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Warenkunde: Deos

Viele Menschen benutzen täglich Deos - so selbstverständlich wie die Zahnbürste. Konventionelle Produkte bringen reichlich Chemie auf die Haut. Naturkosmetik bietet sanfte Alternativen, die strenge Gerüche binden, ohne den Schweißfluss zu unterdrücken.

Deos

Viele Menschen benutzen täglich Deos - so selbstverständlich wie die Zahnbürste. Konventionelle Produkte bringen reichlich Chemie auf die Haut. Naturkosmetik bietet sanfte Alternativen, die strenge Gerüche binden, ohne den Schweißfluss zu unterdrücken.

"Hilfe, mein Deo hat versagt". Mit diesem Satz hat die Kosmetikindustrie unzähligen Menschen ein schlechtes Gewissen eingeredet - wegen ihrer natürlichen Ausdünstungen. Ohne ein paar parfümierte Duftnoten unter den Achseln oder dem Deostift in der Handtasche geht seitdem niemand mehr aus dem Haus. Der heimliche Ekel vor dem eigenen Körper gehört fast schon zum guten Ton. Manchmal riecht der Schweiß in der Tat unangenehm, vor allem dann, wenn wir unter Stress stehen. Dafür ist weniger die ausgeschiedene Flüssigkeit selbst verantwortlich, es sind vielmehr die auf der Haut siedelnden Bakterien, die den Schweiß zersetzen.

Schon früher, als bei Hofe das Waschen noch verpönt war, hat man strenge Gerüche mit allerlei Parfüms überdeckt. Ursprünglich waren Deodorants also geruchstilgende Mittel, wie auch das Lexikon erklärt. Erst später wurden den Duft-Deos Wirkstoffe beigemischt, die das Bakterienwachstum direkt einschränken. Diese können natürlichen Ursprungs sein wie Thymian- Nelken- und Minzöl oder synthetischer Herkunft wie das hoch giftige Triclosan. Chemische Bakterizide sind zwar wirksam, haben aber einen Nachteil: Sie bringen die natürliche Keimflora der Haut aus dem Gleichgewicht.

Für noch fragwürdiger halten Dermatologen und Ganzheitsmediziner Stoffe, die den Schweißfluss unmittelbar hemmen. Etwa Aluminiumchlorohydrate, die das Schwitzen dadurch verhindern, dass sie die Schweißdrüsen verengen. Auch sie können das Hautbild negativ beeinflussen und zu Juckreiz und anderen Beschwerden führen. Immerhin kann sich die Haut nach ihrem Absetzen wieder vom Stress erholen.

Die Deos aus dem Bioladen lagen bei Öko-Test ganz vorn

Einige Ingredienzien herkömmlicher Deodorants scheinen äußerst bedenklich. Die Zeitschrift Öko-Test (8/2000), die 47 Deo-Sprays und -zerstäuber untersuchte, kam zu alarmierenden Ergebnissen. In 17 Produkten fand man polyzyklische Moschus-Verbindungen, in einem (Calvin Klein) sogar das extrem umstrittene Nitromoschus als künstlichen Duftstoff. Es gilt als krebsverdächtig, ähnliche Stoffe können Nerven- und Erbschäden hervorrufen. Die genannten Substanzen reichern sich außerdem im Körper an und verursachen häufig Allergien. Neun Mal entdeckten die Prüfer den Bakterienstopper Triclosan, eine halogenorganische Verbindung, die oft mit Dioxinen verschmutzt ist und die Leberfunktion beeinträchtigen kann. Phthalate, die den in Deos verwendeten Alkohol vergällen und ungenießbar machen, damit der Hersteller keine Branntweinsteuer bezahlen muss, wurden in acht Fällen geortet. Weil Phthalate ins menschliche Hormonsystem eindringen, sind sie als Weichmacher in Babyspielzeug inzwischen verboten. Auch Polyethylenglykole (PEG), die gerne als Emulgatoren benutzt werden, können Schadstoffe in die Haut schleusen. Dass Fette aus Erdölprodukten (Paraffine) die natürliche Hautfunktion stören, ist seit langem bekannt. Paraffin-Dosen von mehr als 10 Prozent führten bei den Öko-Testern zur Abwertung. Unter dem Strich konnte das Magazin nur sechs Deos "rundherum empfehlen", darunter die Zerstäuber von Lavera, Sante, Walter Rau und Weleda, die im Bioladen verkauft werden. Sie gehören zu den Besten und sind eher hochpreisig, reißen aber nicht so große Lücken ins Portemonnaie wie aufwendig designte Deo-Chemie.

