Bei der Produktion nachhaltiger Kleidungsstücke liegt der Fokus auf umweltfreundlichen Materialien, recycelten Textilien und pflanzlichen Farbstoffen. Gleichzeitig wird auf faire Arbeitsbedingungen und transparente Lieferketten Wert gelegt.
Podcast zum Thema
Nachhaltige Textilien im Trend
Lyocell/Tencel ist nur eines von vielen nachhaltigen Materialien, die Einzug in die Modeindustrie gehalten haben. Auch Hanf, eine der ältesten bekannten Faserpflanzen, erfreut sich einer Renaissance. Hanffasern sind robust, benötigen wenig Wasser, kommen gut ohne Pestizide aus und sind biologisch abbaubar. Auch Bio-Baumwolle, die ohne den Einsatz schädlicher Chemikalien angebaut wird, ist beliebt bei umweltbewussten Konsument:innen. Besonders angesagt ist aktuell das sogenannte Upcycling: dabei werden recycelte Materialien verwendet, um neue Textilien herzustellen. Insbesondere handelt es sich dabei um Plastikabfälle aus Gewässern und Mülldeponien.
Interview: Nachhaltige Mode ohne Verzicht

Influencerin Bina Nöhr
Die Influencerin Bina Nöhr zeigt, wie vegane und nachhaltige Mode ohne Verzicht funktioniert. Mit ihrem eigenen Label Baìge setzt sie sich für Fair Fashion ein.
Warum sind dir nachhaltige Mode und eine faire Produktion so wichtig?
Ich habe zuvor für die Industrie gearbeitet und konnte hinter die Kulissen blicken. Die Arbeitsbedingungen sind größtenteils noch menschenunwürdig. Und die Branche ist einer der größten Umweltsünder. Das muss sich ändern.
Ist faire Mode die Zukunft?
Ich hoffe es! Und wir waren eigentlich auf einem guten Weg. Es gab vor einigen Jahren noch mehr Labels, denen Nachhaltigkeit wichtig war. Leider ist es durch die aktuellen Krisen ein wenig aus dem Fokus gerückt. Wir müssen also weiter an der Aufklärung arbeiten.
Welche Maßnahmen für Fair Fashion ergreifst du bei deinem Label?
Ich setze auf zeitlose Designs und Capsule-Wardrobe: Die Styles lassen sich kombinieren. Ich verwende zertifizierte Stoffe und lasse in einem Familienbetrieb in Bulgarien produzieren.
Wie gehen Nachhaltigkeit und erschwingliche Preise zusammen?
Für faire Arbeitsbedingungen und Zertifikate muss ein gewisser Preis bezahlt werden. Ich versuche, Kosten hier in Hamburg einzusparen. Langfristig lohnt es sich, in Nachhaltigkeit zu investieren – für mich und für meine Kund:innen.
Wie wichtig ist Transparenz?
Sehr wichtig. Es geht auch darum, ein Vertrauensverhältnis zu den Kund:innen aufzubauen. Ich versuche, in den persönlichen Austausch zu gehen. Bei Retouren hole ich mir ein Feedback ein, um etwas an den Produkten oder der Passform verbessern zu können.
Welche Materialien siehst du als vielversprechend für nachhaltige Mode?
Wir müssen mit kreislauffähigen Materialien arbeiten. Für mich sind das z.B. Bio-Baumwolle, Leinen, Hanf. Aber auch Lyocell/Tencel finde ich wichtig.
Kann Second-Hand-Mode ein Modell für die Zukunft werden?
Ich bin ein Fan von Second-Hand-Mode. Das ist eine nachhaltige Alternative und eine gute Möglichkeit, Trends auszuprobieren, ohne dass Ressourcen verbraucht werden. Ich stöbere sehr gerne in Second-Hand-Läden und freue mich, wenn ich besondere Stücke entdecke. Außerdem glaube ich, dass Verleih-Modelle in der Zukunft eine noch größere Rolle spielen werden.
Tencel – Kleidung aus Bäumen
Ein beliebtes Material ist Lyocell, auch bekannt unter dem Markennamen Tencel, des österreichischen Herstellers Lenzing. Diese Faser wird aus Holzzellstoff, meistens aus Eukalyptus und Buchenholz, gewonnen. Ihr Herstellungsprozess reduziert den Wasser- und Chemikalienverbrauch. Bei der Produktion setzt man auf eine geschlossene Kreislaufwirtschaft, bei der bis zu 99 % der verwendeten Lösungsmittel wiederverwendet werden.
Augen auf beim Kauf veganer Mode
Bei der Herstellung veganer Bekleidung werden keine tierischen Materialien wie Leder oder Wolle verwendet. Ob vegane Mode nachhaltig ist, hängt jedoch auch von anderen Faktoren ab. Auch die Herstellung, die Auswahl der Materialien und die Produktionspraktiken sind dafür ausschlaggebend.
Einige Produzenten legen bei der Produktion veganer Ware großen Wert auf Nachhaltigkeit, indem sie recycelte Materialien verwenden, fair gehandelte Produkte herstellen und umweltfreundliche Produktionsverfahren einsetzen. Andere Marken (nicht nur in der Modeindustrie) konzentrieren sich möglicherweise mehr auf den veganen Aspekt, vernachlässigen aber dabei den Umweltschutz.
Die Probleme der konventionellen Modeindustrie
Umweltfreundliche Materialien und Geschäftsmodelle gewinnen stetig an Bedeutung, denn die konventionelle Modeindustrie hat einen hohen ökologischen Preis: Der immense Wasserverbrauch und die Freisetzung giftiger Chemikalien haben dabei katastrophale Auswirkungen auf die Umwelt. Gleichzeitig werden viele Arbeiter:innen in der Lieferkette schlecht bezahlt und arbeiten unter unwürdigen Bedingungen. Die Wegwerfkultur und wöchentlich neue Trends in der Fast Fashion-Kultur führen zu enormer Verschwendung und Müll.
Obwohl die nachhaltige Modebewegung an Dynamik gewonnen hat, stehen viele Konsument:innen immer noch vor Hürden wie höheren Preisen für nachhaltige Kleidung und begrenzter Verfügbarkeit. Es ist außerdem schwierig, die tatsächlichen Nachhaltigkeitsansprüche einiger Unternehmen zu überprüfen, da Greenwashing, das Vortäuschen von Umweltfreundlichkeit, immer noch ein Problem ist.
Hoffnung auf eine grünere Modezukunft
Trotzdem lassen sich inzwischen auch viele positive Entwicklungen verzeichnen: Immer mehr Verbraucher:innen legen Wert auf einen nachhaltigen Kleiderschrank, ergab letztes Jahr eine Umfrage von Greenpeace. Und immer mehr Modeunternehmen erkennen die Notwendigkeit eines nachhaltigen Ansatzes. Denn umweltfreundliche Mode ist nicht nur gut für die Umwelt, sondern auch stilvoll und innovativ. Es gibt wachsende Bemühungen, transparentere Lieferketten zu schaffen, ethische Arbeitspraktiken zu fördern und nachhaltige Materialien zu verwenden. Doch es ist noch ein sehr langer Weg.
Auf Nummer sicher gehen - Grüne Mode-Siegel
Wer in Modefragen nicht auf Greenwashing hereinzufallen möchte, kann sich beim Shoppen an Textilsiegeln orientieren. Hier lässt sich erkennen, welche Labels auf eine umweltschonende, giftfreie und faire Produktion setzen. Manche berücksichtigen neben den ökologischen auch soziale Faktoren der Herstellung, einige bewerten den kompletten Produktionsprozess, andere nicht. Und: Nicht alle Hersteller fairer Mode haben eine Zertifizierung. Zur ersten Orientierung haben wir einige wichtige und sichere Siegel recherchiert.

