Leben

Teebaumöl: Der Alleskönner aus Australien

Teebaumöl hat einen festen Platz im Bioladen – als Kosmetikum und als Heilmittel. So wird das ätherische Öl hergestellt und angwendet.

Der englische Kapitän James Cook (1728-1779) ist Schuld daran, dass Teebaumöl einen irreführenden Namen trägt. Seit der berühmte Seefahrer seiner erschöpften Schiffsmannschaft an der Ostküste Australiens einen Erfrischungstee aus den Blättern von Melaleuca alternifolia bereiten ließ, wurde die Pflanze überall als Teebaum bekannt. Mit dem indischen Teestrauch hat das Myrtengewächs aber nicht das Geringste zu tun. Es handelt sich um eine alte Heilpflanze, die australische Ureinwohner schon vor Jahrhunderten für Umschläge gegen Entzündungen, zur Wundreinigung, gegen Verbrennungen und Insektenstiche benutzten.

Um 1925 ergaben chemische Analysen, dass das ätherische Öl der Teebaumblätter fünf Mal stärker wirkt als gängige Desinfektionsmittel. Doch mit dem Siegeszug der chemischen Antibiotika geriet der Teebaum vorübergehend in Vergessenheit. Seit Mitte der 1970er Jahre erlebt der Teebaum jedoch in Australien und anderen Teilen der westlichen Welt eine erstaunliche Renaissance.

Die Heimat des Teebaumöls

Die Heimat des Teebaumes liegt an der Ostküste Australiens. Zwar soll es auch in Afrika, Südamerika und Indien Anbauversuche gegeben haben, aber mit mäßigem Erfolg. Da der Bedarf von Teebaumöl auf dem Weltmarkt stark gestiegen ist, beschränken sich die Australier längst nicht mehr nur auf das Sammeln der wild wachsenden Blätter und Astspitzen des Teebaums, die alle zwölf bis achtzehn Monate geerntet werden können, ohne dass die robuste Pflanze Schaden leidet. Einheimische Farmer haben inzwischen riesige Teebaum-Plantagen angelegt, die zum Teil die Ausdehnung einer mittleren deutschen Großstadt erreichen.

Der Trend zur Massenproduktion

Betrug die Produktion von australischem Teebaumöl 1990 noch 20 Tonnen, so war sie im Vorjahr bei 140 Tonnen angelangt. Der Trend zum allseits erhältlichen Billigartikel, dem Teebaumöl unterliegt, hat verheerende Auswirkungen auf die Ökologie. Meist wird mit Kahlschlag, nicht selten mit illegalen Brandrodungen Platz geschaffen für Neuanpflanzungen von Teebäumen, auch uralte Bäume wie Eukalyptus müssen dabei weichen. Der massive Einsatz von synthetischen Düngern und Pestiziden ist im konventionellen Anbau die Regel. Um den verbreiteten Wurzelschimmel zu verhindern, werden Unmengen an Fungiziden in den Boden gepumpt. Dazu kommt das aufwendige Bewässerungssystem, das zu sinkenden Grundwasserspiegeln und letztlich zur Austrocknung ganzer Regionen führt.

Weil Quantität des Öls im Vordergrund steht, sind die Reihenabstände so eng, dass die Bäume sich nicht richtig entfalten können. Das Ergebnis: ein gegenüber dem ökologischen Anbau zwar drei bis viermal höherer Ertrag, aber ein minderwertiges Öl. An diesem Horrorszenario wird sich nach Meinung von Carl-Michael Diedrich, Inhaber der Naturkosmetik-Firma CMD, "so lange nichts ändern, wie dem Endverbraucher der Preis wichtiger ist als die Qualität".

Teebaumöl aus ökologischem Anbau und Wildsammlung

Die vergleichsweise kleine Zahl der Naturkosmetik-Hersteller, die reines Teebaumöl verkaufen, achtet im Gegensatz zu den Massenproduzenten besonders auf umweltschonende Gewinnung und hochwertige Wirkstoffzusammensetzung der Öle. Die Öle kommen aus kontrolliert ökologischem Anbau oder aus Wildsammlungen. CMD und Primavera bieten beide Sorten gesondert an, bei Alva und La Florina werden sie zu einem Produkt gemischt.

Da der australische Staat die Entnahme aus dem Busch neuerdings schärfer überwacht, wird Wildsammlung auch von Ökofirmen akzeptiert. Kenner behaupten, das Öl wild gewachsener Pflanzen sei das Beste von allen. Dieser Meinung ist man auch bei Idunn, wo nur Wildwuchs-Öl gelistet wurde. Kontrolliert ökologische Teebaumöle findet man ansonsten bei Amyris, CMD, Heuschrecke, Primavera und Tautropfen. Um Großverbrauchern eine preiswerte Alternative zu bieten, hat Primavera als einziger Anbieter auch ein konventionelles Öl im Sortiment.

