Leben

Windeln, Schnuller, Strampelanzug

Heftig treten die kleinen Füßchen gegen die Bauchdecke. Noch acht Wochen. Höchste Zeit, all die Dinge zu besorgen, die ein Baby für den Start ins Leben braucht. Klar, dass für den kleinen Liebling nur gesunde, gut verträgliche Produkte in Frage kommen.

Heftig treten die kleinen Füßchen gegen die Bauchdecke. Noch acht Wochen. Höchste Zeit, all die Dinge zu besorgen, die ein Baby für den Start ins Leben braucht. Klar, dass für den kleinen Liebling nur gesunde, gut verträgliche Produkte in Frage kommen. Entscheiden müssen sich die werdenden Eltern auch, ob sie Mehrweg- oder Wegwerfwindeln einsetzen wollen. Wickeln und waschen oder riesige Mengen von Müll erzeugen?

Zugegeben, sie sind praktisch. Mit zwei Handgriffen verwandelt sich eine vollgekackte Windel in ein von außen besehen sauberes und fast nicht riechendes Bündel. Tonnendeckel auf - Bündel rein - Tonnendeckel zu. Genauso schnell ist die neue, trockene Windel wieder fixiert. Das Baby freut sich und die Mama auch. Weniger erfreut ist die Umwelt: Die Wegwerfwindeln vergrößern den Müllberg und verkleinern die Wälder, aus deren Holz der Zellstoff für die Füllung hergestellt wird. Also doch Zähne zusammenbeißen, Nase zuhalten und mit spitzen Fingern den fertig verdauten Bananenbrei von der Stoffwindel entfernen. Schließlich haben unsere Mütter das auch irgendwie geschafft. Und dabei hatten die nicht so bequeme Stoffwindeln, wie sie heute auf dem Markt sind.

Die Vielfalt bei den Wickelsystemen ist groß. Da gibt es die traditionellen Stoffwindeln zum Falten, die schon vor 50 Jahren benutzt wurden. Andere Systeme arbeiten mit an die Körperform angepassten Windeln, die durch wasserfeste Überhosen gehalten werden. Weiter verbreitet sind Binde- oder Strickwindeln, die mit angenähten Bändern fixiert werden. Am bekanntesten sind jedoch die Höschenwindeln, die vom Aussehen und der Handhabung her den Einwegwindeln gleichen. Sie erfordern am wenigsten Umstellung, sind jedoch in der Anschaffung teurer als Strickwindeln.

Das Funktionsprinzip ist bei all diesen Wickelsystemen gleich: Dem Babypopo am nächsten kommt ein dünnes Papiervlies. Es dient dazu, den Stuhlgang aufzunehmen und hält so die restliche Windel sauber. Beim Wickeln kommt das Vlies samt Inhalt ins Klo. Der Urin wird durch eine Baumwolleinlage aufgesaugt. Diese kann in die Windel integriert sein oder - in Form von gefalteten Mulltüchern oder eigens gefertigte Einlagen - zusätzlich hineingelegt werden. So kann das Saugvolumen von Mehrwegwindeln variiert werden, zum Beispiel für die lange Nachtzeit. Die Windel selbst wird mit Bändchen oder Klettverschlüssen fixiert und ist so gearbeitet, dass sie möglichst dicht abschließt, ohne zu zwicken. Schließlich soll ja nichts auslaufen. Damit eine durchfeuchtete Windel nicht den Strampler nass macht, gibt es Überzugshosen aus wasserdichter aber luftdurchlässiger Kunstfaser. Als atmungsaktivere Alternative aus nachwachsenden Rohstoffen bieten einige Hersteller aus dem Öko-Bereich zu diesem Zweck auch Wollhöschen an. Die Höschen- und Strickwindeln der Bio-Anbieter sind übrigens - im Gegensatz zu konventionellen Produkten - aus biologisch angebauter und ungebleichter Baumwolle. Auch die Schafwolle für die Überhöschen ist unbehandelt, stammt zum Teil sogar aus Demeter - Betrieben. Eine Besonderheit bei den Öko-Herstellern sind Windeleinlagen aus Bourette-Seide, die bei wundem Po verwendet werden. Der Stoff wird ohne Creme und Puder auf die Haut gelegt und unterstützt deren Heilung.

Heiße Höschen mit Treibhaus-Klima

Die Hersteller von Einwegwindeln zitieren immer wieder Studien, wonach die Haut am Babypopo beim Einsatz von Stoffwindeln stärker belastet werde als bei Einwegwindeln. Sie sei feuchter und anfälliger für Reizungen. In der Praxis machen viele Eltern die umgekehrte Erfahrung. Die Babys vertragen Stoffwindeln besser. Es kommt viel seltener zu Ausschlägen und Pilzinfektionen wie dem berüchtigten Windelsoor. Ein Grund dafür liegt im besseren Luftaustausch und den niedrigeren Temperaturen bei Mehrwegwindeln. Bei Einwegwindeln dagegen staut sich die Hitze und es entwickelt sich mit der Zeit ein Treibhausklima, das optimal für das Wachstum von Mikroorganismen ist.

