Raus aus dem Schlafsack, den Reißverschluss am Zelt öffnen und schon wird der Blick frei auf die tief verschneite Bergwelt. Ansonsten vor allem – Stille. Kein Geräusch. Allein mit der Natur. Zeit für einen Kaffee, selbst gebrüht auf dem Lagerfeuer. Und dann ab auf die Ski. Klingt toll, und zelten im Schnee wird immer beliebter. Wir haben zusammengestellt, was es zu beachten gilt, damit Wintercamping zu einem nachhaltigen Erlebnis wird.
Wo kann man das Zelt im Winter aufschlagen?
Gesetze schieben der Romantik beim Wintercamping oft einen Riegel vor: In vielen Ländern ist Zelten in der freien Natur verboten oder nur stark eingeschränkt möglich. Ein Notlager ist zwar in der Regel gestattet, so ein Biwak im Voraus zu planen, allerdings nicht. In Winterlandschaften ohnehin nicht zu empfehlen. Auch, weil es Tiere in schneereichen Regionen nicht leicht haben, über den Winter zu kommen. Menschen, die sie gegebenenfalls zusätzlich aufschrecken, können sie nicht gebrauchen. Auf Nummer sicher geht, wer sich für einen offiziellen Campingplatz entscheidet. Das Campingportal des ADAC listet für Europa 342 Plätze auf, die Wintercamper willkommen heißen. Davon haben 128 explizit Plätze für Zelte, darunter das Zugspitz-Resort im österreichischen Ehrwald, direkt an der Seilbahn und Camping Jungfrau in Lauterbrunnen in der Schweiz mit Haltestelle für den Skibus.
Der Zeltaufbau beginnt vor allem im tiefen Winter mit einer besonderen Herausforderung, denn der Untergrund ist gefroren und daher deutlich härter als im Sommer. Eine Lösung sind spezielle Heringe, eine andere mit Schnee gefüllte Beutel. Solange es nicht taut, funktioniert das gut. Vorsicht ist unter Bäumen angebracht. Denn schneit es viel, können selbst große Äste brechen. Ebenfalls sollten Standorte an und unterhalb schön eingeschneiter, im Sonnenlicht glitzernder Hänge umsichtig gewählt werden. Dort heißt es, die Lawinenlage stets im Auge zu behalten. Ist das Zelten außerhalb von Campingplätzen erlaubt, ist es ratsam, nicht gleich ein wärmendes Lagerfeuer anzuzünden. Denn auch wenn Schnee gefrorenes Wasser ist, bedeutet das nicht, dass der Wald nicht auch im Winter brennen kann. Hier helfen Behörden oder die Eigentümer:innen des Landes weiter. Wenn ein Feuer erlaubt ist, bringt man sich das Holz am besten selbst mit. Äste von lebenden Bäumen zu reißen, schadet ihnen, und auch Totholz spielt eine wichtige Rolle im Öko-System, beispielsweise als Behausung für den Dreizehenspecht. Es sollte nicht einfach verheizt werden.
Das richtige Essen beim Wintercamping
Eine umweltfreundlichere Heiz-Alternative zu Holz ist Gas. Gut zu wissen: Die üblichen Gaskartuschen aus dem Sommer versagen bei kalten Temperaturen. Hier braucht es spezielle Mischungen für Minusgrade, die in Outdoor- und Campinggeschäften oder Fachgeschäften für Gas und Heiztechnik erhältlich sind. Am wenigsten Emissionen erzeugt eine mobile Induktionskochplatte – mit Anschluss an ein Solarmodul. Wenn die Wintersonne den Schnee glitzern lässt, funktioniert auch das gut.
