Leben

Wechseljahre bei Männern: Gibt es das?

Ärzte streiten darüber, ob es die Andropause bei Männern gibt. Aber als Mann fühlt man es deutlich. Woran man sie erkennt und was man tun kann.

Man zweifelt ja doch an sich. Irgendwann. Und wenn ich sage „man“, dann meine ich mich. Ich würde das aber niemals zugeben, schließlich bin ich ein Mann. Deshalb sage ich „man“. Es ist kompliziert. Sehr sogar, denn wir sprechen hier über etwas, das es möglicherweise gar nicht gibt: Die männliche Menopause ist unter Fachleuten so umstritten, dass sie nicht einmal einen feststehenden Namen hat. „Andropause“ wird manchmal als Äquivalent benutzt, hat aber den ulkigen Nebeneffekt, dass es auf jeden Fall falsch ist. Menopause bedeutet „Ende der Regelblutung“, Andropause wäre das „Ende des Mannes“, und ganz so schlimm ist es ja dann doch nicht. Es fühlt sich nur manchmal so an.

Was ist der Unterschied zwischen Midlife-Crisis und Andropause?

Denn was es ganz sicher gibt, ist ein Gefühl. Diese drückende, deprimierende Schwerlast des eigenen Nachlassens, wenn die Haare dünner werden und der Bauch dicker, wenn die Knie wehtun und der Arm nicht mehr lang genug ist, um das Buch weit genug wegzuhalten. Wenn Männer im nur sogenannt besten Alter plötzlich den Impuls verspüren, den Kragen ihres Polohemdes hochzuklappen und sich ein Cabriolet zu kaufen. Die Symptome der Andropause überlappen sich mit denen einer Midlife-Crisis, und vielleicht ist beides sogar dasselbe.

Aber die Andropause beschreibt im Prinzip das Absinken des Testosteron-Levels, damit fängt alles an. Denn Testosteron ist schließlich, was Männer zu Männern macht. Und zwar wörtlich: Es ist das Hormon, das dafür sorgt, dass sich bei männlichen Körpern in der Pubertät Penis und Hoden entwickeln. Allerdings ist das Männerbild vom Testosteron ein bisschen aus der Zeit gefallen, eher Typ 50er-Jahre: Ein hoher Testosteronspiegel macht aggressiv, übermütig und sorgt für Muskeln und Haarwuchs überall – außer auf dem Kopf.

Allein der Name: Es ist ein Kunstwort aus Hoden (Testis) und Steroid, sehr macho. Wenn Testosterons Leben einmal verfilmt würde, sollte es von Bruce Willis gespielt werden. Es ist das „Alpha-Tier-Hormon“. Und irgendwann zwischen Mitte 30 und 50 beginnen Männer, jedes Jahr ein bisschen weniger davon zu produzieren, pro Jahr etwa ein bis zwei Prozent. Sie werden dann innen und außen weicher und weniger übermütig. Manchmal sogar traurig, bis hin zur Depression, Hormone machen sowas, aber für Männer ist das eine neue Erfahrung. Schön ist das nicht, im Gegenteil, es macht sogar ein bisschen Angst.

Und so kommt es, dass ich nachts vor dem Rechner sitze, „Wechseljahre bei Männern“ in die Suchmaschine tippe und immer verwirrter werde. Es gibt jede Menge Informationen dazu, vor allem die, dass manche Ärzte schlicht dagegen sind, den schleichenden Verlust von Testosteron mit dem sehr klar erkennbaren Klimakterium der Frau – die irgendwann keine Regel mehr bekommt, und das ist dann die klare Grenze – zu vergleichen. Die korrekte Bezeichnung sei „Partielles Androgen-Defizienzsyndrom beim alternden Mann“, gerne in der Abkürzung PADAM, und das klingt wie ein Trommelwirbel zum Abschied von der Libido, Padam! Die hängt nämlich auch am Testosteron, Padam! Und mehr noch, es ist ein Krankheitsbild, das behandelt werden muss. Verdammt. Ich meine: Padam!

