Zu alt, um noch nützlich zu sein und vor lauter Emanzipation nicht stricken können. – Dieser Kommentar über die österreichischen „Omas gegen Rechts“ auf Twitter hatte Anna Ohnweiler so auf die Palme gebracht, dass sie noch am selben Morgen eine Facebook-Gruppe gründete, die am Abend bereits 500 Mitglieder zählte.
Wann ist ein Mensch ein Mensch?
So wurde der 27. Januar 2018 der Gründungstag von „Omas gegen Rechts“ in Deutschland. An diesem Datum 1945 befreite die russische Armee das Vernichtungslager Auschwitz, dem Ort, an dem Millionen Menschen industriell ermordet wurden. Bei diesem Datum geht Anna Ohnweilers Kopfkino geht los, sie sieht Euthanasie-Opfer, Kranke und behinderte Menschen. „In der NS-Zeit wurde gesagt: Das sind unnütze Esser. Die Gesellschaft darf sie nicht durchfüttern. Man hat sie einfach ermordet.“ Daran erinnert Anna Ohnweiler im Gespräch mit freundlichem Ernst und man spürt, diese „Oma gegen Rechts“ duckt sich nicht weg.
»Da steht nicht: Die Würde der weißen Menschen ist unantastbar.«
Dann erzählt sie von ihrer eigenen Großmutter, die nicht müde wurde zu wiederholen: „Ein Mensch ist nur dann ein Mensch, wenn er den Straßenkehrer genauso behandelt wie den Minister.“ Denselben Gedanken habe sie in unserem Grundgesetz gefunden, insbesondere in Artikel 1, in dem es heißt: Die Würde des Menschen ist unantastbar. Mit Nachdruck sagt Anna Ohnweiler: „Da steht nicht: Die Würde der weißen Menschen oder der deutschen Menschen ist unantastbar. Es steht da: Die Würde des Menschen ist unantastbar.“
Diktatur oder Demokratie: Wo lebt ihr lieber?
Anna Ohnweiler hat in ihrem Leben zwei politische Systeme kennengelernt. Bis sie 29 war, lebte sie in Rumänien in der Diktatur von Ceauşescu. Bis sie es nicht mehr ausgehalten und sich auf den Weg gemacht hat mit ihrer kleinen Tochter. „Wir durften zwar ausreisen, aber sie haben uns unsere Staatsangehörigkeit entzogen. Wir mussten als Staatenlose reisen. In einer Diktatur will ich nie mehr leben. Ich werde mich immer für die Demokratie einsetzen.“
Anna Ohnweiler befürchtet, dass die alten weißen Männer der Welt nichts Gutes tun. Sie fordert einen Paradigmenwechsel, der die Menschen in den Mittelpunkt stellt. Das, was produziert wird, was an Wohlstand erlangt wird, müsse allen zugute kommen und nicht nur ein paar wenigen. Wenn sie dann hört: „Ach, du bist ja doch ein bisschen Kommunistin!“, sagt sie: „Nein! Ich bin Humanistin und nicht Kommunistin.“
Die derzeit größte Frauenbewegung in Deutschland
Die „Omas gegen Rechts“ gelten als die aktuell größte Frauenbewegung in Deutschland. Auch junge Frauen und Männer machen mit. Alter und Geschlecht sind egal. Es eint die Haltung. Die „Omas“ stehen für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, die Vielfalt der Kulturen, Toleranz, ein respektvolles Miteinander und einen verantwortungsbewussten Umgang mit unserer Welt.
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