Allerdings spielt in Bezug auf den Klimawandel die Zubereitung des Essens nur eine untergeordnete Rolle, erklärt Lisa Frien-Kossolobow, Expertin für nachhaltige Konsumstrukturen beim Umweltbundesamt (uba): „Nahezu 95 Prozent der anfallenden, klimarelevanten Emissionen werden durch die Art der Speisen verursacht, nicht durch die Zubereitung.“ Daher gilt wie zu jeder Jahreszeit: weniger tierische Produkte, mehr Bio und – wenn auch im schneereichen Winter anspruchsvoll – regional. Wichtig ist zudem, genügend Zeit fürs Kochen einzuplanen. Denn bei tiefen Temperaturen dauert es länger, seine Speisen im Freien zuzubereiten. Damit aus frischem Obst und Gemüse bei Minustemperaturen keine Tiefkühlkost wird, packt man es am besten in eine gut isolierte Kiste oder Box. Dort bleibt es für ein paar Tage gut geschützt vor der Kälte.
Checkliste: für's Wintercamping

- Zelt: Es sollte geräumig sein und ein Vorzelt haben. Es muss schneefest sein und Schneedruck aushalten. Wichtig: Klären, wie es bei gefrorenem Boden aufgebaut wird.
- Schlafsack: Auf die Wohlfühltemperatur als Richtwert achten.
- Isomatte: Der R-Wert für die Wärmedämmung sollte mindestens vier betragen. Hilft auch: mehrere Matten übereinander, zusätzliche Decken oder Felle.
- Kleidung: Alles fürs Zwiebelprinzip und für jede Wetterlage mitnehmen. Im Schlafsack die meisten Lagen weglassen.
- Schaufel: Lawinenschaufeln aus Aluminium mit Teleskopstil sind ideal, um das Zelt schneefrei zu halten.
- Schwerer Hammer: Für Verankerungen im Boden.
- Verpflegung: Frischware und Flüssigkeiten gefrieren schnell. Daher: Isolierte Behälter bzw. Kisten mitnehmen.
- Licht: Ausreichend Leuchtmittel einpacken und auf eine kältetaugliche Stromversorgung achten.
Anreise und Abreise mit dem Zelt im Winter
Praktisches gilt es außerdem zu beachten: Wohin mit den nassen Schuhen in der Nacht, damit sie am nächsten Morgen trocken und warm sind, aber nicht das Zelt verschmutzen? Wie baue ich einen Windschutz, der Schnee abhält? – Schnell wird die Packliste lang. Kommt noch eine Ski- oder Langlaufausrüstung dazu, ist eine gute Planung nötig, wenn das Verkehrsmittel der Wahl umweltfreundlich sein soll.
Dennoch sollten Zeltende diese zumindest nicht sofort verwerfen und aufs Auto setzen. Denn nach wie vor entstehen im Winterurlaub bei der Anreise die meisten Emissionen. „Die Alpen beispielsweise werden im Winter von Autolawinen überrollt. Von 45 bis 50 Millionen Touristinnen im Jahr kommen gerade einmal fünf Prozent mit der Bahn“, heißt es dazu bei der Umweltschutzorganisation WWF. Auch Hotels und Pensionen verursachen erhebliche Emissionen. Zu diesem Ergebnis kommen die Autorinnen und Autoren des Buchs „Tourismus im Klimawandel“, die vor allem die Lage in Österreich analysieren.
Das Öko-Institut hatte im Jahr 2013 im Auftrag des Caravaning Industrie Verbands Ökobilanzen verglichen. Campen schnitt besser ab als feste Unterkünfte wie Hotels. Allerdings macht die Studie keine Angaben zum Zelten im Winter. Erfreulicherweise haben in den vergangenen Jahren manche Hoteliers ihre Energieversorgung umgestellt, beispielsweise auf Erdwärme und Photovoltaik. „Wenn das spezielle BioHotels sind und sich da jemand etwas Kluges überlegt hat, kann das auch besser abschneiden als ein umfangreich ausgestatteter Zeltplatz“, sagt uba-Expertin Frien-Kossolobow.
