
Wegen der rauhen Oberfläche und der Hohlräume, in denen sich Bakterien einnisten können, lehnen Ärzte Naturborsten fast einhellig ab. Henri Maennlein, Hersteller der Zahnbürste "Monte bianco", widerspricht. Zwar böten Naturborsten rein rechnerisch gesehen tatsächlich mehr Nistplätze für Bakterien, doch seien auch Nylonborsten nicht völlig keimfrei. Die mögliche Infektionsgefahr durch Naturborsten werde überschätzt. Erkrankungen des Mund- und Rachenraumes würden weniger durch das verwendete Material begünstigt als durch mangelnde Mundhygiene oder Ernährungsfehler. Zahnärzte, die Naturborsten verteufeln, seien "oft bis unter die Haut beeinflußt von der Kunststoffindustrie".
Wenn man Naturborsten naß mache, so Maennlein, "werden sie eine Stufe weicher", was als Vorteil anzusehen sei. Sie geben nach und richten sich nach dem Trocknen wieder auf. Das jahrelange Putzen mit den unflexibleren Nylonborsten führe dagegen an den Zähnen zu einem unerwünschten Abrieb: "Nylon nutzt den Zahnschmelz ab."
Der Wechselkopf hilft,
Müll zu vermeiden
Allerdings ist auch Maennlein von der strikten Natur-Linie abgerückt. Als Monte bianco vor zwölf Jahren auf den Markt kam, war Kunststoff tabu. Heute tragen nur noch 60 Prozent der Bürsten einen Wechselkopf aus Schweineborsten.
Dennoch hilft die umweltfreundliche Austausch-Lösung, unnötigen Müll zu vermeiden. Sie war einer der Gründe dafür, daß Monte bianco seinerzeit schnell den Weg in die Naturkostläden fand. Dort bestimmt sie noch immer das Bild. Es gibt sie in extra hart, hart, mittelhart und weich, wobei alle Köpfe auf alle Griffe passen, auch auf das Kindermodell. Dieses ist wie die übrigen Varianten an der Farbe (violett) zu erkennen. Die Griffe sind aus Polyamid (ungefärbt) und Polypropylen (gefärbt), die Nylonkämme aus Polyamid. Die Schweineborsten bezieht Maennlein aus China, das "die weltweit beste Naturborsten-Qualität liefert. Wir hatten noch nie eine Reklamation." Die Borsten sind mit Wasserstoffperoxid gebleicht, um die Gelbfärbung abzuschwächen. Außerdem werden sie aus hygienischen Gründen mit Seife gekocht, "giftige Stoffe kommen nicht zum Einsatz." Und: Kein Tier, so betont Maennlein, müsse eigens für die Borsten-Produktion sterben.
Griff und Wechselkopf der Monte bianco-Bürsten hält eine solide Klemmverbindung zusammen, die beim Zähneputzen einen federnden Effekt ergibt. Daß sich der Wechselkopf im Mund vom Griff löst, hat Maennlein noch bei keinem seiner Kunden erlebt. Auch die beste Zahnbürste, so weiß man, erreicht nicht alle Zahnzwischenräume, die immerhin 30 Prozent der Gesamtoberfläche des Gebisses ausmachen. Neben kleinen Interdentalbürsten und kantigen Zahn-Hölzchen eignet sich hierfür besonders Zahnseide, die auch Monte bianco im Programm hat. Es handelt sich um "reine Naturseide, ungewachst."
Zahnbürsten trocken
und luftig aufbewahren
"Die Zahnbürste ist nur ein Instrument, ausschlaggebend ist die Putztechnik", sagt Claudia Reimer, als Zahntechnikerin für die Gesellschaft für Ganzheitliche Zahnmedizin (GZM) tätig. Leicht rüttelnde Bewegungen von hinten nach vorn und von innen nach außen sollten es sein. Weitere Expertentips sind wohl hinlänglich bekannt: Dreimal täglich Zähneputzen nach den Mahlzeiten und besonders nach dem Genuß von Süßigkeiten. Jeder weiß es, doch die wenigsten tun es. Drei Minuten lang sollte der Reinigungsvorgang dauern, für Hektiker eine Ewigkeit. Für alle Zeit sind Zahnbürsten auch nicht gedacht: Nach zwei bis drei Monaten muß eine neue ran. Zahnbürsten bleiben länger haltbar, wenn man sie luftig und trocken aufbewahrt. Werden sie feucht verstaut, freuen sich die Bakterien. Obwohl Reimer zugibt, daß "immer Keime an der Zahnbürste kleben", kommen Naturborsten für sie nicht in Frage. "Wer etwas anderes erzählt, hat Unrecht." Der Verbraucher gerät somit in ein Dilemma: Wem soll er vertrauen?