Dieses Siegel vom Internationalen Verband der Naturtextilwirtschaft (IVN) setzt die höchsten Standards auf dem nachhaltigen Modemarkt. Kontrolliert wird hier vom ökologischen Anbau bis zum Endprodukt. Textilien müssen aus 100 Prozent ökologisch zertifizierten Naturfasern bestehen. Insgesamt sind etwa 40 Marken zertifiziert.

GOTS (Global Organic Textile Standard) setzt einen hohen Standard. Mindestens 70 Prozent der Fasern müssen aus kontrolliert biologischem Anbau stammen. Bis zu 30 Prozent recycelte Fasern, wie etwa Polyester, dürfen beigemischt werden. Umwelt- und gesundheitsschädliche Stoffe sind verboten. GOTS zertifiziert die gesamte Wertschöpfungskette vom Anbau bis zum fertigen Produkt. Auf soziale Kriterien gemäß der International Labour Organisation (ILO) wird auch geachtet.

Alle Produkte mit diesem Siegel sind nach Oeko-Tex Standard 100 schadstoffgeprüft. Zertifizierte Labels werden zusätzlich in diesen Bereichen streng kontrolliert: Umweltmanagement, Chemikalien, Qualität, Arbeitssicherheit und soziale Verantwortung.

Bei diesem Konzept geht es in erster Linie um den Kreislauf. Produkte werden hier nach den Kriterien Materialgesundheit, Wiederverwendung, erneuerbare Energien, soziale Fairness und Wasser bewertet. Außerdem gibt es bei Cradle to Cradle eine Zertifizierungs-Unterteilung in Basic, Bronze, Silber, Gold und Platin.
Slow Fashion – mehr Infos gefällig?
- Einen guten Überblick über die Kriterien für faire Kleidung liefert die Seite fashionchecker.org
- Wer mehr über die Herstellung seiner Lieblingsstücke erfahren möchte, kann sich auch direkt an die Modelabels wenden und nachfragen.
- Umfangreiche Infos gibt es im kostenlosen Slow-Fashion-Ratgeber des Umweltinstituts München e.V.: umweltinstitut.org/slow-fashion-ratgeber
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