Leben

Reparieren statt wegwerfen

Reparieren bringt Spaß, schont den Geldbeutel und die Ressourcen. Wie sich das einfach umsetzen lässt.

Leider wird bei uns noch viel zu wenig repariert, vor allem im Elektrogerätebereich. Laut Statistischem Bundesamt fielen 2020 pro Kopf 12,5 Kilogramm Elektroschrott an: „Nur 22 Prozent aller defekten Geräte werden repariert.“ Gleichzeitig ergab eine Umfrage der Verbraucherzentrale, dass über die Hälfte der Befragten aus Klimaschutzgründen ein Gerät reparieren lassen würden, statt es neu zu kaufen. Da ist also noch Platz nach oben. Falls ihr nicht wisst, wie es geht oder wo ihr Hilfen findet: Das lässt sich ändern! 

Youtube-Tutorials sind ein guter Anfang, Repaircafés bringen Begegnung

Youtube-Tutorials sind ein guter Anfang. Wer lieber echte Menschen um sich hat, ist in einem der über 1060 bundesweit verteilten Repaircafés richtig. Das erste Repaircafé wurde 2009 in den Niederlanden gegründet, mittlerweile hat sich die Idee über die ganze Welt verbreitet. Das Prinzip ist Hilfe zur Selbsthilfe. Werkzeug und Know-how bringen die Expert:innen mit. Beispiel Wuppertal: Eines der dortigen Reparaturcafés heißt machbar: Werkräume, eine Holzwerkstatt und ein Nähcafé mit 14 gespendeten Nähmaschinen. Nicole Bölt vom Gründungsteam unterstreicht: „Wir sind keine kostenlosen Dienstleister, leider denken das manche Menschen. Es geht vielmehr darum, Dinge gemeinsam wieder instand zu setzen.“ Wichtig ist dem Team auch die Vernetzung mit Handwerk und Schulen. Indem sie junge Leute anziehen, hoffen sie, mehr Menschen für Handwerksberufe zu begeistern, denn daran fehlt es derzeit. 

"Wir sind keine kostenlosen Dienstleister, leider denken das manche Menschen. Es geht vielmehr darum, Dinge gemeinsam wieder instand zu setzen."

Nicole Bölt vom Reparaturcafé machbar in Wuppertal

Kintsugi: Die japanische Kunst des Keramik Klebens

Lieblingstasse kaputt? Retten statt wegwerfen! Beim japanischen Kintsugi werden Kleber und Kitt mit Gold- oder Silberstaub vermischt, die Stücke zusammengeklebt und Lücken gefüllt. So entstehen in der Keramik metallisch glänzende Linien. Das Prinzip ist mit einer Haltung verknüpft, die das Einfache wertschätzt und den Makel hervorhebt, statt zu vertuschen. 

Auch Sashiko, eine Flickmethode für Textilien, steht in dieser Tradition. Hier wird ein Stück Stoff auf das Loch in der Kleidung gelegt und festgestickt.  

Flickkunst

Kerstin Neumüller zeigt in ihrem Buch „Verflickt & zugenäht“ wie man Kleidung flickt und verschönert.

Geplante Obsoleszenz: Murks, der von der Wirtschaft eingeplant ist

Nicht jede Reparatur gelingt. Manches Gerät hat einen Totalschaden oder ist gar nicht reparierbar. Stichwort „geplante Obsoleszenz“ – eingebauter Murks. Die Idee stammt aus den 1960ern, das Prinzip Wegwerfen sollte die Wirtschaft ankurbeln. Außerdem sind Ersatzteile teils schwer oder nur gebraucht zu bekommen. Das ist mühselig und teuer, auch deswegen landen Dinge oft auf dem Müll. Das neue EU-Recht auf Reparatur will dem bald ein Ende setzen. Es soll den Reparaturmarkt stärken und die Reparaturkosten etwa durch Gutscheine oder Förderung senken. Daher müssen Hersteller künftig „Ersatzteile und Werkzeuge zu angemessenen Preisen zur Verfügung stellen und dürfen keine Vertragsklauseln, Hard- oder Software einsetzen, um Reparaturen zu erschweren“. Bis Mitte 2025 haben die EU-Länder Zeit, die Vorschrift in nationales Recht umzusetzen. Es lohnt sich jedoch jetzt schon, bei Firmen nachzufragen, ob sie Reparaturen übernehmen oder Ersatzteile haben. Die Firmen Patagonia und Vaude sind beispielhafte Vorreiter. Sie geben online Reparatur- und Pflegetipps und führen Reparaturen durch. 

Ein Bonus fürs Reparieren und ein Label für Reparierbarkeit

  • Glücklich, wer in Österreich, Thüringen oder Sachsen wohnt: Dort kann man einen Reparaturbonus beantragen. In den beiden deutschen Bundesländern gibt es Zuschüsse für Ersatzteile von 25 bis 50 Prozent der Kosten – bis das Jahresbudget aufgebraucht ist. 
  • Als Kauforientierung wäre ein Label für die Reparierbarkeit von Produkten super. Einen solchen Reparaturindex gibt es bisher nur in Frankreich. 
  • NGOs wie der Runde Tisch Reparatur fordern von der Bundesregierung, Bonus und Index bundesweit einzuführen. Immerhin soll 2025 der Reparaturindex für Smartphones und Tablets kommen. 

Hilfreiche Adressen fürs Reparieren

Spart Geld, schont den Planeten und tut einfach gut

Ist das Lieblingsstück wieder einsatzbereit, ist das Win-Win für Geldbeutel und Mutter Erde. Und es gibt noch mehr wertvolle Reparaturgründe: Nähen, Kleben oder Schrauben wirkt entspannend – während man ganz nebenbei Neues lernt. Super fürs Selbstbewusstsein. Ganz zu schweigen vom großartigen Gefühl, etwas heil gemacht zu haben.

Veröffentlicht am

Kommentare

Registrieren oder einloggen, um zu kommentieren.

Das könnte interessant sein

Unsere Empfehlung

Ähnliche Beiträge