Neben den positiven Auswirkungen auf Babys Wohlbefinden und die Umwelt (siehe Kasten) schonen Mehrwegwindeln auch den Geldbeutel. Rund 3.000 Mark kosten die 6.500 Wegwerf-Windeln, die ein Baby verbraucht, bis es, im Durchschnitt mit zweieinhalb Jahren, trocken ist. Das teuerste Mehrwegsystem, Höschenwindeln aus Bio-Baumwolle in drei Größen, kostet dagegen in der Anschaffung 1000 bis 1500 Mark, Strickwindeln etwa die Hälfte. Die Produkte sind so strapazierfähig, dass sie auch für das zweite Kind verwendet oder Second Hand verkauft werden können. Das Waschen mit der eigenen Maschine schlägt über zweieinhalb Jahre mit weniger als 500 Mark zu Buche. In vielen größeren Städten gibt es Windeldienste, die Stoffwindeln regelmäßig abholen und waschen. Zum Teil werden die Windeln sogar ausgeliehen. Wer einen solchen Service in Anspruch nimmt, zahlt ähnlich viel wie beim Einsatz von Einwegwindeln.

Immer noch werden in Deutschland allein für Babys Jahr für Jahr über 300.000 Tonnen Einwegwindeln produziert und weggeworfen. Trotz der unbestreitbaren Vorteile haben Mehrwegwindeln lediglich einen Marktanteil von etwa 20 Prozent, der nur langsam wächst. Denn sie müssen gleich gegen mehrere Vorurteile kämpfen: Etwa dass viel Waschen notwendig sei. Tatsächlich kommt nicht mehr als eine Waschmaschine voll alle drei Tage zusammen. Meist kommen die Windeln zusammen mit der 60-Grad-Wäsche in die Trommel, der Mehraufwand geht gegen Null. Auch ohne Trockner werden die meisten Windeln innerhalb von 24 Stunden trocken. Schneller geht es im Winter auf der Heizung (gut zur Luftbefeuchtung) und im Sommer an der Sonne. Unbequem sind Stoffwindeln nicht. Höschenwindeln werden wie Pampers gehandhabt und taugen daher auch für Babysitter mit Einweg-Erfahrung. Strickwindeln sind ebenfalls einfach zu wickeln, nur am Anfang etwas ungewohnt. Für Unterwegs lassen sich einige Stoffwindeln im Kinderwagen oder im Handgepäck verstauen. Für die dreckige Windel gibt es eigene geruchsdichte Säckchen. Eine zugebundene Plastiktüte tut es ebenfalls.

Kein Vorurteil ist es, dass Kinder in Einwegwindeln trockener liegen, besonders in den Exemplaren mit Spezialabsorbern aus Polyacrylat. Die verwandeln den Urin in ein Gel und halten so die Haut trocken. Da kommen Stoffwindeln zwar nicht mit. Doch den Babys macht das nichts, da durch das atmungsaktive Naturmaterial die Nässe nicht so unangenehm wirkt, wie bei den luftdichten Einwegwindeln. Erst wenn das Kind mit 15 Monaten allmählich lernt, den Schließmuskel zu kontrollieren, empfindet es die Nässe als störend. Das ist auch gut so, weil es dadurch in vielen Fällen schneller sauber wird.

Babykleidung - die zweite Haut

Kleine Babys sind empfindlich. Umso wichtiger ist es, schädliche Stoffe von ihnen fernzuhalten. Das gilt natürlich fürs Essen, aber auch für die Kleidung, die hautnah mit den Kleinen in Kontakt kommt. Kein Wunder, dass viele Eltern, die Wert auf natürliche Baby-Nahrung legen, auch auf die Qualität der Textilien achten. Eine ganze Reihe von Herstellern - darunter auch alle Anbieter von Öko-Windeln - haben Strampler, Jäckchen und andere Kleidungsstücke im Programm. Gemeinsam ist ihnen, dass die Fasern aus ökologischem Anbau oder ökologischer Tierhaltung stammen und nicht chemisch behandelt wurden. Sogar auf eine Färbung wird in vielen Fällen verzichtet. Um nicht nur naturfarbene Produkte anzubieten, verarbeiten manche Hersteller farbig gewachsene Baumwolle, die es in grünen und braunen Farbtönen gibt. Am gefragtesten sind Ringelmuster. Fast alle Produkte tragen das Siegel des Internationalen Verbandes der Naturtextilwirtschaft IVN, die höchste Auszeichnung für Naturtextilien. Die Mitglieder dieses Verbandes bieten auch wichtiges Zubehör: vom Mützchen über Lammfelle zum Kuscheln bis hin zum Plüschtier. Auf dem Markt ist sogar ein Öko-Kinderwagen, der ohne PVC, problematische Farbstoffe und andere schädliche Chemikalien auskommt. Eingesetzt werden statt dessen so weit möglich Naturstoffe wie Schafwolle, Kork und Bio-Baumwolle.