Auf die Qualität des Teebaumöls kommt es an

Die Ölqualität ist nicht nur von der Aufzucht der Bäume, sondern auch von Art und Dauer der Wasserdampfdestillation abhängig, mit der Teebaumöl ausschließlich gewonnen wird. Während manche der im 30-minütigen Schnelldurchgang destillierten Öle bei Temperaturen von über 140 Grad regelrecht "verbrennen", bleiben bei der drei- bis vierstündigen Erhitzung unter 100 Grad die wichtigsten natürlichen Ingredienzen erhalten. Zwei davon werden als Indikatoren für die Ölqualität immer wieder in der Literatur erwähnt: 1,8-Cineol und Terpinen-4-ol. Der Gehalt an 1,8-Cineol (Eukalyptol), einer potenziell hautreizenden Substanz, darf nach den Vorschriften der Vereinigung australischer Teebaumerzeuger, ATTIA, maximal 15 Prozent nicht überschreiten.

Allerdings sind Öle mit Cineol-Konzentrationen von 10 bis 15 Prozent nur für die Desinfektion von Räumen und Fußböden geeignet, nicht aber für Heilzwecke und Kosmetika. Für diesen bevorzugten Anwendungsbereich gilt die Obergrenze von 5 Prozent unter seriösen Anbietern als Konsens. In Drogerien und Supermärkten werden bisweilen Billigöle mit höherem Cineol-Gehalt ohne nähere Erklärung verkauft.

Der Gehalt an Terpinen-4-ol im Teebaumöl sollte über 35 Prozent liegen, hierin herrscht bei der ATTIA unter Kosmetikfachleuten und bei qualitätsbewussten Firmen Übereinstimmung. Bei La Florina, hierzulande dem einzigen Anbieter von Teebaumöl in Demeter-Qualität, beziffert man den Terpinen-4-ol-Gehalt auf 42 Prozent. Die hautschützenden und -pflegenden Eigenschaften des Teebaumöls hängen vermutlich stark von diesem Inhaltsstoff ab. Dennoch, so Carl-Michael Diedrich, "spiegeln diese zwei Werte überhaupt nicht die Vielfältigkeit von Teebaumöl wieder". Ähnlich wie bei vielen Naturprodukten ist es wahrscheinlich das Zusammenspiel von rund 120 verschiedenen Substanzen, die das ganze Geheimnis des Teebaumöls ausmachen. Erst dann, wenn man dem Baum Zeit lässt, einen kompletten Jahreszyklus zu durchwachsen, wird später im Öl das volle Wirkungsspektrum erreicht.

Die Wirkung des ätherischen Öls

Über die pilz-, bakterien- und virentötenden Eigenschaften des Teebaumöls wurde oft geschrieben. Obwohl manche Schulmediziner sie anzweifeln, scheinen Erfahrungsberichte die Wirksamkeit zu belegen. Dr. Albert Pröbstl, Herstellungsleiter und Qualitätskontrolleur bei Tautropfen, findet "schier unglaublich, was reines Teebaumöl alles kann".

Vor allem bei Herpes, Zahnfleischentzündungen und Mückenstichen hat er das Teebaumöl selbst erfolgreich ausprobiert. In vielen Hausapotheken hat Teebaumöl seinen festen Platz. Die allergischen Reaktionen, vor denen Kritiker warnen, treten bei vorsichtiger Anwendung des Öls auf der äußeren Haut eher selten auf. Wer Teebaumöl unverdünnt auf die Schleimhäute oder in den Verdauungstrakt bringt, muss jedoch mit Reizungen rechnen. Die meisten Therapeuten lehnen diese Art der Anwendung ab.

Um die Heilkraft des Teebaumöls für möglichst viele Einsatzbereiche zu nutzen, wurden auch im Biobereich diverse Kosmetika entwickelt, denen man geringe Mengen ätherisches Teebaumöl als Wirkstoff zusetzt. Schon 0,5 Prozent Teebaumöl im Endprodukt sollen genügen, um messbare Wirkungen zu erzielen. Allein aus Preisgründen enthalten Körperlotionen oder Shampoos kaum mehr als ein oder zwei Prozent Teebaumöl. In Konzentrationen zwischen 0,7 und 1,5 Prozent sei Teebaumöl feuchtigkeitsbindend, erklärt die Firma CMD. Dosen über 5 Prozent könnten dagegen Austrocknungseffekte hervorrufen.

Die Firma Alva sieht sich seit Jahren als Vorreiter in Sachen Teebaumöl. Die Wallenhorster haben sich nicht nur um die Pressearbeit in Deutschland verdient gemacht, sondern 1995 auch eine eigene Bio-Plantage am Bangalwalbyn-Creek angelegt und an der Erarbeitung von Qualitätsrichtlinien mitgewirkt. Unter dem Label Viluna kam eine spezielle Teebaumöl-Pflegeserie auf den Markt. Auch CMD hat vom After Shave bis zur Zahncreme insgesamt 30 Artikel mit Teebaumöl im Programm.

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