Bei den Empfehlungen für die Kinderzahnpflege setzt sich die Kontroverse zumindest in Teilbereichen fort. Zuerst die unstrittigen Fakten: Mit Zahnerkrankungen wie Karies können sich Kleinkinder auch bei Erwachsenen anstecken, da die Mundflora des Neugeborenen noch nicht in der Lage ist, Bakterien abzuwehren. Kariesauslösende "Mutan-Streptokokken" wandern ungehindert in den Babymund, wenn die Mutter zum Beispiel den heruntergefallenen Schnuller ableckt. Schon während der Schwangerschaft läßt sich das Risiko für das Kind deutlich verringern, indem die Eltern mit einem simplen Speicheltest überprüfen, ob sie an Karies leiden.
"Die beste Vorbeugung ist immer noch das Stillen"
Mit Wattestäbchen oder Mulläppchen können Eltern ihren Nachwuchs auf spielerische Weise an die Zahnpflege heranführen. Erst mit drei Jahren sind die Kleinen dann fähig, eine Bürste zu handhaben. Aber: Elektrische Zahnbürsten gehören nicht in die Hände von Kindern, weil sie sich sonst eine falsche Technik angewöhnen.
Ganzheitlich orientierte Mediziner sehen das "Ökosystem Mundhöhle" nicht als isoliertes Phänomen, sondern lediglich als Bestandteil eines komplexen Geschehens. "Fehlernährung, Bewegungsmangel und Fehlatmung sind die häufigsten Ursachen für Karies, Parodontopathien und Kieferanomalien", schreibt die GZM in ihrem "kleinen Einmaleins der Prophylaxe". Die beste Vorbeugung aber sei immer noch das Stillen. Bei Flaschenkindern und Schnuller-Benutzern habe die einseitige Förderung der Mundatmung (statt der gesünderen Nasenatmung) oftmals fatale Folgen. Die GZM propagiert als "wesentliche Säule" außerden eine vollwertige, überwiegend lacto-vegetabile und basenreiche Kost.
Kritik an Fluoridierung und Versiegelung der Backenzähne
Bei schulmedizinisch denkenden Zahnärzten geraten solche einfachen, preiswerten und wirkungsvollen Vorbeugemaßnahmen zunehmend ins Hintertreffen. Sie rühren lieber die Werbetrommel für den Einsatz von Fluorid und die Versiegelung der Backenzähne. Beide Methoden lehnt die GZM entschieden ab, wenngleich die gesetzlichen Kassen dafür anstandslos zahlen. "Wir nehmen mit der Nahrung genug Fluor auf", meint Claudia Reimer. Die zahnschmelzhärtende Substanz findet sich unter anderem in Vollkornbrot, Hülsenfrüchten, Seefisch sowie im Trinkwasser.
Die routinemäßige Verordnung von Fluortabletten von der Geburt bis zum zweiten Lebensjahr und die kostenlose Verteilung der Pillen im Kindergarten sieht die GZM mit Sorge. Erstens bestünden auch unter den Befürwortern Zweifel an der vorbeugenden Wirkung von Fluor, und zweitens "kann es leicht zu Überdosierungen kommen." Vor allem dann, wenn nicht geklärt ist, wieviel Fluor der Körper auf anderem Wege aufnehme.
Als "äußerst bedenklich" stuft die GZM die vorbeugende Versiegelung der hinteren Backenzähne bei Kindern ein. Das Pro-Argument: Milchzähne hätten auffallend viele Rillen, die schwer zu putzen seien. Zur Beseitigung dieser Tücke der Natur gießt man eine dünne Kunststoffschicht über die Beißerchen, um die unebene Oberfläche zu glätten. Damit die flüssige Masse richtig haftet, wird der Schmelz um die Fissuren herum mit Phosphorsäure aufgerauht. Der aufgetragene Kunststoff muß regelmäßig kontrolliert werden. Die verständliche Kritik der GZM: "So wird ein gesunder Zahn zum permanenten Pflegefall".
Hans Krautstein
Adresse:
Gesellschaft für Ganzheitliche Zahnmedizin, Eckenheimer Hauptstraße 111,
68239 Mannheim, Telefon 0621-476400, Fax 473949 (Auskunft montags bis freitags von 9 bis 11 Uhr).
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