Sobald die Kleinen beginnen, sich aufzurichten und die ersten Schritte zu machen, brauchen sie Schuhe. Hier gibt es eine Reihe an Produkten, meist aus pflanzengegerbtem Leder. Sie sollen dort, wo Barfuss laufen nicht möglich ist, die Füßchen schützen und dennoch einen möglichst engen Kontakt zum Boden ermöglichen. Ein Standardartikel der natürlichen Babyausstattung sind die farbenfrohen Tragetücher. Das Vorbild dafür lieferten Generationen von Frauen aus aller Welt, die sich seit Jahrhunderten ihre Babys an den Körper binden. So können sie unkompliziert und mit ihren Kindern aufs Engste verbunden ihrer täglichen Arbeit nachgehen.

Leo Frühschütz


Klare Rechnung für die Umwelt

Um die Frage zu beantworten, ob Mehrwegwindeln tatsächlich umweltfreundlicher sind als Pampers & Co. sind von 1989 bis 1995 einige Öko-Bilanzen erstellt worden. Sie verglichen die Umweltbelastungen in den verschiedenen Bereichen von der Herstellung bis zur Entsorgung. Das Ergebnis war, dass keine gravierenden ökologischen Vorteile für Stoffwindeln sprechen würden. Sie würden zwar weniger Abfall produzieren, verbräuchten aber wesentlich mehr Wasser als Einwegwindeln. Das Ergebnis solcher Studien hängt stark von den jeweiligen Annahmen ab: Wie oft wird gewickelt, wieviel Waschmittel wird gebraucht, wie lange halten die Windeln. Bei den meisten dieser Studien wurden die Mehrwegwindeln bei den Annahmen von vorne herein benachteiligt. Völlig außer Acht blieb, dass es Windeln aus Bio-Baumwolle gibt, für deren Herstellung weder Dünger noch Pestizide verwendet werden. Auch der Einsatz umweltverträglicher Baukastensysteme bei den Waschmitteln wurde nicht berücksichtigt. Die Öko-Bilanz von Mehrwegwindeln lässt sich weiter verbessern, wenn mit 60 Grad gewaschen wird. Kochen oder Bügeln ist nur bei Pilzinfektionen notwendig. Bleibt der Trockner aus, wird zusätzlich Energie gespart.

Mehr Infos

  • Eine EDV-Ingenieurin und Mutter hat zum Thema Stoffwindeln eine hervorragende Internetseite zusammengestellt. www.naturwindeln.de ist unabhängig von einzelnen Herstellern und bietet eine komplette Marktübersicht mit Bezugsquellen und Preisen. Alle Wickelsysteme werden detailliert erklärt, es gibt Erfahrungsberichte von Eltern, einen Flohmarkt und vieles mehr.
  • Die Adresse des nächsten Windeldienstes erfährt man beim Verband der deutschen Windeldienste, Neuenhauser Str. 12, 51491 Overath, Tel. 02206 / 858579, Internet www.vdwev.de.
  • Aufklärung über Schadstoffbelastungen in Baby-Produkten bietet die Zeitschrift Öko-Test in ihrem Sonderheft Kinder, Ratgeber Schwangerschaft und Geburt 2/2000.
    Zu bestellen beim Öko-Test Leser-Service Postfach 360520, 10975 Berlin, Tel. 01805 / 393933, Fax 393934.

TBT in Windeln

Im Mai 2000 entdeckte Greenpeace in einer Reihe von Wegwerfwindeln das hochgiftige Tributylzinn (TBT). Die Chemikalie kann schon in kleinsten Konzentrationen Hormonhaushalt und Immunsystem stören. Zwei Monate später hatten fast alle Hersteller ihre Produktion so umgestellt, dass die Windeln TBT-frei waren. Eingeschleppt worden war die giftige Substanz über die Rohstoffe. TBT wird in der Kunststoffindustrie als Hilfsstoff eingesetzt.

Bezogen werden können diese Produkte in einer Reihe von Naturkostläden und Naturtextil-Fachgeschäften sowie bei einschlägigen Versendern und in vielen Fällen auch direkt bei den Herstellern. Deren Adressen finden Sie unter www.naturkost.de.

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