Nachhaltigkeit beim Wintercamping
Eine wärmende Idee fürs Zelt ist etwa, sich am Abend eine oder zwei Thermosflaschen mit warmem Tee mit in den Schlafsack zu nehmen (siehe Interview unten). Klar ist: Heizen mit Brennstoffen ist tabu. Es besteht die Gefahr einer Kohlenmonoxidvergiftung. Der Schlafsack sollte, wie die gesamte Ausrüstung, für eine winterliche Umgebung gemacht sein (siehe Checkliste). Auch hier heißt es, genau hinschauen, wenn der Urlaub nicht nur in der Natur stattfinden, sondern auch noch umweltfreundlich sein soll. Denn bei der Produktion von Outdoorbekleidung werden häufig unter anderem Kunststoffe und Chemikalien eingesetzt. „Das gilt auch für Zubehör wie Zelte“, erläutert Frien-Kossolobow vom uba. Sie empfiehlt, vor dem Kauf zu schauen, ob man sich die Ausrüstung auch leihen kann. Falls nicht, verweist sie auf den Bundespreis Ecodesign, mit dem in den vergangenen Jahren auch bereits Outdoorbekleidung ausgezeichnet wurde, beispielsweise nachhaltiges Softshell-Material.
Wenn dann der Zeltplatz gewählt ist, die Ausrüstung und die Lebensmittel verpackt sind, steht dem Aufbruch in die Kälte nichts mehr im Wege. Das erste Mal Zelten im Winter muss ja nicht gleich bei maximal 14 Grad unter null im Schneesturm sein. Temperaturen um den Gefrierpunkt und Sonnenschein tun es auch. Dann glitzert der Schnee auch besonders schön, wenn man morgens aus dem Zelt schaut.
„Von Alkohol rate ich ab“

Nathalie Hölzl, Ärztin und
Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Berg- und Expeditionsmedizin.
Frau Hölzl, bis zu welcher Temperatur kann man im Winter unbedenklich zelten?
Es gibt keine absolute Niedrigtemperatur. Im Zelt und Biwak kommt man auch in kalten Nächten gut unter. Voraussetzung ist die entsprechende Ausrüstung.
Sonst?
Sonst können diverse Kälteschäden auftreten wie Erfrierungen von Ohren, Nasenspitze, Finger und Zehen. Das kann bis zum Verlust der Körperteile führen. Wenn man zu lange ungeschützt den kalten Temperaturen ausgesetzt ist, kommt es zudem zur Unterkühlung.
Gibt es Warnzeichen?
Ja, und dann sollte man so eine Unternehmung abbrechen. Die Haut verfärbt sich bei Erfrierungen im Frühstadium weißlich. Weitere Anzeichen sind kalte, taube Finger und Zehen. Erfrierungen sollten unverzüglich behandelt werden. Im Frühstadium einer Unterkühlung sind Verwirrtheit, Desorientierung und Schläfrigkeit ein Hinweis.
Haben Sie Wärmetipps fürs Wintercamping?
Gute Kleidung und ordentliche Schlafsäcke sind besonders wichtig und schützen vor Kälte. Darüber hinaus gibt es chemische Wärmepacks für den Schlafsack, die über mehrere Stunden Wärme abgeben und vor Ort aktiviert werden können. Oder eine Wärmflasche. Wir kochen auf Expeditionen abends heißen Tee und füllen ihn in halb isolierte Flaschen. Die geben die Wärme langsam ab und man hat ein Getränk. Das ist auch wichtig. Zu wenig Flüssigkeit fördert Erfrierungen. Von Alkohol rate ich allerdings ab, denn der begünstigt Wärmeverlust. Warme und süße Getränke sind sinnvoll.
Gilt das auch fürs Essen?
Da kann man normale Kost zu sich nehmen, Brotzeit oder etwas Gekochtes. Und natürlich Süßes. Diät ist beim Wintercamping fehl am Platz, der Körper benötigt ordentlich Kalorien.
Campingportal des ADAC: www.pincamp.de
Erfahrungsbericht und Tipps für Wintercamping: www.bergfreunde.de
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