Altern im männlichen Körper

  • Mit dem Alter sinkt (meist ab etwa 40 Jahren) der Testosteronspiegel. Die Symptome sind eine stark verminderte Libido, Konzentrations- und Gedächtnisschwäche, Nervosität, Depressionen, Muskelabbau, Schwäche, Gewichtszunahme am Bauch, Gelenkbeschwerden, verringerte Knochendichte. Ob Sie zu denen gehören, die Unterstützung durch Einnahme von Testosteron brauchen, was unwahrscheinlich ist, klären Sie bitte unbedingt mit ihrem Arzt.
  • Grundsätzlich hilft ein gesunder Lebensstil mit viel Bewegung auch gegen den Testosteron-Abfall – also: nicht rauchen, wenig Alkohol, (Kraft-)Sport.
  • Gegen manche Symptome helfen aber auch Heilkräuter, zum Beispiel Johanniskraut gegen depressive Verstimmungen, Brennnesseltee oder Teufelskralle gegen Gelenkschmerzen, Melisse beruhigt die Nerven.

Warum Hormon-Pillen gegen das das Älterwerden keine gute Idee sind

Mangelndes Testosteron lässt nicht nur die Libido einschlafen, es kann zu Osteoporose führen, abgesehen von erschlaffenden Muskeln, einem dickeren Bauch und Haarausfall (der dann leider auf dem Kopf). Es kann sogar so schlimm werden, dass man Testosteron einnehmen muss. Die gute Nachricht ist, dass es geht. Die schlechte: Das Zweite, worauf man stößt, wenn man sich online auf die Suche nach Hilfe oder wenigstens ein bisschen Orientierung macht beim bescheuerten Älterwerden, ist ein riesiges Angebot an Testosteronpillen zum Bestellen. Und da sind sich alle Ärzte einig: Das ist keine gute Idee. Wirklich gar nicht. Pillen sollte der Arzt verschreiben, falls es wirklich nötig ist, und das ist nur bei einem kleinen Teil der Männer der Fall.

Aber es gibt eine Reihe Dinge, die wir alle tun sollten. Denn einerseits sind unser Körper und unsere Gefühle den Hormonen unterworfen. Aber offenbar funktioniert das in beide Richtungen. Die Hormone hören auch auf uns. Ein paar Dinge sind klar: Alkohol und Zigaretten sind schlecht, keine Überraschung. Auch der dicke Bauch ist nicht nur eine Folge des sinkenden Testosteronspiegels, er führt auch in eine Abwärtsspirale, denn gerade Bauchfett wandelt Testosteron in, ausgerechnet, Östrogen um.

Wie Kraftsport gegen schwindendes Testosteron helfen kann

Aber der erstaunlichste Teil ist, dass wir uns nicht nur schwächer fühlen ohne das „Alpha-Tier-Hormon“, es reagiert darauf, wie wir uns geben. Bei Versuchen wurden unterschiedliche Testosteron-Level bei Männern gemessen, je nachdem, ob sie in sich zusammengesunken dasaßen oder zurückgelehnt mit den Füßen auf dem Tisch. Wie gesagt, das Bild von Männlichkeit wirkt, ähem, leicht überholt, aber ein bisschen den Macho raushängen zu lassen steigert tatsächlich das Testosteron. Es sieht allerdings möglicherweise lächerlich aus, also Vorsicht. Zum Glück gibt es eine perfekte Art, gleichzeitig die eigene Nachkriegsmännlichkeit zu pflegen und den Folgen des abnehmenden Macho-Hormons entgegenzuwirken: die Muskeln trainieren.

Wenn es eine Wunderwaffe gegen das Altern gibt, gegen das Schwinden des Selbstbewusstseins und sogar die depressive Verstimmung, dann ist es Krafttraining. Es muss nicht einmal exzessiv sein, es braucht keine riesigen Hanteln, regelmäßiges Yoga reicht. Beim Joggen ist das nicht ganz klar, es ist auf jeden Fall gesund, also nicht aufhören, aber unbedingt ein oder zwei Mal die Woche auch die Kraft trainieren. Es tut auf allen Ebenen gut.

Übrigens ist Sport auch das Geheimnis, wenn man im Netz nachts neben Tipps auch ein bisschen Solidarität sucht. Wer wie ich online „Wechseljahre beim Mann“ eingibt, der findet außer Informationen von Fachleuten auch ein paar Forenbeiträge zum Thema. Mehr Ergebnisse gibt es, wenn man ein bisschen anders sucht. Nach „Muskelaufbau im Alter“ zum Beispiel. So nennen wir das jetzt. Padam!

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