Kolumne

Nur das Nötigste

Reisen mit kleinem Gepäck? Hat bei Jutta Koch noch nie geklappt. Aber Minimalismus ist eben auch nicht alles.

Die Pflegeprodukte, die mein Mann besitzt, kann ich an einer Hand abzählen. Wenn ich jene Produkte aufzähle, die er auch tatsächlich benutzt, komme ich nur bis zum Ringfinger (und da ist das Familien-Shampoo im großen Spender schon mit eingerechnet). Nicht, dass er eine Abneigung gegen Kosmetika hätte. Er braucht sie einfach nicht.

Als seine Hautärztin ihm irgendwann mal eine reichhaltige Lotion für den schmerzenden Ellenbogen empfahl, schaffte er sich eine spezielle Emulsion an. Die stand nach einmaliger Benutzung im Bad und pflegte den Ellenbogen offenbar telepathisch.

Nicht übertrieben viel, oder?

Beneidenswert, dieser Minimalismus. Ich „brauche“ viel mehr. Das merkte ich dieser Tage wieder beim Packen meines schlanken Rucksacks, der gerade groß genug ist für Dienstreisen mit einer Übernachtung. Dabei bin ich zum wiederholten Mal am Fassungsvermögen meines kleinsten Kulturbeutels gescheitert. In ihm verstaute ich: eine Seife, das Deo, die Bürste, Wimperntusche, Gesichtscreme, kleine Schere und Feile (unterwegs zu sein mit eingerissener Nagelhaut, schrecklich!) und Make-up. Zahnseide, Zahnpasta und -bürste dazu. Fertig. Das ist nicht übertrieben viel, oder?

Der Reißverschluss ging trotzdem nicht zu. Mit der Folge, dass ich alles in den großen Waschbeutel umräumte und das kleine Gepäckstück quasi ausschließlich mit Kosmetik gefüllt war. Bei Antritt der Reise erzählte ich meiner Kollegin von diesem Dilemma, immer zu viel dabei haben zu wollen. Was in diesem Fall aber nicht mal stimmte: Deo, Seife und Zahnseide hatte ich beim Umräumen glatt zuhause liegen lassen ... (Wohl der Redakteurin, die gemeinsam mit einer gut ausgestatteten cosmia-Kollegin verreist!)

Naturkosmetik ist nicht wie Wein – sie wird nicht besser, je länger sie lagert

Die Sorgen um Übergepäck oder vergessene Kosmetika kennt mein Mann gar nicht. Dafür hat er andere. Denn Naturkosmetik ist leider nicht wie Wein – sie wird nicht besser, je länger sie lagert. Zumal, wenn sie schon geöffnet ist. Nicht umsonst steht ein Hinweis zur Haltbarkeit auf der Verpackung.

Der ist meinem Mann allerdings noch nie aufgefallen. Auch dass ich seine Lotion nach drei Jahren entsorgt habe, hat er gar nicht bemerkt. Bis der Winter kam und die Haut rau wurde. „Sag mal, ich hatte da doch mal diese Creme ... Wo ist die eigentlich?“, rief’s jüngst aus dem Bad. „Im Müll!“, gab ich wahrheitsgemäß zurück. Vorwurfsvoller Ton: „Die war aber noch ganz voll!“ Da haben wir’s: Minimalisten sind nicht unbedingt die nachhaltigeren Konsumenten. Meine eigene Lotion verbrauche ich immer. Restlos. Lange vor dem Verfall.

Jutta Koch, cosmia-Redakteurin

Jutta Koch (43) ist Redakteurin beim Naturkosmetik-Magazin cosmia. Als Kolumnistin erzählt sie aus ihrem Leben mit Job, Zwillingen und allem Übrigen zwischen Wonne und Wahnsinn.

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