In den Deos aus dem Naturkostladen werden selbstverständlich keine aggressiven Chemikalien eingesetzt, die Zutaten für Kräuterextrakte und ätherische Öle stammen überwiegend aus kontrolliert ökologischem Anbau. Die Naturkosmetikfirmen betonen vor allem die milde, hautschonende Wirkung ihrer Deos. Bei der Firma Walter Rau gibt es neben einem Deo-Zerstäuber auf Alkoholbasis (55 Prozent) einen Roll-on mit geringerem Alkoholgehalt (35 Prozent) und einen Deo-Stick. "Am populärsten sind Sprays", sagt Susanne Ganz von der Abteilung Labor/Entwicklung. Weil empfindliche Personen mitunter auf Alkohol mit Hautrötungen reagieren, sei eine feine Zerstäubung äußerst wichtig. Durch spezielle rückfettende und reizreduzierende Eigenschaften halte man das "irritative Potential" in Grenzen. Für eine Deomilch hat sich Dr. Hauschka entschieden, die dort in zwei Variationen angeboten wird: Mit Rosenblüten, die eher blumig duften, und mit Salbei, das wegen seiner würzig-herben Note vor allem Männern behagt. Beide Deos wirken sowohl pflegend als auch desodorierend, wie Julia Richter, Referentin für Presse und Öffentlichkeitsarbeit, betont. Die Poren würden nicht verschlossen und die natürliche Hautfunktion bleibe erhalten.

Bei Logona verweist Bettina Bockhorst auf den Öko-Test vom April 1998, bei dem der Deo-Roller Ylang-Kava als einziger unter 40 Produkten die beste Note "empfehlenswert" bekam. Er baut einmal auf Citronensäureester, der die enzymatische Zersetzung des Schweißes an der Hautoberfläche hemmt, zum anderen auf die ätherischen Öle von Ylang-Ylang und Kava-Kava, die beruhigend und ausgleichend wirken. Der Deo-Roller Ylang Kava gehört zur gleichnamigen Körperpflegeserie und wurde speziell für sensible und trockene Haut entwickelt.

Ein Kapitel für sich sind Deo-Kristalle, die in letzter Zeit zunehmend populär wurden. Weil sie weder Konservierungs- noch Duft- oder sonstige Begleitstoffe enthalten, gelten sie bei vielen Herstellern und Anwendern als ausgesprochen hautfreundlich. Die Prüfer von Öko-Test waren jedoch anderer Meinung und sprachen Deo-Kristallen derlei positive Eigenschaften ab. Der Grund: Alaun, ein schwefelsaures Doppelsalz, aus dem die Kristalle bestehen, wird vom Deutschen Arzneibuch als adstringierend und hautreizend eingestuft. "Sehr zu unrecht", so Martin Holzlehner, der Produzent des im Naturkosthandel vertriebenen "Holzlehner's Original Deo-Kristall", werde dieses Pauschalurteil auf die Mineral-Deos übertragen. Dabei enthielte keines der im Handel befindlichen Deo-Kristalle chlorierte Aluminiumsalze, wie man unterstelle. Deo-Kristalle bestünden gewöhnlich aus unchloriertem Aluminium- und Ammoniumsulfat, manchmal auch Kaliumsulfat.

Das Gros der konventionellen Standardware wird in großen Blöcken aus Fernost importiert, wo man Alaun als billiges Basis-Material für die Papier- und Lederindustrie herstellt. In Deutschland werden die Blöcke zu handlichen Sticks geschliffen und in Drogerien und Discountläden teuer verkauft.

Im Gegensatz zu diesem großtechnischen Produkt fertige sein Betrieb den Deo-Kristall aus kristalliner Tonerde (Ammonium-Alaun) und Felsquellwasser selbst an, sagt Holzlehner. Aufgrund seiner festeren Gitterstruktur, die er der Mehrfach-Kristallisation verdanke, gebe der Ammonium-Alaun beim Befeuchten nur winzige Teilchen an die Haut ab. Weder würden die Poren verstopft noch die Transpiration beeinträchtigt.

"Am besten hilft normales Waschen"

Auch Martin Plassonke, Geschäftsführer der Firma Alva, findet die Abwertung der Deo-Kristalle durch Öko-Test "völlig unerklärlich. Wir haben viele Hautärzte zu Rate gezogen. Der Mineral-Deo ist absolut neutral". Alva bietet seinen in Mittelamerika produzierten Deo-Kristall in zwei Variationen an: Als stärker wasserlöslichen Kalium-Alaun für Menschen, die viel schwitzen, und als festeren Ammonium-Alaun für die normale Haut. Beide gibt es - ergänzt durch natürliche Duftstoffe - auch als Spray.

Obwohl auch Naturkosmetik-Herstellerin Martina Gebhardt in Deo-Kristallen "noch die bessere Alternative" sieht, hält sie Deodorants "im Grunde für überflüssig. Es hilft auch normales Waschen". Wer auf die desinfizierende und duftreduzierende Wirkung von ätherischen Ölen und Alkohol vertraue, so Gebhardt, müsse diese in hohen Konzentrationen verwenden, und dies sei "nicht gerade reizfrei". Ein spezielles Deo hat sie daher nicht im Programm, doch könne man bei Bedarf auch Rosen-, Ginseng- oder Salbeiwasser auftragen. Dass Schweiß für die Ausscheidung von Schlacken und Giften von zentraler Bedeutung ist, werde leider meist vergessen. Oft sei eine "kaputte Standflora" infolge falscher Ernährung in Verbindung mit nicht atmungsaktiver Kleidung die wahre Ursache der Geruchsbildung. Hier sollte man ansetzen.

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